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1. Teil 2 - S. 48

1887 - Hannover : Helwing
48 Alte Zeit fiel das burgundische Reich in ihre Hände; siegreich machten sie auch dem Thüringerreich ein Ende; die helfenden Sachsen erhielten den nördlichen Teil desselben, das Mainland aber bis gegen die Donau hin wurde fränkisch; nur die Gegenden in der Mitte vom Waldgebirge bis zur Unstrut behielten den thüringischen Namen und erhielten später einen eigenen Herzog unter fränkischer Hoheit; durch den Untergang der Ostgoten gewannen die Franken die Provence. Als sich ihnen dann noch die schutzlosen Herzoge der Bayern unterwarfen, beherrschten sie nicht nur fast das ganze römische Gallien, sondern auch — mit Ausnahme der Sachsen und Friesen — alle Länder, in denen sich deutsche Völker unvermischt in ihren alten Sitzen erhalten hatten. Ein merowingischer König drohte mit einem Angriff auf Konstantinopel und rühmte sich gegen den oströmischen Kaiser, daß sein Reich sich erstrecke vom Belt* meere bis an die Grenzen Pannoniens. Was war es nun, das diesem fränkischen Reiche vor andern germanischen Reichen Dauer und Festigkeit verlieh? Nicht nur war es die friedliche, durch keinen Bekenntnisunterschied gestörte Verbindung der germanischen und keltisch-römischen Bevölkerung, es war in noch höherem Maße das eigentümliche, gegenseitige Durchdringen aller lebenskräftigen Elemente des germanischen und römischen Lebens. Das entwickelte Staatsleben der Römer machte sich bei den staatlichen Einrichtungen im Frankenreiche unleugbar geltend; die königliche Macht gewann, indem die Rechte der Kaiser in Gallien auf die siegreichen Merowinger übertragen wurden; das römische Steuersystem wurde im wesentlichen von den Franken angenommen. Trotzdem blieben die Grundlagen des fränkischen Staatslebens durch und durch deutsch: zunächst die Heeresverfassung, in jener Zeit des Kampfes der wichtigste Teil aller Staatseinrichtungen; deutsch blieb die Gerichtsverfassung des Reichs, in deutscher Weise ordneten sich gleichfalls die Standesverhältnisse, indem eigener Besitz und Dienst im Gefolge des Königs Macht und Ehre verliehen und nicht mehr Adel und Herkunft, wie bei den Römern. Auch das beruhte auf deutscher Anschauungsweise, daß im einzelnen, soweit nicht der Bestand des Reichs dadurch gefährdet war, vielfach freie Bewegung gelassen wurde. Bei Rechtsstreitigkeiten unter einander durften die Römer nach eigenem Rechte entscheiden, auch die Verfassung ihrer Städte blieb zunächst ungeändert, wie auch die unterworfenen deutschen Stämme ihr besonderes Recht und ihre eigentümlichen Gemeindeverfassungen behielten, soweit sie nicht das königliche Ansehen beschränkten. Das ganze Reich war in Grafschaften geteilt, deren Leiter, die Grafen, vom Könige ernannt wurden; ihnen lag ob die Aushebung und Anführung des Heerbanns, die Erhebung der Krongefälle, die Rechtspflege und die Sorgen für den Landfrieden. Die Grafschaften zerfielen wieder in kleinere Bezirke, die den alten Hundertschaften der Deutschen entsprachen; auch hier sprachen die Grafen zu bestimmten Zeiten, oder in besonders berufenen Versammlungen an den Malstätten das Recht, wobei die Gemeinde lebhaften Anteil nahm, indem sie aus ihrer Mitte sieben Männer zum Finden des Urteils bestimmte, deren Spruch sie nachträglich annahm oder verwarf.
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