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1. Teil 2 - S. 278

1887 - Hannover : Helwing
218 Die Neuzeit. aber über sein Alter hinaus gereist und besaß eine gelehrte Bildung Wegen seiner fließenden Rede hat er den Namen „Nestor" (I. Ts) erhalten , und da er ein fertiger Lateiner war, wählten ihn die deutschen Fürsten auf den Reichstagen meistens zu ihrem Sprecher. Die Adeligen glaubten von dem jungen Kurfürsten nichts fürchten zu brauchen und begannen ihr Räuberhandwerk von neuem. Einige adelige Familien wurden so sehr die Plage des Volkes, daß damals der noch' jekt in den Marken bekannte Vers entstand: „Vor Köckeritzen und Lüdersen vor Krachten und vor Jtzenplitzen behüt' uns, lieber Herre Gott."" Selbst einige Ritter aus des Kurfürsten nächster Umgebung entblödeten sich nicht, an dem frechen Treiben des Raubadels teilzunehmen, und als der Kurfürst einen derselben dafür enthaupten ließ, stellten ihm die Räuber jogar nach dem Leben. Der Kurfürst aber ließ ihrer 70, darunter 40 vom Adel, aufhängen. Da schwuren ihm die übrigen blutige Rache; einer derselben schrieb ihm an die Thür seines Schlafgemachs: „Iochimke, Iohimke, hüte dy! Fangen wy dy, so hangen wy dy!" Der Kurfürst ließ sich dadurch nicht einschüchtern, sondern fuhr fort, die Ubelthäter zu verfolgen. Als ein ihm verwandter Fürst ihm darüber Vorstellungen machte, daß er Adelige hängen ließe, antwortete er: „Ich habe kein adeliges Blut vergossen, sondern nur Schelme, Mörder und Räuber hinrichten lassen. Wären diese redliche Edelleute gewesen, so würden sie feine Verbrechen begangen haben." Bei der Unterdrückung des Raubwesens wurde der Kurfürst durch die Bürger und Bauern eifrig unterstützt; diese hielten auf seine Veranlassung überall auf den Straßen Landreiter, die den Räubern aufpassen mußten. Ein anderes Mittel, den übermütigen Adel zu zügeln, war die Errichtung des Kammergerichts, dem auch die Adeligen, die Vorsteher der Städte und der niederen Gerichte, kurz alle, welche bisher unter keinem Gerichte gestanden hatten, unterworfen wurden. Zur Hebung der Städte erließ Joachim eine neue Städteordnung, in welcher gleiche Maße und Gewichte in allen märkischen Landen vorgeschrieben wurden. So gab Joachim seinem Lande Ruhe und Ordnung und damit auch seinen früheren Wohlstand zurück. Unter ihm fiel durch Erbschaft die Grafschaft Ru pp in an Brandenburg, und durch Vertrag mit dem Herzog von Pommern wurde dem Kurfürsten das Erbrecht auf Pommern zugestanden. Trotz der strengen Rechtspflege Joachims brach doch während seiner Regierung in Brandenburg eine heftige Judenverfolgung aus. Drei Juden wurden angeklagt, mit geweihten Hostien aüerlei Frevel verübt zu haben. Unter den Qualen der Folter' gestanden sie es und bekannten sogar, Christenkinder ermordet und sich des Blutes derselben zu Arzneimitteln bedient zu haben. Infolgedessen wurden 38 Juden in Berlin öffentlich verbrannt, die übrigen aus der Mark vertrieben. Das geschah zu derselben Zeit, als Luther das Licht einer reineren Erkenntnis wieder entzündete. Aber Joachim I. wollte von der Reformation nichts wissen. Erzbischof Albrecht (S. 244), der Ablaßpächter, den Luther wiederholt so scharf mitgenommen hatte, war Joachims Bruder; außerdem meinte der Kurfürst, die Reformation müsse von den Konzilien ausgehen.
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