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1. Teil 3 - S. 68

1889 - Hannover : Helwing
68 Friedrich Wilhelm I. den Fürsten eine ebenso rühmliche Ausnahme, wie durch seine Einfachheit und Mäßigkeit. Dabei war er aber ein sehr strenger Hausherr, der von Frau und Kindern denselben unweigerlichen Gehorsam forderte, wie von allen seinen Unterthanen. Von Kunstgenüssen und Festlichkeiten anderer Höfe war an dem preußischen nicht die Rede; der König hatte keinen Sinn dafür, auch kosteten sie ihm zu viel Geld. Die Königin und die erwachsenen Kinder mußten deshalb manches entbehren und ein höchst einfaches, nüchternes Leben führen. Auch dursten weder die Königin, noch ihre Kinder das Geringste ohne die Erlaubnis des Königs thun. Dies alles erbitterte sie; bemerkte der König aber ihre Verstimmung, so wurde er heftig und erteilte den Kindern nicht selten eigenhändig körperliche Züchtigungen, wodurch er sie sich immer mehr entfremdete. Dies Verhältnis wurde noch schlimmer, als die älteren Kinder in der Heiratsangelegenheit mit der Mutter gemeinsame Sache gegen den Vater machten. Die Königin Sophie hatte ihrem Gemahle vierzehn Kinder geboren, von denen zehn zu Jahren kamen, unter ihnen vier Prinzen : Friedrich der Große, August Wilhelm, Heinrich und Ferdinand. Friedrich Wilhelm hatte einen sehr kräftigen, gesunden Körper; aber er gönnte sich keine Bequemlichkeit, keine Ruhe. Auf einer Reise durch Ostpreußen legte er einst in 6 Tagen 68 Meilen zurück und besichtigte in dieser Zeit über 60 Ämter und Städte. Schon 1734 litt er heftig an Podagra; in dem sehr kalten Winter von 1739 aus 1740 kehrte es wieder, und er fühlte sein Ende nahe. Da ließ der König den lutherischen Propst Roloff zu sich kommen und bekannte ihm alle seine Sünden, behauptete aber, alles zu Gottes Ehre gethan zu haben. Dagegen forderte ihn der Propst auf, seinen harten Sinn zu ändern; nicht alles sei zu Gottes Ehre gewesen. Dabei hielt er ihm vor, wie er oft die Urteile verschärft, manche ungerechte Hinrichtung verfügt, mehrere Familien durch seinen Befehl zum Bauen ruiniert habe. Endlich sagte der König: „Er schont meiner nicht; er spricht als ein guter Christ und ehrlicher Mann mit mir. Ich danke ihm dafür und erkenne nun, daß ich ein großer Sünder bin." Die Königin, Generale und Minister hörten diese Worte; der König wollte sie nicht hinausgehen lassen; „denn", sagte er, „sie sollen alle hören, was für ein großer Sünder ich gewesen bin." Als er etwas genesen, ging er nach Potsdam, denn dort wollte er sterben. Bei seinem Abschiede aus Berlin vermachte er den Armen dieser Stadt 100 000 Thlr. Doch bald verschlimmerte sich die Krankheit, und der Kronprinz wurde aus Ruppin herbeigeholt. Der alte König hatte sich in einem Rollstuhle hinausfahren lassen, um der Grundsteinlegung eines Hauses beizuwohnen, und war von einer Menge Menschen umringt. Da traf der Kronprinz ein. Unter Thränen umarmten sich Vater und Sohn. Mit dankbarem Herzen rief der König: „Thut mir Gott nicht viele Gnade, daß er mir einen so würdigen Sohn zum Nachfolger gegeben hat!" Dann ordnete er bis aufs kleinste an, wie es bei seiner Leichenfeier gehalten werden solle. Der Sarg sollte ganz einfach, ohne die unnötigen silbernen Beschläge sein; er ließ denselben in sein Zimmer bringen, um sich zu überzeugen, daß man seinen Besehl nicht überschritten habe. Zum Text für die Leichenpredigt bestimmte
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