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1. Neuzeit - S. 113

1897 - Leipzig : Wunderlich
— 113 — liken. Selbst die Lutheraner waren in zwei Parteien gespalten, in eine strenge und in eine milde. Die strenge Partei erstarrte in toter Buchstabengläubigkeit und verketzerte die geringste Abweichung von ihrem Lehrgebäude. So mißachtete sie die Mahnung Luthers: „Es soll sich keiner Lutherisch nennen. Wer ganz, ganz päpstisch oder ganz lutherisch heißen will, ist entweder ein Narr oder ein Heuchler. Ganz soll keiner denken wie der andere." Trotzdem befehdete die strenge Partei die milde in der heftigsten Weise und machte besonders dem milden Melanchthon die größten Vorwürfe über seine Nachgiebigkeit. Dadurch verlor die Reformation ihr Ansehen, und dem Jesuitenorden wurde es leicht gemacht, sie erfolgreich zu bekämpfen, indem er sich in schlauer Weise der Fürsten bediente, welche er in seinem Geiste erzogen hatte. Zwei Fürsten haben sich in dem Kampfe gegen die Protestanten besonders hervorgethan, nämlich der Herzog Ferdinand von Steiermark und der Herzog Maximilian von Bayern. Als Ferdinand im Alter von 17 Jahren die Herzogswürde erlangte, brannte er vor Begierde, die Ketzerei in seinem ganz protestantischen Lande mit Gewalt auszurotten, wie es ihm seine jesuitischen Erzieher und Ratgeber eingeflüstert hatten. Er handelte nach dem Grundsätze: „Besser eine Wüste als ein Land voll Ketzer." Lieber wollte er Land und Leute verlieren, lieber den Bettelstab ergreifen und mit Weib und Kind ins Elend wandern, lieber den schmählichsten Tod erleiden, als die Schmach länger ansehen, daß sein Land durch die Ketzer entehrt werde. Mit bewaffneten Scharen zog er umher, ließ die evangelischen Kirchen entweder schließen oder mit Kanonen niederschießen oder mit Pulver sprengen, während er die protestantischen Geistlichen und Lehrer verjagte oder gar tötete. Wer seinem Glauben treu bleiben wollte, mußte Steiermark verlassen. So zogen denn viele brave Steiermärker nach Deutschland, wo sie sich in den evangelischen Ländern eine neue Heimat suchten. Wer zurückblieb, mußte den evangelischen Glauben abschwören und als Ketzerei verdammen. Über 40000 Bibeln und eine große Menge lutherischer Bücher nahm er weg und ließ sie famt und fonders verbrennen. So führte er mit rauher Gewalt und blutiger Strenge die Bewohner feines Landes zur römischen Kirche zurück und gab dadurch seinen glaubenseifrigen Genossen ein nachahmenswertes Vorbild, ihm in der Gegenreformation nachzufolgen und zur größeren Ehre Gottes die Ketzerei auszurotten. Maximilian von Bayern verfuhr mit gleicher Strenge gegen die freie Reichsstadt Donauwörth. Daselbst hatten einst die Protestanten einen katholischen Umzug verhöhnt und gestört. Zur Strafe für dieses Vergehen belegte sie der Kaiser mit der Reichsacht und übertrug deren Vollstreckung dem Herzog Maximilian. Er drang mit Heeresmacht in die Stadt ein und nahm sie in Besitz als Ersatz für die hohen Kriegskosten, welche die Einwohner nicht sogleich bezahlen konnten, Th. Franke, Prakt. Lehrbuch der Deutschen Geschichte. 2. Teil. 8
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