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1. Bilder aus der Weltgeschichte - S. 325

1871 - Braunschweig : Wreden
— 325 — Ungestüm die Absetzung des Königs. Ludwig, welcher kurz vor der Erstürmung der Tuilerien sich mit seiner Familie in den Sitzungssaal der Nationalversammlung begeben hatte, ward wirklich seiner Würde entsetzt (10. August ^792) und bald umfing der Temple, ein alter Gefängnißthurm, die königliche Familie als Gefangene. Von den Wächtern mit Schmähung und Kränkung überhäuft, jeder Bequemlichkeit beraubt und auf das Strengste von dem Verkehr mit der Außenwelt abgeschnitten, verlebte sie hier bittere und kummervolle Tage, bis der Tod sie erlöste. In Paris herrschte nunmehr die schrecklichste Unordnung. Alle Bürger, bei denen man nur einige Anhänglichkeit an den König vermuthete, oder welche den wilden Freiheitsmännern nicht das Wort redeten, wurden gefänglich eingezogen. Ein fürchterliches Blutvergießen richtete der Pariser Pöbel in den Tagen vom 2. bis 7. September an, wo das Gericht über Leben und Tod vorgenommen wurde. In den Hof eines jeden Gefängnisses begab sich eine Commission des Bürgerrathes. Die Gefangenen wurden einzeln vorgelassen; jeder mußte seinen Namen nennen und dann ward nachgesehen, ob auf der Liste, welche die Richter bei sich führten, bei dem genannten Namen ein Zeichen bemerkt sei. Fand sich keines, so wurde der Angeklagte den zehn bis zwölf Männern überlassen, die mit aufgerollten Hemdsärmeln, einen bloßen Säbel in der Hand und vom Fuß bis zum Kopfe mit Blut bespritzt, die Richter umstanden, um auf der Stelle das Todesurtheil zu vollstrecken. In einem dieser Gefängnißhöfe war die Zahl der zum Tode Verurtheilten so groß, daß die Henker und Würger sie nicht alle einzeln todten konnten; massenweise tourten die Verhafteten daher zusammengestellt und mit Kanonen niedergeschossen. Um in der Folge die Hinrichtungen schneller bewerkstelligen zu können, ward eine besondere Enthauptungsmaschine erfunden, die nach ihrem Erfinder Guillotin die Guillotine genannt wurde. Wie eines Leichtfertigen Fuß in einen Ameisenhaufen hineinstampft, unbekümmert, ob er Hunderte oder Tausende zertrete, so ward jetzt in Frankreich den Menschenleben mitgespielt. Nach solchen greuelhaften Ausständen zu Paris erklärte endlich eine neue Nationalversammlung, der sogenannte Nationalconvent, das Königthum für abgeschafft und Frankreich für eine Republik (21. September 1792). Ludwig, bald darauf des heimlichen Einverständnisses mit Frankreichs Feinden angeklagt, wurde zum Tode verurtheilt und am 21. Januar 1793 öffentlich hingerichtet. Vier- bis fünfhundert wohldenkende Königsfreunde hatten sich zwar verbunden, den König mit Gewalt zu befreien; allein die feindliche Partei hatte ihre Maßregeln so gut getroffen, daß an keine Rettung zu denken war. Bei Todesstrafe war an diesem Tage verboten, auf dem ganzen Wege vom Temple bis zur Richtstätte eine Hausthür oder ein Fenster zu öffnen. Den Wagen, welcher den König zur Richtstätte führte, umgab eine starke Reiterschaar, geführt von dem Blutmenschen Santerre. Alle Straßen, durch welche der Zug ging, waren außerdem mit einer doppelten Reihe von Bürgerwachen besetzt und an allen Ecken Kanonen aufgepflanzt. Auf dem Richtplatze angekommen, öffnete einer der Henker den Schlag, und der König trat mit festem Schritt auf das Blutgerüst, auf welchem die Guillotine aufgestellt war. Mit Würde wies Ludwig die Henker zurück, welche ihn entkleiden wollten, legte selbst
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