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1. Die Geschichte des Mittelalters - S. 164

1876 - Köln : DuMont-Schauberg
164 Zweiter Zeitraum des Mittelalters: 751-1096. sich Karl der Kahle wiederum, wie einst nach dem Tode Lothar's Ii., dem bedächtigeren Bruder die Beute durch kecke Ueberraschung vorweg zu nehmen und ließ sich, während Ludwig der Deutsche einen Einsall in das Westreich machte, zu Rom am Weihnachtsfeste 875 (75 I. nachdem sein gleichnamiger Großvater mit der Kaiserkrone geschmückt worden) vom Papste (Johann Viii.) krönen, als Kaiser Karl Ii. Im nächsten Jahre (876) endigte auch Ludwig der Deutsche in der Pfalz zu Frankfurt sein vielbewegtes Leben, der als ein kleiner Unterkönig von Baiern begonnen und durch die Theilung des lotharischen Reiches endlich alle deutschen Stämme unter seinem Scepter vereinigt hatte. Die von ihm verfügte Theilung des Reiches unter seine drei Söhne, die Konsequenz seines eigenen Auftretens gegen Vater und Brüder beweist freilich, wie fern ihm der Gedanke eines abgeschlossenen deutschen Reiches lag. Uebrigens hat sich in wenigen Zeiträumen der deutschen Geschichte unser Vaterland eines so lange dauernden, nur durch unbedeutende Grenzkriege unterbrochenen Friedens erfreut. Karl der Kahle, welcher seinem Bruder Ludwig Italien durch List vorweggenommen hatte, wagte schon, auf seine mehr erschlichenen als, erstrittenen Erfolge bauend, die kaiserlichen Ansprüche noch weiter auszudehnen und seine begehrlichen Blicke von dem Sitze der alten Cäsaren, den er so eben gewonnen, aus den neuen Kaisersitz zu Aachen zu richten. Lothringen, das schon einmal den Kaiser als seinen Herrn anerkannt hatte und nun erst seit 6 Jahren dem ostfränkischen Reiche angehörte, suchte er wieder zu gewinnen und dazu noch, wie man sagte, selbst die ostfränkischen Gaue von Mainz, Worms und Speyer, um so den Rheinstrom zur Grenze des Ost-und Westreichs zu machen — er der erste unter den Königen Galliens, der sich so hoher Dinge vermaß. Diesen Plan hoffte er um so leichter auszuführen, als nach Ludwig's des Deutschen Tode das ostfränkische Reich wieder in drei Theile zerfiel und deren Inhaber nicht einig unter einander waren. Mit einem ansehnlichen Heere (50,000 M.?) kam er nach Köln, um durch dessen Besetzung dem Gegner den Uebergang über den Rhein zu wehren. Ludwig der Jüngere (reg. 876—882) aber ging mit einem kleinen Heere von Ostfranken, Sachsen und Thüringern bei Andernach, an der schmalen Oeffnung des Maiengaues, über den Rhein und schlug (8. Octbr. 876) die durch einen Nachtmarsch in beständigem Regen erschöpften Truppen seines Oheims; der feige Kaiser wurde von der allgemeinen Flucht mit fortgerissen und ruhte nicht eher, als bis er am Abend des folgenden Tages mit wenigen Begleitern Lüttich erreicht hatte. Diese Niederlage der Uebermacht erschien den Zeitgenossen als ein gerechtes Gottesurtheil, als wohl verdiente Züchtigung frevelhaften Uebermuthes. Es war die erste in der langen Reihe von Schlachten, in denen deutsche Männer ihre Freiheit und ihre Grenzen gegen die Ländersucht des westlichen Nachbarn vertheidigten.
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