1876 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
13. Der Bauernkrieg.
63
außerordentlichen Steuern belegt und durch kein fremdes Kriegsvolk heimgesucht wurden, von ihren Kriegszügen aber mit reicher Beute heimgekehrt waren, — alles dieses nährte unter den Landleuten in Süddeutschland einen stillen Grimm, der nur eines schwachen äußern Anlasses bedurfte, um in Aufruhr und Empörung auszubrechen. Da einzelne Aufstände zwar immer durch Blutvergießen gedämpft, die drückenden Verhältnisse aber niemals untersucht und erleichtert wurden, so nahm die Erbitterung in furchtbarem Maße zu. Was war natürlicher, als daß die heftigen Schriften, welche Luther gegen die geistliche Herrschaft ausgehen ließ, von den Unterthanen geistlicher Herren in weltlichem Sinne genommen und die Aufforderungen, das „Joch der Pfaffen und Mönche" abzuschütteln, auf die den Aebten und Prälaten schuldigen Dienste, Zehnten und Zinsen bezogen wurden? Dabei fehlte es nicht an schwärmerischen und verschlagenen Köpfen, welche Geschick und Neigung hatten, sich des rohen Haufens zur Ausführung kühner Entwürfe zu bedienen, und die vorhandenen Funken zur Flamme anzublasen.
Die Bauern ließen ein Manifest ausgehen, in welchem sie den Vorwurf, daß sie Aufrührer seien und daß das neue Evangelium dieses Unheil verschulde, zu widerlegen suchten. In 12 Artikeln waren ihre Forderungen zusammengestellt, welche sich hauptsächlich auf das Wahlrecht ihrer Prediger, Abschaffung der Leibeigenschaft, Zehnten, Antheil an der Jagd, dem Vogel-und Fischfang, Benutzung der Gemeindewaldungen, Festsetzung der Dienste, Abgaben und Pachtgelder und dgl. bezogen. Diese Schrift schickten sie an Luther mit der Aufforderung, einen Ausspruch darüber zu thun. Luther befand sich in großer Verlegenheit. Er konnte ihnen nicht Recht geben, ohne die Reden seiner Feinde, daß seine Lehre zum Aufruhr führe, zu bekräftigen, und ohne es mit den Fürsten und dem Adel, welche ihn gegen Papst und Kaiser geschützt hatten und ferner schützen sollten, für immer zu verderben. Daher richtete er eine Vermahnung an die Fürsten und an die Bauern zugleich und rieth, die Sache in freundschaftlicher Weise zu schlichten.
Inzwischen wurde die Gestalt des Aufruhrs immer furchtbarer. Wie stark die Macht des Wortes gewesen war, Leidenschaften zu entflammen, so schwach erwies sie sich, dieselben zu beschwichtigen. Anstatt Luther's Ermahnungen Gehör zu geben, verbreiteten sich die Bauernheere aus Schwaben über ganz Franken, eroberten und plünderten Burgen und Abteien. Die Bischöfe entflohen, die Städte aber, die zum Widerstande zu schwach oder deren Bewohner der beabsichtigten Reformation der Kirche und des Reichs geneigt waren, öffneten die Thore und traten den Bauern bei. Zu Heilbronn nahm ein engerer Ausschuß der Bauern seinen Sitz; die Grafen von Löwenstein wurden gezwungen, im Bauernkittel dahin zu wandern und die Annahme der 12 Artikel zu beschwören. Ritter Götz von Berlichingen war einer der Bauern-Hauptleute geworden, aber,, wie er selbst berichtet, nur aus Zwang, indem er in seiner Burg keinen Widerstand zu leisten vermochte. Doch der Ueber-