1876 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
112 Erster Zeitraum: 1492—1648.
Nachdem Karl am 7. September 1556 die Kaiserkrone zu Gunsten seines Bruders niedergelegt hatte, schiffte er sich mit seinen beiden Schwestern, den verwitweten Königinnen Eleonore von Frankreich und Maria von Ungarn, nach Spanien ein. Am 24. Februar 1557 (seinem 57. Geburtstage, dem Tage des Sieges bei Pavia und der Kaiserkrönung in Bologna) bezog Karl eine einfache Wohnung in dem Hieronymitenkloster des heiligen Justus bei Placentia. Schon früher hatte ihn die Schönheit dieser einsamen Gegend so angesprochen, daß er den Wunsch ausdrückte, den letzten Abend seines Lebens hier zuzubringen. Mit wenigen getreuen Dienern führte Karl hier, allen Antheil an weltlichen Geschäften von sich weisend, ein stilles, höchst einfaches Leben. Musik, Pflege seines Gartens, wissenschaftliche Beschäftigungen und geistliche Uebungen füllten seine Zeit. Dieses einfache Leben stärkte Ansangs seine Kräfte, dann kehrten die alten Uebel mit erneuter Stärke zurück und er fühlte, daß sein erschöpfter Leib ihnen bald unterliegen müsse. Deßhalb soll er, wie wenigstens von einem angeblichen Augenzeugen 20 I. später berichtet wird, dem Tode mit begeisterter Kühnheit oder wehmüthiger Sehnsucht ins Auge schauend, angeordnet haben, daß sein Leichenbegängniß schon bei seinem Leben mit allen Feierlichkeiten begangen werde. Zu diesem Zwecke ließ er sein Grabmal in der Capelle des Klosters errichten, seine Diener gingen paarweise mit Fackeln in der Hand dahin. Er selbst folgte im Todtengewande und wurde feierlich in den Sarg gelegt. Während der Seelenmesse betete er mit den Umstehenden für die Ruhe seiner Seele. Die Ceremonie endete damit, daß der Sarg mit Weihwasser besprengt wurde; die Versammlung ging auseinander, Karl stieg aus seinem Sarge und begab sich in seine Zelle, voll von den schwermüthigen Gedanken, die eine so sonderbare Ceremonie hervorbringen mußte. Die Krankheit Karl's nahm zu und artete in ein Fieber aus, dem er am 21. September 1558 erlag. In dem Grabgewölbe des Escurial ist nachher seine Leiche beigesetzt worden. Seine Schwestern Eleonore (die zweite Gemahlin Franz' I.) und Maria (Gemahlin des bei Mohacs gefallenen Königs Ludwig It. von Ungarn) starben in demselben Jahre.
23. parallele zwischen Karl V. und Fran; I.
(Nach Leopold von Ranke, Fürsten und Völker von Süd-Europa und Wilhelm Maurenbrecher, Karl V. und die deutschen Protestanten, bearbeitet vom Herausgeber.)
Wenn die alte Sage ihre Helden schildert, gedenkt sie zuweilen auch solcher, die erst eine lange Jugend hindurch unthätig zu Hause sitzen, aber alsdann, nachdem sie sich einmal erhoben, nie wieder ruhen, sondern in un-