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1. Die Geschichte der neuern Zeit - S. 485

1876 - Köln : DuMont-Schauberg
78. Katharina Ii. in Rußland. 485 deren Gebräuche behandelte, und die Bevorzugung der Deutschen bewirkten, daß die Ruffen im Geiste die Herrschaft der Fremden wiederkehren sahen, ein Gedanke, der sie empörte, gleichviel, ob eine solche Herrschaft wohlthätig wirkte oder nicht. Mit einem Federstriche verfügte er die Confiscation alles Kirchengutes in dem weiten Reiche, mehr als 40 Millionen Rubel werth, womit die Geistlichkeit die Herrschaft über mehr als 1 Million Leibeigener (Ve der gesammten ackerbauenden Bevölkerung Rußlands) verlor. Zugleich änderte er die äußere Politik ins Gegentheil um, indem er mit Friedrich Ii. Frieden, ohne irgend einen Vortheil für Rußland auszubedingen, und sogar ein Bündniß schloß. (Siehe S. 469.) Gegen Katharina, die, ihr deutsches Blut verleugnend, ihr Russenthum mit nicht geringerer Ostentation zur Schau trug, als der Enkel Peters des Großen seine deutsche Abkunft (indem er mit Vorliebe als Herzog von Holstein-Gottorp auftrat), sowie gegen den jungen Großfürsten Paul verhehlte er nirgendwo seinen Haß; er dachte daran, seinen Sohn von der Thronfolge auszuschließen, und da er keine eigenen Nachkommen mehr erwartete, so ließ er einige Vettern aus Holstein kommen, um vielleicht ihnen dereinst die Nachfolge zuzuwenden. So vereinigten sich verschiedene Elemente zu seinem Sturze. Die Popen wütheten über den Be-rauber der Kirche, die Garderegimenter knirschten über den Vergötterer der Preußen, eine Menge der bisherigen Machthaber fürchteten ihren Sturz durch die von Peter gestattete Rückkehr der sibirischen Exilirten. Es wurde Katharina nicht schwer, mit diesen allen anzuknüpfen. Ihr Freund Ponia-towski war damals nach Polen zurückgekehrt, und an feine Stelle ein Artillerie-Ofsicier, Gregor Orlow (Enkel eines unter Peter dem Großen Hingerichteten Strelitzen), getreten, ein schöner, starker und kühner Mann, der mit voller Hingebung Katharinens Sache auf Leben und Tod ergriff. Sein Bmder Alexei, noch herculifcher und trotziger, aber auch roher und gewalttätiger als Gregor, warb in den Easernen für die Kaiserin. In der Nacht auf den 9. Juli wurde Katharina auf ihrem Lustschlosse Peterhof aus dem Schlaf geweckt; ein Mann stand an ihrem Bette, es war Alexei Orlow, der ihr hastig zurief: „Einer unserer Freunde ist verhaftet, eilen Sie, kein Augenblick darf verloren gehen." Sie war Anfangs wie betäubt und zitterte, als sie in den Wagen stieg, um nach Petersburg zu fahren; es war wohl weniger ängstliche Furcht als das Gefühl, daß jetzt die Entscheidung über ihr ganzes Leben da sei. Während der Fahrt verlor sich ihre Verwirrung, und unter fröhlichem Lachen kam sie in der Hauptstadt bei der Easerne der Garden an. Dort hatte Gregor Orlow die Regimenter vorbereitet; in der Kasan'schen Kirche wartete der Erzbischof von Nowgorod mit dem Elerus, der thätigste der Verschworenen, welcher schon durch seine Mönche offenen Aufstand gegen den Kirchenräuber hatte predigen lassen. Panin, der Erzieher des jungen Paul, versammelte die Senatoren, binnen zwei Stunden war Katharina als Selbstherrscherin aller Reußen ausgerufen, im Palast installirt.
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