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1. Die Geschichte der neuern Zeit - S. 509

1876 - Köln : DuMont-Schauberg
81. Kaiser Joseph Ii. 509 Grundsätzen erzogen wurden. Geldsendungen nach Rom durften nicht mehr Statt haben und die Dispensationen nur unentgeltlich angenommen werden. In der Lombardei eignete sich der Kaiser die Verleihung aller geistlichen Pfründen zu. Ein neues Ehe-Patent setzte die Grenzen zwischen der geistlichen und weltlichen Gerichtsbarkeit fest. Alle geistlichen Brüderschaften und über 700 Klöster wurden aufgehoben und an 36,000 Mönche und Nonnen mit Pensionen ausgestattet. Das Vermögen der Klöster ward theils dem Religions-, theils dem Studien-Fonds zugeschlagen. Den päpstlichen Nuntien wurde erklärt, man betrachte sie nur als politische Gesandte an den Höfen, an welchen sie residirten. Gleich im Beginn dieser kirchlichen Anordnungen kündigte Papst Pius Vi. zur großen Ueberraschung des Kaisers an, daß er persönlich nach Wien kommen werde. Dem Kaiser war dies ungelegen, er wollte dem Besuche vorbeugen. Auch mehrere Cardinäle widerriethen die Reise. Pius Vi. aber vertraute auf den Zauber, der in feiner Würde lag, auf feine einnehmende Persönlichkeit, er hoffte die Menge zu begeistern, den Kaiser zu entwaffnen. Die Reise glich wirklich einem Triumphzuge. Joseph selbst, der dem Papste entgegengefahren war, führte ihn tn Wien ein; und während eines vierwöchentlichen Aufenthaltes daselbst waren die Bewohner der Stadt und der Umgegend in unaufhörlicher Bewegung, um seines Segens theilhaftig zu werden. Das Zuströmen der Fremden in Wien war so groß, daß man Mangel an Lebensrnitteln befürchtete. Die Feierlichkeiten des Osterfestes, die Kommunion und das Fußwafchen am Grünen Donnerstage in der Stephanskirche gaben dem Papste Gelegenheit, feine Hohepriester-liche Würde in verschiedenen Stellungen immer gleich Vortheilhaft zu zeigen; er erschien im vollen Ornate, die dreifache Krone auf dem Haupte, drei Cardinäle und zwei Bischöfe zur Seite, auf dem Altan der Jefuitenkirche, vor welcher 50,000 Menschen gedrängt standen, und spendete ihnen den Segen. Die Menge hatte der Papst allerdings begeistert, das katholische Gefühl neu belebt und so einen Zweck feiner Reife erreicht; aber der andere Zweck, den Kaiser umzustimmen, ihn auf dem Wege kirchlicher Reformen aufzuhalten, scheiterte gänzlich. Kaiser Joseph überhäufte den Papst mit Ehrenbezeugungen aller Art; aber auf Verhandlungen ließ er sich nicht ein. Er bat den Papst, feine Erinnerungen schriftlich mitzutheilen, er glaube übrigens, daß feine Verordnungen die katholische Lehre gar nicht beträfen, und er werde sie mit unerschütterlicher Standhaftigkeit festhalten. Als der Papst Wien verließ, um über München nach Rom zurückzukehren, begleitete ihn der Kaiser bis Mariabrunn. Sie trennten sich ohne Rührung; aber noch am selben Tage erschienen kaiserliche Eommiffarien im Kloster Maria-brunn und hoben es auf. Zwischen dem kaiserlichen und dem päpstlichen Hofe hatte ein lebhafter, gereizter Briefwechsel Statt; man befürchtete einen Bruch, als Kaiser Joseph plötzlich unerwartet in Rom erschien. Er verhandelte mit dem Papste persönlich, was er in Wien verweigert hatte, und es
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