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1. Die Geschichte der neuern Zeit - S. 567

1876 - Köln : DuMont-Schauberg
91. Der National-Convent seit der Hinrichtung Ludwig's Xvi. 567 welche zunächst in Haft kommen sollten, und eine eingeschüchterte Mehrheit hieß den Antrag gut. Die Maßregel trug noch den Schein schonender Milde; man gab den Geächteten nur Hausarrest und stellte sie unter den Schutz des Volkes! Die Menge verlor sich nun; aber die Freiheit und wirkliche Autorität des Convents war von diesem Augenblicke an vernichtet. Verschieden, aber fast durchaus traurig war das Schicksal der übrigen Girondisten. Mehrere waren schon vor der letzten Katastrophe entflohen; andern, selbst schon verhafteten Mitgliedern, gelang eine augenblickliche Rettung. So entkamen Barbaroux, Lanjuinais^ Pckion und Andere nach der Normandie und gelangten nach Caen, der Hauptstadt des Departements Calvados, wo sie das Volk zu den Waffen riefen, die Schmach und die tyrannische Verletzung der Volks-Repräsentation zu rächen. Insbesondere ward Marat in den Provinzen als Haupturheber der zahlreichen Leiden angesehen, die jetzt auf dem unglücklichen Frankreich lasteten. Daher faßte ein hochherziges Mädchen, die Tochter eines Edelmannes, von der reinsten Freiheitsliebe beseelt, den Entschluß, ihr Vaterland von diesem Ungeheuer zu befreien. Charlotte Cordav d'armans hatte aus der Seetüre der Geschichte der Vorzeit einen tiefen Haß gegen alle Unterdrückung eingesogen. Mucius Scävola und andere Helden des Alterthums entflammten ihre Seele; ihre Aufopferungen schienen ihr neidenswerth. Außerdem soll ihr Entschluß auch durch den Schmerz der Liebe gefördert worden sein; sie soll nämlich einen jungen Officier von der Garnison von Caen geliebt haben, der, als Verschwörer angeklagt, aus Marat's Betrieb von bezahlten Bösewichtern ermordet wurde. Wie dem auch sei, sie verließ ihre stille Heimat, kam am 12. Juli 1793 in Paris an, begab sich zweimal in Marat's Wohnung, ohne vorgelassen zu werden. Da schrieb sie noch denselben Abend an ihn: „Bürger! so eben komme ich von Caen. Ich habe Ihnen wichtige Geheimnisse zu entdecken, und werde Ihnen Gelegenheit geben, Frankreich einen Dienst zu leisten? Am folgenden Morgen kaufte sie erst einen Dolch im Palais Royal (man muß sich wundern, daß dies nicht auffiel), verbarg ihn in ihrem Busen und trat damit in Marat's Wohnung, der eben im Bade war. Er befahl, sie eintreten zu lassen. Während der Unterhaltung über die fortdauernden Verhandlungen im Calvados führte das Heldenmädchen mit fester Hand den Todesstreich nach dem Herzen des Wütherichs. Mit einem Schrei: „Mir das?" hauchte er auf der Stelle die Seele aus. Sie wartete ruhig, bis Diener herbei kamen und sich ihrer Person versicherten. Der berüchtigte Postmeister Drouet fuhr mit ihr zur Abtei. Als sie vor derselben ankamen, stürzte ein Jüngling herbei und bat, ihn statt ihrer zu opfern: ihm ward der Tod, ohne sie zu retten. Vergebens betheuerte sie, den Unglücklichen nicht zu kennen. Aus dem Gefängnisse schrieb sie an Barbaroux. „Morgen um 5 Uhr beginnt mein Proceß und ich hoffe noch an demselben Tage mit Brutus und andern Helden des Alterthums im Elysium zusammen zu sein."
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