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1. Die Geschichte der neuern Zeit - S. 735

1876 - Köln : DuMont-Schauberg
112. Rückblick auf Napoleon's Fall. 735 düngen Frankreichs nach- der andern. Er setzte an die Stelle der Revolution eine Gewaltherrschaft, an die Stelle der Nationalität ein Universalreich, an die Stelle des Freistaates eine Dynastie, die ihre weltherrschaftliche Berechtigung von Karl dem Großen herleitete, an die Stelle der Gleichheit einen Erb- und Lehnadel, an die Stelle der Erbtheilung Majorate und Substitutionen, an die Stelle des Gesammtwillens der Gemeinde die einheitliche Wirksamkeit der Präsecten. In Haus und Familie griff er mit Willkür ein und umspann sie mit Späherei und Angeberei; die Ersten dieses von ihm selbst mit Ruhm getränkten Volkes demüthigte er mit roher Behandlung und würdigte sie zu blinden Werkzeugen herab. Selbst einen Tiberius ekelte die sklavische Gesinnung seiner Senatoren an, dem französischen Imperator aber schien die niedrigste Fügsamkeit allein genug zu thun. Wohin aber, bis zu welchem Grade v.on überhobener Selbstsucht war auf jenem Wege zur Weltbeherrschung Napoleon's eigene Natur, sein angeborener Hochsinn und Seelenstolz zuletzt ausgeartet! Welche Kluft lag zwischen dem General Bonaparte, den einst Talleyrand als das bescheidene Kind der Zeit, des Vaterlandes, der Revolution darstellen durfte, und dem Kaiser Napoleon, der den geschmacklosen Hofglanz der faulen Vergangenheit wieder hergestellt hatte, der in der Ueppigkeit eines asiatischen Fürsten (wie der Perser sein Trinkwcisser) seinen Lieblingswein bis Moskau mit sich führte, der, schon im Sturze begriffen, sich vermaß, daß er Frankreich nöthiger sei als Frankreich ihm, der selbst an seine Allüberlegenheit und Unfehlbarkeit glaubte und dessen Diener den Menschen in ruchlosem Ernste zumutheten, „seinen Willen wie das Fatum zu betrachten". Erdachte sein Land zu entschädigen mit der Sättigung an Größe und Ruhm. Er hätte gern, so spiegelte er Frankreich spät noch vor, alle Europäer unter französischer Oberherrschaft zu Einem Volke gebildet, mit gleichen Verkehrsmitteln, unter Einem Rechte und Einem Amphiktyonenhofe, hätte gern aus Paris die Hauptstadt der Welt und „aus Frankreich einen Roman" gemacht. Aber diese Politik galt selbst dem geblendeten Frankreich nicht für „gesundestaatsgrundsätze" noch für eine „Herrschaftder Vernunft"; sie galt ihm nicht als ein Preis für seine Arbeiten und Schicksale seit 20 Jahren; nicht als ein Ersatz für die 5 Milliarden an Geld (welche die eingestandenen Kosten der Kriege von 1802-1814 für Frankreich allein betrugen), Noch für die 3 Millionen Menschen, die von 1804—1814 ausgehoben und bis aus ein Sechstheil dem Ehrgeize des Einen geopfert waren. Konnten aber der Ruhm und die Vortheile des Weltreiches das französische Volk nicht einmal zufrieden stellen, so regte dagegen die Noth und die Schmach der Unterdrückung den ganzen Welttheil gegen iien Unterdrücker auf. Ein Für-»tenhaus nach dem andern sollte weichen vor seinen Verwandten, Staat um Staat in der Nähe sollte zur Provinz, ganze Volksstämme sollten „entnatio-nalisirt" werden, um das große Reich zu bilden; die Meere zu befreien, sollten alle Länder erobert werden; um Frankreich den Sieg über den Erb-
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