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1. Die Geschichte des Alterthums - S. 29

1873 - Köln : DuMont-Schauberg
10. Die Propheten. 29 10. Die Propheten. (Nach Jo H. Jos. Jgn. Döllinger, Heidenthum und Judenthum, und B. F. Guttenstein, die poetische Literatur der alten Israeliten.) Was das hebräische Volk für andere Völker sein sollte, ein Spiegel, eine stete Mahnung und ein Zeichen, das waren ihm die Propheten. Zeiten, in denen Propheten sich nicht vernehmen ließen, waren Zeiten des Verfalls oder Todes; wurde auf das Wort der Seher nicht gehört, so war das ein Zeichen eines unseligen Schlummers und eines auf Israel lastenden Strafgerichts. Samuel hatte eigene Propheten-Schulen gegründet, in denen junge Männer, Propheten-Söhne genannt, zusammen lebten, unter der Leitung und Belehrung älterer Meister. Wir sehen, daß in diesen Schulen ein Zustand der Ekstase künstlich gepflegt ward, wahrscheinlich in ähnlicher Weise, wie später bei den Therapeuten, so daß Fremde, die plötzlich in einen Kreis solcher Propheten-Jünger kamen, von der gleichen Begeisterung ergriffen und zu denselben Geberden und Handlungen mit fortgerissen wurden. Wie lange diese Propheten-Schulen bestanden, läßt sich nicht sicher angeben. Aber die Macht des Prophetenthums, als einer ganz einzigen, mit nichts Aehn-lichem in der Geschichte zu vergleichenden Institution, tritt von nun an in den Geschicken des Volkes • und dem Entwicklungsgänge des theokratischen Reiches tief und gewaltig eingreifend hervor. Ohne irgend eine gesetzliche Gewalt und Beglaubigung, bald Priester oder Leviten, bald einfache Israeliten anderer Stämme, überhaupt unabhängig von Stammes- und Standes-verhältniffen, standen die Propheten aus der Mitte des Volkes auf, oft gegen alles Sträuben ihrer vor dem Austrage bangenden Natur von einem unwiderstehlichen Drange fortgezogen. Ein Prophet, im Bewußtsein und der Autorität seiner unmittelbaren Berufung, war zugleich der Mund oder Bote Gottes und das persongewordene Gewissen der Nation, der Allen den Spiegel ihrer Vergehen vorhielt, ein Demagog und Patriot im edelsten Sinne, der in großen entscheidenden Wendepunkten als Bußprediger, als Warner und Tröster, als Bewahrer des Gesetzes, als Ausleger der alten Bundesverheißungen dem Volke, den Mächtigen, den Königen gegenübertrat. Innerhalb der Grenzen des Gesetzes, welche der wahre Prophet nie überschritt, besaß er eine unbeschränkte Freiheit der Rede, freilich oft mit Gefahr und Aufopferung seines Lebens. Vor Allem rügten und bekämpften die Propheten das gemeine und Grundlaster der Abgötterei, sie erhoben ihre warnende und strafende Stimme gegen das Sittenüerderben, das mit den heidnischen Neigungen und Cultusübungen, des Volkes in so enger Wechselwirkung stand, sie schilderten das Versinken in mechanische Werkheiligkeit, die Ausartung der Priester, die Bestechlichkeit der Richter. Sie verkündeten göttliche Strafgerichte, richteten dann aber auch das zerbrochene, in die Gefangenschaft fort-
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