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1. Die Geschichte des Alterthums - S. 183

1873 - Köln : DuMont-Schauberg
54. Die Verfassung im homerischen Griechenland. 183 Auch Versammlungendes gesammten Volkes kommen öfters vor, doch nicht sowohl um dasselbe über eine Angelegenheit zu befragen und einen Volksbeschluß durch Abstimmung fassen zu lassen, als vielmehr um ihm den von den Geronten gefaßten Beschluß bekannt zu machen, oder es wird das Volk berufen, damit in feinem Beisein über eine wichtige Angelegenheit, z. B. über Abwehr eines feindlichen Einfalls oder über ein Abhülfe forderndes Unheil, Rath gepflogen werde, wie in der von Achilles im ersten Gesänge der Ilias wegen der Seuche berufenen Heeres-Versammlung. Die Berufung des Volkes zur Versammlung geht natürlich in der Regel vom Könige aus, nach vorheriger Berathung mit den Geronten. Die Berufung geschieht durch umhergesandte Herolde. Der Versammlungsplatz ist entweder in der Nähe der Königswohnung, wie zu Jlium auf der Burg, oder sonst an einer schicklichen Stelle, wie zu Scheria am Hafen; und er ist auch wohl mit Plätzen znm Sitzen versehen, weswegen auch Sitzung (ct-owo?) für die Versammlung gesagt wird. Wer vor dem Volke reden will, steht auf und läßt sich vom Herolde den Stab, das Scepter, in die Hand geben, wohl als Zeichen, daß er als Redner eine Art von amtlicher Function ausübe. Eine Rednerbühne findet sich nicht; der Redende tritt hin, wo er meint, am besten von Allen gehört zu werden. Es ist nicht wahrscheinlich, daß das Recht, das Scepter zu empfangen und zum Volke zu reden Anderen als den Edlen zukomme: wenigstens gibt es kein Beispiel dafür bei Homer. Von förmlicher Abstimmung des Volkes ist nirgends die Rede; nur durch lautes Geschrei gibt die Versammlung ihren Beifall oder ihr Mißfallen über das Vorgetragene zu erkennen, und wenn es sich um eine Sache handelt, zu deren Ausführung die Mitwirkung des Volkes erforderlich ist, so verräth uns Homer kein Mittel, wie dasselbe gegen seinen Willen dazu gezwungen werden könne. Die zweite Function der Könige ist die richterliche, und wie sie wegen des Rathpslegens ßoukrjif oqoi heißen, so werden sie wegen der Rechtspflege dixuanöxoi genannt. Auch hier aber sind die Geronten Theilnehmer an dem königlichen Amte, und die Frage, welche Rechtshändel etwa der König für sich allein, welche in Gemeinschaft mit den Geronten zu entscheiden habe, ist aus Homer eben so wenig zu beantworten, als die andere, ob nicht aus der Zahl der Geronten Einzelrichter entweder vom Könige bestellt oder von den Parteien gewählt werden können. Wie sehr aber gerade die Rechtspflege als dasjenige Amt des Fürsten betrachtet wurde, wodurch er sich am meisten um das Volk verdient machen könne, beweisen viele Stellen. Odysseus weiß keinen höheren Ruhm zu nennen, als den eines untadeligen Königs, welcher gottesfürchtig unter den Seinen waltend das gute Recht erhält und sichert: da bringt die Erde reichen Ertrag, die Bäume sind voll von Früchten, die Heerden gedeihen und das Meer wimmelt von Fischen. Denn der gerecht regierende König ist den Göttern wohlgefällig, weil er das Amt, welches er von ihnen überkommen, nach ihrem Willen verwaltet.
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