1878 -
Danzig
: Gruihn
- Autor: Krüger, Carl Adolf
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Mittlere Schule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Geschichte der neuen Zeit.
beten Kelch stehen sollte, und wo jetzt raieber Braut und Bräutigam üor dem Altare fnieen würden. Eine leibenschaftliche, schmerzliche Freube zuckte bamals durch alle Seelen.
Die Folgen des dreißigjährigen Krieges waren: Erhöhung der Macht der Lanbesfürsten, Einführung ftehenber Heere, Verfall des Hanbels und der Gewerbthätigkeit, Untergang der deutschen Kunst und Literatur. Das altbeutsche Volksthum erlag dem fretnben Einfluß, und das durch den langen Krieg verwüstete und verheerte Deutschland würde auf Jahrhunberte zurückgeworfen. Das Felb blieb fast unangebaut, weil es an Saatkorn, Zugvieh und Menschenhänben fehlte. Die Dörfer stauben leer, weil alles in die Städte flüchtete ober das Kriegshanbwerk ergriff, bei dem man sich noch am leichtesten ernähren konnte. "Viele starben am Hunger; Seuchen und Krankheiten rafften die Menschen in Masse hin. Von den deutschen Hanbelsstäbten behielten nur Lübeck, Bremen und Hamburg noch einige Bebeutung. Theilweise nach Laukhard und G. Freitag.
136. Dörfer und Städte nach dem 30jährigen Kriege.
Dörfer. Es sind zwei Jahrhunderte vergangen, ehe der Kulturzustaud der Dörfer die Höhe wieder gewann, die er beim Ausbruch des 30jährigen Krieges hatte Der Krieg vermietete diese ganze Blüthe; denn er fiel mit seiner Haupt-schwere gerade auf den Bauernstand. Die Dörfer lagen in Asche, der Viebstand ging ein- das Feld verwuchs und ward stellenweise wieder zu Wald; die Leichen blieben uub'egraben. Die Dorfhuude rotteten sich zusammen wie Heerden Raubthiere, und zu dem Elende des Krieges kamen die unausbleiblichen Plagen des Hungers und der Pest. In der zweiten Halste des Krieges weigerte sich ein schwedischer General,, fein Heer von Pommern nach Süddeutschland zu führen, weil durch die dazwischen liegende Oede sein Verlust größer sein würde, als durch die blutigste Niederlage. cyn einzelnen ©egenden, wie in Schlesien, Thüringen und Mecklenburg hatte der Krieg besonders grausam gehaust. Beim Friedensschluß gab es eine Menge verbrannter Ortschaften, Dörfer, Städte und Schlösser. An manchen Orten zahlten Dörfer die früher 400 Einwohner hatten, nur noch 20; manche waren ganz verödet Noch heut zu Tage bezeichnen Namen von Feldmarken, einzelne übrig gebliebene Gehöfte, hier und da sogar noch Kirchentrümmer die Stätten, wo ernst blühende Dörfer gestanden. Von den meisten war nach dem Kriege nur noch die Kirche und auch diese oft nur als Ruine vorhanden. Es war die fromme, ausdauernde Landgeistlichkeit, die um die Kirche den Keim einer Gemeinde wieder versammelte Aber es dauerte lange, ehe die Verwilderung und Sittenlosigkeit wieder wich.
Städte Aus der allgemeinen Verwüstung ragten die großen Städte m einem elenden Anstande hervor. Das deutsche Bürgerthum, einst trotzig und gewaltsam, war fast vernichtet. Den kleineren Städten erging es meist nicht besser als den Dörfern. Größere, befestigtere überdauerten wohl. Aber dann waren sie durch Umlagemttg so oft geängstigt, durch Abgaben und Brandschatzungen so erschöpft, durch Hunger und Pest so entvölkert, daß viele Häuser und Straßen rn Trümmern liegen blieben und daß, da die städtischen Steuern säst allein auf den Grundstucken lasteten, kaum ein Eigenthümer Lust hatte, wieder aufzubauen. Berlin hatte nach dem Kriege noch 6000 Einwohner, etwa den vierten Theil ferner früheren Zahl; zweihundert Häuserstellen lagen wüst; die Häuser selbst waren mit Stroh und Schindeln gedeckt, die uugepslasterteu Straßen auf beiden Seiten mit Stallen und
^Etzeselläa/tliche Zustände. Nach geschlossenem Frieden war der alte Sinn der Selbständigkeit dahin, und es mußten jetzt auch m den Städten die landesherrlichen Beamten befehlen, was früher durch die Selbstverwaltung erreicht worden war ^nchtzwang, sowie die engherzigen Interessen der unter sich durch Verwandtschaft eng verknüpften städtischen Familien begründeten ein Spießburgerthum, das sich nur zu oft kleinlich und lächerlich darstellte Das Wrederaufbluheu emer Stadt hing von nun au meist von einem Fürstenhofe ab, und es sind nur dre Residenzen, die bis in das 19. Jahrhundert allein den Glanz, die Blüthe und das Ansehen