Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Vaterländische Geschichte - S. 5

1912 - Leipzig : Dürr
— 5 — einander durch fast handbreite, um die Mitte der Stäbe geknotete Linnenbänder verbunden waren. Nachdem sich das Gewoge der in den Kreis Drängenden, die lauten Stimmen, das Klirren der Waffen ein wenig beruhigt hatten, hob der Herzog den Speer und schlug damit auf den erzbeschlagenen Schild drei feierlich gemessene Streiche. Da wurde augenblicklich tiefe Stille. „Das Volksthing ist eröffnet!" sprach Ergo und ließ sich langsam nieder, im Sitzen den einen Fuß über den andern schlagend. Er warf den dunkelblauen, weitfaltigen Mantel, der auf der linken Schulter von einer Spange zusammengehalten war, nach rückwärts, lehnte den Speer wie einen langen Stab über die rechte Schalter und sprach, die linke Hand mit ausgebreiteten Fingern hebend, langsam: „Ich, der Richter, frage die Freien, ob hier die Stätte ist, gerechtes Gericht zu halten." Da zogen die Männer ihre Schwerter, hoben sie gen Himmel und antworteten: „Uber Frieden und Freiheit, Leib und Leben richten wir Freie und finden echtes 'Urteil." Da furchte der Herzog die Stirn und rief: „Klage ist gekündet gegen Ebar, den Fürsten eines Gaues!" „Der Verräter! Der Heerverderber!" So scholl es drohend aus der Menge. „Friede im Ring!" gebot der Richter. „Wo ist der Kläger?" Da trat des Fürsten Waffenträger vor, zog das Schwert und sprach: „Ich klage gegen Fürst Ebar um Heerverrat. Dreimal habe ich ihn gewarnt; dreimal habe ich ihm offen gedroht, sein Trachten dem Herzog aufzudecken und dem ganzen Volk. Er aber hat mich und alle seines Gefolges, ja alle Heermänner unseres Gaues bereden wollen, wenn die Versammlung den Kampf beschließe und der Herzog aufbreche mit dem Heer, nicht zu gehorchen, sondern abzuziehen, im Notfall mit Gewalt uns durchzuschlagen und von dem Feinde Schonung für unseren Gau zu erbitten unter Geiselstellung und Unterwerfung." Da durchdrang ein furchtbares Brausen die Reihen, die Waffen klirrten, der Zorn des Volkes brach grimmig los, einige sprangen, drohend die Schwerter zückend, gegen den Angeklagten, welcher schweigend, aber trotzig dicht vor dem Richtersteine stand. „Halt," rief der Herzog, „nieder die Waffen! Wer sie noch einmal zückt, dem geht's an die Hand." Er war rasch aufgesprungen und hielt nun von der oberen Stufe über des Bedrohten Haupt schützend seinen langwallenden Mantel. Sofort legte sich der Lärm, beschämt traten die Hitzigsten zurück in den Ring. „Ich frage dich," begann nun der Richter, „Fürst Ebar, was entgegnest du der schweren Anklage, die wider dich erhoben?" „Es ist alles wahr", sprach dieser finster blickend. „Bringt mich um; ich will nicht leben!" Darauf wandte sich der Richter an die Männer im Ring und sprach: „Sein Mund ist geständig der schwersten Schuld, was droht ihm das Recht?" „Den Strang! den Weidenstrang!" scholl es nun tausendstimmig. „Den L)chmachbaum! Hängt ihn sogleich!" Da zuckte Schmerz über des Fürsten
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer