Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Vaterländische Geschichte - S. 16

1912 - Leipzig : Dürr
— 16 — sein konnte. Durchaus nicht fröhlich war der Abschied, auch dem mutigen Manne bangte heimlich vor der Zukunft. War das neue Land auch nicht endlos weit, fast allen war es unbekannt. Unsicher war, ob die Götter der Heimat auch dort Schutz gewährten, und ob nicht schädliche Würmer und Elbe (Elfen) Vieh und Saat zerstören oder feindliche Männer die Höfe abbrennen. Auch die Kinder fühlten das Grauen; sie saßen still auf den Säcken, und die Kleinen weinten, obgleich die Eltern ihnen Haupt und Hals mit heilkräftigem Kraut umkränzt hatten, das den Göttern lieb ist. Mit der ausgehenden Sonne erhoben sich die fahrenden. Der Älteste ihres Geschlechts oder eine weise Mutier sprach ihnen den Reisesegen. Alle flehten murmelnd um gutes Glück und bannten durch Zauberspruch die schädlichen Waldtiere und schweifende Räuber. Die andern Dorfleute aber, die daheim blieben, blickten scheu auf die Wanderer wie auf verlorene Menschen; unheimlich dünkten ihnen die frevler, welche sich von dem Segen der Heimat lösten. Zwar zog es die Landgenossen wegen der Landnot mächtig nach der Ferne, und doch graute ihnen immer vor einem Leben fern von den Heiligtümern, von Sitte und Recht der Heimat. 2. Die Wagen bewegten sich knarrend. Von der Höhe sahen die Wanderer noch einmal nach dem Dorf ihrer Väter zurück und neigten sich grüßend gegen die unsichtbaren Gewalten der Flur. Mancher unzufriedene Gesell warf auch, einen Fluch zurück gegen feine Feinde, die ihm die Heimaterde verleidet hatten, ^ann nahm alle der Bergwald auf. Mühsam war die Fahrt aus steinigen Wegen, in welche das Schneewasser tiefe Furchen gerissen hatte. Oft mußten: die Männer von den Rossen steigen und mit Haue und Spaten die Bahn fahrbar machen. Wild erscholl Ruf und Peitschenschlag der Treiber, die Knaben sprangen hinter den Wagen und hemmten den Rücklauf durch Steine, und doch zerrten die Zugtiere machtlos, bis ein Gefpann dem anderen half oder Männer und Frauen die starken Schultern an die Räder stemmten. War die Reise wegsamer, dann umritten die Männer spähend den Zug mit gehobener Waffe, bereit zum Kampf gegen Raubtiere oder rechtlose Waldläufer. Als die Wanderer aber nach der ersten Tagfahrt das einsame Waldtal erreichten, das zur Versammlung bestimmt war, da wurde die Mühe des Tages über der Freude vergessen, Landsleute in der Wildnis vor sich zu sehen; hell jauchzten die Kommenden von der Höhe, und die Lagernden antworteten mit gleichem Ruf, auch solche, die sich sonst wenig gekannt, grüßten einander wie Brüder. Die Männer traten zuhaus, und Baldhard,! ein meßkundiger Mann, bezeichnete den Lagerraum mit Stäben. Dort wurden die Zugtiere abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammengestoßen und im Ringe herum die Nachtfeuer entzündet. Während die Haustiere weideten, von bewaffneten Jünglingen und von Hunden gehütet, bereiteten die Frauen die Abendkost. Die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen Pferch für die Herde, verteilten die Wachen und holten aus den Wagen, was sie von kräftigem Trunk mitgebracht hatten. Dann lagerten sie und sprachen bedächtig von dem guten Weideland, das sie zu finden hofften, und von den Beschwerden der Reise. Als das Mahl beendet war, wurden die wertvollsten Rosse und Rinder im Wagenringe
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer