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1. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 263

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
bis zum Schlüsse des Mittelalters. 263 in die unbekannte Welt hinaus, um in den lateinischen Schulen zu lernen. Ost waren sie arm und ohne Kleider und Schuhe. Glücklich war, wer ein Buch geschenkt erhielt und den Text desselben nicht erst mühsam abzuschreiben brauchte. Waren die frommen Stiftungen des Ortes, wo sich eine Schule befand, oder die Mildthätigkeit der Bürger ausgenützt, so zog er weiter, um anderswo sein Heil zu versuchen. Oft trieb ihn der Ruf eines neuen Lehrers oder das Gerücht, das in einer andern Stadt Griechisch oder gar Hebräisch zu lernen sei, in die Ferne, selbst viele Meilen und Tagereisen fort. Dieses Treiben beförderten namentlich die zahlreichen, von frommen Leuten gestifteten Schulstipendien, die meist in wöchentlichen oder auch täglichen Brotausteilungen bestanden. Die Schulhäuser waren wie Klöster mit einer Menge von Zellen für die wandernden Schüler versehen, anderswo gab es eigene Hospize, selbst Privatleute nahmen sie aus Gutherzigkeit oder wie eine Art Hofmeister auf. Wer sich zum Chorgefange verpflichtete, erhielt dafür Geld oder Brot und konnte sich bei Leichenbegängnissen und anderen Gelegenheiten ein Almosen ersingen. Außerdem war auch das Betteln selbst gestattet, weil man sich im Mittelalter und noch lange nachher ein Gewissen daraus machte, dasselbe an und für sich zu verbieten. Wie überall, wo sich Deutsche zusammenfanden, so bildete sich auch unter den fahrenden Schülern eine Art Ordnung aus, der jeder verfiel. Die jüngeren Schüler, Schützen genannt, weil sie den Bauern die Hühner wegschössen (= stahlen), waren, wie die Lehrlinge den Gesellen, ihren älteren Genossen, den Bacchanten, zu allen, auch den niedrigsten Diensten verpflichtet. Übernahmen diese es, ihnen das, was sie selbst auf der Schule gelernt hatten, beizubringen, so mußten sie wieder für ihre Lehrmeister betteln und stehlen. Ergriff den Bacchanten die Wanderlust, so folgte ihm sein Schütze als Ernährer; jahrelang schweiften sie so oft von Schule zu Schule; manch einer sank in kürzerer oder längerer Zeit in rohe Liederlichkeit, andere verkamen in Hunger und Siechtum oder folgten der Werbetrommel der Landsknechte. Unter den Tausenden, die sich zur lateinischen Schule drängten, waren nur wenige, die sich durch alle Mißlichkeiten des Lebens zu etwas Bedeutendem emporzuarbeiten vermochten. Die fahrenden Schüler starben trotzdem nicht aus; auch geraume Zeit nach ihnen gab es noch unzählige, die das Geschäft des Bettelns sogar noch methodischer betrieben. Alle, denen Lernen und Zucht nicht gemundet, traten in den
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