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1. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 683

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
Die Zeit Friedrich Wilhelms Iv. 683 Indessen den Dank, den der König für sein Zugeständnis erhofft hatte, erhielt er nicht, indem eine Partei der Abgeordneten weitergehende Rechte erwartet hatte. Das folgende Jahr brachte sogar ernste Gefahren für den Thron und die Person des Königs. Wieder gärte es mächtig in dem benachbarten Frankreich. Schon 1846 war dort die Erregung zum Ausbruche gekommen; denn die Mißernte dieses Jahres hatte über die Landbevölkerung furchtbare Entbehrungen gebracht, so daß das hungernde Volk die Kornlager und Bäckerladen plünderte und mehrere Gutsbesitzer ermordete. Zahlreiche Bankrotte traten ein, Fabriken wurden in Menge geschlossen, und brotlos irrten die Arbeiter umher. Das ganze mittlere Frankreich war in Aufruhr, bis in die höchsten Stände drang die Ahnung des kommenden Sturmes. Der König Louis Philipp, jeder berechtigten Neuerung abhold, hatte den Haß des Volkes immer mehr auf sich gezogen, und mußte schließlich als Flüchtling den Weg in die Verbannung antreten, in der er sterben sollte. Die Republik trat an die Stelle des Königtums in Frankreich — keine einzige Thräne wurde dem gefallenen Bürgerkönig nachgeweint. Die Zeitungen hatten die Kunde von dem, was sich in Paris ereignet hatte, in ganz Deutschland verbreitet. Jedermann ahnte, daß diese Ereignisse von entscheidendem Einfluß auf den Gang unserer eigenen Angelegenheiten sein würden. Wirklich nahm die Revolution ihren Gang auch durch die deutschen Länder. In Wien brach der Aufruhr los und Metternich, der langjährige erste Minister des österreichischen Kaisers, wurde verjagt und der Kaiser Ferdinand I. dankte zu gunsten seines Neffen Franz Joseph ab. In München führte die seit langem bestehende Mißstimmung zu Auftritten hellen Aufruhrs, der mit der Thronentsagung des Königs Ludwig I. zu gunsten seines Sohnes Maximilian endete. Zugleich hatten in diesen Märztagen auch die meisten anderen deutschen Staaten ihre Revolutionen durchgemacht. Fast überall trat dieselbe Erscheinung zu Tage: die Arbeiter hielten Volksversammlungen ab, in denen die Volksredner leidenschaftliche Angriffe auf die Landesregierung und die bestehende Staatsordnung schleuderten und die sofortige Gewährung der Volkswünsche*) verlangten. Zahllose Krawalle in Stadt und Land bildeten den Hintergrund zu diesen Unruhen. Von redefertigen Führern aufgeregt und angereizt, zogen die Massen durch die Straßen der Städte, brachten mißliebigen Beamten und Bürgern Katzenmusiken, warfen ihnen die Fenster ein und bedrohten ihr Eigentum. Diesen Ruhestörungen, unter denen die Geschäfte litten, entgegenzutreten, bildeten sich unter der besitzenden Bürgerschaft Bürgermehren, Schutzwachen, Nationalgarden, welche die Ruhestörer auseinander trieben und die Ruhe aufrecht hielten. Die deutschen Fürsten kamen den ihnen vorgetragenen Volkswünschen weitgehend entgegen. Die mißliebigen Minister wurden entlassen, auch mancher Übelstand wurde beseitigt. Sehr stürmisch und bedrohlich verlief die Volksbewegung in Berlin. Hier suchten die Führer und Aufwiegler das Volk in Volksversammlungen, Vereinen, öffentlichen Bierhäusern durch ihre Reden aufzureizen. Der König kam den Wünschen des Volkes entgegen und bewilligte aus eigenem Entschlüsse eine Reihe von Freiheiten und Rechten und versprach neue zeitgemäße Änderungen in der Staatsverfassung. *) Diese Volkswünsche waren: Die Errichtung eines deutschen Parlaments, Preßfreiheit, freies Versammlungsrecht, die Errichtung von Bürgerwehren, allgemeines Jagdrecht, Schwurgerichte, Abschaffung des Adels.
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