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1. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 735

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
Das Zeitalter Wilhelms L 735 Vi. Die Thätigkeit der Frauen im Dienste der Nächstenliebe. Im Jahre 1831 zog ein Würgengel in Europa und auch in Deutschland ein, der zahllose Opfer forderte: es war die Cholera. Besonders war die Stadt Hamburg bedroht. Bei dieser surchtbaren Krankheit bedurfte es heldenmütiger Seelen, um die Unglücklichen zu pflegen. Eine der großen Seelen mar Amalie Sieveking*). Sobald sich die Cholera Hamburg genähert hatte, reifte in ihr der Entschluß, sich dem Hospitaldienste zu widmen. Sie erließ in einem öffentlichen Blatte, dem „Bergendorfer Boten," einen Aufruf an christliche Seelen, sich mit ihr zur Krankenpflege im christlichen Geist zu vereinigen. Dieser Ruf fand kein Echo, es erfolgte keine Anmeldung. Amalie aber meldete sich bei der Leitung des für die Cholerakranken neu errichteten Hospitales, und sie wurde gerufen, als die erste weibliche Kranke das Hospital betrat, am 13. Oktober 1831. Ihr wurde die Leitung der Pflege für weibliche Kranke übertragen. Sobald es die Zeit und Umstände gestatteten, las sie den Kranken etwas aus geistlichen Schriften vor, auch übernahm sie selbst die Pflege der Erkrankten. Mitten in der rührigsten Thätigkeit um die Kranken nahm sie sich noch die Zeit, ihrer Pflegemutter täglich zu schreiben- Am 6. Dezember verließ sie das Haus, in welchem sie eine reich gesegnete Thätigkeit entfaltet hatte, unbekümmert um das abfällige Urteil der Menschen, die ihrem Samariterdienst unlautere Beweggründe untergeschoben hatten. Nachdem nun Amalie ihre Aufgabe mit Glück im Hospital gelöst, die Beschuldigungen, welche ihr Unternehmen wie dessen Beweggründe getroffen, durch die That widerlegt hatte, und von der Achtung und Liebe des gesamten Hospitalpersonals be- *) Amalie Wilhelmine war am 25. Juli 1794 als das vierte Kind des Senators Sieveking zu Hamburg geboren. Ihre Eltern hatten im ganzen fünf Kinder, von denen Amalie das am wenigsten liebenswürdige war. Als die Mutter 1799 starb, fehlte Amalie so gut wie den andern Geschwistern so recht erst die eigentliche Liebe und Pflege. Eine neunzehnjährige Nickte des Vaters konnte unmöglich die Mutter ersetzen. Von ihrem Erzieher hat sie nicht viel gelernt. Wie sie wenig Lust und Neigung zu Handarbeiten zeigte, ebenso wenig leistete sie etwas in der Führung des Haushaltes; dagegen hätte sie gern Musik und Tanzen gelernt, um andern Mädchen nicht nachzustehen, aber zur Musik fehlte ihr das Gehör und zum Tanz die Anmut. Sie war zu einem andern Berus bestimmt, für den erzieherischen. Ihr erstes Probestück int Erziehen machte sie an einer kleinen Nichte einer Schwägerin Klopstocks, bei welcher sie nach dem Tode des Vaters in Pension gegeben wurde. Obwohl sich die dreizehnjährige Amalie bei dem zehnjährigen Mädchen in Achtung zu bringen wußte, so konnte sie ihr doch nichts beibringen, da sie ja selbst kaum lesen konnte, wie sich bei ihrer Prüfung zur Konfirmationsstunde herausstellte. Bald darauf nahm eine wohlhabende Verwandte ihrer Mutter Amalie zu sich, damit sie ihr bei der Pflege eines kranken Sohnes behülflich sei. Der Sohn starb noch in demselben Jahre, aber Amalie blieb bei seiner Mutter. Als in einer Familie desselben Hauses, in welcher die Tante wohnte, die Erzieherin abging, erbot sich Amalie zum Unterricht für das sechsjährige Töchterchen, was ihr verstattet wurde. Später nahm sie noch sechs andere kleine Mädchen aus befreundeten Familien dazu, und so hatte Amalie ihre erste Schule. Ein harter Schlag traf sie, als ihr jüngerer Bruder Gustav plötzlich starb. Die nun folgenden Jahre waren schwer. In die Familie der Pflegemutter kam Krankheit und Tod, Amalie half pflegen und trauern, dabei wurde sie ihrem Lehrberuf nicht untren. &ie eröffnete 1820 einen neuen Kursus für zehn kleine Mädchen und erteilte auch in einer Freischule Unterricht. In dieser Weise blieb sie bis zum Jahre 1831 thätig.
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