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1. Hülfsbuch für den Unterricht in der deutschen Geschichte, mit besonderer Berücksichtigung der Kulturgeschichte - S. 736

1896 - Berlin [u.a.] : Heuser
736 Das Zeitalter Wilhelms I. gleitet, frisch und gesund ins Leben zurückgekehrt war, wandte sich auch die Meinung der Leute, und das allgemeine Urteil erfuhr einen Umschwung zu ihren Gunsten. Man pries, was man früher getadelt, bloß weil es glücklich ausgefallen war, und Amalie legte diese neue Erfahrung zu den übrigen, die sie damals gemacht. Noch während des Hospitaldienstes gewann ein anderer Gedanke in ihr Leben und Gestalt, der Gedanke der Gründung eines weiblichen Vereins für Armen- und Krankenpflege. Der Zweck derselben war: häufige, regelmäßige Besuche der armen Kranken in ihren Wohnungen, eine genauere Beaufsichtigung derselben, als solche der allgemeinen Armenpflege möglich ist, Sorge für Ordnung und Reinlichkeit und alles Übrige, wodurch ihnen geistig und leiblich aufgeholfen werden kann. Die Hauptschwierigkeit lag darin, die nötige Zahl von Gehülfinnen für die Ausführung dieses Planes zu finden. Hier stellten sich mehr Hindernisse entgegen, als Amalie anfänglich vermutete. Sie erhielt viele abschlägige Antworten. Die eine hielt sich zu sehr gebunden durch ihren häuslichen Beruf, eine andere mußte die Mißbilligung ihrer Familie fürchten, eine dritte ließ sich durch die Schwierigkeiten des Unternehmens abschrecken. Aber auch freudige Zusagen gingen bei ihr ein, so daß sie am 23. Mai 1832 zuerst dreizehn Mitglieder in ihrer Mutter Haus versammeln konnte. Bald wuchs die Zahl, so daß das Zimmer im Hause der Mutter zu klein wurde: durch Vergünstigungen erhielt sie später den Saal des Stadthauses zu freier Benutzung für die wöchentlichen Versammlungen. Amalie hatte die Arbeit begonnen, ohne noch einen Pfennig für ihre Zwecke zu besitzen und konnte nach Ablauf eines Jahres über eine Einnahme von 1332 Mk. berichten. Das zweite Jahr brachte dann schon 4040 Mk. und langsam, doch sicher wuchs die Zahl der thätigen Mitglieder. Aber inmitten dieser Thätigkeit vergaß sie auch die andere Pflicht nicht, die für ihre Schule. Wir erhalten ein Bild von der aufopfernden Thätigkeit aus jener Zeit durch sie selbst. „Wie stand es damals mit meinen Pflichten außer und neben dem Verein? Ich muß gestehen, daß alles zusammen mir oft recht sauer wurde. Freilich hatte Mutter noch manche andere Gesellschaft, aber die Schule selbst mit den weiten Zwischenwegen fiel mir oft schwer. Um 7 Uhr morgens spazierte ich mit einem großen Korb voll Bücher zur Stadt (über eine Stunde Wegs) und machte Armenbesuche; dann hatte ich bis 3 Uhr die Schule. Dienstags versammelte sich außerdem alle 14 Tage der Kreis meiner ersten Schülerinnen um mich, und um 61/2 Uhr mußte ich wieder draußen in Othmarschen sein. Vier Tage in der Woche blieb ich gewöhnlich ohne warmes Essen. Eins der Kinder holte mir dann in der Zwischenzeit für V2 Schilling Buttermilch, wozu ich ein Stück Brot verzehrte. Ich habe oft versichert, daß ich nie gewußt, was Nerven seien und wie man daran leiden könne, doch in jener Zeit lernte ich sie kennen und empfand sie merklich genug. So oft wie möglich suchte ich zwar meine Freunde auf, doch war nicht täglich Zeit dazu vorhanden. Indessen war Mutter völlig erblindet und bedurfte der Hülfe und der Gesellschaft noch mehr als früher; namentlich ließ sie sich gern vorlefen und das that ich oft abends von 6 oder 61/2 bis 11 Uhr. So vieles habe ich nie in meinem Leben gelesen wie damals." Gottes Segen war denn auch sichtlich mit ihr, und im August 1834 konnte sie den Geschwistern in London bei Übersendung ihres zweiten Jahresberichtes schreiben: „Ich weiß, Ihr werdet Euch mit mir des guten Fortganges, den unsere Sache hat, erfreuen. Seit Veröffentlichung dieses zweiten Berichtes habe ich noch wieder gar manche, zum Teil wirklich überraschende Beweise von Teilnahme und Vertrauen
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