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1. Vom Wiener Kongreß bis zur Gegenwart - S. 161

1910 - Halle a.S. : Schroedel
— 161 — er den Erbprinzen Leopold von Hohenzollern-Siegmaringen, den Bruder des Fürsten Karl von Rumänien, als Thronkandidaten empfahl. Da dieser Prinz durch seine Mutter mit dem Kaiser Napoleon verwandt war, so ließ sich annehmen, daß die französische Regierung seine Wahl ebenso bereitwillig gutheißen werde, wie man das von Preußen erwartete. Schon Ende März 1869 wurden Verhandlungen angeknüpft. Der frühere spanische Gesandte in Berlin, Gras Rances y Villanueva, begab sich von Wien für einige Tage nach der preußischen Hauptstadt, um dort Fühlung zu gewinnen, hatte eine Audienz beim Könige und zwei Besprechungen mit Bismarck, fand aber anscheinend nicht die erhoffte Bereitwilligkeit. Trotz des Geheimnisses, in das er sich hüllte, und seiner Versicherung, daß die Wahl voraussichtlich zuerst auf den König Ferdinand von Portugal und, da dieser ohne Zweifel ablehne, sodann auf den Herzog von Montpensier fallen werde, schöpfte der französische Botschafter in Berlin, Graf Benedetti, doch Verdacht, und wandte sich am 31. März an Herrn von Thile, Bismarcks Stellvertreter, mit der Bitte um Aufklärung. Dieser versicherte ihm auf Ehrenwort, daß er von einer Kandidatur Leopolds nicht die geringste Kenntnis habe, und Benedetti beruhigte sich dabei, wenn auch nicht ohne in Paris darauf aufmerksam zu machen, daß der Unterstaatssekretär nicht immer in die Absichten Bismarcks eingeweiht sei. Bei einem Besuche in Paris, den er kurz darauf machte, besprach er die Angelegenheit mit dem Kaiser persönlich und erhielt von diesem den Auftrag, sie nicht aus dem Auge zu verlieren. Montpensiers Kandidatur, äußerte Napoleon, sei lediglich gegen seine Dynastie gerichtet, die Hohen-zollernsche aber gegen die französische Nation; während er jene sich gefallen lassen könnte, müsse diese jedenfalls verhindert werden, da das Land sie nicht ertragen werde. Benedetti wandte sich daher nach seiner Rückkehr an Bismarck persönlich und konnte am 11. März 1869 nach Paris melden: der Ministerpräsident sei der Unterredung nicht ausgewichen und habe versichert, der König werde dem Prinzen die Annahme der Krone, wenn die Cortes ihn wirklich wählen sollten, gewiß nicht empfehlen, und auch der alte Fürst von Hohenzollern werde seinen Sohn nicht dazu ermutigen, da er schon durch seines älteren Sohnes Herrschaft in Rumänien zu drückenden Opfern an seinem Vermögen genötigt fei; auch habe Bismarck anerkannt, daß der Prinz zur Annahme die Einwilligung des Königs bedürfe; daß diese aber unbedingt verweigert werden solle, habe er nicht zugesagt. Im Vorübergehen habe er auch des Prinzen Friedrich Karl Erwähnung getan, der zu einem spanischen Abenteuer wohl Lust verraten habe; allein seine protestantische Religion mache ihn ganz unmöglich und überdies habe er nie Gelegenheit gehabt, politische Fähigkeiten zu entwickeln. Alles in allem schien es Benedetti, als ob Bismarck ebensosehr jeder Verpflichtung für den Fall der Wahl auszuweichen, wie Frankreich mit Besorgnis vor dieser Eventualität Beyer, Lesebuch zur Deutschen Geschichte. Hl. 11
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