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1. Von der Urzeit bis zum Dreißigjährigen Kriege - S. 92

1910 - Halle a.S. : Schroedel
— 92 — Belagerten doch Luft und Kraft zu fernerer Behauptung gewonnen, und das schlimmste waren die Fernwirkungen des moralischen Eindrucks. Unmittelbar machten sie sich vor allem in der Romagna geltend, die nach dem Abfall Ravennas (Mai 1248) so gut wie ganz den Kaiserlichen verloren ging, während auch im übrigen Mittelitalien die Schwierigkeit der Behauptung wuchs. Mittelbar waren sie wohl allenthalben in Europa zu spüren, und man kann sagen, sie haben fortgedauert bis in unsere Tage! Denn bis in die neuesten Darstellungen hinein behauptet sich unausrottbar die Vorstellung, jene Niederlage von Parma bedeute den entscheidenden Wendepunkt in Friedrichs Geschicken; seitdem sei er ein besiegter, gebrochener Mann gewesen, dem nichts Rechtes mehr habe gelingen wollen. Dieser Gedanke ist wohl wesentlich mit hervorgerufen durch die beiden furchtbaren Schicksalsschläge, die den Kaiser in seinen letzten Jahren ganz persönlich trafen und ihm seine sinkende Lebenssonne verfinsterten. Der eine war die Untreue seines erprobtesten und vertrautesten Staatsmannes. Peter von Vinea war durch seine hervorragende juristische Bildung und seine seltene, in der Schule seiner Heimat Capua entwickelte, stilistische und rednerische Formgewandtheit aus niederer Herkunft zu den höchsten Ämtern emporgestiegen. Lange als Großhofrichter an Rechtsprechung und Gesetzgebung Siziliens hervorragend beteiligt, zu den wichtigsten diplomatischen Missionen verwandt und neben Thaddäus von Suessa mit der tatsächlichen Leitung der Kanzlei betraut, war er. 1247 als Reichsprotonotar und Logothet des Königreichs Sizilien alleiniger Vorstand der nun auch offiziell die Reichsangelegenheiten erledigenden kaiserlichen Kanzlei geworden. Da er das vollste Vertrauen des Monarchen besaß und in Wahrheit „zu seinem Herzen die Schlüssel führte", indem er zu bestimmen hatte, welche Briese und Bittschriften überhaupt an ihn gelangten, welche kurzerhand erledigt wurden, so galt er mit Recht nächst dem Herrscher als der mächtigste Mann im Staate. Dieser verantwortungsvollen und versuchungsreichen Stellung ist offenbar seine moralische Festigkeit auf die Dauer nicht gewachsen gewesen: er hat, wie wir annehmen dürfen, fein Amt in unerhörter Weise zu eigener Bereicherung ausgenützt und Gelder bis zu einer Höhe veruntreut, daß dem Reiche daraus in der durch den langjährigen Krieg hervorgerufenen schweren Finanznot nach des Kaisers eignen Worten geradezu eine ernstliche Gefahr erwuchs. Diese Entdeckung und schmerzlichste Enttäuschung seines Lebens traf Friedrich während seines Aufenthaltes in Cremona (Febr. 1249), als sein Gemüt eben durch einen noch viel furchtbareren Vertrauensbruch verdüstert war. Sein eigner, vielbegünstigter Leibarzt, der von den Päpstlichen gefangen und bestochen, dann durch Auswechselung an den Hof zurückgekehrt war, hatte seinem Herrn einen Gifttrank gereicht. Der Kelch war an dem rechtzeitig gewarnten Herrscher noch
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