1897 -
Stuttgart
: Neff
- Autor: Treuber, Oskar, Klett, Theodor
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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wähl) lind wohl auch in Unterschätzung der von Luther her-
vorgerufenen Bewegung zögerte die Kurie mit dem Erlass der
Bannbulle. Der päpstliche Kammerherr Karl v. Miltitz, ein
sächsischer Edelmann, sollte dem Kurfürsten die goldene Rose
überbringen und von ihm die Auslieferung Luthers erwirken.
Die öffentliche Stimmung, die er auf der Reise kennen lernte,
bewog ihn, seinen Auftrag zunächst nicht auszuführen. Anfangs
Jan. 1519 kam er mit Luther in Altenburg zusammen.
Es wurde verabredet, dass beide Parteien schweigen, und dass
Miltitz den Papst bestimme, einen deutschen Bischof zu beauf-
tragen, Luther Irrtümer nachzuweisen, die dann Luther wider-
rufen werde. Diese Abmachung wurde unwirksam durch
•das Vorgehen Joh. Ecks, der, allerdings ohne sie zu
kennen, in seinen Streit mit Luthers Kollegen Karlstadt durch
einige seiner Thesen Luther hineinzog. Ursprung (ob divino
jure), Alter und Inhalt des päpstlichen Primats wurde Gegen-
stand des Streites beider. In die grosse Leipziger Dis-
putation, ursprünglich zwischen Karlstadt und Eck
(27. Juni bis 15. Juli 1519), griff am 4. Juli auch Luther
ein. Der streitgewandte Eck wies Luther darauf hin, dass die
Ansicht, die Unterordnung unter den Papst sei nicht zur Selig-
keit erforderlich, von Hus aufgestellt und vom Konstanzer Konzil
als ketzerisch verdammt worden war. Luther erklärte
hierauf manche husitische Artikel für ganz christlich
und evangelisch, sowie die Konzilien für fehlbar.
Schon vor der Leipziger Disputation schrieb Luther, von
Melanchtlion (seit Sommer 1518 an der Universität Wittenberg)
veranlasst, an Reuchlin und an den ihm sonst wenig sym-
pathischen Erasmus. Nach der Leipziger Disputation sprachen
die Humanisten kr eise mancher Städte, besonders Erfurts,
sich für Luther aus und Hutten, zugleich Vertreter des
Humanismus und der Ritterschaft, erstrebte etwas später durch
Briefe an Melanchthon eine Verbindung mit Luther und
bot ihm eine Zufluchtsstätte bei Sickingen an. Die huma-
nistisch-nationale und die religiöse Bewegung gingen
so eine Zeitlang miteinander. Luther, bis jetzt nur
weltflüchtiger Mönch, Seelsorger und theologischer Schriftsteller
und überhaupt nie Politiker, wurde nicht durch die grössere
Sicherheit, die dieser Rückhalt seiner Person bot, — denn die
Sorge für seine Sicherheit war ihm die geringste — ermutigt
und angespornt, aber er begann seine Sache als eine
Sache der Nation zu fühlen, die national-politische Seite
der kirchlich-religiösen Fragen mehr zu beachten und sich an
die Laien, ans Volk zu wenden. Schon in seiner Schrift