1897 -
Stuttgart
: Neff
- Autor: Treuber, Oskar, Klett, Theodor
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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wuchs mit der Zahl der Opfer der Verfolgung, die immer
heftiger wurde (das letzte Edikt Mitte 1557 setzte pein-
volle Todesstrafe auf jedes Gespräch über dogmatische Fragen
und auf den Besuch Genfs), auch die Zahl zum Martyrium be-
reiter Bekenner des Evangeliums, lange zumeist Leute niederen
Standes ohne ausgestaltetes Bekenntnis. Nach und nach
gewannen Calvin und seine Lehren massgebenden
Einfluss, und die „Hugenotten“1) schufen sich seit
1555 ein Bekenntnis und eine Organisation (1559 erste
National- oder Generalsynode), die angesichts der Feindschaft
der Staatsgewalt eine freiere war, als in Genf. Die erste Kon-
stitution jeder Gemeinde erfolgte, indem sie sich durch Wahl
ein gemischtes consistoire schuf, das aber dann seine Laienmit-
glieder durch Kooptation ergänzte, während die Geistlichen von
der Provinzialsynode ernannt wurden. In der letzten Zeit vor
seinem plötzlichen Tode trug sich Heinrich mit dem Gedanken,
gemeinsam mit Spanien Genf zu bekriegen. Unter der kurzen
Regierung seines noch unmündigen Sohnes Franz Ii. (1560)
schalteten diehauptgegner der Reformation, die Brüder
Guise, deren Vater der zweite Sohn des Herzogs Renatus von
Lothringen (s. Ii. S. 228) war, der Herzog Franz (1563 er-
mordet) und der Kardinal Karl von Lothringen als die wirk-
lichen Herrn Frankreichs (1561 schloss sich ihnen der
Connétable von Montmorency zur Verteidigung der gefährdeten
Religion an, „Triumvirn“). Den Hugenotten hatten sich aber
auch schon viele Edelleute angeschlossen, teils aus Ueber-
zeugung, teils aus Lust zu den Kirchengütern und Opposition
gegen das königliche Regiment bezw. die „fremden“ Guise. Die
vornehmsten Häupter des reformierten Adels waren Antoine
von Bourbon, durch seine Heirat mit Jeanne d’Albret
König von Navarra (und Béarn), der jedoch 1561, in eitler Hoff-
nung, von Philipp Ii. das südliche Navarra zu erhalten, zum
alten Glauben zurücktrat (f 1562), und dessen Bruder Louis
von Condé, das Brüderpaar Gaspard de Coligny, seit 1552
Admiral von Frankreich, und Franz von Chatillon d’Andelot.
Die Hugenotten waren jetzt auch eine politische Partei. Nach
dem Sieg über die zunächst gegen sie gerichtete Verschwörung
von Amboise, eine Vereinigung hugenottischer und altgläubiger
b Dieser zuerst von den Gegnern gebrauchte und 1557 nachweisbare
Name beruht wohl auf einer Uebertragung der Genfer Parteibezeichnung
eignots; in Frankreich selbst betrachtet man den Namen als dort originär
entstanden und führt ihn darauf zurück, dass die geheimen nächtlichen Ver-
sammlungen der Ketzer von der Masse mit dem Glauben an das Gespenst
des alten Königs Hugo in Zusammenhang gebracht wurden.