1897 -
Stuttgart
: Neff
- Autor: Treuber, Oskar, Klett, Theodor
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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§ 45. Spaniens wirtschaftlicher Niedergang und innerer Zerfall.
Schon bei Karls У. Rücktritt war Spanien mit einer be-
deutenden Staatsschuld (20 Millionen Dukaten) belastet, ein
Ueberschuss der Ausgaben über die ordentlichen Einnahmen so
ziemlich schon stehend und der Wohlstand und die Erwerbs-
kraft des Volks gemindert. Es flössen zwar Philipp, nachdem
seit 1563 in den Silbergruben von Mexico und Potosi das Amalgam-
verfahren eingeführt war, immer grössere Summen als „ Quinto “
der Ausbeute zu, die Abgaben wurden erhöht und vermehrt,
Geld durch Verkauf von Aemtern und Titeln, Kronrechten und
Kroneigentum gewonnen; trotzdem stieg die Geldnot und
die Verschuldung des Staats immer mehr; es kam
(wie schon 1557) 1575 und 1596 zum Staatsbankerott. Bei
Philipps Ii. Tod belief sich die Staatsschuld auf 100 Millionen
Dukaten (etwa 3—4 Milliarden Mark heutigen Geldwertes).
Unter seinen Nachfolgern, dem unfähigen und arbeitsscheuen
Philipp Iii. (bis 1621, Hauptgünstling und eigentlicher Regent
der Herzog von Lerma) und dem prunkliebenden Philipp Iv.
(bis 1665 regierender Minister: Herzog Olivarez, 1641 gestürzt)
nahm die Zerrüttung der Staatsfinanzen, die Verschwendung für
den ungeheuren Hofstaat mit seiner immer mehr sich ausbilden-
den Etikette, die Unehrlichkeit und Unfähigkeit der Verwaltung
und der Rechtsprechungdie fiskalische Aussaugung, sowie die
Verödung des flachen Landes und die Verarmung des Volkes
immer noch zu. Der Ackerbau war immer mehr beschränkt
und unergiebig geworden, die spanische Industrie immer mehr
zurückgegangen. Die Einfuhr überstieg die Ausfuhr ums doppelte,
der Handel in Spanien selbst, wie die Industrie war etwa zur
Hälfte in den Händen Fremder, der Handel mit den amerikani-
schen Ländern thatsächlich zu 9до. Die Besitztümer und Ein-
künfte der Kirche, besonders der Klöster und der Bischöfe
waren immer mehr gewachsen; Priester, Mönche und Nonnen
machten etwa 5%, der Adel 6—7°/o der Bevölkerung aus.
Universitäten und Mittelschulen gediehen nach Zahl der Schüler,
aber von Wissenschaften wurden mit einiger Fruchtbarkeit nur
noch Theologie und Rechtswissenschaft betrieben. Dagegen er-
lebte die spanische Litteratur (wie kurz vorher die portu-
giesische, Luiz de Camoens 1525—80) ihr goldenes Zeit-
alter (Drama: Lope de Vega 1562—1632 und Caldöron 1600 bis
1681; Roman: Cervantes 1547—1616, Don Quichote). Italienischen
Schulen und Einflüssen gegenüber selbständig entwickelte sich eine
nationale, realistische Malerei in der Schule von Sevilla, deren
grösste Meister der als Porträtmaler ausgezeichnete Diego Velas-