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1. Neue Zeit - S. 448

1897 - Stuttgart : Neff
— 448 — Die innere Geschichte des Reichs wurde neben dem weiteren Ausbau der Einheit in Münze und Bankwesen, sowie in der Ge- richtsverfassung und -Ordnung und in der Gestaltung der Militär- macht (Septennat 1874—81 und 81—88), für die Zeit bis 1888 bestimmt zunächst durch den von Preussen aus auch das Reich ergreifenden Kampf gegen die Ansprüche oder die Macht des Papsttums und der katholischen Kirche (Kulturkampf), die durch das Vatikanische Konzil gesteigert worden waren und einen Rückhalt fanden nicht nur an der über- wiegenden Mehrzahl der Geistlichen, insbesondere den Bischöfen, sondern auch an einer Partei, die sich im ersten Reichstage bildete, dem Zentrum. Diese Partei machte der Regierung des neuen Reiches schon vor Ausbruch des Kampfes mit der Kirche Opposition; sieforderte für die Reichsverfassung Bestimmungen, durch die der katholischen Kirche noch freiere Bewegung gegeben worden wäre, und für die äussere Politik ein Programm, das zum Vorgehen des Reichs für Wiederaufrichtung der weltlichen Herr- schaft des Papstes hätte führen können. Je mehr der katholischen Kirche bis dahin in Preussen freie Bewegung, in manchem auch Begünstigung zu teil geworden war, um so schmerzlicher waren für deren Klerus und ergebene Laienschaft die teils durch preussische Gesetze („Maigesetze“ 11., 12., 13. Mai 1873), teils durch Reichsgesetze (1871 „Kanzelparagraph“, 1876 verschärft; 1872 Ausweisung der Jesuiten und der ihnen ver- wandten Orden; 1874 Gesetz über Verhinderung unbefugter Ausübung von Kirchenämtern) erfolgenden Einschränkungen und Hemmungen, sowie polizeiliche und gerichtliche Verfolgungen. Ein bleibendes Ergebnis des Kulturkampfes war für Preussen Be- seitigung der besonderen katholischen Abteilung im Kultmini- sterium (1871), ein Schulaufsichtsgesetz (1872), wodurch das Schulwesen ganz in die Hände des Staats kam, und Aufhebung der Artikel 15, 16 und 18 der Verfassung (s. S. 412); für das Reich die Einführung der obligatorischen Zivilehe (1875). Pius Ix. erklärte in einer Encyclica 1875 alle neueren Kirchengesetze für ungültig. Die katholische Kirche gewann gerade durch den Kulturkampf an Ergebenheit und Geschlossenheit der Laien, das Zentrum an Wählern und Parlamentssitzen; der Altkatholicismus (geistiges Haupt Döllinger, erster Bischof 1873 Reinkens), dessen Schutz durch den Staat den Anstoss zum Konflikt gegeben hatte, erwies sich für die Regierung als ein numerisch zu schwacher Bundesgenosse. Dann wurden für die innere Entwickelung des Reiches be- stimmend die wirtschaftlich-gesellschaftlichen Fragen, erstens die soziale(n) Frage(n), insbesondere der Kampf gegen
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