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1. Hilfsbuch für den Unterricht in der brandenburgisch-preußischen Geschichte - S. 69

1899 - Breslau : Handel
Friedrich Wilhelm I. 69 die eines wohlhabenden Bürgers oder Gutsbesitzers. Der Hofkoch mußte ihm den Küchenzettel zur vorherigen Begutachtung vorlegen; Friedrich Wilhelm kürzte wohl den Preis der Speisen, wenn er ihm zu hoch angesetzt erschien, um einige Pfennige, oder strich teure Leckereien ganz. Die Kleidung des Königs bestand in der Uniform seines Leibregimentes. Der einfache Soldatenrock ist durch ihn an Stelle der bisher üblich gewesenen Prachtgewänder an den Fürstenhöfen in Aufnahme gekommen. Erholung suchte und fand Friedrich Wilhelm auf der Jagd und im Tabakskollegium. Allabendlich versammelte sich nämlich in einem bestimmten Zimmer des Schlosses bei dem Könige eine Gesellschaft von höheren Offizieren und Staatsbeamten. Tagesneuigkeiten, Späße, aber auch wichtige Staatsangelegenheiten bildeten den Gegenstand der zwanglosen Unterhaltung. Alle Anwesenden mußten nach dem Vorgänge des Königs sich des Tabakrauchens befleißigen, wovon die Zusammenkünfte den Namen erhalten haben. Strenge Überwachung schaffte am Hofe in allen Dingen die peinlichste Ordnung, so daß der Haushalt des Königs ein Muster für alle Staatsbürger wurde. Der Berliner Hof bildete einen wohlthuenden Gegensatz zu den meisten andern Fürstenhöfen jener Zeit, die in der Vergeudung der Staatseinkünfte gewissermaßen wetteiferten. Rastlose Thätigkeit und rücksichtslose Strenge sind nicht minder hervortretende Charaktereigenschaften Friedrich Wilhelms. Für Günstlingswirtschaft blieb an seinem Hofe kein Raum. Von früh bis spät war er auf, feine Herrscherpslichten zu üben. Weder das Größte noch das Kleinste entging seinem scharfen Auge. Er fand jeden falschen Posten in den Kassenbüchern, er erspähte jeden blinden Knopf bei der Musterung. Wie er selbst unermüdlich schaffte, so verlangte er auch von den Beamten treue Pflichterfüllung. Der Potsdamer Thorschreiber, der am Morgen die Landleute vor dem Thore der Stadt ungebührlich lange warten ließ, wurde von ihm einst aus dem Bette geprügelt. Auch der Minister entging scharfer Rüge oder sonstiger schweren Ahnduug nicht, sobald er sich lässig finden ließ, denn der König pflegte zu sagen: „Wir bezahlen sie, daß sie arbeiten sollen." Beamte, die sich der Unterschlagung von Geldern schuldig machten, ließ er ohne Rücksicht aufhängen. Der Bedrückung der Bauern suchte er zu wehren, wie er z. B. den Beamten verbot,- auf Reisen den unter der früheren Regierung üblich gewordenen Vorspann zu fordern. „Ich will nicht," äußerte er in Bezug hierauf, „daß die Herren Räte mit den Pferden meiner Bauern spazieren fahren". Die strenge Aufsicht Friedrich Wilhelms ist die Schule, aus welcher der in seiner Pflichttreue unübertroffene preußische Beamtenstand hervorgegangen ist. Aber auch auf den Privatmann erstreckte sich die Überwachung des Königs. Infolge der damals herrschenden Ansicht, daß die Herrschergewalt unumschränkt sei, hielt er sich für berechtigt, überall einzugreifen und unbedingten Gehorsam zu verlangen. „Räsonniere er nicht!" war die Entgegnung, durch welche er etwaige Einwände auf seine Anordnungen niederschlug. Dieselben brachten wohl manchmal dem Einzelnen Schaden, zum Wohle der Gesamtheit aber wurden sie stets gegeben.
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