Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die Neuzeit - S. 64

1892 - Gotha : Perthes
64 Staatliche Ueformen. Im Staate suchte Joseph die absolute Verwaltung durch Ausschlu der stndischen Rechte zu vollenden und die Ein-heit des Staates gegenber den nationalen Besonderheiten zu frdern; die niederen Klassen sollten durch Beseitigung der Vorrechte der ersten Stnde gehoben und der Geist der Humanitt durch gemeinntzige An-"stalten l) gepflegt werden. Da auer dem Kirchenwesen in wenigen Jahren die militrischen Ein-richtungen, die Gerichtsordnung und Polizei, die Besteuerung, alle stdtischen And lndlichen Verhltnisse von Grund aus umgestaltet wurden, so geriet die Bevlkerung in eine furchtbare Erregung; am strksten war diese in den Niederlanden und in Ungarn. Die Niederlande wurden insbesondere durch die Beseitigung der stndischen Rechte, die sich hier krftig erhalten hatten, erbittert; 1789 waren sie in vollem Aufstande, und im nchsten Jahre schien hier die Herrschaft des Hauses sterreich vernichtet. Ungarn verletzte Joseph am Anfange seiner Regierung schon dadurch, da er sich hier weder huldigen noch krnen lie; die berfhrung der ungarischen Krone2) und der ungarischen Reichsinsignien nach Wien, die Einfhrung der deutschen Sprache als Amtssprache und die Aufhebung der Leibeigenschaft brachte eine mchtige Bewegung hervor; vollends die Abschaffung der Kreis-Versammlungen des Adels, seine gleiche Besteuerung mit dem Bauer, die Einfhrung der Konskription (eines stehenden Heeres) schien die Knechtschaft Ungarns zu besiegeln. Strmisch verlangte man die Berufung des Reichstages; gedrngt durch den belgischen Aufruhr und den Trkenkrieg (vgl. S. 60) bewilligte Joseph 1790 die Herstellung der alten Zustnde; auch die Krone und die Reichskleinodien wurden nach Ungarn zurckgefhrt. Joseph Ii. verkannte die Macht des geschichtlich Gewordenen und berschtzte die Kraft eines einzelnen Herrschers; was in sterreich in Jahr-Hunderten versumt worden war, sollte nun in wenigen Jahren nachgeholt werden und pltzlich aus dem Leibeigenen ein freier Bauer, aus dem feudalen Grund-Herrn ein Unterthan werden und an Stelle des Glaubensdruckes Glaubens-duldung treten. Der Kaiser bezweckte die freiheitliche Entwicklung des Ganzen und miachtete doch das Recht individueller Freiheit sowohl bei den Nationen als bei den Einzelnen. Der aufgeklrte Absolutismus (Despotismus), dem er huldigte, verlangte vor allem ein pflichttreues und selbstloses Beamtentum; dies lie sich indes in der kurzen Frist eines Jahrzehnts um so weniger schaffen, als die Reformen einander berstrzten und, kaum gegeben, oft schon wieder gendert oder aufgehoben wurden. Daher haben die redlichsten Absichten ihr Ziel verfehlt; der Gram der das Milingen seiner Plne be-frderte Josephs Tod (+ 1790). Sein ihm im Kaisertum wie im fter-reichischen Staate folgender besonnener Bruder Leopold Ii. (17001702) wute durch Zurcknahme der meisten Neuerungen in den sterreichischen Landen, besonders auch in Ungarn, die Ruhe wiederherzustellen; die Niederlande 1) wie Kranken- und Irrenhuser, Findel- und Walsenanstalten, rztliche Stiftungen u. a. 2) In der Wiener Schatzkammmer lie Joseph sie gleichsam als geschichtliche Altertmer neben der bhmischen Krone und dem sterreichischen Herzogshute aufbewahren.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer