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1. Lehrbuch der Geschichte für die Ober-Secunda höherer Lehranstalten - S. 42

1895 - Gotha : Perthes
Zucht und Sitte lockerte sich, die Achtung vor Recht und Gesetz wurde zerstrt, der alte Gtterglaube hielt vor der hereinbrechenden Aufklrung nicht stand. Die Auflsung von Staat und Gesellschaft kam am klarsten in Athen zur Erscheinung. Den bergang zu der neuen Zeit bezeichnen hier Aristphanes und Thuky-dides. Aristphanes, der geniale Komdiendichter (f 388), trat uerlich als Vertreter der guten alten Zeit und Sitte auf. aber in ausgelassener Laune trieb er sein Spiel mit der Gottheit und wahrte weder die Wrde der alten Religion noch erkannte er die sittlichen Bestrebungen der eigenen Zeit, wie die des Sokrates, an. Das Gegenteil von ihm ist der ernste, auf die Wahrheit der Dinge gerichtete Thukydides (471 bis etwa 396), der groe Geschichtschreiber des peloponnesischen Krieges; durch die freie Richtung, die er dem Aber-glauben des Volkes gegenber einnahm, und durch die zahlreichen Reden in seinen Werken stand er in Beziehung zu den beiden groen geistigen Richtungen seiner Zeit, der philosophischen und der rhetorischen. Die Philosophie gelangte in ihren vergeblichen Bestrebungen, den Urgrund der Dinge zu finden, zu dem Zweifel an aller Wahrheit, soda Protagrs von Abdera (an der thrakischen Kste) das berhmte Wort sprach: Der Mensch ist das Ma aller Dinge" d. h. alles ist so, wie es dem einzelnen erscheint. Von diesem Standpunkt aus kam es darauf an, in gewandtem Gesprch (dia-lektisch) den andern fr die eigene Ansicht zu gewinnen. Mit dieser Dialektik, welche die sogen. Sophisten bten, entwickelte sich naturgem die Redekunst (Rhetorik). Sophisten wie Rhetoren boten ihre Knste, klug und beredt zu machen, fr Geld x) an und durchzogen als berufsmige Lehrer die griechischen Städte. Praktischen Erfolg suchten sie vor allem. Zu den Huptern der Sophisten ge-hrten auer Protagoras Hippis aus Elis, Prodi kos aus Keos und Gorgis aus Leontmoi (unweit der Ostkste Siciliens), der indes nur Rhetr heien wollte. Von der neuen Bildung beeinflut, doch nicht gefangen, dichtete Euri-pides seine Dramen, der dritte groe Tragiker Athens (geb. am Tage der Schlacht bei Salamis, 480405), ein Mann von gewaltiger Erfindungsgabe. Das Leben und die Menschen seiner Zeit mit ihren Leidenschaften bertrug er auf die Heroenzeit und erschtterte dadurch tief die Ehrfurcht vor der Helden-sage, dem groen geistigen Besitze der Nation. Alles war zweifelhaft geworden, die tatschlichen Wahrnehmungen, die Wahrheit der Rede, das Dasein der Götter, der Unterschied zwischen Recht und Unrecht. Da erschien Sokrates, von Beruf ein Bildhauer, aber immer mehr ein Bildner und Lehrer seiner Mitbrger; er ging von dem Satze aus, da er nichts wisse, und suchte im Wechselgesprch sich und andern Einsicht in das Wesen der Dinge zu verschaffen; er wollte niemandem Fertigkeiten beibringen und nahm deshalb kein Geld. Er schuf zuerst ein begriffliches Wissen, das die Grundlage aller wissenschaftlichen Thtigkeit geworden 'ist. Was er selbst fr richtig erkannt hatte, fhrte er bei der Strke seines sittlichen Wollens auch 1) Des Freien unwrdig schien ursprnglich das, was nicht um der Sache oder zum Zweck der Tugend, sondern um des Berufes und Geldes willen getrieben wurde; dies galt als banausisch (handwerksmig).
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