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1. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Mittelalters - S. 92

1911 - Leipzig : Hirt
92 Iii. Das Deutsche Reich des Miltelalters. Liebe und Teilnahme für die Poesie absprechen und in ihren Liedern sich über feinen Geiz beklagen, so haben wir Gründe genug, zu glauben, daß diese Anklage nicht berechtigt ist. Die Minnepoesie war in der kaiferlofen Zeit in Verfall geraten wie das Rittertum selbst, und die Sänger waren oft habgierige Leute; wer ihnen nicht mit vollen Händen gab, den schalten sie geizig. Rudolf hatte oiel wichtigere Angelegenheiten zu ordnen, als einer verfallenen Poesie seine Teilnahme zu widmen; das Reich und seine Erblande erforderten zu große Ausgaben, als daß er die immer leeren Taschen der fahrenden Sänger hätte füllen können. Der erste Fürst der Christenheit war ein sehr einfacher, anspruchsloser Mann. Kostbare Speisen verschmähte er; gewöhnlich ging er in einem grauen Anzuge. In einem solchen nahm er die Belehnung des königlich geschmückten Ottokar vor. Er scheute sich nicht, im Kriegszelt einen Riß seines Rockes selbst zu flicken. Von seiner Leutseligkeit gegen Niedrige, von seiner strengen Gerechtigkeit, von seinem sichern Urteile leben manche Erzählungen im Munde des Volkes. Seinen frommen Sinn hat Schiller in der Ballade „Der Graf von Habsburg" verewigt. Familienverhältnisse und Tod. Des Kaisers Gemahlin war Gräfin Gertrud von Hohenberg. Nach ihrer Krönung zur deutschen Königin führte sie den Namen Anna. Sie war verwandt mit dem Hause Hohen-zollern. Keine Fürstin der Erde ist die Stammutter so vieler Könige und Kaiser geworden wie die Gemahlin des ersten habsburgischen Kaisers. Rudolf hatte vier Söhne und sechs Töchter. Von feinen Söhnen überlebte ihn nur einer, der spätere Kaiser Albrecht I. Seine sechs Töchter haben ihm sechs Kronen ins Hans gebracht, Mathilde oder Mechthilde wurde die Gemahlin des Pfalzgrafen bei Rhein, Agnes wurde Herzogin von Sachsen, Hedwig Markgräfin von Brandenburg, Katharina Herzogin von Bayern, Klementia Königin von Neapel und Gutta Königin von Böhmen. Am 15. Juli 1291 schloß der Kaiser sein tatenreiches, vielbewegtes Leben. Nach einer alten Überlieferung saß er auf feiner Pfalz zu Germersheim beim Schachspiel, als er das (Schwinden seiner Kräfte bemerkte. Er ritt nach Speyer, wo er die letzten Tröstungen der Religion empsing und bei vollem Bewußtsein, mit einem Gebet für sein Volk auf den Lippen, im Alter von 78 Jahren sanft verschied. Im Kaiferdome zu Speyer, an der Seite der falifchen Kaiser, wurde ihm das Grab bereitet. Seinen Ritt zum Grabe hat Justinus Kerner besungen. - Die Not späterer Zeiten hat bewiesen, was das Reich an Rudolf von^Habsburg besaß. Er war ein klarer Kops und ein kühner Degen, ein Staatsmann und ein Feldherr zugleich; er war arbeitsam im kleinen wie im großen, aufmerksam auf das einzelne und doch nicht kleinlich; unter dem Sturm der Ereignisse verlor er die Übersicht über das Ganze nie. Vom einfachen Grasen rasch zu wunderbarer Macht erhoben, blieb
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