1881 -
Paderborn
: Schöningh
- Autor: Stein, Heinrich Konrad
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Realschule
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Ii. Einmischung in die spanisch-französischen Kriege um Mailand und Neapel.
Die Verhältnisse Italiens.1) Seitdem die Kaisermacht in Italien ihren Einfluss verloren hatte, entwickelten sich hier viele selbständige Herrschaften. In Oberitalien führte in den meisten Städten der Kampf der bürgerlichen Zünfte gegen den Adel endlich zur vollen Demokratie, und da sich diese ohne den Schutz eines bedeutenden adligen Führers nicht zu behaupten wusste, so bildete sich allmählich, so wie ehemals in den griechischen Staaten, eine Art Tyrannis, welche mit allen Mitteln einer kalten, schlau berechnenden Politik die widerstrebenden Adelsgeschlechter zur Anerkennung zwang. Nur Venedig hinderte durch die argwöhnische e Vorsicht in seiner Staatseinrichtung das Aufkommen eines solchen Alleinherrschers.
1. Venedig.2) Dieses entwickelte sich schon früh zu einem republikanischen Gemeinwesen. Die günstige Lage der Stadt beförderte, namentlich seitdem die Kreuzzüge einen regeren Verkehr mit dem Morgenlande erschlossen, einen lebhaften Handel. Im 4. Kreuzzuge gewann die Republik den grössten Teil Dalmatiens, einen Teil der Stadt Constantinopel und mehrere Küstenstriche und Inseln des griechischen Reiches3) und fügte ihrem Gebiete später Corfu, Greta und das für den Handel nach dem Orient äusserst wichtige Cypern hinzu. Ein Krieg mit dem auf den Handel der stolzen Republik eifersüchtigen Genua in Verbindung mit dem Könige Ludwig von Ungarn (Krieg von Chioggia, 1378—81) endete damit, dass Dalmatien an Ungarn abgetreten wurde. Eine Entschädigung für diese Verluste brachte bald ein glücklicher Krieg mit Mailand, welches Verona, Padua und andere Orte den Venetianern überlassen musste. Erst mit dem Vordringen der Türken, welche ihnen manche empfindliche Verluste beibrachten, sank ihre politische Macht, und die Entdeckung neuer Seewege gab ihrem Handel den empfindlichsten Stofs.
An der Spitze der Republik stand ein auf Lebenszeit gewählter Doge. Die Regierungsgewalt lag in der Hand des grossen Rates, welcher anfangs aus 470 Mitgliedern bestand und jährlich neu gewählt wurde. Ein
Leo, Gesch. der ital. Staaten. 5 Bde. 1829.
2) Daru, hist, de Venice, übersetzt von Ruprecht. 1854. — Leon Galibert, Gesch. der Rep. Venedig. 1848.
3) Spruner, Handatlas Nr. 7.