1877 -
Berlin
: Herbig
- Autor: Ploetz, Carl
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): Jungen
►Spanischer Erbfolgekrieg.
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Kaiser Leopold I. batte aufser seiner Tochter Maria Antonie
zwei Söhne, aus zweiter Ehe: Joseph I. (Kaiser von 1705—1711),
aus dritter Ehe: Karl Yi. (Kaiser von 1711 — 1740).
Karl Ii., König von Spanien, ist kinderlos; das Aussterben des
spanisch-habsburgischen Hauses steht in sicherer Aussicht, daher
bildet die Frage der spanischen Erbfolge die Hauptbeschäftigung
aller Kabinette seit dem Frieden von Ryswick. Doppelter Gesichts-
punkt: a) der des Rechts, nach welchem 3 Prätendenten in Betracht
kommen: 1) Ludwig der Vierzehnte als Sohn der älteren Tochter
König Philipps 111. und Gemahl der älteren 'Tochter Philipps Iy.
Die feierlichen Verzichtleistungen beider Prinzessinnen werden vom
Pariser Parlament für unverbindlich erklärt. 2) Leopold 1. als Re-
präsentant der deutschen Linie des Hauses Habsburg, als Sohn der
jüngeren Tochter Philipps Iii. und Gemahl der jüngeren Tochter
Philipps Iv. Beide Prinzessinnen hatten sich ihr Erbrecht aus-
drücklich Vorbehalten. 3) Der Kwrprinz von Baiern, als Urenkel
Philipps Iv. und Enkel der jüngeren Schwester des Erblassers,
b) Der politische Gesichtspunkt des europäischen Gleichgewichts,
von welchem aus namentlich die Seemächte (England und Holland)
weder dulden wollen, dass die Krone der großen spanischen Mon-
archie mit der französischen vereinigt, noch dass sie von dem Herrscher
der österreichischen Länder getragen werde. Deshalb nimmt Kaiser
Leopold I. das spanische Erbe nur für seinen zweiten Sohn Karl,
Ludwig Xiv. dasselbe nur für seinen ziveiten Enkel Philipp von
Anjou in Anspruch.
Die Unterhandlungen der Mächte über die Erbfolge, der Ab-
schluss zweier Thcilungsverträge erbittern König Karl Jl Er setzt,
um die Einheit der Monarchie zu retten, den siebenjährigen Kur-
prinzen von Baiern durch ein Testament, dem die Seemächte zu-
stimmen, zum Universalerben ein. Plötzlicher Tod des Kurprinzen
(1099). Neue Intriguen Frankreichs und Oesterreichs in Madrid,
während beide neue Verträge über die Thcilung mit den Seemächten
abschliefsen. Zweites Testament zu Gunsten des Erzherzogs Karl.
Da die Bedingungen dieses Testaments vom kaiserlichen Hofe nicht
erfüllt werden, drittes Testament, welches Ludwigs Enkel Philipp
zum Erben einsetzt. Karl Ii. stirbt gleich darauf (1700, Novj.
Grotse Allianz der Seemächte (1701, 7. Sept.) mit Kaiser Leopold,
zunächst um dem Hause Oesterreich die spanischen Besitzungen in