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1. Geschichte der neueren Zeit - S. 404

1906 - Langensalza : Gressler
404 Als er alle fremden Weine verbot, schenkte er seinen ganzen Weinvorrat an ein Hospital und erlaubte auf seiner Tafel nur österreichische und ungarische Weine. Vom Morgen bis an den Abend arbeitete er mit seinen Räten und suchte so viel wie möglich selbst zu sehen. Jeder seiner Untertanen hatte Zutritt zu ihm. Den ganzen Vormittag konnte man ihn sprechen. Stets war der Gang vor seinem Arbeitszimmer mit Leuten besetzt, die etwas anzubringen hatten, und alle Stunden ging er hinaus, um die Bittschriften anzunehmen. So gut es nun auch der wackere Joseph mit seinen Untertanen meinte, so wurden doch seine Absichten von den meisten verkannt; ja viele arbeiteten ihm absichtlich entgegen, und statt geliebt zu werden, wie er es so sehr verdiente, erntete er nur Undank. So war es in seinen deutschen Staaten, noch mehr aber in Ungarn und in den österreichischen Niederlanden. Ungarn war ein besonderes Königreich und hatte wie jetzt noch seine eignen Gesetze und Freiheiten; auch wurden die Gerichtsverhandlungen in lateinischer Sprache geführt. Aber Joseph wollte, daß alle seine Länder nur ein Ganzes ausmachen sollten, und befahl daher, daß künftig in Ungarn die deutsche Sprache die allgemeine Landessprache sein sollte. Wer binnen drei Jahren sie nicht verstände, sollte kein Amt mehr erhalten. Außerdem wurde die ganze Einrichtung des Landes ver- ändert, so daß die Gärung in diesem Lande, dessen Einwohner an ihrer nationalen Selbständigkeit hingen, immer größer wurde. Kavalier von guter Familie jein, ohne andere Verdienste zu haben, als die, daß man durch ein Spiel des Zufalls ein Edelmann geworden sei. Ich kenne Ihren Sohn, und ich kenne, was zum Soldaten gehört. Demnach finde ich. daß ihr Sohn keinen Charakter zum Kriegsmanne hat und daß er zu sehr mit seiner Geburt beschäftigt ist, um mir solche Dienste von ihm zu versprechen, auf die sein Vaterland einst stolz sein könnte. Weswegen ich Sie bedaure, Madame, ist, daß ihr Sohn weder zum Offizier, noch zum Staatsmanne, noch zum Priester taugt, kurz gesagt, daß er nichts als ein Edelmann und das von ganzer Seele ist. Danken Sie es Ihrem günstigen Schicksale, daß, indem es Ihrem Sohne alle Talente versagt, es ihn zugleich in den Besitz ansehnlicher Güter versetzt bat, die ihn dafür hinlänglich entschädigen und die ihm zugleich meine ganze Gnade entbehrlich machen."

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1. Die deutsche Geschichte für Schule und Haus - S. 526

1862 - Soest : Nasse
526 Joseph's Ii. Ende. Auch wollte der Kaiser in Ungarn die neue Steuerordnung einführcn, und die dem Adel zuständigen Besitzungen mit denen aller andern Ein- wohner gleichstellen. Aber der Adel erhob Klagen und Gegenvorstel- lungen aller Art, und die Unzufriedenheit der Ungarn über die ver- fassungswidrigen, ihre Nationalität verletzenden Neuerungen des Kai- sers stieg immer höher. Der Türkenirieg, dessen Schauplatz Ungarn war, mehrte den Mißmuth der Ungarn nicht weniger, als Anregungen von außen ; denn Preußen stellte sich immer drohender an den Grenzen von Schlesien auf und schien den Ungarn, wie den Türken Hülfe brin- gen zu wollen. 0. Um dem in Ungarn auf den höchsten Grad gestiegenen Miß- vergnügen zu steuern, sah Joseph, durch den Aufruhr in den Nieder- landen schwer getroffen, zum Widerruf aller seiner Verordnungen in Ungarn sich genöthigt, und sowohl die Verwaltung als auch die Rechts- pflege wieder auf den alten Fuß zu stellen. Daher erließ Joseph am 28. Jan. 1790 ein Patent, durch welches alle seit seinem Regierungs- antritte erlassenen Verordnungen für dieses Königreich außer Kraft ge- setzt, die wegen Einführung der neuen Steuer getroffenen Veranstal- tungen aufgehoben und die Abhaltung des Reichstags, der seit längerer Zeit nicht mehr gehalten worden war, verheißen wurde; nur das Dul- dungsgesetz und die Aufhebung der Leibeigenschaft blieben bestehen. Die Reichskrone, welche der Kaiser nach Wien hatte bringen lassen, ohne sich jemals der Krönung unterzogen zu haben, wurde zurückgegeben und im Triumphe nach Ofen geführt. Auch den Tyrolern, deren eigen- thümliche Verfassung der Kaiser verändert und die er besonders durch Einführung der Conscription erbittert hatte, gab er kurz vor seinem Tode ihre alten Freiheiten zurück. Unter den schmerzlichen Gefühlen, mit denen diese Entschließungen gefaßt wor- den waren, hielt der tiefgebeugte Kaiser alle Ergebnisse seiner Anstrengungen für ver- loren und äußerte kurz vor seinem Tode, man solle ihm die Grabschrift setzen: „Hier ruht ein Fürst, dessen Abst.hten rein waren, der aber das Unglück hatte, alle seine Entwürfe scheitern zu sehen." Daraus haben Viele geschlossen, Joseph sei mit dem schmerzlichen Bewußtsein geschieden, sein eigenes Werk zerstört zu haben, nachdem er vor seinem Ende feierlich zurückgenommen, wofür er gelebt und sein Leben geopfert habe. Doch nahm er eigentlich nur die Verordnungen zurück, welche die Niederlande und Ungarn betrafen; für die Länder, welche den Kern her Monarchie bilden, haben die Gesetzbücher und Verwaltuugsformen Joseph's ihre Geltung bis in die neuere Zeit hinein behalten. 7. Die Beschwerden des Feldzuges von 1788, in deren Ertragung der Kaiser den gemeinen Kriegern es gleich that, der Aufenthalt in dem ungesunden Lager bei Semlin hatten seine Gesundheit stark erschüt- tert; am 5. Dec. 1788 kam er bedeutend krank nach Wien zurück. Schon im April 1769 hatte seine Krankheit einen bedenklichen Charak- ter angenommen, daß er, um ein erbauliches Beispiel zu geben, in der Burgcapelle, in Gege. wart des Cardinal-Erzbischofs, des päpstlichen Nuntius und einer zahlreichen Versammlung das h. Abendmahl sich reichen ließ. Sein Befinden besserte sich bald nachher und im Sommer 1789 erfreute er sich einer scheinbaren Genesung. Aber im Winter kehrte das Nebel mit doppelter Kraft zurück und im Februar 1790 sah man sein Ende mit Bestimmtheit herannahen, welchem er mit großer Ruhe, und, trotz seiner körpernchen Leiden, mit unermüdeter Thätigkeit entge- gen ging. Am 13. und 15. Febr. 1790 ließ er sich die h. Sterbesakra- mente reichen. Sein Beichtvater, ein Augustiner-Barfüßer, mußte ihm

2. Neuere Geschichte - S. 289

1848 - Leipzig : Brandstetter
289 Zwang katholisch waren, nun öffentlich den evangelischen Glauben bekann- ten, nahmen die Quälereien und Neckereien kein Ende. Selbst in Ungarn, wo die Religionsfreiheit durch den Wiener und Linzer Frieden gesichert war und die Protestanten von den katholischen Pfarrern ganz unabhängig blieben, fand mit der Zeit eine bemerkbare Bedrückung wieder statt. Was das Duldungsgeseh nicht ausgleichen konnte, sollte eine allgemeine Aufklärung des Volkes vermitteln, welche Kaiser Joseph, selbst über viele Vorurtheile erhaben, durch verbesserten Schulunterricht und durch Preßfreiheit zu fördern strebte. Er wollte sein Volk betriebsam, wohlhabend, in allen Kriegs- und Friedenskünsten ausgezeichnet machen, und darum errichtete er nicht nur höhere Lehranstalten, sondern auch Volksschulen, die bisher selbst in Deutschland noch selten waren. Hier war es, wo er nicht sparte; denn außer den cingczogenen Kircbengütern verwendete er noch große Summen zu diesem Zwecke, und ein Jahrhundert wiegt die zehn Jahre seiner Regierung hinsichtlich des gewaltigen Schwunges nicht auf, den Oestreich durch die freie Presse gewann. Leider vereinigte sich bald der Hochmuth und die Habsucht der Herren mit der Lichtscheu und Herrschsucht der Geistlichen, um dem edlen Monarchen, der nur das Heil seines Volkes im Auge hatte, mit gewaltsamen Wider- stande entgegen zu treten. Wirklich gelang es ihrer Hinterlist und Macht, selbst das bethörte Volk gegen den Vater des Vaterlandes auszuwiegeln. Man kann indeß nicht leugnen, daß Joseph in seinen Unternehmungen viel zu rasch zu Werke ging, und in wenigen Jahren Dinge ausführen wollte, die nur in mehren Menschenaltern reifen können. Am meisten war dieß in Ungarn der Fall, wo er mit einem Schlage die alte Verfassung Umstürzen, die deutsche Sprache in Gerichten und Schulen einführen und dieses Reich, gleich einer Provinz, mit seinen übrigen Erbländern vereinigen wollte. Darum fand er auch hier den stärksten Widerstand; seine trefflichen Anordnungen, den Handel des Landes durch die Anlegung von Landstraßen zu heben, selbst seine Feldzüge gegen die Türken, diese Erbfeinde der Ungarn, konnten die Gemüther nicht besänftigen. Zu gleicher Zeit brach auch in den Niederlanden die Unzufriedenheit aus, welche durch den fana- tischen Klerus sogar zu einem furchtbaren Aufstande gesteigert wurde. Damals war Joseph im Lager an der türkischen Grenze, wo er die Beschwerden des Krieges mit seinen Soldaten muthig theilte. Mit dem Keime einer gefährlichen Krankheit eilte er nach Wien zurück, um den Bewegungen in den Niederlanden und in Ungarn entgegen zu wirken. Er überwand das schmerzliche Gefühl, für seine großen Entwürfe Undank und Verkennung zu ernten und nahm selbst den größten Theil seiner Reformen in diesen Ländern zurück, um die Ruhe wieder herzustellen. Diesem Kummer sollte ihn aber bald der Tod entheben, denn seine Krankheit nahm zu und mit männlicher Entschlossenheit ging er seinem Ende entgegen, — rastlos thatig bis auf die letzte Stunde. Kurz vor seinem Tode mußte er noch, Weltgeschichte. Iii. | 9

3. Die neue Zeit - S. 290

1877 - Leipzig : Brandstetter
290 10. Unglückliches Ende. So gut es nun auch der wackere Kaiser mit seinen Unterthanen meinte, so wurden doch seine Absichten von den Meisten verkannt; ja Viele arbeiteten ihm recht absichtlich entgegen. Statt geliebt zu werden, wie er so recht verdiente, erntete er nur Haß und Undank. War dies schon in seinen deutschen Staaten der Fall, so war es noch mehr in Ungarn und in den österreichischen Niederlanden. Ungarn, als ein besonderes Königreich, hatte noch seine eigenen Gesetze und Freiheiten; auch wurden die Gerichtsverhandlungen in lateinischer Sprache geführt, die fast jeder Ungar verstand. Aber Joseph wollte, daß alle seine Länder ein gleichmäßiges Ganzes ausmachen sollten und befahl daher, daß künftig auch in Ungarn die deutsche Sprache die allgemeine Geschäftssprache sein sollte. Wer von den Beamten sie in drei Jahren nicht verstünde, sollte sein Amt verlieren. Das zu fordern, war aber eine große Ungerechtigkeit und Härte, und brachte die Gemüther in Gährung, die sich noch vermehrte, als auch die bisherige Regierung des Laubes noch ver-änbert würde. Noch schlimmer ging es in den Nieberlanben, dem jetzigen Belgien. Hier machte er mehrere sehr nützliche Einrichtungen, die besonbers einen besseren Unterricht der Geistlichkeit bezweckten. Aber gerabe darüber waren die Bischöfe aufgebracht und hetzten das über manche Neuerung schon unzufriedene Volk noch mehr auf. So brach im Jahre 1788 ein förmlicher Aufruhr aus; Joseph gab nach, aber es war zu spät. Mit Gewalt konnte er nicht viel ausrichten, da feine Heere gerade gegen die Türken fochten, und so mußte er es erleben, wie sich feine niederländischen Provinzen für unabhängig erklärten. Der Feldzug gegen die Türken endete auch unglücklich und so wurde die ohnehin schon angegriffene Gesundheit des Kaisers völlig erschüttert durch den Kummer, der fortan unaufhörlich an seinem Herzen nagte. In Ungarn hatte der Adel sich erhoben und das Volk gegen den Kaiser aufgereizt. Joseph, siech und mit gebrochener Kraft, sah sich genöthigt, alle seine Verordnungen zurückzunehmen. Im Bewußtsein, das Gute gewollt zu haben, sprach er: „Ich wollte, man schriebe auf mein Grab: Hier ruht ein Fürst, dessen Absichten rein waren, der aber das Unglück hatte, alle seine Plane scheitern zu sehen." Er starb am 20. Februar 1790.

4. Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit - S. 338

1889 - München : Franz
Hzg Joseph . und die letzten Kaiser des alten Reiches. bringen. Daher berief er in Ungarn den Reichstag nicht mehr1), hob die Verfassung der niederlndischen Provinzen auf und brachte alle Habs-burgischen Lnder in Regierung wie Verwaltung in engere Abhngigkeit Josephs Ii. vom Zentrum Wien. Wie er aber seinen Staat immer strker zen-Germanisie- trassierte, so strebte er fr diesen ihm vorschwebenden Einheitsstaat auch rungsplane. ^ gemeinsame Staatssprache an und verordnete zunchst fr Ungarn (wo bisher das Lateinische diese Stelle eingenommen) das Deutsche als Geschstssprache, zu dessen Erlernung er jeden Ungarn anhielt. Aber nun zeigte sich erst, wie bunt zusammengewrfelt die Habsburgische Hans-macht war, in der Italienisch, Franzsisch (Wallonisch), Niederdeutsch (Vlmisch), Oberdeutsch, Magyarisch, Rumnisch, Tschechisch, Polnisch, Rntenisch und Serbisch gesprochen wurde, und Lnder mit alter Kultur (wie Mailand und Belgien) mit anderen zusammengeschlossen waren, die (tote Slawonien und der Banat), kaum erst von trkischer Herrschaft befreit, noch deutlich genug die Nachwirkung Jahrhunderte langer Bar-Wirkung von bar et auswiesen. Als daher Joseph daran giettg, aus diesen vielgestal-Josephs {{gen Teilen seiner Monarchie eine Einheit machen zu wollen, stie er versuchen Quf unberwindliche Hindernisse. Er hatte dem Staat eine gewisse berordnung der die Kirche verschaffen, dem Adel seine Feudalrechte zum guten Teil entziehen knnen: die Durchfhrung des Einheitsstaates und die Germanisieruugsversuche Ungarns scheiterten an der Zhigkeit, mit der die Massen an ihren alten Ordnungen und der angeborenen Sprache hingen. Es kam dazu, da Joseph bei Durchfhrung ferner Zentralisierungs- wie Germanisiernngsplne auch von den einflureichsten Stnden, dem Klerus und Adel, im Stiche gelassen, ja, da ihm von diesen sogar heimlich entgegengearbeitet wurde. Denn beide hatte er durch seine anderen Reformen gegen sich ausgebracht. Der Klerus, der frher unter den Habsburgern auch in politischen Dingen oft eine ton-angebende Stellung eingenommen, fhlte sich zurckgesetzt, der Adel in seinen Rechten verkrzt, beide wirkten nun demgem bei der Masse des unwissenden Volkes, dem die Reformen Josephs doch vor allem Erleichterung verschaffen wollten, den Plnen des Kaisers entgegen. Fehler von Und freilich hatte es dieser auch nicht verstanden, die Gefhle des Volkes Josephs zu schonen. Er verletzte sie durch seine Eingriffe in den gewohnten innerer Politik. Kultus der Kirche und in Sitten und Gebruchen, die durch das Alter geheiligt erschienen, so besonders, wenn er gebot, da man die Leichen von nun an ohne Kleider in Scke zu stecken und in Kalkgruben beizu-setzen habe. Wie er hiedurch das an alter Sitte Hangende Volk er-Gitterte, so brachte er die Aristokratie gegen sich auf, indem er einzelne ihrer Mitglieder neuen, von ihm eingefhrten Strafen, wie Gassenkehren, Schiffziehen u. dgl. unterwarf. Aber nicht einmal auf seine Beamten konnte sich Joseph unbedingt verlassen. Auch diese setzten ihm vielfach passiven Widerstand entgegen, teils weil ihnen gewisse Mibruche (wie durch Geld und sonstige Vergnstigungen gelohnte Rcksichtnahme auf Hochgestellte) nur erwnscht waren, teils weil Joseph oft in berstrzter !) Er hatte sich auch dem Herkommen entgegen fr Ungarn nicht krnen lassen, um dem damit verbundenen Eide auf die Verfassung zu entgehen, und die Stephans-krne von Ungarn nach Wien bringen lassen.

5. Die neue Zeit - S. 288

1866 - Leipzig : Brandstetter
288 9. Kaiserliche Worte und Thaten. In der Verwaltung des Staatswesens wollte Kaiser Joseph blos höchster Verwalter des Staates sein. Deshalb litt er keine Unter- händler und Vermittler zwischen sich und dem Volk. Vor der Thür des Kabinets, in welchem er vom frühen Morgen bis spät in die Nacht ar- beitete, standen immer viel Leute jedes Standes, denn Jeder durfte frei zu dem Kaiser kommen und mit ihm reden. Da ging Joseph von Stunde zu Stunde hinaus, nahm ihnen ihre Bittschriften ab und führte sie auch wohl in sein Zimmer, daß sie ihm Alles sagten, was sie auf dem Herzen hatten. Schon seine edle Mutter hatte große Verbesserungen eingeführt, vornehmlich die Abschaffung der Folter, der Hepenprozesse und der In- quisition. Joseph erwarb sich ewigen Ruhm, indem er die so lange unter- drückten Juden durch Bildung und Recht den übrigen Staatsangehörigen in Oesterreich gleichzustellen suchte und indem er 1781 die Leibeigen- schaft der Bauern aufhob. Dabei sprach er die echt kaiserlichen Worte: „Es ist ein Unsinn, zu glauben, daß die Obrigkeit das Land besessen habe, bevor es noch Unterthanen gab." Zum Beweise, wie hoch er den Bauern- stand ehrte, trat er einst auf einer Reise durch Mähren zu einem Bauer, der auf dem Felde Pflügte, ergriff den Pflug und ackerte selbst eine Strecke Landes. Die mährischen Stände bewahrten diesen Pflug, den des Kaisers Hand geführt hatte, zum Andenken. 10. Unglückliches Ende. So gut es nun auch der wackere Kaiser mit seinen Unterthanen meinte, so wurden doch seine Absichten von den Meisten verkannt; ja Viele arbei- teten ihm recht absichtlich entgegen. Statt geliebt zu werden, wie er so recht verdiente, erntete er nur Haß und Undank. War dies schon in sei- nen deutschen Staaten der Fall, so war es noch mehr in Ungarn und in den österreichischen Niederlanden. Ungarn, als ein besonderes Königreich, hatte noch seine eigenen Gesetze und Freiheiten; auch wurden 'die Gerichts- verhandlungen in lateinischer Sprache geführt, die fast jeder Ungar ver- stand. Aber Joseph wollte, daß alle seine Länder ein gleichmäßiges Ganzes ausmachen sollten und befahl daher, daß künftig auch in Ungarn die deutsche Sprache die allgemeine Geschäftssprache sein sollte. Wer von den Beamten sie in drei Jahren nicht verstünde, sollte sein Amt verlieren. Das zu fordern, war aber eine große Ungerechtigkeit und Härte, und brachte die Gemüther in Gährung, die sich noch vermehrte, als auch die bisherige Regierung des Landes noch verändert wurde. Noch schlimmer ging es in den Niederlanden, dem jetzigen Belgien. Hier machte er mehrere sehr nützliche Einrichtungen, die besonders einen besseren Unterricht der Geistlichkeit bezweckten. Aber gerade darüber waren die Bischöfe aufgebracht und hetzten das über manche Neuerung schon un- zufriedene Volk noch mehr auf. So brach im Jahre 1788 ein förmlicher Aufruhr aus; Joseph gab nach, aber es war zu spät. Mit Gewalt konnte

6. Theil 2 - S. 543

1827 - Leipzig : Fleischer
So eifrig nun auch der gute Joseph für seine Unterthanen arbeitete, so glaubte er doch immer noch nicht genug zu thun, und verbat sich alle Auszeichnungen. In Prag wurde das stei- nerne Gelander der herrlichen Moldaubrucke mit verschiedenen Bildsäulen besetzt, auch die seinige sollte darunter seyn. Er aber gab das nicht zu, weil er noch nicht verdient habe, daß man ihm Ehrcnsäulen setze, und noch bis auf heute ist das Postament, auf welchem sein Bild stehen sollte, allein leer, eine ehrenvollere Aus- zeichnung, als die vergoldeten Bildsäulen mancher Fürsten. Als er die Landcscollegien von Ungarn aus Prcßburg nach Ofen ver^ legt hatte, wollten ihm die Einwohner dieser Stadt eine Ehren- säule errichten. Er aber lehnte cs mit folgenden Worten ab: „daß ich zur bessern Uebersicht dcr Ncichsämter dieselben in Ofen vereinigt, und hierdurch der Stadt zufällig einige Vortheile ver- schafft habe, das verdient in der That eine solche Ehre nicht. Wenn ich es jedoch einmal werde dahin gebracht haben, daß die Ungarn die wahren Verhältnisse zwischen dem Könige und den Unterthanen allgemein anerkennen; wenn ich alle geistlichen und weltlichen Mißbräuche werde abgestellt; wenn ich Tätigkeit und Industrie werde geweckt, den Handel in Flor gebracht, das Land von seinem Ende biö zum andern mit Straßen und schiffbaren Canälen versehen haben, wie ich es hoffe, wenn dann die Na- tion mir ein Monument errichten will, dann möchte ich es viel- leicht verdient haben, und dann werde ich es auch mit Dank an- nehmen." — Trotz dieser sich aufopfernden Liebe für seine Unterthanen entstand unter allen Ständen Unzufriedenheit, Abneigung und zum Theil selbst Haß gegen Joseph, der so unglücklich war, durch jede neue Verordnung, wenn sie auch noch so gut gemeint war, die Leute gegen sich aufzubringcn. So verbot er, damit nicht so vieles Geld für unnütze Maaren aus dem Lande ginge, alle fremde Fabricate, mehrere ausländische Eßwaarcn, und alle fremde Weine. Wer dergleichen für seinen Haushalt bedurfte, erhielt zwar die Erlaubniß, sie einzuführcn, mußte aber eine hohe Abgabe zahlen. Um durch sein Beispiel voranzugehen, schenkte Joseph alle seine in den Hofkellcrn befindlichen ausländischen Weine an das Krankenhospital, und begnügte sich mit inlandi-

7. Enthaltend Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen aus der neuern und neuesten Geschichte - S. 244

1869 - Langensalza : Beyer
244 Druck der Protestanten (des. in Ungarn) zu mildern. Um den rö- mischen Katholicismus von seinen Mißbräuchen zu reinigen, verbot er die Wallfahrten, forderte die Abstellung der Processionen in den Kirchen, beschränkte die Reliquienverehrung und verordnete, daß man das Volk nicht mit der angeblichen Wunderthätigkeit der Amú- lete *) täuschen sollte. Papst Pius Vi. stattete dem Kaiser im Jahre 1782 in Wien einen Besuch ab, um desien Reformen zu Hintertreiben; allein Joseph ließ sich in seinen Planen nicht wan- kend machen. Alle Zweige der Staatsverwaltung, das Kirchen- wesen, die Schulen, die Polizei, der Landbau wurden verbesiert. Da der Kaiser eine allgemeine und gleiche Besteuerung einsührte, auch ein allgemeines Criminal- und Civil-Gesetzbuch für die österreichischen Staaten erscheinen ließ; so erbitterte er besonders den ungarischen Adel, dessen Vorrechte gänzlich verschwinden soll- ten. In Folge dieser Neuerungen empörten sich die Ungarn und Niederländer gegen ihn und verbitterten ihm die folgenden Jahre feiner Regierungszeit. Schon im Januar 1790 fühlte Joseph, daß sein Körper erliege und mit schnellen Schritten dem Grabe zueile; aber dennoch arbeitete er bis zum letzten Tage seines Le- bens. Ani 19. Febr., 10 Uhr Abends, entließ er seine Secretare und ließ seinen Beichtvater kommen. Die wichtigsten Angelegen- heiten des Staates waren der Gegenstand seiner letzten Phanta- sien. Er betete: „Herr, Der Du allein mein Herz kennst, Dich rufe ich zum Zeugen an, daß ich Alles, was ich unternahm und befahl, aus keiner andern Absicht, als zum Wohle meiner Unter- thanen meinte. Dein Wille geschehe!" Gegen 8 Uhr Morgens fühlten die Aerzte fast keinen Puls mehr. Endlich sagte Joseph: „Ich fühle die Annäherung des Todes. Herr, in Deine Hände empfehle ich meine Seele!" Der Todeskampf dauerte fünf Minu- ten und war schmerzlos. Joseph Ii. starb am 20. Februar 1790 in seinem 49ften Le- bensjahre, verkannt von dem Volke, das seiner nicht werth war. *) Unter einem Amúlete versteht man irgend einen Körper von Stein, Metall oder einer andern Masse, den man bei sich trägt, um sich da^ durch gegen mancherlei Ucbel zu bewahren.

8. Theil 3 - S. 353

1839 - Leipzig : Fleischer
353 die etwas bei ihm anzubringen hatten. Alle Stunden ging er außer- dem hinaus, und nahm die Bittschriften selbst in Empfang, die man ihm überreichen wollte. So eifrig nun auch der gute Joseph für seine Unterhanen ar- beitete, so glaubte er doch immer noch nicht genug zu thun, und ver- bat sich alle Auszeichnungen. In Prag wurde das steinerne Geländer der herrlichen Moldaubrücke mit verschiedenen Bildsäulen besetzt; auch die seinige sollte darunter seyn. Er aber gab das nicht zu, weil er noch nicht verdient habe, daß man ihm Ehrensäulen setze, und noch bis auf heute ist das Postament, auf welchem sein Bild stehen sollte, allein leer, eine ehrenvollere Auszeichnung, als die vergoldeten Bild- säulen mancher Fürsten. Als er die Landescollegien von Ungarn aus Preßburg nach Ofen verlegt hatte, wollten ihm die Einwohner dieser Stadt eine Ehrensäule errichten. Er aber lehnte es mit folgenden Worten ab: „daß ich zur bessern Uebersicht der Reichsämter dieselben in Ofen vereinigt, und hierdurch der Stadt zufällig einige Vortheile verschafft habe, das verdient in der That eine solche Ehre nicht. Wenn ich es jedoch einmal werde dahin gebracht haben, daß die Ungarn die wahren Verhältnisse zwischen dem Könige und den Unterthanen allge- mein anerkennen; wenn ich alle geistliche und weltliche Mißbräuche werde abgestellt; wenn ich Thätigkeit und Industrie werde geweckt, den Handel in Flor gebracht, das Land von einem Ende bis zum andern mit Straßen und schiffbaren Canälen versehen haben, wie ich es hoffe, wenn dann die Nation mir ein Monument errichten will, dann möchte ich es vielleicht verdient haben, und dann werde ich es auch mit Dank annehmen." — Trotz dieser sich aufopfernden Liebe für seine Unterthanen ent- stand unter allen Ständen Unzufriedenheit, Abneigung und zum Theil selbst Haß gegen Joseph, der so unglücklich war, durch jede neue Ver- ordnung, wenn sie auch noch so gut gemeint war, die Leute gegen sich aufzubringen. So verbot er, damit nicht so vieles Geld für unnütze Waaren aus dem Lande ginge, alle fremde Fabrikate, mehrere aus- ländische Eßwaaren, und alle fremde Weine. Wer dergleichen für sei- nen Haushalt bedurfte, erhielt zwar die Erlaubniß, sie einzuführen, mußte aber eine hohe Abgabe zahlen. Um durch sein Beispiel voran- zugehen, schenkte Joseph alle seine in den Hofkellern befindlichen aus- ländischen Weine an das Krankenhospital, und begnügte sich mit in- ländischen. Wurden fremde Waaren entdeckt, so ließ er sie öffentlich verbrennen. Dies geschah mehrmals, selbst für 10 — 15,000 Gulden mit einem Male. Ueber diese Verordnung beklagte sich das ganze Land; aber die inländischen Fabriken hoben sich, und viel Geld wurde erspart. Die große Unzufriedenheit mit Josephs raschen Verbesserungen ging endlich in den östreichischen Niederlanden, deren Neigung zu Re- Röff. Wcltgesch. Iii. Th. 23

9. Neue Geschichte - S. 305

1859 - Leipzig : Fleischer
305 Haß ganzer Familien zuzog. Auch über die Aufhebung der Leibeigenschaft waren Viele unzufrieden; kurz statt Liebe und Dankbarkeit, die er zu verdienen glaubte, erntete der gute Kaiser überall Haß, nicht allein weil er durch seine Neuerungen den Vortheil einzelner Stände verletzte, sondern auch, weil seine Reformen, die nur in vorsichtiger Entwickelung wohlthätig wirken konnten, in so überstürzender Eile nicht durchgeführt werden konnten, ohne wie ein Zwang auf dem Volke zu liegen. Und doch meinte er es mit seinen Unterthanen so wahrhaft gut. Er ließ sich von Jedem sprechen, hörte eines Jeden Klagen freundlich und geduldig an, und alle Vormittage war der Corridor zu seinen Zimmern mit Leuten aus allen Ständen besetzt, die etwas bei ihm anzu- bringen hatten. Alle Stunden ging er außerdem hinaus, und nahm die Bitt- schriften selbst in Empfang, die man ihm überreichen wollte. So eifrig nun auch der gute Joseph für seine Unterthanen arbeitete, so glaubte er doch immer noch nicht genug zu thun, und verbat sich alle Aus- zeichnungen. In Prag wurde das steinerne Geländer der herrlichen Moldau- brücke mit verschiedenen Bildsäulen besetzt; auch die seinige sollte darunter sein. Er aber gab das nicht zu, weil er noch nicht verdient habe, daß man ihm Ehrensäulen setze, und noch bis auf heute ist das Postament, auf welchem sein Bild stehen sollte, allein leer, eine ehrenvollere Auszeichnung, als die ver- goldeten Bildsäulen mancher Fürsten. Als er die Landescollegien von Ungarn aus Preßburg nach Ofen verlegt hatte, wollten ihm die Einwohner dieser Stadt eine Ehrensäule errichten. Er aber lehnte es mit folgenden Worten ab: „Daß ich zur bessern Uebersicht der Reichsämter dieselben in Ofen ver- einigt, und hierdurch der Stadt zufällig einige Vortheile verschafft habe, das verdient in der That eine solche Ehre nicht. Wenn ich es jedoch einmal dahin werde gebracht haben, daß die Ungarn die wahren Verhältnisse zwischen dem Könige und den Unterthanen allgemein anerkennen; wenn ich alle geistliche und weltliche Mißbräuche werde abgestellt; wenn ich Thätigkeit und Industrie werde geweckt, den Handel in Flor gebracht, das Land von einem Ende bis zum andern mit Straßen und schiffbaren Canälen versehen haben, wie ich es hoffe, wenn dann die Nation mir ein Monument errichten will, dann möchte ich es vielleicht verdient haben, und dann werde ich es auch mit Dank an- nehmen." — Trotz dieser sich aufopfernden Liebe für seine Unterthanen entstand unter allen Ständen Unzufriedenheit, Abneigung und zum Theil selbst Haß gegen Joseph, der so unglücklich war, durch jede neue Verordnung, wenn sie auch noch so gut gemeint war, die Leute gegen sich aufzubringen. So verbot er, damit nicht so vieles Geld für unnütze Waaren aus dem Lande ginge, alle fremde Fabrikate, mehrere ausländische Eßwaaren, und alle fremde Weine. Wer dergleichen für seinen Haushalt bedurfte, erhielt zwar die Erlaubniß, sie einzuführen, mußte aber eine hohe Abgabe zahlen. Um durch sein Beispiel voranzugehen, schenkte Joseph alle seine in den Hofkellern befindlichen aus- ländischen Weine an das Krankenhospital, und begnügte sich mit inländischen. Wurden fremde Waaren entdeckt, so ließ er sie öffentlich verbrennen. Dies geschah mehrmals, selbst für 10—15,000 Gulden mit einem Male. Ueber diese Verordnung beklagte sich das ganze Land; aber die inländischen Fa- briken hoben sich, und viel Geld wurde erspart. Die große Unzufriedenheit mit Josephs raschen Verbesserungen ging end- Nvss. Weugesch. 3. Th. qn jqeo' ' for in ’Schulde!*»'- Braunaciivsfeig Schulbuchbibliouiök

10. Theil 3 - S. 382

1880 - Stuttgart : Heitz
382 Neue Geschichte. 3. Periode. Oestreich. Als er alle fremde Weine verbot, schenkte er seinen ganzen Weinvorrath an das Krankenhospital, und erlaubte auf seiner Tafel nur östreichische und ungarische. Vom Morgen bis an den Abend arbeitete er mit seinen Räthen, und suchte so viel wie möglich selbst zu sehen. Jeder seiner Unterthanen hatte Zutritt zu ihm. Den ganzen Vormittag konnte man ihn sprechen. Stets war der Gang zu seinem Arbeitszimmer mit Leuten, die etwas anzubringen hatten, besetzt, und alle Stunden ging er hinaus, um die Bittschriften anzunehmen. So gut nun es auch der wackere Joseph mit seinen Unterthanen meinte, so wurden doch seine Absichten von den meisten verkannt; ja viele arbeiteten ihm recht absichtlich entgegen, und statt geliebt zu werden, wie er es so sehr verdiente, erntete er nur Undank. So war es in seinen deutschen Staaten, noch mehr aber in Ungarn und in den östreichischen Niederlanden. Ungarn war ein besonderes Königreich und hatte seine eigenen Gesetze und Freiheiten; auch wurden die Gerichtsverhandlungen in lateinischer Sprache geführt. Aber Joseph wollte, daß alle seine Länder nur ein Ganzes ausmachen sollten, und befahl daher, daß künftig in Ungarn die deutsche die allgemeine Landessprache sein sollte. Wer binnen drei Jahren sie nicht verstände, sollte kein Amt mehr erhalten. Außerdem wurde die ganze Einrichtung des Landes verändert, so daß die Gährung in diesem Lande, dessen Einwohner an ihrer nationalen Selbständigkeit hingen, immer größer, wurde. Aber schlimmer noch ging es in den Niederlanden, dem jetzigen Belgien. Hier machte er mehrere sehr nützliche Einrichtungen, die besonders einen bessern Unterricht der Geistlichen bezweckten. Aber gerade darüber waren die hohen Geistlichen recht aufgebracht und reizten das schon über die Neuerung unzufriedene Volk noch mehr auf, so daß ein förmlicher Aufruhr ausbrach (1788). Jetzt gab zwar Joseph nach, aber mta war es zu spät. Mit Gewalt Soldaten gehört. Demnach finde ich, daß Ihr Sohn keinen Charakter zum Kriegsmanne habe und daß er zu sehr mit seiner Geburt beschäftigt ist.um sich solche -Dienste von ihm zu versprechen, auf die sein Vaterland einst stolz sem könnte. Weswegen ich Sie bedaure, Madame, ist, daß Ihr Sohn weder zum Offizier, noch zum Staatsmanne, noch zum Priester tauge, kurz gesagt, daß er mchts als ein Edelmann und das von ganzer Seele ist. Danken Sie es Ihrem günstigen Schicksale, daß, indem es Ihrem Sohne alle Talente versagt, es ihn zugleich tn den Besitz ansehnlicher Güter versetzt hat , die ihn dafür hinlänglich entschädigen und die ihm zugleich meine ganze Gnade entbehrlich machen."

11. Die Neuzeit - S. 64

1892 - Gotha : Perthes
64 Staatliche Ueformen. Im Staate suchte Joseph die absolute Verwaltung durch Ausschlu der stndischen Rechte zu vollenden und die Ein-heit des Staates gegenber den nationalen Besonderheiten zu frdern; die niederen Klassen sollten durch Beseitigung der Vorrechte der ersten Stnde gehoben und der Geist der Humanitt durch gemeinntzige An-"stalten l) gepflegt werden. Da auer dem Kirchenwesen in wenigen Jahren die militrischen Ein-richtungen, die Gerichtsordnung und Polizei, die Besteuerung, alle stdtischen And lndlichen Verhltnisse von Grund aus umgestaltet wurden, so geriet die Bevlkerung in eine furchtbare Erregung; am strksten war diese in den Niederlanden und in Ungarn. Die Niederlande wurden insbesondere durch die Beseitigung der stndischen Rechte, die sich hier krftig erhalten hatten, erbittert; 1789 waren sie in vollem Aufstande, und im nchsten Jahre schien hier die Herrschaft des Hauses sterreich vernichtet. Ungarn verletzte Joseph am Anfange seiner Regierung schon dadurch, da er sich hier weder huldigen noch krnen lie; die berfhrung der ungarischen Krone2) und der ungarischen Reichsinsignien nach Wien, die Einfhrung der deutschen Sprache als Amtssprache und die Aufhebung der Leibeigenschaft brachte eine mchtige Bewegung hervor; vollends die Abschaffung der Kreis-Versammlungen des Adels, seine gleiche Besteuerung mit dem Bauer, die Einfhrung der Konskription (eines stehenden Heeres) schien die Knechtschaft Ungarns zu besiegeln. Strmisch verlangte man die Berufung des Reichstages; gedrngt durch den belgischen Aufruhr und den Trkenkrieg (vgl. S. 60) bewilligte Joseph 1790 die Herstellung der alten Zustnde; auch die Krone und die Reichskleinodien wurden nach Ungarn zurckgefhrt. Joseph Ii. verkannte die Macht des geschichtlich Gewordenen und berschtzte die Kraft eines einzelnen Herrschers; was in sterreich in Jahr-Hunderten versumt worden war, sollte nun in wenigen Jahren nachgeholt werden und pltzlich aus dem Leibeigenen ein freier Bauer, aus dem feudalen Grund-Herrn ein Unterthan werden und an Stelle des Glaubensdruckes Glaubens-duldung treten. Der Kaiser bezweckte die freiheitliche Entwicklung des Ganzen und miachtete doch das Recht individueller Freiheit sowohl bei den Nationen als bei den Einzelnen. Der aufgeklrte Absolutismus (Despotismus), dem er huldigte, verlangte vor allem ein pflichttreues und selbstloses Beamtentum; dies lie sich indes in der kurzen Frist eines Jahrzehnts um so weniger schaffen, als die Reformen einander berstrzten und, kaum gegeben, oft schon wieder gendert oder aufgehoben wurden. Daher haben die redlichsten Absichten ihr Ziel verfehlt; der Gram der das Milingen seiner Plne be-frderte Josephs Tod (+ 1790). Sein ihm im Kaisertum wie im fter-reichischen Staate folgender besonnener Bruder Leopold Ii. (17001702) wute durch Zurcknahme der meisten Neuerungen in den sterreichischen Landen, besonders auch in Ungarn, die Ruhe wiederherzustellen; die Niederlande 1) wie Kranken- und Irrenhuser, Findel- und Walsenanstalten, rztliche Stiftungen u. a. 2) In der Wiener Schatzkammmer lie Joseph sie gleichsam als geschichtliche Altertmer neben der bhmischen Krone und dem sterreichischen Herzogshute aufbewahren.

12. Bd. 3 - S. 409

1879 - Calw [u.a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
§ 5. Joseph Ii. Die Lmser punktation. 409 im Innern trösten? O nein! Gerade hier musste er das Unangenehmste erfahren. So redlich er es meinte, Joseph verfuhr bei seiner Staatsverbesserung zu hastig, ohne Heranziehung tüchtiger Reformatoren, ohne Berücksichtigung des achtbaren Herkommens und der Nationalität seiner Völker; er überstürzte alles. Darum rief er mit seinen Maßnahmen viel Verdruß und Widerspruch hervor. Seiner guten Absicht sich bewußt, machte er nur desto emsiger fort; eine Reform drängte die andere und fast jede bewirkte neues Mißbehagen. Dazu kam, daß die bigotte Menge überfeine kühnen kirchlichen Reformen tiefen Unmuth empfand, welcher vom Klerus geschäftig und mit maßloser Uebertreibung der Gefahr für den christkatholifchen Glauben ge- nährt ward. Den stärksten Unwillen erregte Joseph in den Ländern, welche je und je am schwierigsten zu regieren waren, in Ungarn und den Niederlanden, die er gerade am rücksichtslosesten behandelte. In Ungarn ließ er sich gar nicht krönen, ein „Majestätsverbrechen!" und die Krone des heiligen Stephanus schaffte er nach Wien in die Schatz- kammer, „ein Tempelraub!" Hatte feine Mutter nur langsam germanifirt, so befahl er allen Beamten, statt des Latein sich der deutschen Sprache zu bedienen; er hob die Privilegien der Stände auf; er vernichtete die ganze ungarische Verfassung. Alle Protestationen des Adels blieben erfolglos, worüber derselbe ingrimmig zürnte, am meisten freilich darüber, daß er zur Erleichterung des Volkes nun auch Steuern zahlen mußte. — Bei feinen Niederländern verstieß er noch durch Besonderes. Gegen Frankreich hin standen Festungen zum Schutze der gesamten Niederlande, in welchen die Holländer das Mitbesatzungsrecht hatten. Joseph, mit dem französischen Könige verschwägert, hielt die Grenze für sicher, zwang die Holländer, ihre Soldaten ans den Festungen zurückzuziehen, und schleifte sie daun. So waren feine eigenen Unterthanen samt jenen für die Zukunft ohne Bollwerk gegen den gefährlichen Nachbar.

13. Theil 3 - S. 371

1875 - Leipzig : Brandstetter
371 sein Volk betriebsam, wohlhabend, in allen Kriegs- und Friedenskünsten ausgezeichnet haben, und errichtete zu dem Zwecke nicht nur höhere Lehranstalten, sondern auch Volksschulen, die bisher selbst in Deutschland noch selten waren. Hier war es, wo er mit freigebige« Händen seine Ersparnisse spendete. Außer den eingezogenen Kirchengütern wurden große Summen zu diesem Zwecke verwendet, und ein Jahrhundert wiegt die zehn Jahre seiner Regierung hinsichtlich des gewaltigen Schwunges nicht auf, welchen Oesterreich durch die freie Presse gewann. Joseph's neues Staatsgebäude, so frühe und vereinzelt aus dem Boden der neuen Geschichte erwachsen, ohne die nachhaltige Festigkeit, welche nur die materielle Gewalt einem Jdeenumschwunge dieser Art zu verleihen vermag, durfte leider nicht in seinem ganzen Umfange bestehen. Bald vereinigte sich die Habsucht der Großen mit der Herrschsucht der Geistlichen, um dem edlen Monarchen, welcher gewiß einzig und allein das Heil seines Volkes im Auge hatte, mit gewaltsamem Widerstände entgegenzutreten. Es gelang ihrem heimlichen Einflüsse, einen Theil des Volkes gegen den wohlmeinenden Kaiser aufzureizen. Wie Joseph in seinen Unternehmungen zu rasch zu Werke ging, und in wenigen Jahren durch eigene Gewalt, im Uebermaß des edlen Strebens, Dinge ausführen wollte, die nur in mehreren Menschenaltern reifen können, so mußte er selbst gar manchen Schritt zurück thun, bevor die Besserung nur einigermaßen Raum gewonnen hatte. Am meisten war dies in Ungarn der Fall, wo er die alte Verfassung umstürzen, die deutsche Sprache in Gerichten und Schulen einführen und dieses Reich, gleich einer Provinz, mit seinen übrigen Erbländern vereinigen wollte. Hier fand er den stärksten Widerstand; seine trefflichen Anordnungen, den Handel des Landes durch die Anlegung von Landstraßen zu heben, selbst seine Feldzüge gegen die Türken, diese Erbfeinde der Ungarn, konnten die Gemüther nicht besänftigen. Zu gleicher Zeit brach auch in den Niederlanden die Unzufriedenheit aus, welche durch den fanatischen Klerus zu einem furchtbaren Aufstande gesteigert wurde. Damals war Joseph im Lager an der türkischen Grenze, wo er die Beschwerden des Krieges mit seinen Soldaten muthig theilte. Mit dem Keime einer gefährlichen Krankheit eilte er nach Wien zurück, um den Bewegungen in den Niederlanden und in Ungarn entgegenzuwirken. Er überwand das schmerzliche Gefühl, für seine großen Entwürfe Undank und Verkennung zu ernten, und nahm selbst den größten Theil seiner Reformen in diesen Ländern zurück, um die Ruhe wieder herzustellen. Solchem Kummer sollte ihn aber bald der Tod entheben. Seine Krankheit nahm einen raschen Verlauf, und mit männlicher Entschlossenheit ging er seinem Ende entgegen, rastlos thätig bis auf die letzte Stunde. Kurz vor seinem Tode mußte er noch, der schon seine beiden Gattinnen und seine Kinder zu Grabe hatte tragen sehen, die 24*

14. Bd. 8 - S. 307

1846 - Braunschweig : Westermann
307 Vierzehntes Kap. Kaiser Joseph H. Der Feind der Religion, wie man ihm denselben schilderte, hatte den Anspruch auf Ehrfurcht und Liebe verwirkt, alle seine Handlungen wurden entstellt, durch solches Truglicht, in welchem man sie betrachtete, die kleinsten Schwächen oder Irrthümer erschienen in Riesengestalt, jede Fehlschlagung galt für Schuld, nichts Gutes wurde anerkannt. Die väterlichen Bemühungen um's Gemeinwohl hießen Tyrannei und Rechtsverachtung, und die demüthigen Sklaven der Feudal-Zwinghcrren und der finsteren Mönchsgewalt, daher auch eines jeden Königs, welcher mit jenen sich befreundete, erhoben sich klagend, schmähend, endlich in Waffen wider ihren rechtmäßigen Beherrscher, wider ihren liebevollen Schüzer und Wohlthäter« Vor allen übrigen Ländern brannte solcher Haß in Ungarn. Zu den allgemeinen Ilrsachen kam hier noch der Nationalstolz, der sich gegen die teutschen Einrichtungen, welche Joseph sammt der Sprache Teutschlands den Ungarn aufdringen wollte, mit entschiedenem Widerwillen erhob. Auch war Joseph hier nicht vorwurfsfrei. Die großen Vortheile, die er sich von der Alleinherrschaft eines Regicrungssystems und eines gleichförmigen, sittlichen und bürgerlichen Zustandes über alle Provinzen seines weiten Reiches versprach, mochten den gewaltsamen Eingriff in verfassungsmäßige Rechte und National- besizthümer, auch jenen in Gegenstände des tief gewurzclten Vorurtheils oder der Neigung nicht rechtfertigen. Auf dem Wege der Belehrung, der zwanglosen Anlage und Beförderung wäre das wahrhaft Gute sicherer, wenn auch langsamer, emporgekommen; und cs war Beleidigung der Nation, daß Joseph — weil er Erb-König sey — verschmähte, sich krönen zu lassen, und die heilige Reichs kröne aus Ungarn weg nach Wien — als bloscs Familieneigenthum — brachte. Dagegen verrieth der Widerstand gegen die Landesvermessung, welche die Grundlage eines neu einzuführenden, den Bedürfnissen der Finanz, so wie den Forderungen der Gerechtigkeit angemessenen Steuerfußes seyn sollte, gleich viel Engherzigkeit, als Geistcsbeschränkung. Billiger mochte man über das Kvnscriptionsgesez sich beklagen, als welches — zwar noch himmelweit von dem allcrneuest, in Folge der fran- zösischen Revolution herrschend gewordenen an Härte und Rechtswidrigkeit abstehend — dennoch einen Anspruch der Leibherrlichkeit des Staates oder des Monarchen auf die strcitfähige Bevölkerung verrieth, welcher bei konsequenter Verfolgung unvermeidlich zum nap oleon'schen Systeme führte. Durch dasselbe Bestreben der Verschmelzung aller östreichischen Staaten 20'

15. Theil 3 - S. 328

1827 - Breslau : Max
328 Als er alle fremde Weine verbot, schenkte er seinen ganzen Weinvorrath an das Krankcnhospital, und erlaubte auf seiner Tafel nur östreichische und ungarische. Vom Morgen bis an den Abend arbeitete er mit seinen Rathen, und suchte, so viel als möglich, selbst zu sehen. Jeder seiner Unterthanen hatte Zu- tritt zu ihm. Den ganzen Vormittag konnte man ihn sprechen. Stets war der Gang vor seinem Arbeitszimmer mit Leuten, die etwas anzubringen hatten, - besetzt, und alle Stunden ging er hinaus, um die Bittschriften anzunehmen. So gut cs nun auch der wackere Joseph mit seinen Unter- thanen meinte, so wurden doch seine Absichten von den Meisten verkannt; ja Viele arbeiteten ihm recht absichtlich entgegen, und statt geliebt zu werden, wie er es so sehr verdiente, erndtete er nur Haß und Undank. So war es in seinen deutschen Staaten, noch mehr aber in Ungarn und in den östreichischen Niederlanden. Ungarn war ein besonderes Königreich, und hatte noch seine eigenen Gesetze und Freiheiten; auch wurden die Gerichtsver- handlungen in lateinischer Sprache geführt. Aber Joseph wollte, daß alle seine Lander nur Ein Ganzes ausmachen sollten, und befahl daher, daß künftig in Ungarn die deutsche die allgemeine Landessprache seyn sollte. Wer binnen drei Jahren sie nicht verstände, sollte sein Amt verlieren. Eine große Harte! Wie konnte er von den alten Leuten so etwas verlangend Außerdem wurde die ganze Einrichtung des Landes verändert, so daß die Gahrung in diesem Lande, dessen Einwohner so fest am Alten hangen, immer größer wurde. Aber schlimmer noch ging es in den Niederlanden. Hier machte er mehrere sehr nützliche Einrichtungen, die besonders einen besseren Unterricht der Geistlichkeit bezweckten. Aber gerade darüber waren die hohen Geistlichen recht aufgebracht, und hetz- ten das schon über die Neuerungen unzufriedene Volk noch mehr auf, so daß 1788 ein förmlicher Aufruhr ausbrach. Jetzt gab Priester tauge, kurz gesagt, daß er nichts als ein Edelmann, und das von ganzer Seele ist. Danken Sie es Ihrem günstigen Schicksale, daß, indem es Ihrem Sohne alle Talente versagt, es ihn zugleich in den Be- sitz ansehnlicher Güter versetzt hat, die ihn dafür hinlänglich entschädi- gen, und die ihm zi gleich meine ganze Gnade entbehrlich machen." x

16. Neuere Geschichte - S. 385

1861 - Leipzig : Brandstetter
385 war genug, um daraus die Folgerung abzuleiten, daß durch die Entstehung vieler neuen akatholischen Gemeinden ganze katholische Pfarreien eingehen, viele Geistliche und Bischöfe in ihren Einkünften stark geschmälert wurden. So entstand ein Zusatz zu dem Toleranzgesetze des Inhalts: daß die protestantischen Pfarrkinder außer der Erhaltung ihres Seelsorgers (dem der Name eines Pfarrers versagt wurde) dem katholischen Pfarrer des Ortes alle Kirchengebühren wie früher bezahlen müßten. Zu diesen Be- schränkungen, welche nach der Verschiedenheit der betreffenden geistlichen Behörde oft milder, oft härter sich gestalteten, kamen mit der Zeit noch manche andere hinzu, und da die Neigung der östreichischen Völker zum Protestantismus so stark war, daß ganze Dörfer und Gemeinden, die bisher aus Zwang katholisch waren, nun öffentlich den evangelischen Glauben bekannten, nahmen die Quälereien und Neckereien kein Ende. Selbst in Ungarn, wo die Religionsfreiheit durch den Wiener und Linzer Frieden gesichert war und die Protestanten von den katholischen Pfarrern unabhängig blieben, fand mit der Zeit eine bemerkbare Bedrückung statt. Was das Duldungsgesetz nicht ausgleichen konnte, sollte eine all- gemeine Aufklärung des Volkes vermitteln, welche Kaiser Joseph, selbst über so viele Vorurtheile erhaben, durch verbesserten Schulunterricht und durch Preßfreiheit aus alleu Kräften zu fördern strebte. Er wollte sein Volk betriebsam, wohlhabend, in allen Kriegs- und Friedenskünsten aus- gezeichnet haben, und errichtete zu diesem Zwecke nicht nur höhere Lehr- anstalten, sondern auch Volksschulen, die bisher selbst in Deutschland noch selten waren. Hier war es, wo er mit freigebigen Händen seine Ersparnisse spendete. Außer den eingezogenen Kirchengütern wurden große Summen zu diesem Zwecke verwendet, und ein Jahrhundert wiegt die zehn Jahre seiner Regierung hinsichtlich des gewaltigen Schwunges nicht auf, welchen Oestreich durch die freie Presse gewann. Joseph's neues Staatsgebäude, so frühe und vereinzelt aus dem Boden der neuen Geschichte erwachsen, ohne die nachhaltige Festigkeit, welche nur die materielle Gewalt einem Jdeenumschwunge dieser Art zu verleihen vermag, durfte leider nicht in seinem ganzen Umfange bestehen. Bald vereinigte sich die Habsucht der Großen mit der Herrschsucht der Geistlichen, um dem edlen Monarchen, welcher gewiß einzig und allein das Heil seines Volkes im Auge hatte, mit gewaltsamem Widerstande entgegenzutreten. Es gelang ihrem heimlichen Einflüsse, einen Theil des Volkes gegen den wohlmeinenden Kaiser aufzureizen. Wie Joseph in seinen Unternehmungen viel zu rasch zu Werke ging, und in wenigen Jahren durch eigene Gewalt, im Uebermaß des edlen Strebens, Dinge ausführen wollte, die nur in mehreren Menschenaltern reifen können, so mußte er selbst gar manchen Schritt zurück thun, bevor die Besserung nur einigermaßen Raum gewonnen hatte. Am meisten war dies in Ungarn der Fall, wo er die alte Verfassung Umstürzen, die deutsche Sprache in Gerichten und Schulen einführen und dieses Reich, gleich einer Provinz, Oeser's Weltgeschichte. Iii. 5. Ausl. 25

17. Theil 2 - S. 242

1821 - Nürnberg : Campe
242 und nützlichen Arbeiten, wie z. B. dem Schiffziehen, dem Straßen - und Festungsbau anzuwenden. Aber auch hier fand er Widerspruch und Tadel. Die Staatsverwaltung in Ungarn wollte er ganz der Verwaltung seiner teutschen Staaten gleich machen, und die teutsche Sprache in den Staatskanzleien eiu- führeu. Dieß erregte bei den Ungarn, die fest an ihren alten Gebräuchen, an ihrer Sprache, ihren Eigenthünr- lichkeiten hingen, allgemeine Unzufriedenheit, allgemeines Murren, und in der Wallachei sogar einen förmlichen Aufruhr. Eine noch gefährlichere Empörung entstand in den österreichischen Niederlanden, wo der Adel, die Geist- lichkeit, das Volk, in allen Neuerungen Josephs Ein- griffe in alte Gerechtsame sahen. Es kam da so weit, daß sich in demjahre 1789 die brabantischen Provinzen, unter der Anführung eines Advocaten, Namens Noot, für un- abhängig erklärten, dem Kaiser ganz den Gehorsam auf- sagten, seine Truppen aus dem Lande jagten, und alle gütliche Vorschläge trotzig zurückwiesen. — Ueberall fand Joseph bei dem Bewußtseyn der besten Absichten Widerspruch, überall Widersetzlichkeit. Er sah nun zu spät ein, daß das, was das stufenweise Werk eines Jahrhunderts seyn muß, sich nicht durch Machtsprüche in wenigen Jahren erzwingen läßt. Die Menschen kle- den so fest au dem Alten, daß sie auf das bessere Neue nur ganz langsam vorbereitet und dafür empfänglich ge- macht werden müssen. Geschieht das nicht, so stoßen sie es mit Widerwillen von sich. Dieß erfuhr Kaiser- Joseph unter den bittersten Empfindungen; deswegen nahm er auch unwillig in dem Jahre 1790 alle wäh- rend seiner Regierung erlassenen Verordnungen wieder zurück; es sollten seine undankbaren Völker bleiben was

18. Geschichts-Bilder - S. 344

1865 - Langensalza : Greßler
344 Arbeit ober erth eilte Audienz. Um 7 Uhr Abends besuchte er das Theater oder eine Gesellschaft, welche in der Regel immer aus denselben Personen bestand und in der sich Joseph als der liebens- würdigste Privatmann zeigte. Wenn er zurückkehrte, arbeitete er abermals, indem er eingelaufene Berichte und Depeschen durchflog und Ausfertigungen Unterzeichnete. Gegen ll Uhr begab er sich zu Bette, wenn nicht wichtige Geschäfte den Schlaf ihm verscheuch- ten. Gab es viel zu thun, so arbeitete er tief in die Nacht hinein und mußte oft von seinen Dienern erinnert werden, seine Gesund- heit nicht ganz und gar zu vergessen. Wenn Gefahr war, z. B. Feuersnoth, eilte er stets zur Hilfe herbei, griff eifrig mit an, ermunterte die Umstehenden und leitete die Rettungsanstalten mit bewunderungswürdiger Besonnenheit. Dann vertheilte er Geld unter die Leute, wie er denn nie ausging, ohne ein Summe von 100 Dukaten beizustecken, die im Laufe des Tages an Arme oder Leidende gespendet wurden. — Joseph liebte sein Volk und wünschte von ihm geliebt zu werden. So öffnete er den bisher nur dem Adel zugänglichen Augarten allem Volke zur Be- lustigung und setzte über den Eingang die Inschrift: »Allen Menschen gewidmeter Erlustigungsort von ihrem Schätzer.« Als die adeligen Herren sich beklagten, daß sie nun nirgend mehr ein Plätzchen hätten, wo sie ganz ungestört unter sich sein könnten, erwiderte Joseph: »Wenn ich immer nur unter meines Gleichen leben wollte, so müßte ich in die Kapuzinergruft hinabsteigen, wo meine tobten Ahnen ruhen, um hier meine Tage zuzubringen.« Niemand von seinen Umgebungen vermochte so viel zu leisten, wie er; er regierte allein und fünf Kabinetssekretäre vollzogen seine Befehle und schrieben seine Diktate nieder. Bei dieser Thätigkeit, die immer nur das Beste des Volks bezweckte, war es nicht zu verwundern, daß das Volk seinen Herrscher liebte; aber der Adel und die Geistlichkeit glaubten, ihn fürchten zu müssen. Joseph hob die Verbindung zwischen den Ordensleuten und dem Papste auf, verminderte zum Theil die früher ausgesetzten Pensionen, verbesserte die Lage der Juden, vernichtete die letzten Spuren der Leibeigen- schaft und zog eine Menge Klöster ein. Alle Zweige der Staats- verwaltung, das Kirchenwesen, die Schulen, die Polizei, der Landbau wurden verbessert. In Folge mannichsacher Neuerungen empörten sich die Ungarn und Niederländer gegen ihn und verbitterten ihm die folgenden Jahre seiner Regierungszeit. Schon im Januar 1790 fühlte er, daß sein Körper erliege und mit schnellen Schritten dem Grabe zueile; aber noch arbeitete er bis zum letzten Tage seines Lebens. Am 19. Februar 10 Uhr Abends entließ er seine Sekretäre und ließ seinen Beichtvater kommen. Die wichtigsten Angelegenheiten des Staates waren der Gegenstand seiner letzten Phantasieen. Er betete: »Herr, der Du allein mein Herz

19. 40 Lektionen, umfassend den Zeitraum von Luther bis in die neueste Zeit - S. 70

1882 - Leipzig : Klinkhardt
— 70 — Darum hob Joseph innerhalb 8 Tagen nicht weniger als 700 Klöster ans. Nur die ließ er bestehen, die sich mit der Kindererziehung und der Krankenpflege beschäftigten. Mönche und Nonnen mußten ihre Zellen verlassen, und die Gebäude wurden zu Schulen, Waisenhäusern, Hospitälern u. s. w. umgewandelt. — Am 15. October 1781 gab er das berühmte Toleranzedikt. Das war der Besehl, durch welchen allen Bekennern des christlichen Glaubens, also auch den Protestanten, Religionsduldung gewährt wurde. — Bisher waren päpstliche Verordnungen (die sogenannten Bullen) in den österreichischen Kirchen und Gemeinden ohne weiteres von der Kanzel herab bekannt gemacht worden. Joseph verbot dies. Bei jeder einzelnen Verordnung behielt er sich die Genehmigung dazu vor. Auf die Gegenvorstellungen des Papstes achtete er nicht. Da kam dieser selbst nach Wien, um den Kaiser ans andere Gedanken zu bringen. Joseph empfing ihn freundlich und ehrerbietig, aber seinen Zweck erreichte Pius Vi. nicht; er mußte unverrichteter Sache nach Rom zurückkehren. Kein Wunder, daß er und die katholische Geistlichkeit auf den Kaiser übel zu sprechen waren. Aber auch in bürgerlichen Verhältnissen wurde vieles anders und besser. Bisher hatte in Österreich noch die Leibeigenschaft bestanden. Die großen Gutsbesitzer konnten ihre Unterthanen an andere abtreten, verkaufen, ihnen die Verheiratung verweigern, kurz, sie als Sklaven behandeln. Diese mittelalterliche Einrichtung hob Joseph auf. Alle sollten vor dem Gesetze gleich sein. Dadurch wurde den großen Gutsherren ein sehr wichtiges Recht genommen, und auch sie betrachteten darum den Kaiser mit feindlichen Angen. — Bisher waren vornehme Leute, die sich irgend eines Vergehens schuldig gemacht hatten, entweder gar nicht oder wenigstens im geheimen bestraft worden. Oft hatten sie nur eine geringe Geldstrafe zu bezahlen gehabt. Das wurde gleichfalls anders. Die Todesstrafe schaffte Joseph allerdings ab, führte dafür aber Zwangsarbeiten ein. Und so sah man bald unter den Missethätern auch Grafen, Barone, Hofräte, Offiziere u. a.tn. mit geschorenem Kopfe, mit Ketten belastet, in groben Kitteln die Gasse kehren. Diese Beschimpfung brachte den Adel auf, aber Joseph ließ sich nicht irre machen. Jeder Unterthan hatte offenes Gehör beim Kaiser. Zu bestimmten Stunden ließ er die Bittsteller bei sich eintreten, hörte ihre Wünsche an und gab die Entscheidung. Arme und Notleidende fanden an ihm, wenn sie es wert waren, einen stets bereiten Helfer. Aber Unwürdige mochten sich vor ihm in acht nehmen. Er tadelte und strafte ohne Ansehen der Person. Freilich verfuhr Joseph bei allen seinen Neuerungen zu hastig und mit Härte. Derartige Umänderungen und Verbesserungen lassen sich nicht auf einmal durchführen. Es bedarf dazu jahrelanger Mühe und unerschütterlicher Beharrlichkeit. Weil nun Joseph das nicht bedachte, so fand er überall einen Widerstand, den er durchaus nicht erwartet hatte. In Ungarn war bisher vor Gericht und beim Reichstage die lateinische Sprache gebraucht worden. Joseph befahl, daß innerhalb 3 Jahren nur noch die deutsche Sprache als Gerichtssprache Geltung haben solle. Darin lag eine

20. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 341

1876 - Kreuznach : Voigtländer
2. Joseph und der Amtmann. — Wie sehr der Kaiser die Gerechtigkeit liebte, wie gern er bereit war, den Armen und Unterdrückten beizustehen, zeigt manches schöne Beispiel. Einst herrschte in Böhmen arge Theuerung, so daß viele Einwohner die bitterste Noth litten. Da ließ Joseph Getreide in großer Menge nach Böhmen schaffen und reiste selbst dorthin, um zu sehen, ob auch Alles richtig und ordentlich vertheilt werde. Unerkannt kam er in eine kleine Stadt. Vor dem Amtshause hielten mehrere mit Korn beladene Wagen; die Bauern aber, denen die Wagen gehörten, standen dicht beisammen und sprachen heftig mit einander. Um die Ursache befragt, antworteten sie dem Kaiser: „Hier warten wir schon sehr lange und haben noch einen Rückweg von acht Stunden zu machen." — „Das ist wahr," setzte der anwesende Amtsschreiber hinzu, „und außer ihnen warten noch die Einwohner des Ortes seit mehreren Stunden vergeblich auf die Austheilung des Getreides." Der Kaiser, welcher nur einen einfachen Oberrock trug, trat darauf mit dem Amtsschreiber in das Hans und sagte zu dem Amtmanne, der eben große Gesellschaft hatte: „Ich bin kaiserlicher Offizier und möchte Sie ersuchen, die armen Leute drunten abzufertigen, die schon so lange gewartet haben." — „Die Bauern können noch länger warten," versetzte der Amtmann, „ich werde mich durch sie nicht in meinem Vergnügen stören lassen." — „Aber man muß doch menschlich sein und die Leute nicht ohne Noth plagen." — „Sie haben mir keine Lehren zu geben, mein Herr; ich weiß, was ich zu thun habe." — „Nun denn," rief der Kaiser entrüstet, so muß ich Ihnen sagen, Herr Amtmann, daß Sie mit dem Korn und seiner Austheilung gar nichts mehr zu schaffen haben. Sie sind von dem Kaiser, den Sie hier vor sich sehen, als ein Unwürdiger Ihres Amtes entsetzt. Die Verkeilung aber besorgen Sie, Herr Amtsschreiber, Sie sind von heute au Amtmann." 3. Josephs Gerechtigkeit. — In einer Stadt Ungarns sah Joseph einst einen gefangenen Gassenkehrer, der ein schöner, alter Mann war. „Warum arbeitet Ihr in Eisen?" fragte er. „Ich schlug vor meinem Hause einen Hasen todt." — „Was habt