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1. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 159

1910 - Düsseldorf : Bagel
159 die dringend um Beistand baten, empfahl man die Selbsthilfe. So zog die hannoversche Armee zum Kummer des Königs Georg, der sein Land so ungern verlassen wollte, nach Eisenach zu, um die Werra aufwärts zu entkommen. Die Schwerfälligkeit des Trosses jedoch, Unschlüssigkeit, Erneuerung der Verhandlungen und anderes hielt den rechzeitigen Abmarsch auf. Am 21. Juni waren sie von Göttingen aufgebrochen, am 27. aber noch bei Langensalza. Ein Angriff, den hier der General Fließ mit 8000 Mann auf sie machte, wurde freilich glänzend zurückgeschlagen. Erneutes Zögern jedoch und weiteres Verhandeln ermöglichten es, daß sie am 29. Juni von 40 000 Mann rings umstellt wurden und nun die Waffen strecken mußten. Die Truppen wurden entwaffnet und nach Hause geschickt. Der König Georg und sein Sohn behielten ihr Privatvermögen. Sie gingen zunächst nach dem Altenburger Jagdschloß „Zur fröhlichen Wiederkehr“, dann nach Wien. An dem Kriege hatten sie weiter keinen Anteil mehr. So war in 14 Tagen ganz Norddeutschland in der Gewaltx König Wilhelms. Die preußischen Truppen, die noch vor wenig Wochen von Rastatt bis zum nördlichen Schleswig „verzettelt“ gewesen, hatten sich nicht bloß zusammengefunden, sondern auch im Zusammenschließen eine tüchtige feindliche Armee umstellt und beseitigt. Sie konnten sich jetzt, den Rücken gedeckt, gegen die süddeutschen Gegner wenden, die noch immer nicht fertig und noch viel weniger unter sich einig waren. Der moralische Eindruck dieser Vorgänge, welche den Wert zielbewußten Willens und unermüdlicher Schnelligkeit offenbarten, war selbstverständlich ein bedeutender und wirkte schon im voraus auf die kommenden- Ereignisse. Der österreichische Feldzug. Den Zeitpunkt für den Ausbruch des Krieges hatte Oesterreich bestimmt, indem es auf den 11. Juni die holsteinschen Stände berief und am gleichen Tage beim Bunde die schleunige Mobilmachung aller nicht preußischen Armeekorps beantragte. Daß die Annahme am 14. Juni den Krieg bedeute, wußte jeder. Man hätte darum glauben sollen, daß Oesterreich selber auch wirklich kriegsbereit gewesen, um dann sofort über Prag und Dresden den Marsch auf Berlin anzutreten. So hatte man

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1. Quellenbuch zur Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts für höhere Lehranstalten - S. 83

1910 - Halle a. d. S. : Verl. der Buchh. des Waisenhauses
Aus dem Frankfurter Parlament. 83 Zuckungen der Freiheit in den einzelnen deutschen Staaten der Druck der österreichischen Diplomatik gelastet: wir hätten dennoch Oesterreich nicht losgelassen, wir wußten, was wir ihm verdankten. Aber jetzt soll Oesterreich von uns losgerissen werden? Jetzt, wo es eben, jung wie ein Adler, mit den frischen Wunden der März- und Maikämpfe zu uns herangetreten ist, um den neuen Bund der Freiheit zu schließen?! Man sagt, die alten Mauerwerke seien darum so unzerstörbar, weil der Kalk mit Blut gelöscht sei. Oesterreich hat sein Herzblut gemischt in den Mörtel zum Neubau der deutschen Freiheit. Oesterreich muß mit uns sein und bleiben in der neuen politischen Paulskirche! Meine Herren! Sie haben kaum erst ein Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit der Abgeordneten gemacht, wollen Sie zustimmen, daß anderthalbhundert deutsch-österreichische Volksvertreter vor Ihren Augen hinweggeführt werden in die Verbannung? . . . 1) Uhland gehörte der demokratischen Partei an. Er war ein Gegner der Übertragung der Kaiserkrone an den König von Preußen und als „Großdeutscher" Gegner des Ausschlusses Österreichs. e) Aus der Rede Heinrichs von Gagern im Parlament vom 13. Januar 1849: gegen das großdeutsche Programm. . . . Kann Oesterreich in den Bnndesstaat eintreten? Das ist die Frage, die zunächst gelöst werden muß. Ich habe mich verpflichtet, dem Beweis der Möglichkeit mich nicht zu verschließen. . . . Unter welchen Verhältnissen ist es denn möglich, wahrscheinlich, daß Oesterreich in den Bundesstaat eintrete? Bloß für seine deutschen Provinzen im Verhältniß der Personalunion zu den übrigen? Die Meisten haben diese früher viel verbreitete Idee wohl aufgegeben, wenige nnr beharren noch dabei, ich glaube nicht daran. . . . Aber Oesterreich kann eintreten mit seiner Gesamtmonarchie, so sagt man, und dann, wenn das möglich wäre, daß Oesterreich mit seiner Gesamtmonarchie einen Gesamtstaat mit Deutschland bilden könnte, dann gewiß, dann wüßten wir — und ich räume gern das ein —, wer die Geschicke dieses Reichs zu führen haben würde; aber daran glauben auch nur wenige, und noch wenigere in Deutschland wünschen es. Ich achte alle Meinungen, auch die, welche sich in dem kriegerischen Ruhm gefällt, der an die Idee einer großen, weltgebietenden Macht sich anschließt. Dem Ehrgeiz, einer so großen Nation anzugehören, bin ich nicht verschlossen, aber die vorwaltende Idee unsrer Zeit, von der wir uns 6*

2. Die Geschichte der letzten 50 Jahre - S. 27

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
5. Der österreichische Staatskanzler Clemens Wenzel Fürst von Metternich. 27 5. Der österreichische Ztaatskaniler Clemens Wendel Fürst von Metternich. (Nach Anton Springer, Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden und desselben Verfassers „Fürst Metternich" in R. Haym's preußischen Jahrbüchern, bearbeitet vom Herausgeber.) Der berühmteste Staatsmann Oesterreichs im 19. Jahrhundert und zugleich der einstußreichste Lenker der europäischen Politik war der Graf und spätere (seit 1813) Fürst Clemens Wenzel Lothar Metternich-Winneburg, besten größte Macht keineswegs in seine späteren Jahre fällt, als er gemeinsam mit dem Erzherzog Ludwig und dem Grafen Kolowrat im Namen des Kaisers Ferdinand I. in Oesterreich regierte (1835—1848), sondern so lange er die Gewalt mit Kaiser Franz I. theilte (1809—1835). Doch fehlte viel, daß er die Zügel der gesammten österreichischen Staats-Verwaltung in seiner Hand vereinigt hätte; die eigentliche Administration, das Ver- sassungswesen, die Finanzkunde blieben ihm stets fremd. Nur die diplomatische Kunst verehrte in ihm einen Meister, nur die Verhält- nisse Oesterreichs zu den anderen Staaten reizten seine Aufmerksam- keit, aber gerade in dem Mitrathen über die Angelegenheiten des europäischen Staaten-Systems glaubte Oesterreich seine wesentliche Bestimmung zu erfüllen und so übte Metternich auch auf Oesterreichs Schicksale einen entscheidenden Einfluß. — Kein Staat hat in den letzten Jahrhunderten so viele fremde fertige Kräfte in seinen Dienst gezogen und seinen Bedarf an Feldherren, Diplomaten, Ministern u. s. w. aus einem so ausgedehnten Kreise, weit über die Landes- grenzen hinaus, gewählt, wie Oesterreich. Der heimische Bürgerstand war geistig und social in die engsten Schranken gebannt, die unga- rische und böhmische Aristokratie theils zu unabhängig, theils zu un- gebildet, um am Hofe zu dienen oder der Negierung vorzustehen. Die Fremden empfahlen sich durch die Freiheit von allen spröden Provincial-Jnteressen, die unbedingte Abhängigkeit vom Hofe und, was wichtiger ist, sie allein besaßen die Fähigkeit, Oesterreichs weniger durch innere Stärke als durch äußeren Einfluß bedeutsame Macht zu vertreten und zu entwickeln. Zu diesen freiwilligen Oesterreichern gehörte auch die rheinische Familie der Grafen Metternich. Der Staatskanzler war 1773 zu Coblenz geboren, wo sein Vater als kaiserlicher Minister beim niederrheinisch-westfälischen Kreise lebte. Während seiner ganzen Jugend blieb er fern von österreichischen Ein- drücken und empfing ausschließlich die Anregungen des rheinischen Lebens, insbesondere verläugnete er nie die Züge des Geistes, der an den kleinen Höfen der rheinischen Kurfürsten waltete. Daher stammt der leichte Lebenssinn, die flüchtige Auffassung des Pflicht- mäßigen, die kluge Berechnung der kleinen und persönlichen Lebens-

3. Die Geschichte der letzten 50 Jahre (1816 - 1866) ; in abgerundeten Gemälden - S. 27

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
5. Der österreichische Staatskanzler Clemens Wenzel Fürst von Metternich. 27 5. Der österreichische -Staatskanzler Clemens Wenzel Fürst von Metternich. (Nach Anton Springer, Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden und desselben Verfassers „Fürst Metternich" in R. Haym's preußischen Jahrbüchern, bearbeitet vom Herausgeber.) Der berühmteste Staatsmann Oesterreichs im 19. Jahrhundert und zugleich der einflußreichste Lenker der europäischen Politik war der Graf und spätere (seit 1813) Fürst Clemens Wenzel Lothar Metternich-Winneburg, dessen größte Macht keineswegs in seine späteren Jahre fällt, als er gemeinsam mit dem Erzherzog Ludwig und dem Grafen Kolowrat im Namen des Kaisers Ferdinand I. in Oesterreich regierte (1835—1848), sondern so lange er die Gewalt mit Kaiser Franz I. theilte (1809—1835). Doch fehlte viel, daß er die Zügel der gesammten österreichischen Staats-Verwaltung in seiner Hand vereinigt hätte; die eigentliche Administration, das Ber- fassungswesen, die Finanzkunde blieben ihm stets fremd. Nur die diplomatische Kunst verehrte in ihm einen Meister, nur die Verhält- nisse Oesterreichs zu den anderen Staaten reizten seine Aufmerksam- keit, aber gerade in dem Mitrathen über die Angelegenheiten des europäischen Staaten-Systems glaubte Oesterreich seine wesentliche Bestimmung zu erfüllen und so übte Metternich auch auf Oesterreichs Schicksale einen entscheidenden Einfluß. — Kein Staat hat in den letzten Jahrhunderten so viele fremde fertige Kräfte in seinen Dienst gezogen und seinen Bedarf an Feldherren, Diplomaten, Ministern u. s. w. aus einem so ausgedehnten Kreise, weit über die Landes- grenzen hinaus, gewählt, wie Oesterreich. Der heimische Bürgerstand war geistig und social in die engsten Schranken gebannt, die unga- rische und böhmische Aristokratie theils zu unabhängig, theils zu un- gebildet, um am Hofe zu dienen oder der Negierung vorzustehen. Die Fremden empfahlen sich durch die Freiheit von allen spröden Provincial-Jnteressen, die unbedingte Abhängigkeit vom Hofe und, was wichtiger ist, sie allein besaßen die Fähigkeit, Oesterreichs weniger durch innere Stärke als durch äußeren Einfluß bedeutsame Macht zu vertreten und zu entwickeln. Zu diesen freiwilligen Oesterreichern gehörte auch die rheinische Familie der Grafen Metternich. Der Staatskanzler war 1773 zu Coblenz geboren, wo sein Vater als kaiserlicher Minister beim niederrheinisch-westfälischen Kreise lebte. Während seiner ganzen Jugend blieb er fern von österreichischen Ein- drücken und empstng ausschließlich die Anregungen des rheinischen Lebens, insbesondere verläugnete er nie die Züge des Geistes, der an den kleinen Höfen der rheinischen Kurfürsten waltete. Daher stammt der leichte Lebenssinn, die flüchtige Auffassung des Pflicht- mäßigen, die kluge Berechnung der kleinen und persönlichen Lebens-

4. Bd. 2 - S. 425

1911 - Leipzig : Wiegandt
— 425 — Deutschlands das Haupt eines bestimmten Staates stellen, und zwar des mächtigsten . .. Es kann Niemand die Kaiserwürde erhalten, als der Beherrscher des mächtigsten Staates, und das ist Preußen ... Ich spreche nicht für Preußen, weil es Preußen ist, ich glaube, Sie werden mir, dem Sachsen, zutrauen, daß ich von Hause aus nicht so viele Sympathien für Preußen hege, um gerade für Preußen unsere zukünftige Verfassung zuzuschneiden; ich spreche für Preußen, weil ich nach allen Erfahrungen, Beobachtungen und Ueberlegungen, die ich in dieser Sache gepflogen habe, keine andere Möglichkeit sehe, Deutschland in kürzester Zeit stark, einig und mächtig zu machen. Wir müssen, meine Herren, den mächtigsten Staat an die Spitze stellen, einmal, damit wir nach Außen einen festen Hort haben bis dahin, wo wir vielleicht noch nicht so geeinigt sind, daß die Vereinigung der einzelnen Kräfte eine einzige große Kraft ersetzen. Lassen Sie in diesem Augenblicke einen Krieg ausbrechen; es ist ungewiß, ob die vielen kleineren Staaten mit ihrer durch ihre Kleinheit bisher gehemmten inneren militärischen und sonstigen Entwickelung im Staude sein werden, dem Reiche die Kräfte zu Gebote zu stellen, daß es mit vereinter Macht dem Feinde widerstehen kann . . . Preußen ist ein starker Militärstaat, der nötigenfalls auch allein, wenn die andern Staaten lässig wären, oder sich gar weigerten, dem Auslande die Spitze bieten kann; kein anderer kann es. Und dann, meine Herren, — es ist dieß schon vielfach und mit Recht gesagt worden, — glauben Sie nicht, daß es den einzelnen Stämmen und Dynastieen große Überwindung kosten wird, sich einer Einheit unterzuordnen, die ihre Selbstständigkeit bis auf einen gewissen Grad vernichtet? Meine Herren, dieser Widerstand wird um so größer sein, je mächtiger der einzelne Staat, je stärker bisher sein innerer Verband war. Keiner aber ist in feinem Innern so sehr mit starker Hand zu einer festen Einheit zusammengefaßt worden, als Preußen. Jeder andere Staat Deutschlands wird eher sich der Einheit unterordnen und seine innere Einheit dem Bunde zum Opfer bringen können und wollen, als gerade Preußen. Wenn Sie daher Preußen an die Spitze stellen, so haben Sie wenigstens den Widerstand des mächtigsten Staates nicht zu fürchten, der der übrigen aber wird leichter zu überwinden sein . . . Würden Sie einen andern Staat an die Spitze stellen, fo würden Sie Preußen schwerlich so bald, vielleicht gar nicht in die Einheit eintreten sehen . . . Ich gehe jetzt, meine Herren, auf die Schwierigkeiten über, die man uns entgegenstellt, wenn wir Preußens König zum deutschen Kaiser erheben wollten. Die erste Schwierigkeit bildet Oesterreich. Man sagt uns, wir verschlössen Oesterreich die Thür, wir müßten unsere Verfassung elastisch machen, damit Oesterreich noch hereinkommen könne; Oesterreich werde nie eintreten, wenn Preußen erblich an der Spitze stehe . . . Ich habe das Verhältniß Oesterreichs zu unserem Bundesstaate nie anders aufgefaßt als so: entweder Oesterreich wird zerfallen . . . wenn aber Oesterreich zerfällt, meine Herren, dann kommt zu uns nicht das starke, mächtige Oesterreich, nicht jenes Oesterreich, welches berufen ist, dem Erdball zu gebieten, sondern es kommen zu uns einzelne zerstreute Glieder dieses Körpers; es kommen zu uns Provinzen, die ihrer Bevölkerung und Ausdehnung nach nicht so mächtig sind, als der Staat, den wir an die Spitze stellen wollen, und noch weit weniger zur Oberherrschaft berufen durch ihr inneres Gefüge, durch das Nebeneinanderbestehen deutscher und nichtdeutscher Bevölkerungen. Wenn also Oesterreich zerfällt und einzelne oder alle deutsche Provinzen zu uns kommen, so werden sie sich der Form, die wir jetzt schaffen, unterordnen können und müssen. Zerfällt aber Oesterreich nicht, wird oder bleibt es jene beherrschende Gesammt-Monarchie, so wird es auch nicht zu uns hereinkommen; wir selbst werden nicht

5. 3. historisches Werklein - S. VIII

1799 - Augsburg : Wolff
Vih - Seite 164 - 165 - 165 , 166 Johannes Iii. Paläologus. í Emmanuel Ii. Palaologus. - Johannes Iv. Paläologus. - Konstantin Xi. Paläologus. ; Dril tes Kapitel. Römischdeutsche Kaiser aus dem Hause Oesterreich. Albert Ii. * t ; Friederich H. t t - Maximilian I. ; Viertes Kapitel. Römischdeutsche Kaiser aus dem Hause Oesterreich im i6ten Jahrhundert. Karl V. ; * Ferdinand I. t * Maximilian Ili - ' 4 Rudolf Ii. ; f 1 Fünftes Kapitel. Rönuschdeutsche Kaiser aus dem Hause Oesterreich im i?ten Jahrhundert. i6ñ 169 172 174 182 184 185 Mathias. : t t 188 Ferdinand Ii. t i 1 *9° Ferdinand Iii. i r * Leopold I. der Große. # - 20® Sechstes Kapitel. Römischdeutsche Kaiser aus dem Hause Oesterreich im lösten Jahrhundert. Joseph I. 1 í - 2i4 Karl Vi. i r t 2i5 àl Vi!. t ! s 223 Franz I. - 5 227 Joseph 11. - 9 ( 2zi Leopold 11. - ; 234 Franz Ii. t ? S 235 Erster

6. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 291

1910 - Düsseldorf : Bagel
interessen wiesen donauabwärts. Die zerfallende Türkei dürfe am wenigsten Oesterreich den Russen allein überlassen. Wer anders urteile, verstände nicht die Forderungen der Zeit und gehöre zu den „Herbstzeitlosen“. Die Geschichte scheint auch hier wieder für Bismarck zu sprechen. Denn nicht bloß Oesterreich selber hat an Macht in seinem natürlichen Verkehrsgebiet gewonnen. Auch die bisherige Entwicklung der beiden Provinzen ist gerade infolge der Verbindung mit Oesterreich eine glückliche gewesen und auch zahlreiche deutsche Kolonisten haben zu dem Gedeihen beitragen können. Inzwischen war es nach dreißig Jahren doch Zeit geworden, endgültig die Besitzfrage zu erledigen. Das Land den Türken zurückzugeben, war um so weniger zu empfehlen, als diese gegen eine Geldentschädigung gern darauf verzichteten. So erklärte Oesterreich 1908 den tatsächlichen Zustand als den endgültigen und vereinigte Bosnien samt der Herzegowina mit Oesterreich. Novibazar dagegen wurde den Türken wiedergegeben. Daß seine Gegner diese Neuordnung 1909 trotz allem Kriegslärm sich doch gefallen ließen, ist eine Wirkung der Rückendeckung, die Oesterreich seit 1879 besitzt. So ist es durch die Tat erwiesen, daß das Bündnis auch für den Ernstfall reicht. Die Treue, die hier festhielt, ist ein gutes V orzeichen für die Zukunft und dürfte um so mehr auch weiter gesichert sein, als beide Staaten keinen Streit um die Vorherrschaft in Deutschland mehr haben, wohl aber das stärkste Interesse, einander gegenseitig im Herzen Europas dauernd den Frieden zu sichern. Wirtschaftliche und soziale Fortschritte. Die Sicherung des Friedens hat für Oesterreich manche wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorteile gebracht. Zur Verbesserung der Finanzen, sonst lange Zeit die schwache Seite des Staates, wurden schon 1868 zahlreiche Staatsgüter, die einen nur mäßigen Gewinn brachten, veräußert und dadurch der jährliche Fehlbetrag fast beseitigt; trotzdem gelang es noch, das Heerwesen erheblich zu verbessern. (Allgemeine Wehrpflicht mit 12 jähriger Dienstzeit: 3 Jahre Linie, T Jahre Reserve, 2 Jahre Landwehr.) Noch größere Erfolge auf wirtschaftlichem Gebiete hatte später Taalle, der 1890 das volle Gleichgewicht in Ein-

7. Enthaltend Denkwürdigkeiten und Lebensbeschreibungen aus der neuern und neuesten Geschichte - S. 353

1869 - Langensalza : Beyer
353 Verhandlungen gepflogen bezüglich derbeidcrseitigenabrüstung. Preußen läßt wegen der Abrüstung am 15. April eine Depesche nach Wien abgehen, und Oesterreich macht hierauf am 19. April den Vorschlag, einen Termin zur gegenseitigen Abrüstung festzu- stellen, und erbietet sich zugleich, am 25. April mit derselben be- ginnen zu wollen, worauf Preußen am 26. April folgen solle. Preußen erklärt in seiner Antwort, daß die militärischen Vorkeh- rungen lediglich durch die österreichischen Truppenbewegungen her- vorgerufen worden seien, und es werde in gleicher Weise mit all- mäliger Verminderung des erhöhten Standes seiner Armee Vor- gehen, in welchem Maße die österreichische Abrüstung erfolge. Man beschuldigte sich hüben und drüben, daß der Andere zuerst und am meisten gerüstet habe, ohne eine Ausgleichung zu erzielen, beson- ders da Oesterreich seine Entwaffnung nur auf einige Tausend Mann beschränken wollte, die aus Böhmen zurückgezogen werden sollten. Offenbar spielte Oesterreich ein falsches Spiel. In Berlin hatte man bereits schon am 16. März erfahren, daß es den deutschen Bund aufrufen werde, damit er gegen Preußen einschreite. Aus diesem Grunde hielt es die preußische Regie- rung für eine unabweisliche Pflicht, wachsam und gerüstet zu sein. Ein Angriffskrieg lag durchaus nicht in der Absicht Preußens, das bloß sein Heer verstärkte, um die zunächst bedrohten Grenzen zu schützen. Dennoch aber trat Oesterreich wegen dieser noth- gedrungenen Anordnungen klagend gegen die preußische Regie- rung auf, indem es dieselbe der Friedensstörung beschuldigte. Auf das Verlangen, die kriegerischen Vorkehrungen rückgängig zu machen, erklärte sich auch, wie bereits oben bemerkt wurde, Preu- ßens König sofort bereit, wenn Oesterreich dasielbe thue. Das Versprechen Oesterreichs, abrüsten zu wollen, ward nur zum Schein gegeben; denn es setzte seine Rüstungen nur noch stärker fort und suchte heimlich die übrigen deutschen Staaten gegen Preu- ßen aufzustacheln. Auch Preußen bemühte sich, die Regierungen der deutschen Mittelstaaten für sich zu gewinnen, indem es diesel- den ausforderte, mit ihm das deutsche Volk zu berufen, um eine Verbesserung der Bundesverfassung anzustreben und da- durch den Frieden in Deutschland zu sichern. Doch weder der Kaiser von Oesterreich noch viele andere deutsche Fürsten, die sich Eeschtchtssrcund Iv. 23

8. Der deutsche Krieg von 1866 - S. 67

1867 - Berlin : Kastner
67 Einfluß auf die mittel-italienischen Staaten, die sich Sar- dinien einverleibte. In Italien auf so empfindliche Art zurückgewiesen, raffte es seine Kräfte zusammen, um in Deutschland durch einen diplomatischen Feldzug wo möglich doppelt zu ge- winnen, was es vor der Welt so eben an Macht und An- sehen verloren hatte. Jetzt ließ Oesterreich von den Dächern predigen: die Bundesverfassung (die doch sein eigenstes Werk war, und die, nachdem sie der Mißachtung der Nation erlegen, von Oesterreich wieder aufgerichtet worden war) tauge nichts; das deutsche Volk bedürfe einer bessern Verfassung. Die Wahrheit war die: Oesterreich wollte die Bundes- verfassung so umgestalten, daß sie ihm mehr Macht noch einräume, als dies bisher schon der Fall gewesen war. — Es verständigte sich mit der Mehrzahl der kleinen deutschen Fürsten, und plötzlich ward die Welt durch das Schauspiel eines Fürsten-Congresses, den man mit großem Pomp in Frankfurt am Main in Scene setzte, überrascht. Dabei ließ Oesterreich sich als volksfreundlich gesinnt schil- dern, da ja, wie es die Absicht des Kaisers sei, dem Volke eine Vertretung an dem neuen Bunde gewährt werden solle. Mit Preußen hatte Oesterreich eine Verständigung vorher nicht gesucht. Es lag für jeden Denkenden ans der Hand, um was es sich für Oesterreich einzig und allein handelte. Das Volk sollte durch das Versprechen einer Art von Volksvertretung getäuscht, Preußen aber unter eine noch mehr beengende Fessel gebracht werden. Preußen ist der größte deutsche Staat, es hatte damals schon dop- pelt so viel Einwohner als Oesterreich und mehr als drei 5 *

9. Bd. 2 - S. 451

1911 - Leipzig : Wiegandt
— 451 — Wir sammeln zu dem Bau von Dampfkanonenbooten unter preußischer Flagge. Falls die Beiträge die erforderliche Höhe erreichen, werden dafür Dampf-kanonenboote auf deutschen Werften gebaut, andernfalls werden wir die Beiträge direct dem preußischen Marineministerium zur Verwendung für die Flotille in der Nordsee übermachen. So legen die Unterzeichneten ein nationales Interesse von hoher Bedeutung ihren deutschen Landsleuten und zunächst ihren Mitbürgern in Leipzig an's Herz, welche wiederholt an patriotischer Opferwilligkeit weit größere Städte hinter sich ließen, und die als Bewohner einer Handelsstadt vorzüglich Veranlassung haben, zu bedenken, welche hohen praktischen Interessen in der Frage eines wirksamen Schutzes unsrer Nordseehäfen verflochten sind. ©teure Jeder nach Vermögen bei. Je reichlicher die Gaben, desto mehr Ehre der Stadt, die sie dein Vaterlande bietet, desto sicherer auch der Schutz für das Interesse des Einzelnen . . . Leipzig, am 19. Juli 1861." (Folgen die Namen.) (Grenzboten 1861, Iii, S. 436 ff.) Anmerkung: Nach einer Quittung vom 9. November (Gr.-B. 1861, Iv, S. 319) waren bis dahin 7640 Thlr. 14 Ngr. gespendet worden. B. Zur Geschichte des Krieges von 1866. l. Stimmung gegen Preußen. April und Mai 1866. (Nach Artikeln der Leipziger Zeitung, des sächsischen Regierungsblattes.) a) „Zur Situation." 5. April. „Die Situation ist ernster als zuvor . . . Preußen, welches die Herzog-thümer onnectiren will, fordert die Unterstützung der Bundesstaaten, nicht allein, wenn es von Oesterreich angegriffen wird, sondern auch, wenn es selbst gegen Oesterreich die Offensive ergreift, wenn es durch die „Drohungen Oesterreichs zum Kriege genöthigt wird." Aber Oesterreich droht nicht, es wird bedroht. Graf Bismarck hat die Annexion der Herzogtümer und die Zustimmung Oesterreichs zu derselben verlangt. Er selbst hat erklärt, diese Zustimmung solle „gewonnen" werden. Seine offieiöfen Organe aber haben erklärt, diese Zustimmung solle nötigenfalls auch erzwungen werden, die Annexion müsse erfolgen mit oder ohne oder gegen Oesterreich. Graf Bismarck erhob gegen Oesterreich die unbegründete Beschwerde, es beabsichtige, Holstein ohne Preußens Einwilligung dem Prinzen von Auguftenburg „thatsächlich zu überantworten", während Oesterreich doch nur das Definitivnm mit dem Herzog von Auguftenburg als Souverain offen ließ, wozu es . . . vollkommen berechtigt war. Graf Bismarck drohte, wenn seine Beschwerde erfolglos bliebe, fo werde Preußen gegen die ferneren Wirkungen des „Uebel-wollens" des österreichischen Cabinets anderweitige Sicherheiten zu gewinnen suchen . . . Zugleich erfuhr man, daß Preußen über einen Allianzvertrag mit Italien verhandele. Die Verhandlungen mit Oesterreich hat Preußen abgebrochen, auf die österreichische Depesche vom 7. Februar hat es nicht geantwortet, während es doch, wenn es die Zustimmung Oesterreichs zur Annexion gewinnen wollte, demselben Anträge und Kompensations-Anerbietungen machen mußte. Oesterreich seinerseits, welches auf dem Status quo verharrt, hatte feine Veranlassung, Anträge zu stellen. Von Krieg hat allerdings Gras Bismarck nicht gesprochen; aber man spricht vom Kriege auch nicht eher als in dem Moment, wo man ihn 29*

10. Lehrbuch der Weltgeschichte - S. 609

1852 - Leipzig : Wigand
Specielle Geschichte. 609 jagt, den äußersten Schritt der Steuerverweigerung that. Der Erz- herzog gewann um dieselbe Zeit durch sein kraftvolles Auftreten an An- sehen bei den Regierungen, während der nach Berlin gesandte Reichs- tagsabgeordnete Baffermann seinen Ruf als Staatsmann für immer verscherzt und kaum noch den eines ehrlichen Mannes gerettet hat. In ein neues Stadium trat die Nationalversammlung durch die Berathung der Oberhauptsfrage. Eine Partei in der Paulskirche war für ein Erbkaiserthum, Preußen an der Spitze, eingenommen, und wirkte für dasselbe zum Theil dadurch, dass sie Oesterreich vom deutschen Reiche ausschließen, dafür aber mit dem ausgeschlossenen Gesammtstaate einen unauflöslichen Bund Herstellen wollte. Da Gagern noch im December den Vorsitz im Reichsministerium übernahm, so wurde Siinson aus Königsberg zum Präsidenten der Nationalversammlung erwählt. Das Gagern'sche Ministerprogramm hatte als Hauptpunkt einen deutschen Einheitsstaat ohne Oesterreich, und ein Unionsverhältniss des deutschen Reiches mit Oesterreich. Diesem Programme trat die sog. großdeutsche Partei mit aller Macht gegenüber, welche sich meist aus Süddeutschen und Abgeordneten der Linken bildete. Oesterreich selbst hatte auch nicht die geringste Lust, sich aus dem deutschen Reiche aussckeiden zu lassen. In der Paulskirche sähe es aber traurig aus, weil alle Fragen zu bloßen Parteisachen herabsanken. Namentlich agirten die Linke und die Rechte eigenthümlich. Jene stützte die Verfassung, um das Rcichsoberhaupt zu stürzen, diese stützte das Reichsoberhaupt, um dadurch die Verfassung zu stürzen. Im Februar erklärte Preußen, dass es in Uebereinstimmung mit den meisten deutschen Regierungen die Reichsverfassung nur nach gemeinsamer Verständigung, resp. Veränderung anerkennen könne. Am 27. März wurde nach vielfachen Windungen und Kniffen der Erbkaiser- partei die Kaiserwahl vorgenommen, welche im Sinne dieser Partei auf den König von Preußen fiel. Die an den König-Kaiser geschickte De- putation wurde höflich, aber abschläglich beschieden, dagegen hatten bis zum 14. April bereits 28 deutsche Regierungen, freilich nur die kleinsten, die Anerkennung der Reichsverfassung ausgesprochen, noch ehe es Preu- ßen gelungen war, dieselben zu einem Bundesstaate unter seinem Vor- sitze zu vereinigen. Oesterreich aber berief seine Deputirten aus der Paulskirche zurück (19. April), welchem Beispiele später (15. Mai) Preußen und andere Regierungen folgten. Von den größeren Staaten sähe sich nur Würtemberg, um einen Aufruhr zu vermeiden, zur An- erkennung der Reichsverfassung (jetzt das Panier der Linken) gezwungen, wogegen sich Baiern am 23. und Preußen am 28. April endgiltig von derselben lossagten. Während dieser Zeit verließen theils freiwillig, theils auf den Ruf einzelner Regierungen die gemäßigtsten-Mitglieder dernationalversainm- lung die Paulskirche, wodurch die Linke immer mehr Uebergewicht erhielt, so da>s sie am 30. April den Antrag durchsetzte: der Präsident könne zu Windcrlich, Weltgeschichte. qg

11. Bis zum Frieden von Campo Formio - S. 59

1824 - Berlin : Duncker & Humblot
59 dens auf den Grund des strengen vorigen Besitz- standes daran zu knüpfen. Im Fall die Grenz- berichtigung für Oesterreich irgend einen, von der Pforte freiwillig zugestandenen Vortheil herbeifüh- re, solle Preußen dafür Entschädigung erhalten. An dem Kriege der Russen mit der Pforte ver- sprach Oesterreich keinen weitern Antheil zu neh- men, Preußen dagegen die Rückkehr Belgiens un- ter Oesterreichs Herrschaft nicht zu hindern, wobei es jedoch für diese Provinzen vollkommne Verzei- hung des Aufstandes, und Wiederherstellung ih- rer, von Joseph angetasteten Verfassung ausbedang und gewährleistete. Gleich nach Genehmigung dieses Vertrages von Seiten der Könige löfeten die Heere sich auf, und Friedrich Wilhelm zog unter dem Jubel sei- nes, von der Furcht des Krieges befreieten Volks nach Haufe. Das an die Erhaltung der Türken geknüpfte Gedankenbild des Europäischen Gleichge- wichts war mit Aufopferung von Millionen des Friedrichschen Schatzes bezahlt, und daneben der Schein gewonnen, dem stolzen Oesterreich Gesetze vorgeschrieben zu haben. Aber dieser Schein ver- lor gar viel von seinem Schimmer, als Leopold, der noch im Laufe dieses Jahres mit der Kaiser- krone geschmückt ward, und durch ein geschicktes Verfahren alle Vorgefundenen Verwirrungen im Innern seiner Monarchie beendigte, auf dem ge- sicherten Throne größere Zuversicht zeigte. Der Friede zwischen Oesterreich und der Pforte wurde zwar zu Szistowa in Gegenwart eines Preußischen

12. Der deutsche Krieg von 1866 - S. 71

1867 - Berlin : Kastner
71 — letztere an Oesterreich übergehe. Dies führte zuur Vertrag von Gast ein. Aber der böse Wille Oesterreichs und der Kleinstaaten ließ auch innerhalb dieses Friedensvertrages die Sache nicht zu einem für Preußen erwünschten Abschlüsse kommen; ihr Ziel war und blieb: Preußen, gerade so wie es nach den Freiheitskriegen geschehen, statt ihm für seine opfer- reichen Anstrengungen irgend welchen Ersatz zu gönnen, noch obendrein empfindlich an Macht und Ansehen zu schädigen. Zur Ausführung eines so böswilligen Vor- habens hatten sie aber, wie wir gleich sehen werden, die Zeit übel gewählt! Der Sturm vor dem Gewitter. Sa die vielfachen Versuche Preußens, die streitige Sache wegen der Herzogthümer friedlich zu ordnen, an der Hartnäckigkeit und dem Hochmuthe Oesterreichs gescheitert waren, erklärte endlich der preußische Ministerpräsident, Graf Bismarck, dem österreichischen Kabinet, daß Preußen sich nunmehr aller seinen bisher geübten Rücksichten gegen Oesterreich enthoben sähe und namentlich in Bezug auf Verbindungen fernerhin nur fein eigenstes Interesse be- fragen werde. Oesterreich deutete diese Erklärung als eine Drohung Preußens, mit Italien, dem Todfeinde Oesterreichs in ein Bündniß treten zu wollen. Bald vernahm man von umfangreichen, obwohl sehr ge-

13. Die Geschichte der letzten 50 Jahre - S. 32

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
32 5. Der österreichische Staatskanzler Clemens Wenzel Fürst von Metternich. unfreiwillige Anerkennung seiner Bedeutung. Freilich, wer tiefer blickte, sah einen tauben Mann, für die Interessen der Gegenwart wenig empfänglich, in die Erinnerungen der Vergangenheit einge- sponnen, schwatzhaft bis zum Uebermaße und nur aus Gewohnheit noch thätig. In dieser auf äußere Repräsentation beschränkten Thä- tigkeit traf ihn der Tag des Gerichtes, unvorbereitet und unverhofft. Seine letzten Acte galten dem Zweck, bereits angebahnte Reformen wieder rückgängig zu machen, da man sich „nichts abzwingen lassen dürfe". Die eigene Resignation wurde ihm denn doch abgezwungen. Aber Metternich's Muth war keineswegs gebrochen. Kaum in Lon- don angelangt, trafen ihn Beileidsschreiben jüngerer österreichischer Diplomaten, die ihren Entschluß ankündigten, gleichfalls den Staats- dienst zu verlassen. Metternich tadelte ihren Kleinmuth und prophe- zeite, daß in Oesterreich und Europa in naher Zeit wieder die jetzt verwüsteten Geleise der Politik würden befahren werden. Seine Rückkehr nach Wien und was in Oesterreich seitdem geschah, schien seinen Ausspruch zu bekräftigen. Ja, er erlebte in seinen letzten Tagen noch den Triumph, daß die rathlose Regierung in der italie- nischen Frage an seinen Orakelspruch appellirte. Welchen Werth sein Rath besaß, darüber haben die jüngsten Ereignisse entschieden. Sol- len wir am Schluffe das Urtheil aussprechen, das die Betrachtung seines Lebens in uns hervorruft, so wäre es dieses: Als europäischer Staatsmann steigt und sinkt seine Bedeutung mit dem Werthe, den man den Verträgen vom Jahre 1815 beimißt. Wer in ihnen die dauernde und rechte Grundlage der öffentlichen Ordnung erblickt, muß auch Metternich den Preis der Größe zollen. Wer der ent- gegengesetzten Meinung ist, kann in ihm nur den gewandten und überaus vom Glücke begünstigten Diplomaten bewundern. Als österreichischen Minister trifft ihn ein härteres Urtheil. Vor Allem damit beschäftigt, sich im Amte und Ansehen zu erhalten, that er nichts, um aus der Macht Oesterreich den Staat Oesterreich hervor- gehen zu lassen. Seine Existenz war durch die Dauer jener Macht bedingt und daher hielt er sie mit krampfhafter Zähigkeit aufrecht. Die Verzögerung dieses Prozesses hat aber über Oesterreich ein schweres Verhängniß heraufbeschworen.

14. Die Geschichte der letzten 50 Jahre (1816 - 1866) ; in abgerundeten Gemälden - S. 32

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
32 5. Der österreichische Staatskanzler Clemens Wenzel Fürst von Metternich. unfreiwillige Anerkennung seiner Bedeutung. Freilich, wer tiefer blickte, sah einen tauben Mann, für die Interessen der Gegenwart wenig empfänglich, in die Erinnerungen der Vergangenheit einge- sponnen, schwatzhaft bis zum Uebermaße und nur aus Gewohnheit noch thätig. In dieser auf äußere Repräsentation beschränkten Thä- tigkeit traf ihn der Tag des Gerichtes, unvorbereitet und unverhofft. Seine letzten Acte galten dem Zweck, bereits angebahnte Reformen wieder rückgängig zu machen, da man sich „nichts abzwingen lassen dürfe". Die eigene Resignation wurde ihm denn doch abgezwungen. Aber Metternich's Muth war keineswegs gebrochen. Kaum in Lon- don angelangt, trafen ihn Beileidsschreibeil jüngerer österreichischer Diplomaten, die ihren Entschluß ankündigten, gleichfalls den Staats- dienst zu verlassen. Metternich tadelte ihren Kleinmuth und prophe- zeite, daß in Oesterreich und Europa in naher Zeit wieder die jetzt verwüsteten Geleise der Politik würden befahren werden. Seine Rückkehr nach Wien und was in Oesterreich seitdem geschah, schien seinen Ausspruch zu bekräftigen. Ja, er erlebte in seinen letzten Tagen noch den Triumph, daß die rathlose Regierung in der italie- nischen Frage an seinen Orakelspruch appellirte. Welchen Werth sein Rath besaß, darüber haben die jüngsten Ereignisse entschieden. Sol- len wir am Schlüsse das Urtheil aussprechen, das die Betrachtung seines Lebens in uns hervorruft, so wäre es dieses: Als europäischer Staatsmann steigt und sinkt seine Bedeutung mit dem Werthe, den man den Verträgen vom Jahre 1815 beimißt. Wer in ihnen die dauernde und rechte Grundlage der öffentlichen Ordnung erblickt, muß auch Metternich den Preis der Größe zollen. Wer der ent- gegengesetzten Meinung ist, kann in ihm nur den gewandten und überaus vom Glücke begünstigten Diplomaten bewundern. Als österreichischen Minister trifft ihn ein härteres Urtheil. Vor Allem damit beschäftigt, sich im Amte und Ansehen zu erhalten, that er nichts, um aus der Macht Oesterreich den Staat Oesterreich hervor- gehen zu lassen. Seine Existenz war durch die Dauer jener Macht bedingt und daher hielt er sie mit krampfhafter Zähigkeit aufrecht. Die Verzögerung dieses Prozesses hat aber über Oesterreich ein schweres Verhängniß heraufbeschworen.

15. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 440

1879 - Leipzig : Engelmann
440 Die Zeitereignisse der fnfziger und sechziger Jahre. . 591. edlen Aufgabe praktischer Menschenliebe unterzogen sich nach dem Vorgange und Beispiele von Schulze-De litzsch patriotische Männer von Bildung und Einsicht und von uneigenntziger Gesinnung. Sie suchten durch Grndung von Vereinen zu gegenseitiger Untersttzung die unteren Klassen des Volkes sittlich und gesellschaftlich zu heben. So entstanden Consumvereine, Credit-vereine, Vorschuvereine, Arbeiterbildungsvereine u. a. m., die dem Arbeiterstande Gelegenheit boten, auf Grund eines geordneten Familienlebens seine Lage zu verbessern, durch Thtigkeit, Sparsamkeit und geregelte Lebensweise in Nahrung, Wohnung und Kleidung zu einer leidlichen Existenz zu gelangen, mit dem Bewutsein einer gesicherten Existenz auch die Gefhle der Ehre und die Triebe menschlicher Bildung auf sich wirken zu lassen und mit einiger Ruhe in die Tage des Alters und der Gebrechlichkeit zu blicken. .591. Oesterreich. Der Kaiserstaat hatte den Riesenkampf der Jahre 1848 und 1849 glcklich berwunden und war noch stark genug ge-Wesen, den Bundestag wieder von den Todten zu erwecken und das Ringen der deutschen Völker nach einem freien und wrdigen Staatsleben zu erdrcken. Aber diese Erfolge waren mit schweren Opfern erkauft worden. Die Unterhaltung einer groen Militrmacht legte der Regierung unerschwingliche Kosten auf, welche, verbunden mit den hohen Ausgaben fr Polizei und Verwaltung, den Staatshaushalt in unheilbare Zerrttung brachten. Die Staatsschulden mehr-ten sich ins Endlose und da die Zinsen grtentheils ins Ausland flssen, so verschwand im Kaiserreiche selbst alles Metallgeld aus dem ffentlichen Verkehr und mute bis auf die Scheidemnze herab durch Papierscheine ersetzt werden. Der Credit sank immer tiefer; die Ausgaben berstiegen die Einnahmen um viele Millionen; alljhrlich nthigte ein betrchtliches Deficit die Finanzver-waltung, neue Wege zur Deckung zu suchen. Wie in den meisten Lndern Deutschlands war auch in Oesterreich die reactionre Partei bemht, Alles was die Revolutionsjahre ins Leben gerufen, in das Grab der Vergessenheit zu legen. Durch kaiserliche Patente vom 31. December 1851 wurde die von Franz Joseph noch nicht beschworene Reichsverfassung auer Wirksamkeit ge-setzt und die absolute Monarchie wieder eingefhrt. Der Gewaltstreich er-zeugte keine Aufregung. Die unter dem Scepter Oesterreichs vereinigten Vlkerstmme hatten zu wenig Gesammtinteresse, als da sie sich fr eine Staatsform htten begeistern sollen, die sie zum Theil nicht begriffen, zum Theil nicht wollten, und von deren Wirkungen sie noch keine Erfahrungen hatten. Aber diese Resignation, womit die sterreichischen Völker die Ent-fernung einer ungewohnten Staatsform hinnahmen, war kein Zeichen der Zufriedenheit, vielmehr freuten sich die nichtdeutschen Nationalitten, da sie sich nun um so ungehemmter ihren Sonderbestrebungen hingeben konnten, f' er Mordversuch, den Joseph Libenyi aus Ungarn wider den Kaiser unter-nahm, als dieser sich auf den Festungswllen der Hauptstadt erging, war nicht die Folge einer Verschwrung, sondern nur die verbrecherische That eines Einzelnen; aber er war doch ein merkwrdiges Zeichen der herrschenden Auf-regung in dem sonst so getreuen Oesterreich. Man betrachtete es als ein glckliches Vorzeichen, da die von Kossuth einst vergrabene uralte ungarische Knigskrone sammt den Kronjuwelen entdeckt und dem Habsburger Herrscher-haus wieder zugestellt wurde; aber in diesem Lande hatte das Schwert der Rache zu tiefe Wunden geschlagen, als da die Nation sich htte entschlieen knnen, der dem Grabe ihres Glcks, ihres Wohlstandes und ihrer Freiheit die Hand der Vershnung zu reichen und anzunehmen. Noch war die Zahl der verbannten und flchtigen Patrioten zu groß, als da hier schwellende Strom der Leidenschaft in einen ruhigen Lauf htte geleitet werden knnen, oftmals ging die Fluth des Widerstandes so hoch, da neue Erhebungen zu befrchten standen Auch in andern Lndern hatte Oesterreich schwere Wider-

16. Die Weltgeschichte in Uebersichten und Schilderungen der wichtigsten Begebenheiten vom Wiener Congreß bis zur Wiederherstellung des deutschen Kaiserreichs - S. 150

1874 - Jena : Costenoble
— 150 — mittelalterlichfeudalen Magyaren erstrebten gar die Errichtung eines Donaureiches unter Herrschaft verschwenderischer magyarischer Magnaten und Advokaten. Oesterreich war also nach der octro-yirten Reichsverfassung voll Nationalitätenhader, der bis heute noch nicht ausgeglichen ist. Die Tschechen hatten Literaturvereine gegründet, die eigentlich politische Vereine waren, und boten ihre Dienste dem Absolutismus an, wenn er den Slaven die Rechte der Nationalität bewillige. Die Südslaven schwärmten für ein illyrisches Reich, welches Niemand kannte, und die rücksichtslose Herrschsucht des ungarischen Adels, welcher die Nation repräsen-tirte, da der Bauer leibeigen, der Bürger nur innerhalb der Stadtmauer gegen Prügelstrafe geschützt war, zwang die Kroaten zur Opposition. Was man ungarische Nation nannte, war nur der lärmende, höchst unwissende Landadel, und die vielgepriesene ungarische Freiheit die mittelalterliche Feudalherrschaft mit ihrer Barbarei des Prügelns und der Tortur, die hier und da noch 1870 in Gebrauch war. Erst als der gequälte Bauer drohte, nach dem Beispiele der Galizier, den peinigenden Adel todt zu schlagen, wurden die Leibeigenschaft und andere veraltete Unrechte aufgehoben. Metternich benutzte diese ungarische Barbarei, um mit Hilfe der Junker und Pfaffen über die Kroaten, Walachen u. s. w. zu herrschen, machte aber auch diesen Versprechungen, um sie gelegentlich gegen die Magyaren zu verwenden. Das war eben sein Jesuitensystem: jedes Mittel zu gebrauchen, um Alle zu beherrschen. Als Josef Ii. diesem Adelsunwesen ein Ende machen wollte, verschrieen ihn diese Landjunker als Despoten, und der dumme Bauer reooltirte gegen seinen Befreier. Wege gab es im freien Ungarn wenig, aber viel Galgen und Räuberbanden, die von Dichtern gefeiert wurden, und Rechtsstreitigkeiten machte man mit Sabel und Flinte aus. Denn Prozeßakten lagen 10—12 Jahre in den Gerichten, in denen meist nur Adelige saßen, welche das Aktenlesen allzu langweilig fanden. Es bereiteten sich also in den nichtdeutschen Ländern Oesterreichs gegen die Wiener Freiheit Gegenbestrebungen vor, welche in der Natur der Sache lagen, weil die Habsburger es seit Jahrhunderten versäumt hatten, deutsche Kultur in ihrem Lande einzuführen. Waren ja doch bis 1848 deutsche Wissenschaft (Hegel) und deutsche Literatur (Schiller, Göthe) in Oesterreich verboten, und dieses Oesterreich stand an der Spitze des deutschen Bundestags 1 Was in Oesterreich von selbst kommen mußte, das beschleunigte die Sinnlosigkeit der unreifen Jugend, die sich als Mitregentin betrachtete, indem ihr Centralverein in Alles hineinredete und das für ungesetzlich hielt, was den jungen Herren nicht gefiel. Es kann sich doch eine Großmacht unmöglich von Studenten

17. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 423

1871 - Münster : Coppenrath
— 423 — blutigen Kampfe zur Unterwerfung auf Gnade und Ungnade gezwungen. Die Stadt wurde beseht und in Belagerungszustand erklärt. Ein strenges Gericht erging über die Anführer, die man gefangen genommen hatte- Der seit dem 2. Juli (1848) hier versammelte Reichstag wurde vertagt und nach dem mährischen Städtchen Kremsier verlegt, wo er am 22. November eröffnet wurde. — Am hartnäckigsten und gefährlichsten aber war der Kampf, in welchen Oesterreich seit November 1848 mit den Ungarn verwickelt wurde, die nunmehr, hauptsächlich von dem kühnen Dictator Kossuth geleitet, ein von Oesterreich ganz unabhängiges und selbständiges Reich schaffen wollten. Mehre polnische Generale, 93 c nt, Dembinski und andere standen als geübte Feldherren an der Spitze der ungarischen Streitkräfte. Tief ergriffen von dem vielen Unglücke, welches das Jahr 1848 schon gebracht hatte, legte gegen Ende desselben, ant 2. Dezember, der Kaiser Ferdinand die seinem Haupte zu schwer gewordene Krone zu Gunsten seines jungen hoffnungsvollen Neffen Franz Joseph (Sohn des Erzherzoges Franz Karl) nieder. Die Ungarn erkannten ihn nicht als ihren König an und leisteten den kaiserlichen Feldherren mit der diesem Volke angeborenen Tapferkeit den hartnäckigsten Widerstand. Aber auch ans diesem wechselvollen und blutigen Kriege ging Oesterreich, welches seit Juni 1848 durch ein russisches Hülsscorps unterstützt wurde, noch im Lause des Jahres 1849 siegreich hervor. Die Anführer Kossuth, Bem, Dembinski und Aridere flüchteten auf türkisches Gebiet und wurden vom Sultau als Schutzsuchende aufgenommen. Am 1. November wurde für Ungarn die Verfassung verkündigt, welche der Kaiser selbst, bei Auflösung des Reichstages zu Kremsier, am 4. März 1849, für die Gesammtmonarchie gegeben hatte. Wie ein Riese war das von Manchen schon aufgegebene Oesterreich aus den vielen inneren und äußeren Kümpfen hervorgegangen, und noch vor dem Abschluffe des Jahres 1849 weheteu die kaiserlichen Banner siegreich wieder in ollen Theilen des Reiches.

18. Geschichte der neueren und neuesten Zeit - S. 352

1875 - Münster : Coppenrath
— 352 — Gericht erging über die Anführer, die man gefangen genommen hatte. Der seit dem 2. Juli (1848) hier versammelte Reichstag wurde vertagt und nach dem mährischen Städtchen Kremsier verlegt, wo er trat 22. November eröffnet wurde. — Am hartnäckigsten und gefährlichsten aber war der Kampf, in welchen Oesterreich seit November 1848 mit den Ungarn verwickelt wurde, die nunmehr, hauptsächlich von dem kühnen Dictator Kossuth geleitet, ein von Oesterreich ganz unabhängiges und selbständiges Reich schaffen wollten. Mehre polnische Generale, Bem, Dembinski und andere, standen als geübte Feldherren an der Spitze der ungarischen Streitkräfte. Tief ergriffen von dem vielen Unglücke, welches das Jahr 1848 schon gebracht hatte, legte gegen Ende desselben, am 2. Dezember, der Kaiser Ferdinand die seinem Haupte zu schwer gewordene Krone zu Gunsten seines jungen hoffnungsvollen Neffen Franz Joseph (Sohn des Erzherzoges Franz Karl) nieder. Die Ungarn erkannten ihn nicht als ihren König an und leisteten den kaiserlichen Feldherren mit der diesem Volke angeborenen Tapferkeit den hartnäckigsten Widerstand. Aber auch aus diesem wechselvollen und blutigen Kriege ging Oesterreich, welches seit Juni 1848 durch ein russisches Hülfscorps unterstützt wurde, noch im Laufe des Jahres 1849 siegreich hervor. Die Anführer Kossuth, Bem, Dembinski und Andere flüchteten auf türkisches Gebiet und wurden vom Sultan als Schutzsuchende aufgenommen. Ant l. November wurde für Ungarn die Verfassung verkündigt, welche der Kaiser selbst, bei Auflösung des Reichstages zu Kremsier, trat 4. März 1849, für die Gesammtmonarchie gegeben hatte. — Wie ein Riese war das von Manchen schon aufgegebene Oesterreich aus den vielen inneren und äußeren Kämpfen hervorgegangen, und noch vor dem Abschlüsse des Jahres 1849 tveheten die kaiserlichen Banner siegreich wieder in allen Theilen des Reiches. In Preußen bewilligte der König am 18. März 1848 Aenderung des Ministeriums, Preßfreiheit, freie Verfassung mit beschließenden Ständen und Bürgerbewaffnung. Ueber diese königliche Botschaft gerieth ganz Berlin in freudige Bewegung. Alles eilte begeistert zum Schlöffe, dem Könige zu danken. In der zweiten Nachmittagstunde war der ganze Schloßplatz mit einer freudig-dankbar bewegten Menge gefüllt, und als der König auf dem Balkon erschien, wurde er mit außerordentlichem Jubel begrüßt. Aber es ließ sich auch der Ruf hören: „Fort mit dem

19. Abriss der neuesten Geschichte - S. 47

1875 - Mainz : Kunze
47 vorgelegt (8. October), welcher thatsächlich Oesterreich aus dem zu schaffenden Bundesstaate ausgeschlossen haben würde und mit Nothwendigkeit Preussen als Träger der Centralgewalt vor- aussetzt. Der Vertreter dieses Gedankens, Präsident der Ver- sammlung, Heinrich von Gagern, übernimmt den Vorsitz im Reichsministerium und erhält Vollmacht, mit Oesterreich zu unterhandeln; Oesterreich protestirt; harter Kampf der „erb- kaiserlichen“ (preussisch-deutschen Bundesstaats-) Partei gegen die vereinigten Oesterreicher, Ultramontanen, Particularisten, Demokraten; am 7. März 1849 octroyirt das Ministerium Schicar zenberg eine österreichische Ges ammt Staatsverfassung, mit welcher eine deutsche Bundesstaatsverfassung unvereinbar. Diesen Schritt, welcher die Unmöglichkeit der Herstellung einer politischen Eijiheit Deutschlands mit Oesterreich Jedem hätte klar machen sollen, erwiderte die doch nur mühsam zusammengebrachte Mehrheit (290 Stimmern der Versammlung mit der Wahl des Königs Friedrich - Wilhelm Iv. von Preussen zum Kaiser (28. März) und Proclamirung der damit abge- schlossenen Verfassung des deutschen Reichs. Diese Verfassung selbst hätte eine ziemlich straffe bundesstaatliche Einheit ge- schaffen; Volkshaus und Staatenhaus, erblicher Kaiser nur mit „suspensivem Veto“; verschwenderisch bemessene „Grundrechte“. 4. Allein König Friedrich Wilhelm Iv. machte nun, indem er 3. April mit halben Worten ablehnte, sich aber den Grund- gedanken der Verfassung, die hegemonische Stellung derpreussi- schen Krone, gleichwohl aneignete, und eine Vereinbarung mit den deutschen „Obrigkeiten“ verlangte, die Verwirrung voll- ständigund diese unklare Politik stiess die Nation in die Wirbel der Revolution zurück. 28 Regierungen, darunter keines der König- reiche, erklären sich Preussen gegenüber zur Anerkennung der Reichsverfassung und des Erbkaiserthums bereit; heftige Agitation zu Gunsten der Reichsverfassung, welche auch der König Wilhelm von Würtemberg („ich unterwerfe mich keinem Hokenzoller“) von dem einhelligen Verlangen der Bevölkerung seines Landes gezwungen, annehmen muss. Aber die preussi- sche Regierung löst die mittlerweile zusammengetretene preussi- sche Kammer auf (27. April), als dieselbe einen Antrag auf Anerkennung der Reichsverfassung annimmt und der König weist die dargebotene Krone nunmehr unbedingt zurück. Da-

20. Bd. 2 - S. 832

1883 - Leipzig : Engelmann
832 Die Revolutionsbewegungen 1848 und 1849. §.1105. Die Verhandlungen über den delicatesten Punkt der deutschen Verfasiung, das Neichsob er Haupt, nahmen erst im Januar 1849 ihren Anfang, als das Gagern'sche Programm in Betreff Oesterreichs bereits von der Nationalversammlung anerkannt worden war. Durch diese Annahme war aber auch ein großer Schritt zur Entscheidung ver Frage gethan und Gagern selbst hatte sich bereits für ein „einheitliches und erbliches Oberhaupt" ausgesprochen. Gelang es nun, Oesterreich von dem deutschen Bundesstaat fern zu halten, so war kein Zweifel, daß in diesem vielgegliederten „W e st r e i ch" „der Schwerpunkt dahin fallen müsse, wo er factisch liegt." Zum Abschluß konnte die Frage aber nicht geführt werden, so lange die Unterhandlungen mit Oesterreich noch in der Schwebe waren. Man mußte sich also vorerst damit begnügen, alle der Idee eines „preußischen Erbkaiserthums" widerstrebenden Ansichten zu beseitigen und somit den Boden zu bestellen, in dem dann bei der zweiten Lesung diese erbkaiserliche Schöpfung als Krone und Schlußstein der Verfasiung wurzeln und gedeihen könne. Die verschiedenartigsten Vorschläge tauchten auf und wurden berathen; von einer Umgestaltung und Erneuerung des Bundestages, wie die Altconfervativen und Reactionäre verlangten, bis zu einer Präsidentschaft, wozu jeder volljährige Deutsche sollte gelangen können, was die Republikaner erstrebten, lag eine bunte Reihe mittlerer Vorschläge vor, die, von den bestehenden Verhältnissen ausgehend, theils eine Mehrheit, theils einen Einzigen der regierenden Fürsten mit der Leitung des Reichsregiments betraut wissen wollten, aber in der Form, wie dies zu bewerkstelligen, weit auseinandergingen. Die Einen bestanden auf einem Directorium („Fürstencollegium") von mehr oder weniger Gliedern unter dem abwechselnden Vorsitz von Oesterreich und Preußen, oder sie erneuten die alte Idee einer dreiheitlichen Oberleitung („Trias") und begingen dabei die doppelte Ungerechtigkeit , Bayern den beiden Großmächten als gleichberechtigt zur Seite zu stellen und dadurch zwei katholische süddeutsche Häupter dem Einen norddeutschen protestantischen entgegenzusetzen. Da man an diesem collegialischen Reichsregiment hauptsächlich den Mangel eines raschen, einmüthigen und kräftigen Handelns und einer „constanten Politik" rügte, so gewann allmählich die Ansicht, daß eine „einheitliche Spitze" größere Vorzüge habe, einen festen Boden; aber ob die Oberhauptswürde in den mächtigern Herrscherfamilien abwechseln, d. h. ein „Turnus" eintreten sollte, oder ob das Reichsoberhaupt durch Wahl, sei es auf Lebenszeit, sei es auf eine längere oder kürzere Reihe von Jahren, zu dieser Würde gelangen oder endlich ob ein erbliches Kaiserthum geschaffen werden solle, darüber waren die Meinungen im Verfassungsausschuß wie in der Versammlung sehr verschieden. Es war keine schwierige Aufgabe, aus der Geschichte den Vorzug der Einheit und Erblichkeit der Herrscherwürde vor einer gespaltenen oder durch Wahl oder Wechsel gelähmten und geschwächten nachzuweisen: ob aber diese in der Theorie vorzüglichere Verfassungsform für Deutschlands vielgegliedertes Staatswesen möglich und ausführbar sei, darüber wurden nicht zu verachtende Bedenken laut. Allein wie viele Stimmen auch gegen die, hauptsächlich von Dahlmann und Beseler verfochtene „romantische Kaiseridee" ankämpften, wie sehr der ultramontane Katholicismus (in E. v. Lasaulx) Verwahrung einlegte gegen die „historische Sentimentalität" einer Erneuerung des Kaiserthums, wie stark sich der Particularismus der verschiedenen Stämme und Länder und die „Großstaatssucht" der Bayern gegen die Bevorzugung eines einzelnen Staats vor den übrigen ereiferten; wie verächtlich die Partei der Linken und die Großdeutschen im „Pariser Hos" die Idee einer künstlichen Wiederbelebung des deutschen Kaiserthums behandelten — die Versassungsparagraphen, daß die Würde des Reichsoberhaupts einem der regierenden deutschen Fürsten übertragen werde, und daß dieser den Titel: „Kaiser der Deutschen" führe, wurden von der Mehrheit der Versamm-231-g3“n- lung angenommen; nur über die Erblichkeit konnte vorerst nicht die erforderliche Stimmzahl erlangt werden. — Der „Reichsrath", den der Verfassungsentwurf als „begutachtende Behörde" zur Wahrung der Interessen der Einzelstaaten dem Reichsministerium zur Seite gestellt hatte, schien als „Hemmschuh für die Wirksamkeit der Centralgewalt" gefährlich und wurde daher in der Folge beseitigt.