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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 60

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
60 Iv. v. Sybel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. horsam unter den Satzungen der klerikalen Hierarchie auferlegt hatte. Der Kampf mit den Staatsgewalten konnte nicht ausbleiben. In Preußen entspann er sich in Sachen des theologischen Universitätsunterrichts und der gemischten Ehen: nach langen Verhanblungen kam es 1837 zum offenen Zwiespalt, und die Regierung ließ den wortbrüchig geworbenen Erzbischof von Köln nach Minben in Haft bringen, den in gleichem Sinne wirkenben Erzbischof von Posen aber durch gerichtliches Urteil absetzen. Das Kölner Domkapitel und der Fürstbischof von Breslau hielten zur Regierung, bei der rheinischen und polnischen Bevölkerung jeboch zeigte sich eine heftige Gärung. Eben bamals war in München der eifrig klerikale Herr von Abel leitenber Minister geworben und ließ der ultramontanen Presse bei den heftigsten Angriffen gegen Preußen freien Lauf, und bieses Mal erhob auch Metternich, welcher soeben den Jesuiten den von Kaiser Franz stets geweigerten Zugang nach Österreich eröffnet hatte, keinen Einspruch gegen die bunbeswibrige Verstattung schrankenloser Preßfreiheit. So war in allen deutschen Lauben eine in den mannigfachsten Farben durch einanber wirbelnbe Bewegung der Geister erwacht. Der ganze bisherige Zustand war ohne eine Spur materieller Auflehnung durch eine kecke Kritik in Frage gestellt. Da trat 1837 ein Ereignis ein, welches die politische Agitation für ein volles Jahrzehnt in ihren Bestrebungen fixierte und ihr einen unverrückbaren gemeinsamen Zielpunkt gab: der Verfafsungssturz in Hannover durch den neuen König Ernst August. Unter lügenhaften Vorwanben, hauptsächlich zu dem Zwecke freierer persönlicher Verfügung über das Staatsvermögen unternommen, staub die Umwälzung sowohl mit dem Lanbrecht als mit der Wiener Schlußakte in fchreienbem Wibersprnch. Der Unwille in ganz Dentschlanb trat offen au das Licht, als mit einem neuen Gewaltstreich der König sieben Göttinger Professoren, die unter Dahlmanns Vorgang ihrem Verfaffungseibe treu zu bleiben erklärten, kurzer Hand absetzte und brei berselben aus dem Laube jagte. Die deutschen Volksvertretungen, Universitäten, Spruchkollegien wetteiferten, in den schärfsten Beschlüssen und Gutachten der öffentlichen Entrüstung Ausbruck zu geben; die Verteidigungsschriften Dahlmanns und Jakob Grimms stmbert die weiteste Verbreitung; ein großer Verein, der sich zur Unterstützung der Vertriebenen gebilbet hatte, gewann Mitglieber in allen deutschen Städten. Dagegen war in Hannover selbst nach der ersten Aufwallung bei der bebächtigen nieberfächsischen Bevölkerung der Kampfeseifer Weber heiß noch thätig, inbefsen kam es zu einer

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1. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 267

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
267 setzen. Das Kölner Domkapitel und der Fürstbischof von Breslau hielten zur Regierung, bei der rheinischen und polnischen Bevölkerung jedoch zeigte sich eine heftige Gärung. Eben damals war in München der eifrig klerikale Herr von Abel leitender Minister geworden und ließ der ultramoutanen Presse bei den heftigsten Angriffen gegen Preußen freien Lauf, und dieses Mal erhob auch Metternich, welcher soeben den Jesuiten den von Kaiser Franz stets geweigerten Zugang nach Österreich eröffnet hatte, keinen Einspruch gegeu die buudeswidrige Verstattung schrankenloser Preßfreiheit. So war in allen deutschen Landen eine in den mannigfachsten Farben durcheinander wirbelnde Bewegung der Geister erwacht. Ter ganze bisherige Zustand war ohne eine Spur materieller Auflehnung durch eine kecke Kritik in Frage gestellt. Da trat 1837 ein Ereignis ein, welches die politische Agitation für ein volles Jahrzehnt in ihren Bestrebungen fixierte und ihr einen unverrückbaren gemeinsamen Zielpunkt gab: der Ver-fassungssturz in Hannover durch deu neuen König Ernst August. Unter lügenhaften Vorwänden, hauptsächlich zu dem Zwecke freierer persönlicher Verfügung über das Staatsvermögen unternommen, stand die Umwälzung sowohl mit dem Landrecht als mit der Wiener Schlußakte in schreiendem Widerspruch. Der Unwille in ganz Deutschland trat offen an das Licht, als mit einem neuen Gewalstreich der König sieben Göttinger Professoren, die unter Dahlmanns Vorgang ihrem Verfassungseide treu zu bleiben erklärten, kurzer Hand absetzte und drei derselben aus dem Lande jagte. Die deutschen Volksvertretungen, Universitäten, Spruchkollegien wetteiferten, in den schärfsten Beschlüssen und Gutachten der öffentlichen Entrüstung Ausdruck zu geben; die Verteidigungsschriften Dahlmanns und Jakob Grimms fanden die weiteste Verbreitung; ein großer Verein, der sich zur Unterstützung der Vertriebenen gebildet hatte, gewann Mitglieder in allen deutschen Städten. Dagegen war in Hannover selbst nach der ersten Aufwallung bei der bedächtigen niedersächsischen Bevölkerung der Kampfeseifer weder heiß noch thätig, indessen kam es zu einer ständischen Beschwerde an den Bundestag. Hier waren die Stimmen geteilt. Die Mehrzahl der konstitutionellen Regierungen wollte im Sinne der Stände verfahren. Metternich aber sprach sich kräftig zu Gnn^-sten des von ihm wertgefchätzten Königs ans, und in Berlin

2. Geschichtliches Lesebuch - S. 60

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
60 Iv. v. Sybel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. horsam unter den Satzungen der klerikalen Hierarchie auferlegt hatte. Der Kampf mit den Staatsgewalten konnte nicht ausbleiben. In Preußen entspann er sich in Sachen des theologischen Universitätsunterrichts und der gemischten Ehen: nach langen Verhandlungen kam es 1837 zum offenen Zwiespalt, und die Regierung ließ den wortbrüchig gewordenen Erzbischof von Köln nach Minden in Haft bringen, den in gleichem Sinne wirkenden Erzbischof von Posen aber durch gerichtliches Urteil absetzen. Das Kölner Domkapitel und der Fürstbischof von Breslau hielten zur Regierung, bei der rheinischen und polnischen Bevölkerung jedoch zeigte sich eine heftige Gärung. Eben damals war in München der eifrig klerikale Herr von Abel leitender Minister geworden und ließ der ultramontanen Presse bei den heftigsten Angriffen gegen Preußen freien Lauf, und dieses Mal erhob auch Metternich, welcher soeben den Jesuiten den von Kaiser Franz stets geweigerten Zugang nach Österreich eröffnet hatte, keinen Einspruch gegen die bundeswidrige Verstattung schrankenloser Preßfreiheit. So war in allen deutschen Landen eine in den mannigfachsten Farben durch einander wirbelnde Bewegung der Geister erwacht. Der ganze bisherige Zustand war ohne eine Spur materieller Auflehnung durch eine kecke Kritik in Frage gestellt. Da trat 1837 ein Ereignis ein, welches die politische Agitation für ein volles Jahrzehnt in ihren Bestrebungen fixierte und ihr einen unverrückbaren gemeinsamen Zielpunkt gab: der Verfassungssturz in Hannover durch den neuen König Ernst August. Unter lügenhaften Vorwänden, hauptsächlich zu dem Zwecke freierer persönlicher Verfügung über das Staatsvermögen unternommen, stand die Umwälzung sowohl mit dem Landrecht als mit der Wiener Schlußakte in schreiendem Widerspruch. Der Unwille in ganz Deutschland trat offen an das Licht, als mit einem neuen Gewaltstreich der König sieben Göttinger Professoren, die unter Dahlmanns Vorgang ihrem Verfaffungseide treu zu bleiben erklärten, kurzer Hand absetzte und drei derselben aus dem Lande jagte. Die deutschen Volksvertretungen, Universitäten, Spruchlollegien wetteiferten, in den schärfsten Beschlüssen und Gutachten der öffentlichen Entrüstung Ausdruck zu geben; die Verteidigungsschriften Dahlmanns und Jakob Grimms fanden die weiteste Verbreitung; ein großer Verein, der sich zur Unterstützung der Vertriebenen gebildet hatte, gewann Mitglieder in allen deutschen Städten. Dagegen war in Hannover selbst nach der ersten Aufwallung bei der bedächtigen niedersüchfischen Bevölkerung der Kampfeseifer weder heiß noch thätig, indessen kam es zu einer

3. Lesebuch zur Geschichte des 19. Jahrhunderts - S. 142

1909 - Frankfurt am Main [u.a.] : Diesterweg
Spur. Sieben hochachtbare Gelehrte, ein jeder hervorragend in seinem Fache, alle dafr bekannt, nur ihrer Wissenschaft und ihrem Berufe zu leben und von jedem ffentlichen Treiben sich fernzuhalten, treffen zusammen in dem Entschlsse, einen fltt zu vollziehen, von dem die im voraus ahnen knnen, da er ihnen groe Unannehmlichkeiten beretten, vielleicht ihre Stelle kosten werde,- sie vollziehen gleichwohl diesen Akt, einfach, weil ihr Gewissen ihnen solches gebietet; sie wanken nicht einen Augenblick in ihrem mannhaften Entschlsse, als die rgste der ge-frchteten Solgen, ihre Amtsentsetzung, wirklich eintritt; sie suchen ebensowenig aus dem aufsehen, das ihr Schritt macht, aus den Huldigungen, die ihnen dargebracht werden, irgendwie vorteil fr ihre Personen zu ziehen, weisen vielmehr diese Huldigungen, soviel sie knnen, in unge-heuchelter Bescheidenheit zurck. _ . ... Die Persnlichkeiten der sieben Männer selbst waren Brgschaft dafr, da man es hier lediglich mit einem Ausflu strengster Gewissenhaftigkeit, ohne alle und jede politischen oder persnlichen Nebenrcksichten, zu tun hatte. Die offiziellen Kreife befanden sich in grter Verlegenheit. Sie konnten der sittlichen (Ehrenhaftigkeit ebenso wie der wissenschaftlichen Be-beutung von Mnnern, wie Dahlmann, Hlbrecht u. a. ihre Hochachtung nicht versagen; aber sie wollten auf der anderen Seite auch nicht irgend etwas tun, was den König von Hannover verletzen knnte, oder gegen das verstoen, was man in diesen Kreisen die Solidaritt der k^ns^' vativen Interessen" nannte. So bewegten sie sich in den peinlichsten Selbstwidersprchen. In den Stndeslen der konstitutionellen deutschen Staaten weckte der Verfassungskampf der Hannoveraner ein lautes (Echo. Ivo immer eine deutsche Stndeversammlung in den nchsten Jahren zusammentrat, da gelangte auch alsbald die hannoversche Frage" auf die Tagesordnung, da wurde die Regierung entweder wegen ihrer Abstimmung der diese Frage in der Bundesversammlung interpelliert oder mit Antrgen wegen Herstellung des gestrten Rechtszuftandes in Hannover bestrmt. Nicht blo die liberale Opposition stellte solche Antrge, auch sehr konservative Ittnner sprachen ihr Mivergngen der das in Hannover vorgefallene unverhohlen aus. , ir. r , . , Dabei kam nun aber mehrfach auch eine wesentliche Lcke der be-stehenden Bundesverfassung zur Sprache, der Mangel eines obersten Gerichtshofes, bei welchem jeder deutsche Untertan, ohne eine Inkompetenzerklrung" befrchten zu mssen, einen sicheren Schutz fr von oben her verletzte Rechte finden knnte. In einzelnen Stndekammern wurden Antrge auf (Errichtung eines unabhngigen und unparteiischen Bundes-gerichts gestellt, wie Preußen ein solches schon bei Beratung der Bundesakte 1814 herzustellen gesucht hatte, leider wegen des Widerspruchs Bayerns und Wrttembergs vergebens. Und so leitete diese, von Haus freiheit-liehe, hannoversche Frage durch die Gemeinsamkeit des Interesses, welches alle konstitutionellen deutschen Staaten an der Hufrechterhaltung des ver-

4. Geschichte der Provinz Hannover - S. 148

1906 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
148 33. Das Königr. Hannover während seiner Verbindung mit England. zusammentrat, stellte Stüve den Antrag auf eine neue Verfassung. Dem Antrage wurde stattgegeben, und nach einem Jahre legte das Ministerium den vom Kabinettsrat Rose und von dem Göttinger Staatsrechtslehrer Dahlmann stammenden Entwurf eines neuen Staatsgrundgesetzes dem Landtage vor, der inzwischen durch 15 Vertreter des Bauernstandes vermehrt war. Nach Jahresfrist war das Staatsgrundgesetz fertig und erhielt am 26. Sept. 1833 die königliche Bestätigung. ^ Waren darin auch nicht alle Wünsche erfüllt, so entsprach die Verfassung doch den veränderten Zeitforderungen in maßvoller Weise. Man rühmte von ihr, daß sie, „ruhend auf dem Grunde des bestehenden Rechts, dieses ergänze, dem Bedürfnis gemäß verbessere und durch klare Gesetzesworte vor Zweifel und Angriffen sicher stelle." Die Stände erlangten nun Teilnahme an der Gesetzgebung und das Recht der Steuerbewilligung, die Minister sollten dem Landtage verantwortlich sein. Der Bauernstand erhielt die Zusicherung der baldigen Ablösung der Zehnten, Dienste und Meiergefälle. Auf das neue Staatsgrundgesetz wurden alle Beamten vereidigt. 7. Die Ablösung der Grundlasten. 1833. Ihrem Versprechen gemäß hatte die Regierung inzwischen den Entwurf eines Ablösungsgesetzes vorgelegt. Eine ständische Kommission, deren Seele Stüve war, hatte den Entwurf bedeutend zu guusteu des Bauernstandes geändert. Schon am 10. November 1831 war das Ablösungsgesetz publiziert worden, und am 22. Juli 1833 folgte auch die Ablösungsordnung; damit war die Ablösungsgesetzgebung vollendet. Nun konnte man alle grundherrlichen Verhältnisse, wie Meier-Eigenbehörigkeits-, Meierdings- und Hägerverbände, Erbzins- und Erbpachtverhältnisse, alle Zinsen, Zehnten und sonstige Reallasten und endlich Abgaben, die von lehnbaren Grundstücken an den Lehnsherrn geleistet wurden, gegen den 25 fachen Betrag des ermittelten Geldwertes lösen, jedoch nur, wenn dem Bauer an seinem Grundbesitz ein erbliches Recht zustand. Damit waren allerdings die Zeitpachtmeier, wie sie in Göttingen und Grubenhagen vorkamen, von der Ablösung ausgeschlossen. Zu gleicher Zeit wurden durch eine Verordnung die Veräußerung von Grundstücken geschlossener Güter und die Rechtsverhältnisse der frei gewordenen Höfe geregelt. Letztere sollten vor Zersplitterung geschützt werden. Danach sollten die Erbfolge im Gut, die Bevorzugung des Anerben, die Bestimmung der Brautschätze der abgehenden Kinder, das eheliche Güterrecht, die Leibzuchten, Jnterimswirtsch aften, die Bestimmungen üb er die Wiederverheiratung der Ehegatten u. a. bestehen bleiben wie unter der Herrschaft des Meierrechts. So wurden alle Institute des Meierrechts als bäuerliches Privatrecht wieder eingeführt, und der Staat übte kraft öffentlichen Rechts eine gewisse Grundherrschaft über die Bauernhöfe aus. Ämter und

5. Vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zum Tode Wilhelms I. - S. 185

1902 - Erlangen [u.a.] : Deichert
§ 130. Die Julirevolution und ihre Nachwirkungen. 185 Vereine verboten und Druckschriften politischen Inhaltes durften nur mit Genehmigung der Regierungen erscheinen. Die Zentraluntersuchungskommission von 1819 erlebte eine Wiedergeburt. Sie ließ zur Eindämmung demagogischer Umtriebe zahllose Verhaftungen vornehmen. Ein Opfer der Verfolgungen waren die Dichter Heinrich Laube und Fritz Reuter. — In den meisten Staaten blieb von nun an die Ruhe gewahrt und es fchwand angesichts der Erfolglosigkeit aller bisherigen Kundgebungen die politische Teilnahme des Volkes, bis sie im Jahre 1837 durch ein Vorkommnis in Hannover von neuem geweckt wurde. 6. Hannover war von 1714 an, in welchem Jahre das han-Verfamngsbruch noversche Fürstenhaus den englischen Thron bestiegen hatte, von Eng- 1837-land aus regiert wordeu (§ 85, 11a). 1833 hatte König Wil- helm Iv. dem Lande eine durch den Professor Dahlmann ausgearbeitete Verfassung gegeben. 1837 starb Wilhelm Iv. Während in England nach dem dort geltenden Erbfolgerecht dessen Nichte Viktoria (f Januar 1901) den Thron bestieg, übernahm in Hannover, wo das Salische Gesetz galt, der Bruder des Verstorbenen, Ernst August, die Regierung. Derselbe versagte der Verfassung die Anerkennung, weil diese u. a. die Domänen zu Staatsgütern erklärt und den König hinsichtlich seiner Einnahmen auf die Zivilliste angewiesen hatte. Preußen und Österreich warnten vor Ungesetzlichkeit und Gewalttat; allein Ernst August achtete auf keinerlei Vorstellungen. Er löste die Ständeversammlung auf, erklärte die Verfassung für ungültig und entband die Beamten des auf dieselbe geleisteten Eides. Diese Tat ries große Aufregung im Lande hervor. Allerorten gewann man die Überzeugung, daß, wenn „die einfache Nichtzustimmung des Thronfolgers zu einer rechtsgültig vereinbarten Landesverfassung genügte, dieselbe umzustoßen", überhaupt kein Recht und kein Staatsgrundgesetz mehr auf sicherem Boden stünde. Sieben Professoren der Göttinger Universität, darunter der Historiker Dahlmann, die berühmten Germanisten I. und W. Grimm, der Literarhistoriker Gervinns, verweigerten den Huldigungseid. Der König entsetzte sie ihres Amtes und verfügte, daß Dahlmann, I. Grimm und Gerviuus das Laud zu verlassen hätten. — „Das Ereignis goß wieder frisches Lebensblut einträchtig vaterländischer Überzengnng in die Adern Deutschlands" (Dahlmann). In allen Kreisen der Gebildeten herrschte Entrüstung. Man betrachtete die „Sieben" als Märtyrer für eine gute Sache und hegte ihnen gegenüber so weitgehende Sympathien, daß man Vereine gründete, durch welche sie vor Entbehrungen geschützt werden sollten.

6. Bd. 2 - S. 783

1883 - Leipzig : Engelmann
H. 1071. 1072. Deutschland. 783 die Versendung durch die Staatsposten, noch andere unterdrückte man auf polizeilichem Wege. §. 1071. Hannover. Im Jahre 1837, dem hundertsten Stiftungsjahre der ruhmreichen Universität Göttingen, starb Wilhelm Iv., König von England und Hannover und hatte zur Nachfolgerin seine Nichte Victoria; da nun nach deutschem Fürstenrecht weibliche Erbfolge unstatthaft ist, so fiel die Krone von Hannover an den Oheim der Königin, Ernst August, Herzog von Cu mb er land. Das ganze Land jubelte 201'837uni über die gewonnene Selbständigkeit, aber die Freude verkehrte sich bald in Schmerz, als der neue König seinen Regierungsantritt mit der Aufhebung des Staatsgrundgesetzes ^Juu vom I. 1833 bezeichnete, „wegen mangelnder agnatischer Zustimmung und weil es eine wesentliche Verletzung der Regierungsrechte enthalte", und die alte ständische Verfassung vom I. 1819 wieder herstellte. Alsbald erging an alle Beamte („königliche Diener") die Aufforderung zur Leistung eines neuen Dienst- und Huldigungseides. Manche Staatsdiener mögen dadurch mit ihrem Gewissen in Zwiespalt gerathen sein, aber sie kamen der Aufforderung nach. Nur sieben Professoren von Göttingen, darunter die Zierden deutscher Wissenschaft, weigerten den Eid. Sie wurden ihrer Stellen ent- 18is3700' hoben und drei von ihnen, Dahlmann, Jacob Grimm und Gervinus, weil sie ihre Protestation -veröffentlicht, des Landes verwiesen. Die Anerkennung, womit ganz Deutschland die That der „Sieben" begrüßte, und die Theilnahme, die sich in der ihnen angebotenen Unterstützung kund gab, bewies zum erstenmal die Macht der öffentlichen Meinung und die im Stillen gewachsene Gesinnung des Volks. Aber weder der Bundestag, noch die Regierungen ließen sich in ihrem Gange stören. Ohne auf die von Städten und Individuen ergangenen Protestationen zu achten , ließ der König die neuen Wahlen nach dem Gesetz von 1819 anordnen; und als sich die Stände nach einigem Schwanken für incomp etent erklärten, die Abschaffung des Staatsgrundgesetzes von 1833 anzuerkennen , wurden sie vertagt. Umsonst wandten sich nun viele Ständemitglieder und Wahlcorporationen mit einer Beschwerde über Rechtsverletzung an den Bundestag; dieser erklärte den Streit für eine innere Landesangelegenheit und lehnte die Einmischung ab; umsonst erfolgten, gestützt auf die Gutachten der Juristenfacultäten von Jena, Heidelberg und Tübingen, einzelne Steuerverweigerungen; durch Auspfändung gelangte die Regierung zum Ziel. Als im nächsten Jahre viele Abgeordnete den Eintritt in die verfafsungs- im widrig zusammengesetzte Kammer weigerten, und dadurch bewirkten, daß wegen Mangels der gesetzlichen Zahl kein gültiger Beschluß gefaßt werden konnte, wurden die Stellen der Ausgebliebenen durch Minoritätswahlen, wobei man sich allerlei ärgerlicher Maßregeln bediente, besetzt, bis man die nothwendige Zahl zur Steuerbewilligung zusammenbrachte. Im folgenden Jahr verfuhr die Regierung auf ähnliche Weise und erreichte dadurch ihren Zweck — die Annahme einer neuen, in aristokratischem, altständischem ^Aug. Sinne gehaltenen Verfassung. Alle Protestationen dagegen blieben unbeachtet. §. 1072. Folgen. Dies ^war eine ungerechte und kurzsichtige Staatsweisheit; eine Staatsweisheit, die den Regierungen augenblicklichen Erfolg und Befriedigung ihrer Wünsche brachte, die aber in dem Herzen des Volks Treue und Glauben erschütterte, die Begriffe von Recht verkehrte und verwirrte und die Fundamente des Staatsbaues untergrub. Während man, auf die von Berlin ausgehenden Lehren vom historischen Recht gestützt, alle verjährten Rechte und Privilegien, alle Befreiungen und Belastungen bestehen ließ und dadurch die hohem Stände auf Kosten der schwergedrückten niedern bevorzugte, trat man auf der andern Seite verbriefte und befchworne Verträge mit Füßen, umging die Volksrechte durch gezwungene Deutungen und bestärkte den alten Spruch, daß Gewalt über Recht geht. Dadurch mußte der Glaube im Volke aufkommen, daß das Recht, das man ihm als ewig und heilig dargestellt, im Dienste der Vornehmen und Mächtigen stehe, und sich drehe und wende, wie es diesen Vortheilhaft sei, und daß die öffentliche Treue, auf die man sich stets berief, nur von Seiten der Armen und Schwachen anerkannt werden solle. — Diese Staatsweisheit schuf eine tiefe Kluft zwischen Volk und Regierung, zwischen „Unterthanen" und „Gouvernement", zwischen Nation

7. Bilder vom Niederrhein - S. 30

1882 - Leipzig : Spamer
30 Bonn, die Musenstadt. Dort lernte er aber den edlen Dichter Heinrich v. Kleist kennen, mit dem er innige Freundschaft schloß. Mit diesem reiste er nach Prag, um an der Erhebung Oesterreichs gegen Napoleon Theil zu nehmen. Sie schlössen sich preußischen Offizieren an, die sich dort gleichfalls gestellt hatten. Doch trotz des Sieges bei Aspern kam ein unrühmlicher Friede zu Stande, und Dahlmann brauchte allen Mnth, an der guteu Sache nicht zu verzweifeln. Inzwischen beschäftigte er sich in Kopenhagen mit der Geschichte der deutschen Kaiser ans dem sächsischen Hanse und brachte es dazu, eiu Kollegium über die „Wolken des Aristophanes" in lateinischer Sprache zu lesen. Doch blieb er nicht lange in Kopenhagen; 1812 ward er dnrch Verwendung seines Oheims als Professor der Geschichte nach Kiel berufen. Für Dahlmann war diese Berufung ein gewagtes Stück; denn eigentlich hatte er auf diesem Felde noch nichts Hervorragendes geleistet. Dies gestand er selbst ein; jedoch zeigte er den Eifer und die Befähigung, sich in seinen Beruf hineinzuarbeiten. Nun begann auch eigentlich erst so recht seine Thätigkeit als Schriftsteller. Er gab im Verein mit Falck, Twesten und Welcker die „Kieler Blätter" heraus und schrieb namentlich über deutsches, skandinavisches und griechisches Alter- t hum. Besonders erwarb er sich als Politiker Beifall und Anerkennung von Seiten berühmter Zeitgenossen, wie von Niebnhr, Schleiermacher und Thibaut. Obwol er mit seiner, wie es schien, verfrühten Aufforderung an Schleswig- Holstein, sich in den Deutschen Bund ausnehmen zu lassen, nicht durchdrang, sondern sich deu Tadel seines Oheims zuzog, so ward er doch des Letzteren Nach- folger in der Verwaltung des ritterschaftlichen Archivs und vertrat mit Feuer die Vereinigung der beiden Herzogtümer. Dies hemmte freilich seine Besörde- rnng in Kiel, und er folgte 1829 einem ehrenvollen Rufe nach Göttingen. Hier vertrat er fest und ohne Furcht seinen Standpunkt des Rechts iu den Wirren der Julirevolution, während sein greiser Freund Niebuhr fast verzweifelte. Nach Hannover gesandt, betrieb er eifrig das Einschreiten der bewaffneten Macht und war später unerbittlich in der Verurtheilung der Aufrührer. Die Regierung zog ihn zur Prüfung des Staatsgrundgesetzes zu, und von der Universität ward er zum Abgeordneten in den Landtag gewählt. Obwol er zum höheren Staatsdienst berufen schien, schied er doch 1833 nach Zustande- kommen des Staatsgrundgesetzes aus der politischen Lausbahn ans und kehrte zu seinem Katheder in Göttingen zurück. Hier fand Dahlmann ein reges, frisches Treiben und schloß sich besonders den Gebrüdern Grimm und Gervinns an. In dieser Epoche erreichte er den Zenith seines Lebens. Doch trotz seiner Thätig- keit im Lehrstuhl verlor er die höhere Politik nicht aus dem Auge und schrieb dem Systeme Metternich und seiner Reaktion das Verdammuugsurtheil in seinem scharfsinnigen Werke: „Politik". Indessen trat nach König Wilhelm's Iv. Tode in Hannover eine vollständige Reaktion ein, dadurch, daß der Nachfolger das beschworene Staatsgrundgesetz nicht anerkannte. Aber die Universität Göttingen widersetzte sich diesem Rechts- bruch. Besonders waren es Dahlmann und seine Gesinnungsgenossen, die Gebrüder Grimm und Gervinns n. A., welche öffentliche Verwahrung ein- legten. Die Folge war, daß mau sie absetzte und des Landes verwies. Dahlmann ging nach Leipzig und später nach Jena, wo er den Wissenschaften lebte und u. A. sein großes Meisterwerk, die „Geschichte Dänemarks", schrieb. Niemals

8. Die Geschichte der letzten 50 Jahre (1816 - 1866) ; in abgerundeten Gemälden - S. 202

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
202 18. Die revolutionären Bewegungen in Deutschland. des Krieges gegen die französische Republik, durch persönliche Tapfer- keit hervorgethan hatte, so waren doch von der ihm feindlichen Presse äußerst nachtheilige Gerüchte über sein Privatleben in Umlauf ge- setzt und von dem Publicum geglaubt worden. Am 28. Juni (1837) hielt der König Ernst August seinen Einzug in seiner Resi- denzstadt Hannover. Schon am 3. Juli erklärte er,, daß er die bestehende Verfassung nicht anerkenne, weil sie ohne seine, des dama- ligen Thronerben, Zustimmung zu Stande gekommen, er also an die- selbe nicht gebunden sei, und daß er sie für das Wohl seiner Unter- thanen nicht für zuträglich halte. Die wahre Ursache aber, warum der bisherige Herzog von Cumberland das Werk seines Vorgängers beseitigen wollte, war die Bestimmung der Verfassung von 1833, welche die Domainen für Staatsgut erklärt und dafür eine Civil- liste eingeführt hatte. Ernst August fürchtete dadurch seine Einkünfte geschmälert zu sehen. Die im Vergleiche zu den Ausgaben seines Ranges geringe Dotation, welche ihm als englischem Prinzen ausge- setzt gewesen, hatte ihn in Schulden gestürzt. Diese sollten von dem Ertrage der hannöver'schen Domainen gedeckt werden. Als der König den Huldigungseid verlangte, verweigerten ihn manche Beamte, andere leisteten ihn nur mit ausdrücklicher Hinwei- sung auf das Grundgesetz, oder reichten freiwillig ihre Entlassung ein. Sieben ausgezeichnete Professoren der Göttinger Universität: Jakob und Wilhelm Grimm, Dahlmann, Gervinus, Ewald, Albrecht und Weber, verweigerten die verlangte Huldigung, indem sie sich durch ihren auf die Verfassung von 1833 abgelegten Eid für ge- bunden erklärten. Sie wurden ihrer Stellen entsetzt, und Jakob Grimm, Dahlmann und Gervinus mußten außerdem binnen drei Tagen das Land verlassen. Einer im Februar 1838 mit großer Mühe vollzählig gemachten Ständeversammlung ward der Entwurf zu einer neuen Verfassung vorgelegt, nach welchem die Krone so gut wie unumschränkt gewesen wäre. Die Steuern sollten von der Volks- vertretung nie verweigert werden dürfen, die Verhandlungen geheim, die Minister unverantwortlich sein. Die Stände lehnten diesen Ent- wurf ab, beschlossen eine Eingabe an den Bundestag um Schutz für die Verfassung von 1833, und wurden aus unbestimmte Zeit vertagt. Erst die Ständeversammlung von 1840 nahm den Entwurf der Regierung mit einigen Abänderungen an. Der König hatte je- doch im Wesentlichen seine Absichten, den eigenthümlichen Besitz der Domainen und die Beschränkung der Volksrechte, erreicht. Der Bun- destag wies die Klage der hannöver'schen Stände mit neun gegen sieben Stimmen ab. Er hatte sich früher eben so gegen die kur- hessische Ständeversammlung, gegen die holsteinischen Prälaten und Ritter, gegen die westfälischen Domainenkäufer u. s. w. verhalten.

9. Teil 2,3 - S. 123

1911 - Leipzig : Quelle & Meyer
Die Zeit der Nationalitt?- und Verfassungs-Rmpfe. 123 Der König tiefe sich dadurch nicht einschchtern, sondern entsetzte die sieben Professoren smtlich ihres Amtes. Jakob Grimm, Dahlmann und Ger-vinus wurden sogar des Landes verwiesen, weil sie den Protest durch die Zeitungen verffentlicht hatten. Trotzdem die Tat der Sieben berall ungeteilte Bewunderung erregte, setzte der König doch seinen Willen durch, und Hannover erhielt im Jahre 1840 eine neue Verfassung. Neben diesen Bewegungen, die auf Errichtung oder Erhaltung land- Hambachs stndischer Verfassungen zielten, gewann in Sddeutschland eine radikale $eft Richtung die Oberhand, die geradezu den Umsturz des Bestehenden, die Errichtung der deutschen Republik" forderte. In dem Konstitutionsfest, das im Ztcai 1822 auf der hambacher Schloruine bei Neustadt a. d. Hardt veranstaltet wurde, erreichte diese Bewegung ihren Hhepunkt. Eine groe Volksmenge strmte hier zusammen, unter der sich auch Franzosen und Polen befanden, und aufreizende Reden voll regenden Freiheitsdranges" wurden gegen die Tyrannen", die Fürsten, gehalten. Metternich schritt hiergegen ein, indem er durch den Bundestag politische vereine und politische Reden, sowie das Tragen schwarzrotgoldner Bnder verbieten lie. Nun wurde im April 1833 ein Anschlag gegen den Bundes-5ran^rter tag durch den sogenannten Frankfurter putsch" verbt. Nachts gegen put,<$1 10 Uhr berfielen etwa 50 junge Leute, umgrtet mit schwarzrotgoldnen Schrpen, unter Fhrung eines Gttinger Privatdozenten die Wache in Frankfurt a. Hi., um die Bundestagsgesandten gefangen zu nehmen und sich des Sitzes des Bundestages zu bemchtigen. Einige Soldaten der Torwache wurden gettet, und das Volk wurde zur Freiheit aufgerufen. Aber die Menge sah teilnahmlos zu, und die verschworenen wurden von einem Frankfurter Bataillon mit leichter Blhe auseinandergesprengt. Die Folge dieses aberwitzigen Unternehmens war eine verschrfte berwachung der presse und der Universitten. Neue Verfolgungen brachen der die inzwischen wieder erstandene Burschenschaft herein. Kerker und Festungen fllten sich mit politischen Verbrechern, und nicht selten wurde der Studenten die Todesstrafe verhngt, die dann auf dem Wege der Gnade in langjhrige Gefngnisstrafe verwandelt wurde wie bei dem Mecklenburger Fritz Reuter. 78. Einflu der Zulirevolution auf autzerdeutsche Lnder. 3n Belgien, das dem Herd der Julirevolution am nchsten war Revolution un dessen Bevlkerung mit den Franzosen die meiste hnlichkeit in v-lgi-n hatte, kam es im August 1830 zur Revolution, hier hatte der Wiener Kongre ein knstliches Staatengebilde geschaffen ohne Rcksicht auf Nationalitt und Religion, das vereinigte Knigreich der Niederlande. Die Hollnder betrachteten sich aber als das herrschende Volk, hatten kein Verstndnis fr die Eigenart der katholischen Belgier und suchten ihnen Sprache und Gesetze aufzudrngen. Auerdem wurde Belgien

10. Neueste Zeit - S. 27

1888 - Braunschweig : Bruhn
27 Juni Versammlung zu Gotha: Bedeutende Parlamentsmitglieder >) erklären sich fr Die Union. Name: Gothaer fr die Kleindeutschen. Vierknigsbund: Bayern, Wrttemberg, Sachsen, Hannover. Schachzug gegen Preußen. Mrz 1850 Erfurter Parlament: Entwurf der preuischen Verfassung angenommen. _ Die wirkliche Entscheidung wird gehindert durch die Gegenminen sterreichs zur Wiederherstellung des alten Bundes. Sept. 1849 Interim. Preußen lt sich durch den schlauen Schwarzen-Berg verleiten:.. Preußen und sterreich gemeinschaftlich Centralgewalt. An diese giebt der Reichsverweser seine Gewalt ab. sterreich erstarkt nach Besiegung der Ungarn und bringt allmh-lich alle Staaten zum Abfall von der Union und zur Rckkehr zum alten Bunde. Einziges Mittel zur Lsung der deutschen Ver-fassuugsftage" nach Schwarzenbergs Ansicht. April 1850 Engerer Rat des alten Bundes zu Frankfurt. 1. Sept. 1850 Die Plenarversammluug des alten Bundes. Vergeblicher Protest Preuens. 2 Bundesregierungen neben einander. Verschrfung des feindlichen Gegenfatzes zwifchen Osterreich und Preußen durch den Verfassungskonflikt in Kurhessen. Der Kurfürst will nach Auslsung der Stndeversammluuglwegen Nicht - Annahme des Budgets ganz ohne Landstnde regieren. Minister Hafsenpflug. Er hat gegen sich: das ganze Volk, die Gerichte, alle Beamte, fast alle Offiziere. Bitte um Bundeshilfe. Einmarsch eines sterreichisch - bayerischen und dagegen eines preuischen Heeres. 8. Nov. Bronzell (bei Fulda) Zusammensto. Schimmel." Umfchwun.q in Preußen. Sieg der Friedenspartei. Der energische und gewandte v. Radowitz, die Seele der Union, nimmt seine Entlassung... v. Manteuffel Minister des ueren. Ursache: Nicolaus I. erklrt sich fr Osterreich gegen Preußen. a. Der Bundestag ist der einzige loyale Reprsentant des deutschen Bundes". b. Jede ohne Mitwirkung vorgenommene Umgestaltung desselben ist eine Verletzung der Wiener Vertrge"2). 1) v. Gagern, Dahlmann, Mathy u. a. 2) Die Absetzung der Bourbonen in Frankreich und die Trennung Belgiens von den Niederlanden hatte er ruhig geschehen lassen.

11. Geschichtliches Lesebuch - S. 110

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
110 Viii. Dtiefen, Das Schattenreich in der Paulskirche. er bis dahin als der beharrliche Bundesgenosse der Dänen gegen die Herzogtümer geübt hatte. Diese Erinnerung hatte Dahlmann selber aufgefrischt durch die Erzählung des Schicksals, das den Beschwerden der holsteinischen Ritterschaft beim Bundestag widerfahren war. Die erste vom Jahr 1822 war wohl beraten, dann aber in den Akten begraben worden, die zweite (ebenfalls von Dahlmann verfaßt und in 1000 Exemplaren eingereicht) ließ der Präsidialgesandte Graf Müuch-Belliughausen nicht einmal unter den Bundesgesandten zur Verteilung, geschweige denn in der Öffentlichkeit zur Verbreitung kommen. Die ganze Auflage wurde in der Bundeskanzlei aufgehoben, bis sie Makulatur geworden war, und dann dem Verfasser zur Verfügung gestellt. Der Bundestag hatte auf Schleswig gar kein formelles Recht und die Präsidialmacht Österreich stand mit Dänemark noch immer in so freundschaftlichem Verkehr, daß von dieser Seite eine aufrichtige Teilnahme an der Sache der Herzogtümer nicht erwartet werden durfte; folglich blieb nur der Ausblick auf die „bevorstehende provisorische Exekutivgewalt", auf die auch der Ausschuß in seinem Bericht hinwies und deren Bildung gerade für die europäischen Dinge unerläßlich geworden schien. So war es denn durchaus kein Zufall, daß der feurigste Vorfechter Schleswig-Holsteins zugleich den Antrag auf Errichtung eines Bundesdirektoriums stellte, welches bis zur Gründung der endgültigen Reichsgewalt die völkerrechtliche Vertretung Deutschlands nach außen üben und insbesondere die Oberleitung des gesamten Heerwesens führen sollte. Nach Dahlmanns Vorschlag sollte dieses Direktorium aus drei Männern bestehen, welche von den deutschen Regierungen bezeichnet und nach Zustimmung der Versammlung ernannt werden sollten und in denen er sich Österreich, Preußen und das übrige Deutschland vertreten dachte. Aus der laugen Verhandlung, die sich seit dem 19. Juni an diesen Antrag knüpfte, ragen zwei Momente heraus, deren jedes für die Lage Deutschlands wie für die Stimmung dieses Hauses besonders kennzeichnend ist. Gegen den Antrag des Ausschusses stellten die Abgeordneten Braun aus Cöslin, Röder von Neustettin und Nizze von Stralsund einen Abänderungsantrag, von dem wir sofort sehen werden, wie viel Mut dazu gehörte, ihn überhaupt zu stellen und öffentlich zu verteidigen. Er lautete nämlich in seinem ersten Teil: „Bis zur definitiven Begründung einer obersten Regierungsgewalt für Deutschland werde die Ausübung derselben in allen gemeinsamen Angelegen-

12. Geschichtliches Lesebuch - S. 110

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
110 Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. er bis dahin als der beharrliche Bunbesgenosse der Dänen gegen die Herzogtümer geübt hatte. Diese Erinnerung hatte Dahlmann selber aufgefrischt durch die Erzählung des Schicksals, das den Beschwerden der holsteinischen Ritterschaft beim Bnnbestag widerfahren war. Die erste vom Jahr 1822 war wohl beraten, dann aber in den Akten begraben worben, die zweite (ebenfalls von Dahlmann verfaßt und in 1000 Exemplaren eingereicht) ließ der Präsibialgesanbte Graf Münch-Bellinghausen nicht einmal unter den Bnnbesgesanbten zur Verteilung, geschweige benn in der Öffentlichkeit zur Verbreitung kommen. Die ganze Auflage würde in der Buubeskauzlei aufgehoben, bis sie Makulatur geworben war, und dann dem Verfasser zur Verfügung gestellt. Der Buubestag hatte auf Schleswig gar kein formelles Recht und die Präsibialmacht Österreich staub mit Dänemark noch immer in so freunbschaftlichem Verkehr, daß von dieser Seite eine aufrichtige Teilnahme au der Sache der Herzogtümer nicht erwartet werben bürste; folglich blieb nur der Ausblick auf die „bevorstehend provisorische Exekutivgewalt", auf die auch der Ausschuß in seinem Bericht hinwies und beren Bilbuug gerabe für die europäischen Dinge unerläßlich geworben schien. So war es benn burchaus kein Zufall, daß der feurigste Vorfechter Schleswig-Holsteins zugleich den Antrag auf Errichtung eines Bunbesbirektorinms stellte, welches bis zur Grünbung der enbgültigen Reichsgewalt die völkerrechtliche Vertretung Deutschland noch außen üben und insbesondre die Oberleitung des gesamten Heerwesens sichren sollte. Nach Dahlmanns Vorschlag sollte bieses Direktorium aus brei Männern bestehen, welche von den bcutscheu Regierungen bezeichnet und nach Zustimmung der Versammlung ernannt werben sollten und in benen er sich Österreich, Preußen und das übrige Dentschlanb vertreten bachte. Ans der langen Verhanblung, die sich seit dem 19. Juni an biefen Antrag knüpfte, ragen zwei Momente heraus, beren jebes für die Lage Deutsch-laubs wie für die Stimmung bieses Hauses besonbers kennzeichnet ist. Gegen beit Antrag des Ausschusses stellten die Abgeorbneten Braun aus Cöslin, Röber von Neustettin und Nizze von Stral-suub einen Abänberungsautrag, von dem wir sofort sehen werben, wie viel Mut dazu gehörte, ihn überhaupt zu stellen und öffentlich zu verteibigen. Er lautete nämlich in seinem ersten Teil: „Bis zur bestnitiven Begrünbung einer obersten Regierungsgewalt für Deutsch-lctnb werbe die Ausübung berselben in allen gemeinsamen Angelegen-

13. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ausbruch des Weltkrieges - S. 161

1918 - Erlangen [u.a.] : Deichert
133. Der Deutsche Zollverein 1834. 161 politische Teilnahme des Volkes, bis sie im Jahre 1837 durch ein Vorkommnis in Hannover von neuem geweckt wurde. 7. Hannover war von 1714 an, in welchem Jahre das Hanno-versche Frstenhaus den englischen Thron bestiegen hatte, von England 1837-aus regiert worden ( 85,11 a). 1833 hatte König Wilhelm Iv. dem Lande eine durch den Professor Dahlmann ausgearbeitete Verfassung gegeben. 1837 starb Wilhelm Iv. Whrend in England nach dem dort geltenden Erbfolgerecht dessen Nichte Viktoria (f Januar 1901) den Thron bestieg, bernahm in Hannover, wo das Salische Gesetz galt, der zweitnchste Bruder des Verstorbenen, Ernst August, die Negierung. Derselbe versagte der Verfassung die Anerkennung, weil diese u. a. die Domnen zu Staatsgtern erklrt und den König hin-sichtlich seiner Einnahmen auf die Zivilliste angewiesen hatte. Er lste die Stndeversammlung auf, erklrte die Verfassung fr ungltig, entband die Beamten des auf dieselbe geleisteten Eides und erzwang die Einfhrung einer neuen Verfassung mit vorwiegender Adelsvertretung. Diese Tat rief groe Aufregung im Lande hervor. Sieben Professoren der Gttinger Universitt, darunter der Historiker Dahlmann, die be-rhmten Germanisten I. und W. Grimm, der Literarhistoriker Gervinns, verweigerten den Dienst- und Huldigungseid. Der König entsetzte sie ihres Amtes und verfgte, da Dahlmann, I. Grimm und Gervinus das Land zu verlassen htten. Man betrachtete die Sieben" als Mrtyrer fr eine gute Sache. (Damals regte der Buchhndler Hirzel in Leipzig bei den Gebrdern Grimm die Abfassung des Deutschen Wrter-buches an, das ihnen eine ihr Leben ausfllende Ttigkeit brachte.) 133. Der Deutsche Zollverein 1834* 1. Die bisherige Darstellung lt erkennen, da der Bundestag in Frankfurt a. M. hinsichlich des nationalen und konstitutionellen Gedankens eine hemmende, ja unterdrckende Ttigkeit ausbte und da er da, wo von selten einzelner Fürsten das Bestreben nach einem freien inneren Ausbau der Einzelstaaten hervortrat, kein Mittel unversucht lie, um den Regierungen die Hnde zu binden. Wie unerquicklich nun auch das Bild war, welches Deutschland in politischer Beziehung darbot, auf Wirtschaft-lichem Gebiete sowie in Kunst und Wissenschaft kam es in der langen Friedenszeit zu eiuer uerst erfreulichen Entwicklung der Krfte. Wir betrachten hier die wirtschaftlichen Erscheinungen. 2. Nach dem Wiener Kongre erhoffte man in ganz Deutschland Ursachen des auf nach einer langen Lhmung und Fesselung der produktiven Krfte ^Wirtschaft/-" eine Belebung von Industrie, Handel und Verkehr. Diese trat jedoch Ieb$rutn.ben nicht ein. Die Ursache davon mar: 1. das massenhafte Einstrmen englischer Fabrikate, die während der Kontinentalsperre in Eng- land hergestellt und aufgestapelt und nun zu Schleuderpreisen auf dem Griebel, Lehrbuch der deutschen Geschichte. Ii. 3. Aufl. 11

14. Bd. 2 - S. 561

1854 - Leipzig : Engelmann
Deutschland. 561 In Na ssau erklärte der Herzog die Domänen des Landes ohne Unterschied ihrer Herkunft für sein Eigenthum, erwirkte sich bei den von beiden Kammern darüber geführten Verhandlungen eine künstliche Majorität, indem er die erste Kammer auf ungesetzliche Weise durch Glieder seiner Familie vergrößerte, die Stimmen derselben mit der ihm günstigen Minderheit der zweiten Kammer ver- einigte und dann die widerstrebenden Mitglieder ausschließen, den siebenzigjährigen Präsidenten Herber aber wegen eines mißliebigen Zeitungsartikels zur Festungs- strafe verdammen ließ, von welcher ihn nur sein baldiger Tod befreite. Von persönlichem Recht war nirgends die Rede; irgend eine Beschuldigung, irgend eine Denunciation, irgend ein Verdacht war hinreichend, um persönliche Haft zu verhängen; wenn keine gerichtliche Verurtheilung erfolgte, hielt man den Beschul- digten in jahrelangem Untersuchungsarrest oderstellte ihnunter polizeiliche Aufsicht; gefällige Richter gaben statt eines freifprechenden Urtheils eine Instanz-Entbindung und beraubten den Angeklagten dadurch seines politischen Vollbürgerrechts. Dieser Mittel bediente man sich in Bayern, Kurhesien, Hannover, um unbeliebte Männer aus der Kammer fern zu halten. — Schwer war der Druck, der auf der Presse lastete. Keine Schrift unter 20 Bogen durste ohne Druckerlaubniß (Imprimatur) verlegt, keine Zeitung ohne Durchsicht eines dazu bestellten Beamten (Censors) ver- schickt werden; auswärtige Blätter erlagen einer Nachcensur; innere Angelegenhei- ten durften in vielen Ländern gar nicht besprochen werden, Oppositionsblätter wur- den durch Censurstrenge, Chicanen und Preßprocesse so lange verfolgt, bis sie ein- gingen; andern versagte man die Versendung durch die Staatsposten, noch andere unterdrückte man auf polizeilichem Wege. h. 835. Hannover. Im Jahr 1837, dem hundertsten Stiftungsjahre der ruhmreichen Universität Göttingen, starb Wilhelm Iv., König von England und Hannover, und hatte zur Nachfolgerin seine Nichte Victoria; da nun nach deutschem Fürftenrecht weibliche Erbfolge unstatthaft ist, so siel die Krone von Hannover an den Oheim der Königin, Ernst August, Herzog von Cu mb er- i837.m land. Das ganze Land jubelte über die gewonnene Selbständigkeit, aber die Freude verkehrte sich bald in Schmerz, als der neue König seinen Regierungs- antritt mit der Aufhebung des Staatsgrundgesetzes vom I. 1833 bezeichnete, 5"'5uit" „wegen mangelnder agnatifcher Zustimmung und weil es eine wesentliche Ver- letzung der Regierungsrechte enthalte," und die alte ständische Verfassung von I. 1819 wieder herstellte. Alsbald erging an alle Beamte („königliche Die- ner") die Aufforderung zur Leistung eines neuen Dienst- und Huldigungseides. Manche Staatsdiener mögen dadurch mit ihrem Gewissen in Zwiespalt gerathen sein; aber sie kamen der Aufforderung nach. Nur sieben Profesioren von Göt- tingen, darunter die Zierden deutscher Wissenschaft, weigerten den Eid. Sie'^^°"' wurden ihrer Stellen enthoben und drei von ihnen, Dahlmann, Jacob Grimm und Gervinus, weil sie ihre Protestation veröffentlicht, des Landes verwiesen. Die Anerkennung, womit ganz Deutschland die That der „Sieben" begrüßte, und die Theilnahme, die sich in der ihnen angebotenen Unterstützung kund gab, bewies zum erstenmal die Macht der öffentlichen Meinung und die im Stillen gewachsene Gesinnung des Volks. Aber weder der Bundestag, noch die Regierungen ließen sich in ihrem Gang stören. Ohne auf die von Städten und Individuen ergangenen Protestationen zu achten, ließ der König die neuen Wah- len nach dem Gesetze von 1819 anordnen; und als sich die Stände nach einigem Schwanken für in compe tent erklärten, die Abschaffung des Staatsgrund- gesetzes von 1833 anzuerkennen, wurden sie vertagt. Umsonst wandten sich nun viele Ständemitglieder und Wahlcorporationen mit einer Beschwerde über Rechts- Weber, Geschichte. Ii. 6. Ausl. 36

15. Geschichtliches Lesebuch - S. 152

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
152 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. von ein paar Quadratmeilen der Krone Schweden übergeben. Seitdem sank die frühere Blüte der Stadt. Die Krone Schweden benutzte Wismar, um ihre Hochverräter, Staatsverschwörer und vornehmen Verbrecher, woran sie nie Mangel hatte, dahin zu entsenden. Aus Mecklenburg liefen die armen leibeigenen Bauern hin, um dort ihre Zuflucht zu finden vor der Tyrannei ihrer Gutsherren. Dennoch mußten sie einem Kartell mit der Krone Schweden gemäß wieder ausgeliefert werden. Wie manche Aufstände habe ich als Knabe erlebt, wenn mitleidige Bürger vergeblich jene armen Bauern zu schützen trachteten, wie oft habe ich von meinem Vater gehört: „Kein Heil für uns, als in der Wiedervereinigung mit Mecklenburg." Als ich ein Knabe war, fiug jene bonapartische Siegesperiode an. Davon ward bei uns vernommen wie von Vorgängen in einem anderen Weltteile. Höchstens, daß zu der Zeit, wo das deutsche Blut in Strömen floß, sich einmal der Sorgeruf kund gab: „Weitn nur nicht der Krieg bis hierher vorwärts dringt!" Nachgehends, als ich zum Jünglinge erwachsen, schlangen sich die Bande der napoleonischen Herrschaft fchon fester und fester um das arme Vaterland. Meine Herren! Das war keine leichte Zeit für einen jungen, vaterlandslosen und doch deutschen Manu, der doch einige Kraft in sich fühlte, seinen ersten Anker in der menschlichen Gesellschaft auszuwerfen in dieser Periode des allgemeinen Mißmutes, des allgemeinen Verstnmmens, der allgemeinen dumpfen Bekümmernis. Hierauf endlich jener Rettungsstrahl, jener Anfang der Erhebung in den Jahren 1812 und 1813. Wie sehr wünschte jeder Jüngling, wie sehr wünschte auch ich, mein Blut daran wagen zu dürfen, daß Deutschland befreit würde! Ich war zu der Zeit an der Universität Kiel Professor, Dänemark aber stand mit Napoleon im Bunde; durch diese unglückselige Zertrennnng Deutschlands war ich, wie mancher andere mit mir, von dem Kampfe für das deutsche Vaterland ausgeschlossen. Jeder Schleswig-Holsteiner, der das gethan hätte, würde von seiner Regierung als Hochverräter bezeichnet worden sein. Nun die Zeit, die darauf folgte, die Zeit der schrecklichen Enttäuschung aller wahren Vaterlandsfreunde! Ich will sie nicht erneuen, die Schmerzen, will nicht kommen auf die schleswig-holsteinische Sache, der ich solange mein Dasein gewidmet; ich will nicht der hannoverschen Sache erwähnen, die mir so tief in das Herz gedrungen ist *). Aber 1) Gemeint ist der Verfassungssturz in Hannover durch den König Ernst August 1837, gegen den sieben Göttinger Professoren, darunter Dahlmann, protestierten. Vgl. Seite 60.

16. Geschichtliches Lesebuch - S. 152

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
152 X. Aus der Frankfurter Nationalversammlung. von ein paar Quadratmeilen der Krone Schweden übergeben. Seitdem sank die frühere Blüte der Stadt. Die Krone Schweden benutzte Wismar, um ihre Hochverräter, Staatsverschwörer und vornehmen Verbrecher, woran sie nie Mangel hatte, dahin zu entsenden. Aus Mecklenburg liefen die armen leibeigenen Bauern hin, um dort ihre Zuflucht zu finden vor der Tyrannei ihrer Gutsherren. Dennoch mußten sie einem Kartell mit der Krone Schweden gemäß wieder ausgeliefert werden. Wie manche Aufstände habe ich als Kuabe erlebt, wenn mitleidige Bürger vergeblich jene armen Bauern zu schützen trachteten, wie oft habe ich von meinem Vater gehört: „Kein Heil für uns, als in der Wiedervereinigung mit Mecklenburg." Als ich ein Kuabe war, fing jene bonapartische Siegesperiode an. Davon ward bei uns vernommen wie von Vorgängen in einem anderen Weltteile. Höchstens, daß zu der Zeit, wo das deutsche Blut in Strömen floß, sich einmal der Sorgeruf fund gab: „Wenn nur nicht der Krieg bis hierher vorwärts dringt!" Nachgeheuds, als ich zum Jünglinge erwachsen, schlangen sich die Bande der napoleonischen Herrschaft schon fester und fester um das arme Vaterland. Meine Herren! Das war keine leichte Zeit für einen jungen, vaterlandslosen und doch deutschen Mann, der doch einige Kraft in sich fühlte, seinen ersten Anker in der menschlichen Gesellschaft auszuwerfen in dieser Periode des allgemeinen Mißmutes, des allgemeinen Verstummeus, der allgemeinen dumpfen Bekümmernis. Hierauf endlich jener Rettungsstrahl, jener Anfang der Erhebung in den Jahren 1812 und 1813. Wie sehr wünschte jeder Jüngling, wie sehr wünschte auch ich, mein Blut daran wagen zu dürfen, daß Deutschland befreit würde! Ich war zu der Zeit an der Universität Kiel Professor, Dänemark aber stand mit Napoleon im Bunde; durch diese unglückselige Zertrennung Deutschlands war ich, wie mancher andere mit mir, von dem Kampfe für das deutsche Vaterland ausgeschlossen. Jeder Schleswig-Holsteiner, der das gethan hätte, würde von seiner Regierung als Hochverräter bezeichnet worden sein. Nun die Zeit, die daraus folgte, die Zeit der schrecklichen Enttäuschung aller wahren Vaterlandsfreunde! Ich will sie nicht erneuen, die Schmerzen, will nicht kommen auf die schleswig-holsteinische Sache, der ich solange mein Dasein gewidmet; ich will nicht der hannoverschen Sache erwähnen, die mir so tief in das Herz gedrungen ist x). Aber 1) Gemeint ist der Verfassungssturz in Hannover durch den König Ernst August 1837, gegen den sieben Göttinger Professoren, darunter Dahlmann, protestierten. Vgl. Seite 60.

17. Neuzeit - S. 110

1911 - Berlin : Duncker
Entwurf einer Verfassung, die das Erbkaisertum, ein Oberhaus und ein aus Yolkswahlen gebildetes Unterhaus vorsieht. Die durch das Vorparlament ausgeschriebenen Wahlen zur Nationalversammlung finden jetzt im ganzen Gebiete des deutschen Bundes statt, und schon Mitte Mai versammeln sich die Abgeordneten in der Paulskirche zu Frankfurt: die Großstaaten Österreich und Preußen sind gegenüber den Mittelund Kleinstaaten unverhältnismäßig schwach vertreten, von den einzelnen Klassen der Bevölkerung überwiegen in der Versammlung die gelehrten Berufe, der Grundbesitz und die erwerbenden Klassen treten sehr zurück. Hauptsächlich sind drei Gruppen zu unterscheiden: das gemäßigt-liberale rechte und linke Zentrum, die republikanisch-radikale Linke und die numerisch nur schwache Rechte. Präsident ist der Hesse Heinrich von Gagern. Auf Antrag Gagerns, aber gegen den Widerspruch Dahlmanns, beschließt die Nationalversammlung nach langen Beratungen über die Einsetzung einer provisorischen Zentralgewalt, kraft ihrer Souveränität sich die Zentralgewalt selbst zu schaffen: sie erwählt mit großer Majorität Ende Juni den populären Erzherzog Johann von Österreich zum Reichsverweser; schon am 11. Juli zieht er in Frankfurt ein und schafft sich jetzt ein Reichsministerium aus Mitgliedern des Parlaments. Beim Versuch, seine Souveränität auszuüben, findet der Reichsverweser aber jetzt schon Widerstand: Österreich, Preußen, Bayern und Hannover verweigern die von ihm geforderte Huldigung der Bundestruppen. Als der Verlauf des Feldzuges in Schleswig-Holstein zum Abschluß des Malmöer Waffenstillstandes geführt hatte,1 nimmt das Parlament mit wenigen Stimmen Mehrheit am 16. September den Waffenstillstand an. Im Gegensatz zu dieser Majorität sucht ein Teil der äußersten Linken das Parlament zu sprengen und die Republik auszurufen: 1 Vgl. unten.

18. Die Geschichte der letzten 50 Jahre - S. 202

1867 - Köln : DuMont-Schauberg
202 18. Die revolutionären Bewegungen in Deutschland. des Krieges gegen die französische Republik, durch persönliche Tapfer- keit hervorgethan hatte, so waren doch von der ihm feindlichen Presse äußerst nachtheilige Gerüchte über sein Privatleben in Umlauf ge- setzt und von dem Publicum geglaubt worden. Am 28. Juni (1837) hielt der König Ernst August seinen Einzug in seiner Resi- denzstadt Hannover. Schon am 3. Juli erklärte er, daß er die bestehende Verfassung nicht anerkenne, weil sie ohne seine, des dama- ligen Thronerben, Zustimmung zu Stande gekommen, er also an die- selbe nicht gebunden sei, und daß er sie für das Wohl seiner Unter- thanen nicht für zuträglich halte. Die wahre Ursache aber, warum der bisherige Herzog von Cumberland das Werk seines Vorgängers beseitigen wollte, war die Bestimmung der Verfassung von 1833, welche die Domainen für Staatsgut erklärt und dafür eine Civil- liste eingeführt hatte. Ernst August fürchtete dadurch seine Einkünfte geschmälert zu sehen. Die im Vergleiche zu den Ausgaben seines Ranges geringe Dotation, welche ihm als englischem Prinzen ausge- setzt gewesen, hatte ihn in Schulden gestürzt. Diese sollten von dem Ertrage der hannöver'schen Domainen gedeckt werden. Als der König den Huldigungseid verlangte, verweigerten ihn manche Beamte, andere leisteten ihn nur mit ausdrücklicher Hinwei- sung auf das Grundgesetz, oder reichten freiwillig ihre Entlassung ein. Sieben ausgezeichnete Professoren der Göttinger Universität: Jakob und Wilhelm Grimm, Dahlmann, Gervinus, Ewald, Albrecht und Weber, verweigerten die verlangte Huldigung, indem sie sich durch ihren auf die Verfassung von 1833 abgelegten Eid für ge- bunden erklärten. Sie wurden ihrer Stellen entsetzt, und Jakob Grimm, Dahlmann und Gervinus mußten außerdem binnen drei Tagen das Land verlassen. Einer im Februar 1838 mit großer Mühe vollzählig gemachten Ständeversammlung ward der Entwurf zu einer neuen Verfassung vorgelegt, nach welchem die Krone so gut wie unumschränkt gewesen wäre. Die Steuern sollten von der Volks- vertretung nie verweigert werden dürfen, die Verhandlungen geheim, die Minister unverantwortlich sein. Die Stände lehnten diesen Ent- wurf ab, beschlossen eine Eingabe an den Bundestag um Schutz für die Verfassung von 1833, und wurden auf unbestimmte Zeit vertagt. Erst die Ständeversammlung von 1840 nahm den Entwurf der Regierung mit einigen Abänderungen an. Der König hatte je- doch im Wesentlichen seine Absichten, den eigenthümlichen Besitz der Domainen und die Beschränkung der Volksrechte, erreicht. Der Bun- destag wies die Klage der hannöver'schen Stände mit neun gegen sieben Stimmen ab. Er hatte sich früher eben so gegen die kur- hessische Ständeversammlung, gegen die holsteinischen Prälaten und Ritter, gegen die westfälischen Domainenkäufer u. s. w. verhalten.

19. Geschichtliches Lesebuch - S. 109

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 109 schuß zu dem Antrag veranlaßte: „Die deutsche Nationalversammlung erklärt, daß die schleswigsche Sache, als eine Angelegenheit der deutschen Nation zum Bereich ihrer Wirksamkeit gehört, und verlangt, daß bei dem Abschlüsse des Friedens mit Dänemark das Recht der Herzogtümer Schleswig und Holstein und die Ehre Deutschlands gewahrt werde." Und er entlastete eine tief bewegte und schwer bedrückte Patriotenseele, als er am 9. Juni die Versammlung mit den Worten anredete: „Vergönnen Sie ein kurzes Gehör einem Mann, der ohne Ruhmredigkeit von sich sagen darf, daß er die besten Kräfte seiner Jugend, daß er die Treue eines Menschenalters der schleswigholsteinischen Sache gewidmet hat. Zwar wird meine Stimme nur einen schwachen Klang haben, dennoch aber wird diese Sache obsiegen, sie muß obsiegen, denn es gilt die Ehre von Deutschland." Da Schleswig nicht zum deutschen Bunde gehörte und es für diesen folglich streng genommen nur eine holsteinische, nicht eine schleswig-holsteinische Frage gab, so war ein Beschluß, wie ihn Dahlmann forderte und auch durchsetzte, formell betrachtet ein unzweifelhafter Übergriff, der dem Ausland als eine eigenmächtige Verrückung des Gleichgewichts der Mächte erscheinen mußte. Eine noch größere freilich bedeutete die Wiedergeburt Deutschlands selbst. „Allerdings, sagte Dahlmann, wird das bisherige Gleichgewicht von Europa verrückt^ wenn unser Deutschland aus einem schwachen, versunkenen Gemeinwesen, aus einer im Ausland gering geschätzten Genossenschaft zur Würde, Ehre und Größe hinaufsteigt. (Bravo!) Diese Verrückung des Gleichgewichts von Europa wollen wir aber haben und festhalten, und auf dieser Verrückung des Gleichgewichts von Europa wollen wir bestehen — bis der letzte Tropseu Blutes uns entströmt ist —. (Bravo!> Wenn Sie in der schleswig-holsteinischen Sache versäumen, was gut und recht ist, so wird damit auch der deutschen Sache das Haupt abgeschlagen. Sie werden thun, was die Ehre Deutschlands fordert, und mögen die Pläne aller derer zu Schanden werden, welche ihre Rechnung stellen auf die Unsterblichkeit der Schwäche und Versunkenheit unseres deutschen Vaterlandes!" (Bravo!) Die Frage war nun, an wen war die Erklärung der Nationalversammlung gerichtet, wer sollte sie ausführen? Noch bestand die Bundesversammlung, und diese hatte erst am 5. Juui einen Beschluß zum Behufe kräftigerer Kriegführung gegen die Dänen gefaßt. Allein gegen den Gedanken, gerade den Bundestag in dieser Sache weiter zu bemühen, sprach die peinliche Erinnerung an die Politik, die

20. Geschichtliches Lesebuch - S. 109

1903 - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht
Viii. Oncken, Das Schattenreich in der Paulskirche. 109 schuß zu dem Antrag veranlaßte: „Die deutsche Nationalversammlung erklärt, daß die schleswigsche Sache, als eine Angelegenheit der deutschen Nation zum Bereich ihrer Wirksamkeit gehört, und verlangt, daß bei dem Abschlüsse des Friedens mit Dänemark das Recht der Herzogtümer Schleswig und Holstein und die Ehre Deutschlands gewahrt werde." Und er entlastete eine tief bewegte und schwer bedrückte Patriotenseele, als er am 9. Juni die Versammlung mit den Worten anredete: „Vergönnen Sie ein kurzes Gehör einem Mann, der ohne Ruhmredigkeit von sich sagen darf, daß er die besten Kräfte seiner Jugend, daß er die Treue eines Menschenalters der schleswigholsteinischen Sache gewidmet hat. Zwar wird meine Stimme nur einen schwachen Klang haben, dennoch aber wird diese Sache obsiegen, sie muß obsiegen, denn es gilt die Ehre von Deutschland." Da Schleswig nicht zum deutschen Bunde gehörte und es für diesen folglich streng genommen nur eine holsteinische, nicht eine schleswigholsteinische Frage gab, so war ein Beschluß, wie ihn Dahlmann forderte und auch durchsetzte, formell betrachtet ein unzweifelhafter Übergriff, der dem Ausland als eine eigenmächtige Verrückung des Gleichgewichts der Mächte erscheinen mußte. Eine noch größere freilich bedeutete die Wiedergeburt Deutschlands selbst. „Allerdings, sagte Dahlmann, wird das bisherige Gleichgewicht von Europa verrückt, wenn unser Deutschland aus einem schwachen, versunkenen Gemeinwesen, aus einer im Ausland gering geschützten Genossenschaft zur Würde, Ehre und Größe hinaufsteigt. (Bravo!) Diese Verrückung des Gleichgewichts von Europa wollen wir aber haben und festhalten, und auf dieser Verrückung des Gleichgewichts von Europa wollen wir bestehen — bis der letzte Tropseu Blutes uns entströmt ist —. (Bravo!) Wenn Sie in der schleswig-holsteinischen Sache versäumen, was gut und recht ist, so wird damit auch der deutschen Sache das Haupt abgeschlagen. Sie werden thun, was die Ehre Deutschlands fordert, und mögen die Pläne aller derer zu Schanden werden, welche ihre Rechnung stellen auf die Unsterblichkeit der Schwäche und Versunkenheit unseres deutschen Vaterlandes!" (Bravo!) Die Frage war nun, an wen war die Erklärung der Nationalversammlung gerichtet, wer sollte sie ausführen? Noch bestand die Bundesversammlung, und diese hatte erst am 5. Juni einen Beschluß zum Behufe kräftigerer Kriegführung gegen die Dänen gefaßt. Allein gegen den Gedanken, gerade den Bundestag in dieser Sache weiter zu bemühen, sprach die peinliche Erinnerung an die Politik, die