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1. Zeugnisse zum deutschen Aufstieg - S. 1

1915 - Gotha : Perthes
Zur Einführung Man kann dies Buch ein Vermächtnis Karl Lamprechts nennen, ein letztes Wahrzeichen seines bis zum Tode unermüd- lichen Strebens, den innersten Triebkräften der geschichtlichen Entwicklung seines Volkes nachzuspüren und durch die ge- wonnenen Erkenntnisse und ihre Einprägung ins Zeitbewußt- sein auch seinerseits Stein auf Stein zu fügen an dem großen Kulturbau der Menschheit. Lamprecht aber war nicht nur Forscher und Gelehrter; er trug den Stempel jener höheren Geistigkeit, die alle großen Bahnbrecher über den festumhegten Kreis der Überlieferung weit hinaus neue Lande der Ver- heißung schauen läßt. Das Feuer des Prometheus glühte in ihm, und wenn das bekannte Wort den Geschichtschreiber einen rückwärtsgewandten Propheten nennt, so war er außerdem auch ein vorwärts schauender — der eine kann ja ohne den anderen nicht echt sein. Einem Manne, der sich über den Aus- bruch des Weltkrieges (den er mit Sicherheit voraussah) nur um zwei Jahre verrechnet hat, während der Philister schon glaubte, von einem ewigen Weltfrieden träumen zu können, dürfen wir wohl als gutem Führer vertrauensvoll die Hand reichen, um uns durch den Irrgarten vergangenen Geschehens leiten, uns verborgene Gesetzmäßigkeit erklären, uns die goldenen Adern, die aufwärts führen, zeigen zu lassen; denn wir wollen sehend werden in uns selbst und unserer Herkunft — heute mehr als je! In seiner bekannten letzten größeren Arbeit „Deutscher Aufstieg" durcheilt Lamprecht den jüngsten, für die Gegen- wart wichtigsten Zeitabschnitt der deutschen Geschichte von 1750 an und erleuchtet oft blitzartig weite Strecken unserer Entwicklung. Vielfachen Wünschen von Lesern jener Schrift nachkommend Zeugnisse. 1

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1. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 230

1909 - Breslau : Dülfer
230 Deutsche Geschichte in der Reformationszeit bis zum Dreiigjhrigen Kriege. kavier, Lainez, Salmeron, Bobadilla), sie denselben Entwicklungsgang wie den eigenen durchmachen lie und zum unbedingtesten Gehorsam im Dienst der Kirche verpflichtete, wurde er der Stifter des Kriegsfhnleins Jesu", des Jesuitenordens, dessen Statuten 1540 vom Papste anerkannt wurden. Durch geistliche Exerzitien, Askese, Geielung und systematische Gewissensleitung wurde in den Novizen planmig mit allen Mitteln sdlich erregter Vorstellungskraft, allen Werkzeugen erprobter mittelalterlicher Frmmigkeit" eine religise Stimmung angefacht, die Loyola auf die Kirche bezog, in wild entfesselte Energie umgo und sie in diesem Sinne, einen unwider-stehlichen Strom weltvergessener Begeisterung und Tatkraft, der einen Kirche dienstbar machte". (Samprecht.) 2. Die Organisation des rbens mar eine streng monarchische, ja absolutistische. Der General allein durfte eine Meinung haben und allen befehlen, obgleich auch er durch die nicht von ihm ernannten Assistenten fortwhrend beaufsichtigt war. Die Mitglieder der Gesellschaft waren in mehrere konzentrische Ringe geordnet, um in immer hherer Reinheit Gott nach dem Munde feines Vertreters, des Generals, zu dienen" (Professen, Koadjutoren, Novizen). Der handelnde Jesuit gehrte niemals sich selbst an. Hatte er von vornherein sein Vaterland und die Sprache seiner Kindheit vergessen, hatte er Eltern und Geschwister verleugnet und verzichtete auf Ehre und Besitz, so fand er im (Drden nicht einmal den freien dem der Freundschaft wieder. Willenlos, wehrlos, siel er nur dem Ideal der Gefellschaft anheim; fein Denken, fein Tun, fein Lieben gehrte nur ihr. Und Einrichtungen mechanischen Zwanges sorgten dafr, da er in diesem Zustande verharre. Schritt fr Schritt, Stunde fr Stunde fah er sich beaufsichtigt, all fein Handeln und Sinnen lag offen vor dem Auge einer allgegenwrtigen Denunziation, deren Ausbung Pflicht war; nicht vor dem Verhltnis des Freundes zum Freunde, nicht vor den Beziehungen des Lehrers zum Schler machte die Delationspflicht halt." (Lamprecht.) Solche mittelalterliche Gebundenheit der Persnlichkeit richtete sich geradezu gegen das Recht des Individuums; es war ein vom Standpunkte individualistischer Sittenbegriffe aus zweifelsohne unmoralisches Ziel;, es war von diesem Standpunkte aus schlimmer als krperlicher Totschlag, es war geistiger Mord". (Lamprecht.) 3. Zu entsetzlicher Unmoral entwickelten sich auch die sittlichen Grundstze des rbens. In der Praxis des Lebens blieb das persnliche Handeln des einzelnen unter allen Umftnben an frembe Einwirkung (die des bereu) gebunden und bestand mithin nur in einer Anzahl in sich unzusammenhngender Handlungsflle." (famprecht.) Ein sittliches Bewutsein durfte der Jesuit nicht besitzen, denn fr ihn war nur die Kasuistik obrigkeitlicher Vorschriften magebend. Die schlimmste Wendung aber nahm die Entwicklung des Moralbegriffes, als der rden den schon frher zum Teil entwickelten probabilismus zum obersten sittlichen Grundstze machte, die Ansicht, da pflichten und Handlungen nicht nach ihrem absoluten sittlichen Gehalte, sonbern nach ueren Umstnden zu beurteilen seien. Sittlich war und ist demnach dem Jesuiten nur das, was die Ziele des rdens und der Kirche frdert, auch dann, wenn es fonft allen sittlichen Ideen Hohn spricht. Nie frwahr hat der Menfchengeist ein ihm gefhrlicheres Institut geschaffen, und nie hat ein Kind mit fo rcksichtsloser Entschlossenheit feinem Vater nach dem Leben gestrebt wie dieses." (Scherr.) Die ersten Zeiten des rdens waren allerdings immerhin noch freier von den spter unvermeidlichen Folgen jener Prinzipien, die aus den groen Erlebnissen des heiligen Ignatius entwickelt waren; sie waren im ganzen ein reiner, lebendigster Ausdruck neuer katholischer Frmmigkeit, und jedenfalls be-wiesen sie, da die alte Kirche noch lebe". (Lamprecht.)1) :) Genaueres der den Jesuitenorden bei Lamprecht a. a. O. V. Bd. 2. Hlfte; Ranke, Geschichte des Papsttums. I. Bd.; Bhmer, Die Jesuiten.

2. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 7

1909 - Breslau : Dülfer
Die Kulturverhltnisse der Germanen. 7 Vi. Die Heeresversafsung der Germanen. 1. Von jeher zeigt sich der Germane als Krieger mit Leib und Seele. . . . Kriegerisch war sein Glaube, seine Götter waren Helden, sein Himmel ein Kampf-gefild. Auch der Staat war nur ein Erzeugnis heeresmiger Zusammenfassung der natrlichen Gliederungen. . . . Der einzelne gehrte dem Staatswesen seines Volkes nur an, indem er Heeresmann war; der Unfreie aber ward frei und Volksgeno, sobald man ihm die Waffe bot. Der Gesichtspunkt militrischer Organisation ... ist daher magebend auch fr das politische und Wirtschaft-liche Verstndnis des Volksstaates." (Lamprecht.) 2. Das Volksheer der Westgermanen, dem alle Freien angehrten, kmpfte meist zu Fu, während die Ostgermanen Reitervlker waren. 3. Jede Hundertschaft bildete eine taktische Einheit, welche sich aus Sippen zusammensetzte. Sippenweise traten die Familien an, sie bildeten einen quadratischen oder rechteckigen Gewalthaufen, dessen strkste Seite dem Feinde zugewandt war. An dieser Seite haben wir vermutlich auch den Hunno, den Huptling, zu suchen. Hundertschaft neben Hundertschaft zum Volk geordnet stellten diese Gewalthaufen sich auf, geradenwegs drangen sie unaufhaltsam in die feindliche Ordnung; gar wenig zu kommandieren gab es da fr die einzelnen Huptlinge wie fr den Herzog; durch das Beispiel der Tapferkeit vornehmlich muten die Fhrer wirken." (Lamprecht.) 4. Bei den Westgermanen stellte auerdem jede Hundertschaft 50 Reiter, welche durch Beignger (Parabaten), die, an der Mhne sich festhaltend, da-nebenherliefen, auf das Doppelte vermehrt wurden. 5. Eine besondere Art Reiterei bildeten die zu Rosse kmpfenden Ge-folgschaften. Das Gefolge war eine ursprnglich rein militrische Einrichtung. Der Gefolgsmann heit wohl Degen, d. h. ursprnglich Kind, Degen ward aber spter gebruchlich zur Bezeichnung khnen Heldentums. . . . Das Gefolge war an den Herrn gekettet durch ein heiliges Treuband. . . . Streng aber wie ein Hausherr in der Familie waltete der Gefolgsherr der ihnen; un-bedingt waren die Mannen ihm untergeordnet, und ihre Treue sollte sich be-whren bis in den Tod. . . . Die besondere Treue des Gefolgswefens ist so bald nicht verschollen; sie tnt tausendfach noch heute wieder in Sage und Lied; unsere groen Epen, vorab auch hier das Nibelungenlied, entnehmen dem Treuverhltnis des Ge-folgsmanns ihre tragischsten Konflikte. . . . Aber man sang nicht blo von ihr, man lebte in ihr. Das Gefolge der Frankenknige, die Hofgesellschaft der groen Karolinger, die staatsmnnische und kriegerische Umgebung der mittel-alterlichen Kaiser, das Personal der Zentralverwaltungen unserer Fürsten seit dem 14. und 15. Jahrhundert sind nichts als Umformungen des alten ger-manischen Gedankens." (Lamprecht.)

3. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 123

1909 - Breslau : Dülfer
Das Rittertum. 123 c. Das hchste Ideal des Ritters aber war die Frauen liebe. Die Minne ist das belebende Element der Zeit, sie steht im Mittelpunkt des Schicksals der hheren sozialen Schichten; sie erst gibt dem geistigen Leben ganzen Inhalt, volle Frbung, einzigen Charakter." (Lamprecht.) Das Ideal der ritterlichen Frauenliebe ist vermutlich schon frh (im 11. Jahrhundert) in Deutschland entstanden. Zunchst freilich erschien das Weib dem Ritter nur als Gegenstand sinnlichen Begehrens, als Aus-lserin der Minne". Auf einer zweiten, hheren Stnfe ritterlicher Frauenliebe steht die Frau nicht mehr als gleichgeordnete Genossin neben dem Manne, sondern als seine Herrin der ihm. Eben diese Stufe ist bezeichnend fr die Blte der ritterlichen Gesellschaft; ihr entwchst jene reflektierte, entsagende, schlielich der Selbstironie zuneigende Stimmung, jener bla aristokratische Ton, der das Rittertum seit den achtziger Jahren des 12. Jahrhunderts zu kennzeichnen beginnt; mit ihrem Eintritt erstehen die zierlichen und oft gezierten Formen hfisch-konventionellen Umgangs." (Lamprecht.) 4. Noch ehe sich die ritterlichen Standesideale in Deutschland in rein nationaler Eigenart entfalten konnten, erhielt das Rittertum durch Auf-nhme der schon viel weiter ausgebildeten Formen des franzsischen Ritter-lebens einen kosmopolitischen Charakter. Zum ersten Male brachten die Kreuzzge die volle Anschauung des romanischen Ritterideals nach Deutsch-land, und im Verkehr mit den Standesgenossen aller abendlndischen Nationen gewann auch das deutsche Rittertum jenen kosmopolitischen Zug, der die nationale Eigenart zum Teil verschwinden lie hinter dem weltbrgerlichen Charakter der ritterlichen Standesehre. Vor allem aber drang der franzsische Einflu von den Niederlanden ans in Deutschland ein, und es handelt sich hierbei nicht blo um vereinzelte persnliche Beziehungen, sondern um die volle Ausnahme des hfischen und ritterlichen Ideals der Franzosen". Die Sportssprache aller ritterlichen bungen wird französisch", ebenso die Neimen der Kleidung, der Tnze, ja die Bezeichnung des neuen Ge-sellschaststreibens selbst im Gegensatz zu dem alten Leben des land-bauenden Adels wird dem Franzsischen entnommen; h visch und trperlich sind nur bersetzungen der lngst ausgeprgten Begriffe courtois und vilain. . . . Vielleicht trug auch die Hhe ritterlichen Frauendienstes wesentlich franzsische Formen." (Lamprecht.) (Die berspanntheit der Gemter, die Romantik der Gefahren und Abenteuer, der sinnliche Zug in der Minne.) Ii. ver Charakter der ritterlichen Gesellschaft zu ihrer Bltezeit. 1. Die Verehrung der Frau entwickelte sich zum Kultus einer Halb-gttin". Selten gewhrte die von ihrem Ritter besungene Herrin dem Schmachtenden die Aussicht des Genusses ihrer Minne; es erschien vielen schon genug, ein freundliches Wort aus holdem Munde" zu hren. Diese Haltung des Ritters fhrte zur raffiniertesten verstandesmigen Zergliederung der Liebesempfindungen, zur Scholastik der Minne". 2. Der neuen Stimmung entsprach alsbald ein neuer Kodex des ge-sellschastlichen Lebens und bei ernsteren Naturen vielfach auch des sitt-liehen Daseins. Er mute bei der Geschraubtheit der gesellschaftlichen

4. Das Zeitalter der Hohenstaufen und der Kaiser aus verschiedenen Häusern - S. 284

1914 - Berlin : Union Dt. Verl.-Ges.
- 284 — 2. Beginn nationaler Gegenwirkungen gegen die Ausbreitung des deutschen Elements in Schlesien (seit etwa 1260), Böhmen (1409 Gründung der Universität Leipzig, 1419 bis 1434 Hussitenkriege), Preußen (1410 Tannenberg, 1466 Friede zu Thorn). 4. Abhängigkeit der Kolonisation von den Zuständen im Mutterlande. „Nicht in blöder Unerfahrenheit wandten sich die deutschen Siedlerin die slawischen, die magyarischen Gegenden." (Lamprecht.) Die Formen, unter denen ihre Ansiedlnng erfolgte, waren daheim schon entwickelt worden. a) Es hatte sich eine neue Flurverfassung herausgebildet. Das charakteristische Merkmal der ui: zeitlichen war die Streulage des Besitzes gewesen, die die Bestellung erschwerte und den Besitzer dem Flurzwaug unterwarf (Bd. I, Seite 42 ff.). Das charakteristische Merkmal der neuen war der zusammenhängende Besitz. (Vgl. Bd. Ii, Seite 207; Bd. Iv, Seite .) „Das Ideal individnalistisch-agrarischer Tätigkeit war damit erreicht . . . ., jeder tüchtige Wirt mußte sich nach seiner Einführung sehnen." (Lamprecht.) b) Es hatte sich eine freiere Form der Landleihe entwickelte Über die ältere Form der Landleihe Bd. Ii § 32 Grundherr-herrschaft Seite 155. Ihr Grundgedanke war: Land gegen Fron und Zins. Der Bauer diente dem Herrn also mit seiner Person und seinem Gute. Bei der neuen Form der Landleihe, der „Landsiedelleihe" oder „Landleihe zu Erbziusrecht", fiel „die rechtliche Bindung feiner Persönlichkeit" fort. Er war n.ur noch „zu gewissen Leistungen vom Lande, zu Zins oder Pacht, verpflichtet". (Vgl. Bd. Iv, Seite 216.) c) Es hatte sich ein neues Hufenmaß herausgebildet. Gegenüber dem Hufenmaß der Urzeit (Bd. I, Seite 42 ff.) mar die größere Königshnfe entstanden. (Vgl. Bd. Ii, Seite 204 ff.) Sie wurde „das gemeine Maß alles zu nrbarenden Landes". (Sam-precht.) 15. Die Bedeutung der ostdeutschen Kolonisation. Sie ist „die Großtat unseres Volkes während des-Mi t t e l a l t e r s". (Lamprecht.) Ihre Bedeutung liegt auf: a) kirchlichem, b) wirtschaftlich-sozialem, c) politischem Gebiet. a) Kirchliche: Durch den Sieg des Christentums in den Slawenländern östlich der Elbe wurde die Christianisierung des heutigen Deutschland vollendet. b) Wirtschaftlich-soziale: Der große Bedarf an Siedlern führte zu eiuer Besserung der Lage der

5. Deutsche Geschichte und sächsische Landesgeschichte bis zum Ausgange des Mittelalters - S. 33

1917 - Leipzig : Teubner
14. Horns Angriff auf Germaniens Freiheit usw. 15. Oer erneute Ansturm usw. Zz In all den nach rmischem Zttuster angelegten Siedlungen entfaltete sich zum Teil unverflschte rmische Kultur. Die Pioniere derselben waren die Le-gionssoldaten. Oer Legionr schrfte im Bergwerk, er lste die Steine irrt Bruch, er brannte den Ziegel, er baute Straen, schuf Kanle: er machte das Land wohnlich fr rmischen Aufenthalt."1) (Lamprecht I, 228.) Don ihm lernten die in dem eroberten Gebiete den agri decumates oder dem Zehntland^) verbliebenen Sermanen auch eine intensivere Bewirtschaftung des Bodens und den Anbau neuer Kulturpflanzen. 3ur Sicherung der gesamten ober- und niederdeutschen Reichsgrenze dienten zu Tiberius' Zeit mindestens acht Legionen (eine Legion = 6100 Mann w Fu und 720 Heiter). Durch dieses nach damaligem Begriff ungeheure Truppenaufgebot wurde erreicht, da die Abwanderung westgermanischer Stmme nach Gallien zum Stehen kam. Zweiter Abschnitt. Vie Umgestaltung der rmischen Welt durch das Germanentum. Literatur: Dahn-v. Wietersheim, Geschichte der Vlkerwanderung. Delbrck, Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte, Bd. Ii. {jeyd, Deutsche Geschichte, Bd. I. Kmmel, Deutsche Geschichte, B. I. Lamprecht, Deutsche Geschichte, B. I. Ritzsch, Geschichte des deutschen Volkes bis zum Augsburger Religionsfrieden. Ranke, Weltgeschichte, Bd. Iii und Iv. 15. Der erneute Ansturm wandernder West- und Ostgermanen gegen rmische Grenzprovinzen. Unausgesetzten kleineren Kmpfen am Grenzwall folgte um die Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. ein gefahrdrohender Ansturm von Chatten und Hermunduren-scharen auf den Limes, der (nach Lamprecht) zu dieser Zeit nur noch von etwa 20000 Mann verteidigt wurde. Der Angriff wurde abgeschlagen. Die Stauung im Westen (vgl. 17) hatte zu gleicher Zeit die Abwanderung weiter stlich wohnender Völker nach Sden zur Folge. Markomannen und (Quaen wanderten von Bhmen und Mhren bis zur Donau weiter und erzwangen sich in den Markomannenkriegen" gegen die Kaiser Mark Aurel un Kommodus (165180 n. Chr.) en Besitz des linken Ufers der mittleren Donau. An diesem Zlusse westwrts ab-wandernde Markomannenscharen bildeten den Grundstock des spteren Bayernvolkes (Bajuvaren). 1) der diesen Arbeiten kam die militrische Ausbildung nicht zu kurz. Zu den tglichen Gefechtsbungen gefeilten sich im Monat drei bungsmrsche von je 35 km. 2) Der Name wird damit erklrt, da den germanischen Siedlern eine Steuer in hhe des Zehnten vom Ertrage ihres Grundstcks auferlegt wurde. Schenk-Gehmlich-Gnther, Lehrb.d. Gesch. Xl. V Z 1. Kmpfe am Grenzwall. Markomannenkriege. vgl. Lehrbuch Bd. I, 8.

6. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 124

1909 - Breslau : Dülfer
124 Die Geschichte des deutschen Kaiserreiches bis zur Zeit des Interregnums. Beziehungen, bei den fast unerfllbaren Forderungen, die das Ideal mann-licher Tchtigkeit an den Ritter stellte, einen konventionellen Charakter an-nehmen. . . . Tugend bedeutet jetzt gesellschaftlichen Anstand. . . . Demgem werden auch viele Handlungen, die modernen Begriffen nach gegen das Sittengesetz laufen, als nur gegen den Anstand verstoend empfunden. Der Kern des Sittlich-Schicklichen aber ward im Mahalten, in der mze, der schm, der schcenen vuoge, in der gesellschaftlichen Selbst-beherrfchung gefunden. . . . Eine solche sittlich-konventionelle Haltung bedurfte vor allem reich entwickelter Etikette, und so ergab sich fr die Erziehung des jungen Ritters als oberstes Ziel: neben eifriger Krperpflege und Waffenbung die Ausbildung zu gesellschaftlicher Reife." (Lamprecht.) Iii. verfall des Rittertums. 1. Das Ideal des Frauendienstes entartete ins Fratzenhafte. Schon die Helden der franzsifch-deutscheu Romane aus der Bltezeit, ein Lanzelot, Gavan, Erec, haben etwas von Don Quixote an sich; Herrn Ulrich von Lichtenstein aber war es vorbehalten, diese Vorbilder noch um ein erkleckliches zu bertreffen."1) (Lamprecht.) 3. Den Jahren bertriebener Franenverehruug folgte eine Zeit, in der die leidenschaftliche Sinnlichkeit in den Kreisen der Dorfschnen Befriedigung suchte. (Neidhardt von Reuenthals Lyrik.) Gottfried von Straburg klagte: Minne, aller herzen knigin, diu ist umb lcouf gemeine. 3. Mit dem Frauenideal ging auch das Ideal ritterlicher Mnnlich-keit verloren. . . . Kleinliche Interessen der nchsten Umgebung und die, wenn bermig getrieben, zu rohem Genuleben fhrende Jagd fllten jetzt das Dasein des Ritters ans; das hfische Treiben verschwand trotz aller Wahrung der sozialen Auenformen; wste Vllerei, der Kultus des Trinkens zog als etwas vllig Neues in die bis dahin edlerem Verkehr gewidmeten Rume der Burgen. . . . Die Fronen wurden zu Frmmlerinnen." (Lamprecht.) 4. Der wirtschaftliche Ruin beschleunigte den geistigen und sittlichen Verfall. Die Ritter verarmten ungeachtet des Steigens der Bodenrente; die Ab-gaben der hrigen Bauern waren trotz des gesteigerten Wirtschaftslebens dieselben geblieben wie frher, und somit waren die Grundherren nicht mehr im Genu der vollen Bodenrente. Die verarmten Ritter aber fristeten ihr Leben vielfach als Ruber und Buschklepper. Erst mit dem Emporkeimen des Humanismus wird in Deutschland die Jahrhunderte alte Versumpfung des mittleren und niederen Adels berwunden." (Lamprecht.) 40. Die mittelalterlichen Stbte. I. Das Brgertum ist gegen Ausgang der staufischen Kaiserzeit zu einem sehr wesentlichen sozialen und politischen Elemente der Nation ge-worden. (Nachweis aus der Geschichte der Salier und Staufer.) *) S, Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit.

7. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 217

1909 - Breslau : Dülfer
Die Bauernkriege. 217 7. Luther stellte sich anfnglich (in seiner Schrift Ermahnung zum Frieden auf die zwlf Artikel") weder auf die Seite der Fürsten noch auf die der Bauern. Streng verurteilte er jedoch den schwrmerisch-religisen Charakter der Bewegung: Lgenprediger und falsche Propheten" haben das Evangelium mit revolutionren Forderungen verknpft. Luthers Stand-Punkt war folgender: energischer Kampf gegen die schwrmerische Be-wegung, wo nur immer sie mit der Revolution verquickt erschien; Mahnung zum Frieden an alle, die die Grenzen herkmmlichen Rechts berschritten; entschiedenste Verdammung derer, die sich gegenber Rechtsberschreitungen der Obrigkeit gewaltsam, etwa gar auf religise Motive gesttzt, Recht zu ver-schaffen suchten". (Lamprecht.) Als dann die Bauern in blutiger Freveltat ihre langjhrige Knechtung an den Grundherren rchten, erschien Luthers Schrift Wider die mrderischen und ruberischen Rotten der Bauern". Es ist eine ergreifende Mahnung an die Fürsten, vor allem die evangelischen, nochmals den Versuch gtlicher Verhandlung zu machen, sollte er aber scheitern, dann auch keinen Augenblick zur blutigen Unterdrckung der Revolution zu verlieren. ... Es war die Sprache eines stahlharten Herzens, ... sie trug Luthern den bittersten Ha ein, aber niemals hat er sie verleugnet." (Lamprecht.) 8. Luthers Stellungnahme kam den Fürsten zugute, und sie unter-drckten denn auch die buerliche Erhebung mit blutiger Strenge. a. In Schwaben schlug 1525 der Heerfhrer des schwbischen Bundes die Bauern und beruhigte das Land in kurzer Zeit. b. Ebenso besiegte er die niederschwbischen Bauern bei Bblingen. c. In Franken konzentrierte sich der Entscheidungskampf um Wrzburg. Hier erlagen die Bauern bei Knigshofen und bei Sulzdorf; Wrzburg und Rothenburg wurden erobert. d. In Thringen zersprengten die Fürsten von Hessen, Sachsen und Braunschweig die von Thomas Mnzer angefhrten Bauern bei Franken-hausen 1525. Vii. Nur teilweise war es den Bauern gelungen, ihre Forderungen erfllt zu bekommen. Durch die Art, wie fast berall die Emprung unter-drckt worden war, grausam, in rohem bermut, in Freveln, welche die Aus-schreitungen der Bauern weit bertrafen, waren sittliche Haltung und materielles Dasein der Bauern auf lange geschdigt. Barbarisch wirkten noch auf Jahre hin die Strafen, die man der Schuldige und Unschuldige verhngt hatte, und schwer lastete auf den unglcklichen Drfern die ratenweise Zahlung von Ent-schdigungen und Kontributionen." (Lamprecht.) Allerdings beschftigte sich sogar das Reich noch einmal mit der buerlichen Notlage, der Reichstag von Speier 1526 brachte eine ganze Anzahl von Reformvorschlgen, sogar die Ablsung der Leibeigenschaft; aber es blieb bei den bloen Vorschlgen. Dagegen nahmen sich wohl einzelne Fürsten in ihren Territorien des Bauernschutzes an. Jedoch die Wurzeln des bels vermochten sie nicht zu vernichten. Hier konnte nur ein vollkommener Einsturz der agrarisch-grundherrlichen und ein Neubau der agrarisch-autouomen Ver-fafsung helfen, wie sie erst das 19. Jahrhundert erlebt hat." (Lamprecht.)

8. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 130

1909 - Breslau : Dülfer
130 Geschichte des Deutschen Reiches vom Interregnum bis zur Reformation. trat, mute das Reich durch verselbstndigung der lokalen Trger der Staats* gemalt in eine Anzahl selbstndiger politischer Mchte zerstckelt werden. Diese Entwicklung, die Bildung selbstndiger frstlicher Gewalten in den einzelnen Territorien, begann sich in Deutschland schon im (3. Jahrhundert zu vollziehen. 2. Die Grundherrschaft des einzelnen Fürsten kann als der eigentliche Kern fr die tatschliche Entwicklung eines geschlossenen Territorialbezirks gelten." Die Grundherren brachten das zwischen ihren oft weit verzweigten Hufen liegende Land unter ihre Botmigkeit und rundeten so ihr Gebiet ab. Bald begannen sie auch dessen staatliche Ausgestaltung, indem die Gerichtsbarkeit den Meiern entzogen und besonderen Dienern bertragen wurde. 3. mannigfache Schutzgewalten aber boten Gelegenheit, noch weit der die Grundherrschaft hinaus Rechte auszuben, welche als die Anfnge landesherrlicher Gewalt galten (Dogteten der geistliche Gter, Schutzgemalten der einzelne Leute und ganze Gemeinden). der Grundherrschaft und Schutzlnder aber nahm der Fürst dann gleichmig die oberste Macht in Anspruch, und so erschien er den eingesessenen Untergebenen gar bald nicht mehr als Grundherr oder Vogt, sondern als Herr des Landes." (Lamprecht.) q.. Auch die hheren sozialen Schichten wurden nach Mglichkeit in Abhngigkeit gebracht (Verleihung von Lehen an Freie und niedere Adlige). So galt bald der grte Teil der weltlichen und geistlichen Aristokratie als zum frstlichen Lehnsverbande gehrig. Der Adel aber, der seine Reichsunmittelbar-keit zu erhalten mute, geriet spter in einen Gegensatz zu den Fürsten, der ihm in den Kmpfen zur Zeit der Reformation meistens seine Selbstndigkeit kostete. 5. Dadurch, da die Fürsten schlielich noch die hchste Staatsgewalt zu erwerben wuten, wurden die Bewohner ihrer Territorien zu Untertanen. Die Fürsten waren fast stets von alters her im Besitze der Grafengewalt und bten kraft dieser eine Flle staatlicher Rechte aus". Und ferner waren sie durch Gnadenbeweise der Kaiser, durch Umdeutung grundherrlicher und vogteilicher Rechte in eine mehr souverne Auffassung, nicht zum mindesten auch durch nackte Usurpation vielfach zu voller landesherrlicher Gemalt auch der solche Strecken ihres Besitzes gelangt, fr die sie Grafenrechte von vornherein nicht besaen." (Lamprecht.) So bten sie die landesherrlichen Rechte der Finanz-, Kriegs- und Gerichts-hohett tu ihren Territorien aus, und dem Knigtume waren diese Rechte somit vllig entzogen. Ii. Die Lntmicklung der Landesverwaltung. Die (Elemente, aus denen sich die lokalen frstlichen Verwaltungen ent--wickelt haben, sind a. die Burggrafsch af te n, b. ltere staatliche und grundherrliche Verwaltungen. a. Zum Zwecke der Landesverteidigung hatten die Fürsten ihre Territorien militrisch besetzt, d. h. zahlreiche Brgert erbaut oder erworben, ihrem Schutze das umherliegende Land unterstellt und so das ganze Territorium in eine Anzahl von Burgwartbezirken eingeteilt. Die Besatzung der Burgen mar dem Fürsten unter einem strengereu Lide als dem Lehnseid verpflichtet; sie wohnte in oder doch in der Nhe der Burg und bildete unter dem Befehle eines Burggrafen eine ge-schlossene Genossenschaft eigenen Rechts und Gerichts. Der Burggraf war auch der militrische Fhrer der Ministerialen und des Landesaufgebots des ganzen Bezirkes. So bildete sich aus den militrischen Bedrfnissen heraus um die Burg ein bestimmter Bezirk burggrflicher Gemalt", es entstand eine allumfassende Landeseinteilung in burgliche Kreise". b. von frherer Zeit her bestanden in den Territorien ltere Verwaltungen staatlicher und grundherrlicher Herkunft; das Reich hatte fr die Rechtspflege hhere und niedere Gerichtsbezirke, Hoch- und Untergerichte geschaffen, und die gruudherr-

9. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 210

1909 - Breslau : Dülfer
210 Deutsche Geschichte in der Reformationszeit bis zum Dreiigjhrigen Kriege. a. Die Fürsten hatten unterdessen die revolutionre Erhebung des Adels zurckgeschlagen, ohne da das Reichsregiment sie dabei energisch untersttzte, und hatten daher kein Interesse mehr an der Existenz des Reichsregimentes. Sie, nicht mehr das Reich und das Reichsregiment bestimmten nun den inneren Gang der Entwicklung", und sie konnten ihre Interessen am besten in gelegentlichen freien Vereinigungen vertreten. Daher hatten sie fr eine oberste Reichsbehrde berhaupt keinen Sinn mehr; sie besuchten die Zu-sammenknste des Reichsregimentes nicht mehr und schlugen sogar dessen Auf-lsung vor. b. Indem nun der Kaiser und sein Statthalter fr dasselbe, als das letzte wenigstens noch symbolische Einheitsinstitut", eintraten, verlor das Reichs-regiment bei der Nichtbeteiligung der Fürsten seinen fderativen Charakter und wurde eine kaiserliche Behrde. Ein Frstenstand, der keinerlei sozial und politisch ebenbrtige Kreise im Reiche mehr neben sich sah, weder Brger noch Ritter: was bedurfte er noch stndischer Institutionen im Reiche? Er war sich selbst genug; nur seiner Libertt lebend, nur seine Souvernitt erstrebend, mute er jede fderalistische Fessel, sogar die selbstgeschmiedete, sprengen. Das war nun geschehen; mehr als je bisher waren die Schick-sale der Nation den einzelnen Fürsten anvertraut." (Lamprecht.) 63. Die revolutionre Erhebung des Reichsadels. Der reichsfreie Adel sucht seiner gefhrdeten Existenz in einer gegen die geistlichen Fürsten gerichteten Erhebung durch gewalt-same Skularisationen eine neue Grundlage zu verschaffen, erliegt aber der frstlichen bermacht. 1. Der Adel war in einen seine Existenz bedrohenden Verfall geraten, weil er die sozialen und politischen Vernderungen der letzten fnf Genera-tionen ignoriert hatte" (vgl. 50, I, 2). a. Seit dem Verfalle des ritterlichen Kriegswesens war dem niederen Adel sein eigentliches soziales Lebensziel entzogen. ... Die Meinung auch ruhig denkender Männer war daher, da er in dem Brgerstand aufgehen msse". b. Der Adel blieb aber weit davon entfernt, seinem Verfalle vorzu-beugen durch ein solches neues Ideal nationalen Dienstes. ... Er begann endgltig geldwirtschaftlichen Erwerb zu verabscheuen; er vermied es auch, Landwirtschaft im groen zu treiben wie der Adel der Kolonialgebiete. Un-beweglich horstete er auf seinen Burgen in starrem Konservatismus; wie bisher sollte ihn auch ferner der grundholde Bauer ernhren. Damit knpfte er sein Schicksal an das wirtschaftliche Schicksal der buerlichen Welt, und da er von deren berflu lebte, so mute ihn das volle Unglck seiner Grundholden im 15. Jahrhundert noch frher treffen als diese selbst. Seit etwa 1450 ist dieser Zusammenhang klar; das Dasein des Adels wird wirtschaftlich er-brmlich, sittlich verworfen; ganz anders als bisher tritt das Raub-ritterwesen auf und wird als berechtigt betrachtet". (Lamprecht.) 2. Das Erstarken des Territorialfrstentums fhrte ein feindliches Ver-hltnis zwischen Adel und Fürsten herbei. a. Die Fürsten traten im Interesse des Wohlstandes ihrer Territorien dem Raubritterwesen energisch entgegen und suchten, um ihre Territorien abzu-runden, die Unabhngigkeit des Reichsadels innerhalb ihrer Gebiete zu brechen.

10. Deutsche Geschichte und sächsische Landesgeschichte bis zum Ausgange des Mittelalters - S. 42

1917 - Leipzig : Teubner
42 Erster Zeitraum. Geschichte der Germanen Unter Geiserichs schwachen Nachfolgern sank das wandalische Reich schnell von seiner Machthhe herab. Das Volk, vornehmlich der reichgewordene Hdel, verfiel in grte ppigkeit. Es ergab sich vllig den prickelnden Verfhrungen der rmischen berkultur und ging daran zugrunde (Lamprecht, I). Sowohl Theoderich der Groe wie der ostrmische Kaiset Justinian richteten ihre Blicke auf das Ivandalenreich. Nach Theoderichs Tode benutzte Kaiset Zustinian eine Thronstreitigkeit, in deren Verlauf er von einer Partei um Hilfe an-gerufen wurde, als Votwand zum bewaffneten Einschreiten. 533 wurde König (Mimer, ein sentimentaler Schwchling (Brotschwamm Harfe) nach tapferem Widerstnde der wandalischen Streitkrfte durch das germanische Soldheer des ostrmischen Zeldherrn Belisar gefangen genommen und nach Konstantinopel gebracht. Nordafrika wurde eine ostrmische Provinz. , achen des Verfalls lagen auf sittlichem, auf sozialem und auf staatlichem Gebiete. Die Einfhrung des Christentums hatte dem seit Brutus' Zeit verderblich um sich greifenden Sittenverfall im rmischen Volke nicht Einhalt zu tun vermocht. Wahre christliche Frmmigkeit war diesem Volke ebenso fremd wie die strenge Tugend eines dato. Die Verderbtheit war so allgemein, da Rechtschaffen-heit eines einzelnen Mannes Aufsehen, aber hufiger noch hmischen Zweifel oder bissigen Spott erregte. Ein solches Volk war gnzlich ungeeignet und unfhig, die Herrschaft der die damals bekannte Welt aufrecht zu erhalten. Die sozialen Gegenstze waren im Laufe der Kaiserzeit immer grer geworden. Oer Mittelstand, das wirtschaftlich krftige und selbstbewute Brgertum und der Stand der freien Gutsbesitzer, war fast verschwunden. Arm und Reich, senatoriale Geschlechter auf weiten Latifundien und landsuchende Bettler standen sich gegenber. Die Städte schrumpften ein, und weithin, kleine Reiche bildend, erstreckten sich die geschlossenen Latifundien der Groen. Die Stelle des unabhngigen Gutsbesitzers vertrat der durch kurzfristigen pachtver-trag an die Scholle gebundene hrige Pchter. Unbersehbar war die Menge der Sklaven in Stadt und Land. Diese hunderttausende kannten kein Nationalge-fhl, keine Liebe zur Heimat. Ihnen war es auch gleichgltig, in wessen Hnden die Regierung des Landes lag. (Nach Lamprecht, I.) lung von einem geistlichen Abgeordneten gemnzt, der gegen die rohe Zerstrungswut des franzsischen Pbels gegenber Kirchen, Klstern und anderem geistlichen Besitz protestierte, dabei vermutlich aber gar nicht die Plnderung Horns, sondern die Verwstungen der Wandalen und Sueben auf ihrem Zuge durch Gallien im fluge hatte. 19. Der Untergang es Westrmischen Kaisertums. vgl. Lehrbuch Bd. I, S. 23. 28. 1. Der sittliche verfall. 2. Die sozialen Mistnde.

11. Deutsche Geschichte und sächsische Landesgeschichte bis zum Ausgange des Mittelalters - S. 139

1917 - Leipzig : Teubner
46. Die letzten Auseinandersetzungen des deutschen Knigtums mit dem Papsttum usw. 139 2. Oer Ausgang des Kampfes zwischen Knigtum und Frstentum im spteren deutschen Mittelalter. a) Der Abschlu der Entwickelung der frstlichen Laudeshoheit. Die Erstarkung des Frstentums war ein geschichtlicher Vorgang, dessen Verlauf seit der zunehmenden vererblichung der groen Reichslehen selbst die gewaltigsten Herrscher auf dem deutschen Knigsthrone hchstens verzgern, nicht aber hatten aufhalten knnen. Die machtlosen Wahlknige des spteren Mittel-alters standen ihm vllig hilflos gegenber. Zollrecht, Mnz-, Markt-gerechtigkeit, berhaupt alle einst kniglichen Regale waren allmhlich in die Hnde der Fürsten bergegangen. Seit dem Interregnum kam auch die kaiserliche Gbergerichtsbarkeit immer mehr in Vergessenheit. Gegen Ende des Mittelalters war tatschlich jeder grere deutsche Krst in seinem Lande unumschrnkter Herr, wenn er nur die Macht besa, sich gegenber dem Kaiser oder seinen frstlichen Nachbarn durchzusetzen. Das malose Z eh deunwesen jener Zeit lt erkennen, da selbst die unbeschrnkte Kriegfhrung von allen Fürsten als ein ganz selbstverstndliches Recht angesehen wurde. So war auch das letzte und erhabenste Ziel", das das frhere Mittelalter dem deutschen Knigtum gesetzt hatte, die Zriedenswahrung, diesem verloren gegangen. Seit dem aussterben der Hohenstaufen war es offenkundig, da das rmische Kaisertum nichts anderes mehr war, als eine der deutschen Nation berkommene Summe nicht mehr vllig zu verwirklichender Ansprche (Lamprecht Iv, 116); aber auch das deutsche Knigtum war nicht viel mehr als ein bedeutungsloser staatsrechtlicher Legriff. Die eigentliche Reichsgewalt lag am Ende nicht mehr bei ihm, sondern bei einer Zrstengruppe, die sich im Laufe der Zeit fast unmerklich aus der brigen Zrstenschaft herausgehoben hatte, den Kurfrsten. b) Das Nurfrstenkollegium und die Regelung des Verfahrens bei Knigs-whlen. 1. Das bisherige Wahlverfahren. Bis zum Jahre 1356 gab es keine geschriebenen staatsrechtlichen Bestimmungen der die deutsche Knigswahl. Lamprecht Iv, 23: Das Wahlrecht verquickte sich mit einem Erbrecht der einmal zur Herrschaft gelangten $amilie: es war nur eine Auswahl aus den innerhalb dieser $am zu Gebote stehenden Erben." Ausschlaggebend war also das Wahlrecht. Das Wahlverfahren galt als Nebensache, vielfach einigten sich die Kaiser mit den ans einem Hostage versammelten grsien der den Thronsolger. In "deren fallen whlten auf Reichsoersammlungen die gisien, nd das anwesende Volk zei^e seinen Beifall. Zuweilen forderten die vier Stmme d-r ^ " n, S a ch s e n, Sran und Schwaben fr sich das Recht, je einen Thronkandidaten d-n Znrsten zur Auswahl und zur Schlutzroahl vorschlagen zu 2m Sachsen- fpiegel wurde dieses Vorschlag-recht den kleineren geistlichen und roelt-

12. Bd. 3, Abt. 2 - S. 95

1891 - Cöthen : Schulze
— 95 — Weise erhielt er seine Unterthanen in seinen Besitzungen fort und sort. Gest. Trev. cap. 229. (Lamprecht, Deutsch. Wirtschstsl. I S. 596 n. 3.) 133a. Item 1437 jar . . . bo erfror der wein . . . und was lang kalt. Darnach was große theurung ititb Hunger an körn allenthalben, und ein snmmer (Getreidemaß) körn galt hie (in Nürnberg) gern 28 Pfunb und 30 Pfunb. Do thetten unser Herren (der Rat) hie bte gemaineu böben auf, ein summet umb 24 Psunb der gemain hie, keinem gast (Nichtbürger) nicht ober auß der statt. Die gemain murmelte ser, bai’umb thett man es. Und bte statt machten selber vil pftsterey (Bäckerei) manchen enben und ließen brott dachen, das gab man hie zu kaufen ieberman. Stabtechron. I S. 398. 133b. (1438, Mai 12., schreibt der Nurnb. Rat an bte Augs- burger über btefe Maßregeln:) . . . wir (sinb) darynnen unserm alten herkomen nachgegangen. Wol haben wir bey den tewren Zeiten her bei) uns in gut bestellt gehabt, baz wir unsrer gemeyn getraib in ehötemangen osen pafen und unsrer gemepn söllich brot umb ein zymlich (ntäßiges) gelt mitteilen und geben haben lassen, baran wir nicht gewinus gehabt haben. Stabtechron. 1 S. 456. 134. (Um 1329. Kurfürst Balbuiu von Trier) ließ bte Wege bei Kochern . . . (Moseluferstraße), auf benen kaum ein lebtges Roß geführt werben konnte, berart erweitern, daß sie nunmehr ein Saumroß ober ein belabener Esel ungefahrbet beschreiten bürsten. Gest. Trev. cap. 255. (Lamprecht, Deutsch. Wirtschstsl. Ii S. 242 n. 4.) 135. (1509. In der Trierer Kellnereiorbnung wirb bestimmt, daß) slege (Schlagbäume), straeißen und graeben baerzu benenbe in baue gehalten und be nebenstraeißen vergraeben und verbuet werben, also das unsers genebichten Hern zollen ntt enzoegen wirb. . . . Lamprecht, Deutsch. Wirtschstsl. i. M.-2l Iii N. 280 § 29. 136. (1482.) Zur selben Zeit machten bte Fürsten in Meißen eine Orbnung und Reformation in vielen beit Kleiberluxus und den Schmuck der Frauen und Jungfrauen betreffenben Stücken, sowie zur Unterdrückung der Wirtshausfchmausereien und der Verschwenbung bei Hochzeiten, ferner zur Regelung des Gesinbewesens und der Löhne und Preise. . . . Mart. Doering, Contin. Chron. Theod. Engelhus ad a. 1482. Mencken Iii p. 36.

13. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 4

1909 - Breslau : Dülfer
4 lteste deutsche Geschichte. deutschen Bauern. Als dritter tritt spter der Kriegsgott Ziu hinzu, Die wichtigsten Götter aus dem Geschlechte der Wanen sind: die Erdmutter Hel, Fro und Fronwa (Nerthus), die Götter des Sonnenlichts und der Wrme.') Iii. Die staatlichen Verhltnisse der Germanen. (Nach Lamprecht, Deutsche Geschichte.) 1. der die Formen des staatlichen Daseins der germanischen Völker in der Urzeit vermag die Geschichtsforschung nichts zu verbrgen. Es darf aber angenommen werden, da die Geschlechterverfassung die lteste Lebens-form auch der germanischen Völker gewesen ist. Aus der Ursamilie erwuchs der Stamm, welcher alle Abkmmlinge der Ursamilie unter der Leitung des Stammesltesten zu einer ersten staatlichen Daseinsform zusammenfate. Die Unmglichkeit, die zahlreiche Generation des Stammes in einer Wirtschafts-gemeinfchaft zu erhalten, fhrte zu einer Trennung in Gruppenfamilien, Geschlechter, deren natrliche Fhrer die Geschlechtsltesten waren.2) 2. Die ersten geschichtlichen Berichte der die staatlichen Lebensformen der Germanen nennen Vlkerschaft, Hundertschaft und Familie als die Organe der Staatsverfaffung. Vermutlich waren die Hundertschaften aus den alten Geschlechtern, die Vlkerschaften aus den Stmmen hervorgegangen. Anmerkung. Die wichtigsten westgermanischen Vlkerschaften sind folgende. 1. Jngwonische: Kimbern, Teutonen, Friesen, Chauken, Sachsen. 2. Jstwonische: Marser, Sigambrer, Brukterer, Cherusker, Chatten, Bataver, 3. Herminonische: Hermun-dnren, Markomannen, Quaden, Langobarden, Semnonen. a. Die Familie stand unter der Munt, dem Schutze des Hausherrn; es gehrten dazu nicht nur Frau und Kinder des Hausvaters, sondern auch dessen unverheiratete Schwestern und die verwitwete Mutter. Alle die Familien, deren Blutsverwandtschaft noch nachweisbar war. bildeten eine Sippe. Die Sippe war ein berrest der alten Geschlechtsverbnde, und vielfach erwies sich in Recht und Friedensschutz das alte geschlechtlich-staatliche Interesse noch strker als das des neuen Vlkerschaftsstaates. b. Die Hundertschaft war vermutlich aus den oben erwhnten Ge-schlechterstaaten hervorgegangen, erschien aber zur Zeit Csars vornehmlich als eine militrische Abteilung, die etwa 100 bis 120 Familien, eine oder ge-wohnlich mehrere Sippen umfate. Der Ausdruck Gau" bezeichnet nicht etwa ein gesellschaftliches Ganzes, sondern das Gebiet einer Hundertschaft. Der Fhrer der Hundertschaft war der Huptling (hunno). Seine Stellung war offenbar aus der des ehemaligen Geschlechtsltesten hervor-gegangen. Er wurde von allen Hundertschaften der Vlkerschaft gewhlt aus einer der Familien, in denen das Anrecht auf die Fhrerschaft von alters Her erblich war. Jedoch war hervorragende Tchtigkeit die Vorbedingung fr die Wahl. Der Huptling besa mehr eine Vertrauensstellung als ein Amt. Er war der gegebene Schutzwalt aller Unmndigen, der Gerichtsvorstand und der Heerfhrer seiner Hundertschaft. Irgendwelche Herrscherbefugnisse aber besa er nicht. Etwaige fr die Hundertschaft verbindliche Maregeln konnten nur auf Beschlu des Gaudinges getroffen werden. Die freiwilligen Gaben, 1) Genaueres der die Religion der Germanen s. Dahn, Urgeschichte der germa-nischen und romanischen Vlkerschaften. I. Bd. S. 124-135; Lamprecht, Deutsche Geschichte. I. Bd. 2) Genaueres der die Entwicklung der staatlichen Verhltnisse in der Urzeit s. bei Lamprecht a. a. O. I. Bd. S. 79121.

14. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte von 1648 bis 1815 - S. 4

1910 - Breslau : Dülfer
4 Kolonisation Ostdeutschlands und Vorgeschichte Brandenburg-Preußens. Kirche durchaus unabhängigen nationalen Kirche schaffen ließen. Da unter- lag dieses neue slawische Großreich dem Angriffe der mit König Arnulf von Kärnten verbündeten Awaren, welche durch ihre Ansiedlung in Ungarn die nördlichen und südlichen Slawen voneinander trennten. „Noch heute bedeutet das nationale Dasein der Magyaren den lautesten Protest gegen den Gedanken eines slawischen Universalreiches." (Lamprecht.) 6. Der letzte Versuch des Slawentums, ganz Ostdeutschland zum Bestand- teile eines slawischen Großreiches zu machen, ging von den Polen aus. Um das Jahr 1000 begann der mächtige Polenherzog Boleslaw Chrobry mit anfänglichem Erfolge seine Herrschaft über die benachbarten Wenden, Pommern und Tschechen auszudehnen. Wenn aber schon dieser gewaltige Fürst der Hindernisse nicht Herr zu werden vermochte, die der Verwirklichung seiner Pläne durch die energischen Angriffe Kaiser Heinrichs Ii. und durch die Feind- schaft des Liutizenbundes und der Russen entgegengestellt wurden (vgl. I. Tl. § 20), so gelang es seinen unbedeutenderen Nachfolgern gegenüber der ge- waltigen Machtstellung des salischen und staufischen Kaisertums nicht einmal, die politische Selbständigkeit des Polenreiches zu behaupten. 4. In sozialer Beziehung galt für die Slawen ebenso wie bei den Germanen anfänglich der Grundsatz der Gleichordnung aller männlichen Mitglieder des Geschlechterstaates. „Ursprünglich haben sie den Unterschied von Ständen nicht, sie sitzen in kleinen Dorf- und Stammgemeinschaften unter gewählten Ältesten." (Droysen.) Erst nach dem Aufkommen fürstlicher Gewalten, die sich der weiten zwischen den Gebieten der einzelnen Geschlechtsverbände liegenden Ländereien bemächtigten, entstand eine Schicht halbfreier oder höriger Elemente. Dem ausgedehnten Grundbesitze der fürstlichen Geschlechter „strömten nunmehr jüngere Söhne der Familien- dörfer, Abenteurer, schließlich auch deutsche Siedler zu. Sie traten damit in den ersten Jahrhunderten durchaus in die Gewalt der Ältesten, sie wurden fürstliche Hörige; neben den Altfreien der Geschlechtsdörfer erwuchs ein zahl- reicher Stand halbfreier Männer". (Lamprecht.) 5. Das wirtschaftliche Leben der Slawen charakterisiert sich ursprünglich durch rein kommunistische Formen. Sippen- und ge- schlechterweise hatten sich die Einwanderer in dem östlichen Deutschland ange- siedelt; „jede Familie oder Sippe bildete unter dem Geschlechtsältesten (Zupan, Starost) ein besonderes Dorf, dessen Höfe im Kreisrund oder in einer breiten Gasse, mit dem Blick auf den inneren Raum erbaut wurden. Ihre Insassen lebten anfangs im vollen Kommunismus der ländlichen Arbeitsmühen und des Ertrages; erst die Urenkel, die Nachkommen der dritten Generation des ur- sprünglich besiedelnden Ältesten, pflegten zu teilen und nach der Zahl ihrer Großväter neue, kleinere Kommunionen zu begründen, die sich dann in den kommenden Geschlechtern unter immer weiteren Teilungen forterbten. Es war ein Leben, das sich aufs engste an die natürlichen Bedingungen der Erzeugung und Verwandtschaft anknüpfte; soweit es öffentliche Interessen kannte, waren diese an das Geschlecht gebunden; die Einheit ward hergestellt durch die ab- solute patriarchalische Gewalt des jeweiligen Ältesten". (Lamprecht.) In der Bodenkultur standen die Slawen jedenfalls hinter ihren germanischen Nachbarn weit zurück; ihre mit Kühen bespannten Hakenpflüge vermochten nur leichtere Böden zu bearbeiten, während Urwald, Bruch und Moor unbebaut liegen blieben. Zwischen den einzelnen slawischen Siedlungen

15. Neueste Geschichte von 1815 bis zur Gegenwart - S. 248

1911 - Breslau : Dülfer
248 Die Lsung der deutschen Frage. c* Telegraphenwesen erhielt mit Ausnahme Bayerns und Wrttembergs durch das ganze Reich eine einheitliche Organisation (Staatssekretr Stephan). d. Die Bemhungen des Fürsten Bismarck, auch das Eisenbahn-wesen der Verwaltungshoheit des Reiches zu unterstellen, scheiterten; es kam nur zur^Begrndung eines Reichseisenbahnamtes (1873). Indes auch ohne die Verwirklichung des schon damals vergebens er-trumten Ideals der Reichseisenbahnen war die bermacht des Reiches in der Regelung des Verkehrswesens nunmehr unbestritten, und damit waren bei dem wesentlich verkehrspolitischen Charakter des auskommenden modernen Wirtschafts-lebens alle wirtschaftlichen Interessen allgemeinster Art der Frsorge des Reiches weit mehr unterstellt, als die Verfassung dies vorausgesehen oder etwa aar festgelegt hatte." (Lamprecht.) B. Noch durchgreifender und grndlicher vollzog sich die Zentralisierung auf dem Gebiete des Rechts Wesens; hier entwickelte sich der den Einzelstaaten die vllige Rechtshoheit des Reiches. a. Schon die Zeiten des Norddeutschen Bundes hatten mit der Schaffung emes gemeinsamen Handelsrechts und eines Oberhandelsgerichts in Leipzig (1869) die Gerichtshoheit der Einzelstaaten durchbrochen. b. 1871 beantragte der Reichstag die Einfhrung der Rechtseinheit im Reiche fr Strafrecht, Strafverfahren, brgerliches Recht und Gerichts-Organisation, und der Bundestag gab diesem Antrage (1873) fast einstimmig seine Genehmigung. 1876 setzte Bismarck die Annahme der Reichstags-beschlusse der eine neue, gemeinsame Zivil- und Strafprozeordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz im Bundesrate durch. 1879 wurde das Reichsgericht ln Leipzig erffnet. Mit dem 1. Januar 1900 trat auch das lanaerwnschte Brgerliche Gesetzbuch in Kraft. c. Seit Einfhrung der Justizgesetze bildet das Gebiet des Deutschen Reiches insofern das Gebiet einer Gerichtsbarkeit, als jeder Einzelstaat durch seine Landesgerichte eine gerichtliche Herrschaft der das ganze Reich ausbt: die Gebote und Verbote jedes Gerichts werden berall befolgt, aber er bt diese Herrschaft nicht aus eigener Gewalt aus, sondern der Quell seiner Gewalt ist das Reich und seine Hoheit." C. Aber auch innerhalb der Bundesfunktionen des Reiches selbst hat sich der anfangs gemeinte Staatenbund unter Preuens Fhrung in sehr bemerkenswerter Weise zum Bundesstaat der allen Partikular-staaten. auch der Preußen, entwickelt. Die Entwicklung, die hier verlaufen ist, schlo sich vornehmlich an den Betrieb der auswrtigen Angelegen-heiten und an das Heerwesen, noch mehr aber an die innere Ver-waltung und an die Finanzen an." (Lamprecht.) a. Die Leitung der auswrtigen Politik war von vornherein ein-heitlich geplant, sie wurde von dem preuischen Ministerium des Auswrtigen bernommen, daneben aber blieb fr die Einzelstaaten das Gesandtschaftsrecht erhalten, und im Bundesrat wurde ein Ausschu fr die Kontrolle der aus-wrtigen Politik eingerichtet. Jedoch neben der unvergleichlichen Meisterschaft, mit der Bismarck die Leitung der auswrtigen Geschfte handhabte, blieb die Ttigkeit des Bundesratsausschusses ohne Bedeutung; die Einzelstaaten aber zogen ihre auswrtigen Gesandtschaften zum Teil ein, Baden verzichtete sogar auf ein Ministerium des Auswrtigen.

16. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 121

1909 - Breslau : Dülfer
Die Kreuzzge. 121 trachtet und haben ihnen Schwierigkeiten bereitet, als die Kreuzfahrer nicht die Werkzeuge ihrer imperialistischen Absichten sein wollten. 4. Die sittliche Entartung, in welche die syrischen Franken durch die Berhrung mit den Lastern des Morgenlandes gerieten, beschleunigten den Verfall ihrer Staatsgrndungen. Den Bewohnern der Kreuzfahrerstaaten ist keine Schurkerei, Wollust und Gotteslsterung fremd geblieben", und somit verloren die christlichen Herrschaften die Kraft des Widerstandes gegen die Angriffe der Sarazenen. Iv. Die Bedeutung der Ureuzziige fr das Abendland. Die Opfer, welche die Kreuzzge von dem Abendlande forderten, werden aufgewogen durch den von ihnen veranlaten allgemeinen Kultur-fortschritt. 1. Vor allem wirkten die neuen Erfahrungen der Kreuzzge auf religisem Gebiete. War den Vlkern des Okzidents die rmische Kirche bisher als die ein-zige religise Heilsanstalt erschienen, auer der keine zweite zu denken sei, so lernte man nun in der griechischen Kirche immer mehr eine Schwesterkirche der rmischen Kirche kennen und konstruierte sich auch die religisen Ein-richtungen und Anschauungen der Moslemin nach christlichem Beispiel; die heimische Kirche erschien nicht mehr als allbeherrschendes Institut des irdischen Daseins. Es war eine geistige Haltung, die ohne weiteres der Emanzipation des nationalen Gedankens aus dem christlichen zugute kommen mute. . . . Vor allem aber war es eine Richtung, die zur Ab-Wendung vom speziell Kirchlichen fhrte; denn noch waren Christentum und Kirchentum vollkommen identisch." (Lamprecht.) 2. Die Kreuzzge trugen auch bei zur Erweiterung des Verstandes-migen Horizontes der abendlndischen Völker. Fr wie viele war die Fahrt nach dem Heiligen Lande nicht gleichbedeutend mit einer groen Reise und deren weltbildender Wirkung!" (Lamprecht.) (Erweiterung des Weltbildes, Berhrung mit den berresten antiken Lebens in Byzanz und der Philosophie und der Wissenschaft der Muselmnner.) 3. Die Kreuzzge haben das Abendland in wirtschaftlicher Hinsicht gefrdert. Sie haben das bisher allzu geldarme Europa erheblich bereichert. . . . Der heilige Krieg hat zu regstem Handelsverkehre mit den Muselmnnern gefhrt. Die Schtze Asiens wurden den Europern erschlossen und die mchtigsten Antriebe ihnen erteilt, die Erzeugnisse des eigenen Bodens zu bessern und zu mehren, die Kraft ihres Geistes und die Gewandtheit ihrer Hnde auf die Belebung ihrer Industrie zu richten. Die Folge war, da die Völker Europas sich krftig zu strecken, die ihnen innewohnenden Fhigkeiten in Schaffenslust zu fhlen begannen. Wohin der Geld-strm dieses internationalen Verkehrs zuerst seinen Laus richtete, dort hat in khnem Wagen und Kmpfen ein neues Zeitalter seinen Ansang genommen." (Kugler.) (Zunchst Ausblhen der italienischen Städte.) 4. Die Kreuzzge haben auch auf die Gestaltung der sozialen Ver-Hltnisse des Abendlandes einen nachhaltigen Einflu ausgebt. Im all-gemeinen bewirkten die Kreuzzge eine Verfeinerung der gesamten Lebens-

17. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 214

1909 - Breslau : Dülfer
214 Deutsche Geschichte in der Reformationszeit bis zum Dreiigjhrigen Kriege. Anmerkung, Ein Zeugnis von der Gesinnung der adligen Ruber gibt folgender zeitgenssische Ratschlag eines alten Ritters an einen jngeren Genossen: b. Fronden und Zinse der Bauern wurden nach Willkr ungebhrlich erhht. c. Indem die Grundherren ihr Land in kleinsten Parzellen an die Bauern verpachteten oder verkauften, schufen sie ein lndliches Proletariat. d. Die erbelosen Shne der Bauern wurden Leibeigene, und bald wurde der Begriff der Leibeigenschaft auf die gesamte Klasse der Grundholden selbst bertragen. Im 15. Jahrhundert bereits war die Masse der Leibeigenen so groß, da sie die Besorgnis denkender Patrioten erregte. e. Die Allmende der ehemals freien Markgenossenschaften wurde von den Grundherren als Eigentum beansprucht und den Bauern ihre Rechte auf deren Genu entzogen (Weide, Jagd, Fischfang, Holzung). 6. Dazu kam, da die Bauern vielfach durch Geldanleihen fr Melio-rationszwecke von den Juden, denen sie 20 bis 80 Prozent Zinsen zahlen muten, ausgewuchert wurden; denn bei der Hhe der Grundzinse vermochten die Bauern im allgemeinen keine eigenen Geldmittel zu erbrigen. 7. Trotz dieser verzweifelten Lage fand der Bauer nirgends Teilnahme oder gar Hilfe; er wurde vielmehr noch verachtet und verhhnt. Anmerkung. Vgl. Neidhardt von Reuenthal und den Vers eines Fastnachts-fpieles: Der Bauer ist an Ochsen Statt, nur da er keine Hrner hat." Ii. Diese sozialen und wirtschaftlichen Mistnde sind die Ur-fachen der revolutionren Bauernbewegungen des 15. und 16. Jahrhunderts. Gefrdert und in ihrem Charakter bestimmt werden letztere durch folgende Momente. 1. Die mittelalterliche Kirche pflegte in miverstandener Auffassung der Lehren Christi kommunistische Ideale. Die Lehren Christi konzentrieren sich jedoch nicht in der Forderung konkreter Jnstitu-tionen, sondern nur in dem Wunsche nach sozialer und sittlicher Vollkommenheit in Friede und Recht." (Lamprecht.) 2. Die Armut und der Beruf des Bauern erwarben der Masse des buerlichen Volkes christliche Sympathien. Das Armutsideal der Kirche war schon alt (Bettelmnche). Mit Rhrung erwhnte man wohl der Enterbten des platten Landes, wie Christus ihren Beruf besonders gesegnet habe, . . . und gern brachte man den Bauer in Beziehung zu den christlichen Geheimnissen." (Lamprecht.) 3. Die Hussiten forderten zur heiligen und gttlichen Einigung zunchst der Deutschen und der Tschechen auf, um eine gerechte Verteilung des Besitzes und Genusses herbeizufhren". 4. Das Beispiel der Schweizer Bauern, die sich befreit hatten, lockte zur Nacheiferung. Das Wort schweizerisch werden wollen wurde zum typischen Ausdruck fr jederlei Emanzipationsgelste." Wiltu dich erneren, du junger Edelmann, folg du miner lere: sitz uf, drab zum ban! Halt dich zu dem grnen wald, wan der bur ins holz fert, so renn in kreislich an, derwsch in bi dem kragen, erfreu das herze din, nim im, was er habe, spann us die pferdelin sin. Bis frisch und darzu unverzagt, wenn er nummen pfennig hat, so riss im d' gurgel ab.

18. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 157

1909 - Breslau : Dülfer
Die Hansa. 157 a. Lbeck, von Adolf von Schauenburg 1143 auf wendischem Gebiet gegrndet, wurde bald die Fhrerin der deutschen Orte (Stralsund, Rostock, Wismar und Greifswald) auf slawischem Boden und war um die Mitte des 13. Jahrhunderts ohne Zweifel der erste Handelsplatz an der Ostsee. b. Dieser Aufschwung Lbecks konnte nicht ohne Einflu bleiben auf die Organisation des Handels in der Ostsee. Je mehr Lbeck und mit ihm die Hansestdte an den deutsch-baltischen Ksten einen wachsenden Teil des Ostseehandels an sich rissen, um so mehr mute die lbische Fhrung in der Einung des deutschen Kaufmanns zu Wisby in den Vordergrund treten, bis die Einung selbst nur noch ein Ausdruck heimisch-kolonialer, Mischer Interessen war und damit reif wrde, durch eine Organisation der Heimat selbst unter Leitung Lbecks ersetzt zu werden." (Lamprecht.) c. Ehe dieses Ziel aber erreicht wurde, galt es noch, die deutschen Kstenstaaten von der Ostsee abzudrngen. Vor allem strebte Branden-brg nach dem Besitz der Ostseekste. Dieser Gefahr traten die Städte ent-gegen, indem sie mit dem Adel der Ostseelnder 1383 zu Rostock einen Bund schloffen, dessen Spitze gegen Brandenburg und die frstlichen Mchte berhaupt gerichtet war. (Bestrafung der Friedensbertreter nur nach dem Urteil eines aus Brgern und Adligen zusammengesetzten Gerichts.) d. Als so die Verdrngung Brandenburgs von der Kste gelungen war (Brandenburg machte mehrere vergebliche Versuche, die Kstenherrschaft zu er-langen), erneuerte Lbeck 1293 den Rostocker Bund und forderte die Ver-legung des Oberhofs fr Nowgorod von Wisby nach Lbeck. Das bedeutete den Ersatz der alten Handelsunion von Wisby durch eine heimische, deren Vorort Lbeck war. Noch im selben Jahre beschlossen denn auch die Ost-seestdte unter Zustimmung von Kln, Kiel, Danzig u. a. im Sinne Lbecks; im Jahre 1299 ward das Siegel des gemeinen Kaufmanns auf Gotland kassiert; Lbeck und die mit ihm verbundenen Städte waren die Herren der Ostsee". (Lamprecht.) 4. Durch Verschmelzung des Ost- und Nordseehandels ward Lbeck zum Mittelpunkte des nordischen Handels berhaupt. a. Es gelaug der Stdteeinung unter lbischer Fhrung, die flmischen und friesischen Kaufleute von der Fahrt durch den Sund und damit vom Ostseehandel, die Gotlnder Kaufleute aber vom Nordseehandel auszuschlieen. b. Im Gegensatz zu den Kaufmannsverbnden des westlichen Deutsch-lands wurden die des lbischeu Bundes Osterlinge genannt. Sie begngten sich keineswegs mit der kommerziellen Beherrschung der Ostseelnder, sondern drangen bald auch in die Handelspltze der Nordsee vor. In Gent und Brgge, den bedeutendsten Handelsstdten Flanderns, hatten frher rheinische Kaufleute den Markt beherrscht. Da wurde die Privilegierte Stellung der Klner durch die der Holland eindringenden Osterlinge untergraben. 125 2 wurden die bis dahin nur den Klnern zustehenden Handelsvorrechte allen deutschen Kaufleuten gewhrleistet. Der Bund der Osterlinge grndete in Brgge ein neues Kontor (Zweigniederlassung). Ebenso waren die Osterlinge in England mit den rheinischen und westflischen Kaufleuten lngst in Wettbewerb getreten. Bald genossen sie dort gleiches Recht wie diese und errichteten um 1260 eigene Gildhallen (eine Hamburger und eine Lbecker). Schon 1282 wurden alle drei Gildhallen zu einer einzigen verschmolzen. Unvermeidlich erschien die Konzentration nicht

19. Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Dreißigjährigen Krieges - S. 199

1909 - Breslau : Dülfer
Der Beginn der Reformation. 199 zugleich zugedrngt der Basis der neuen Kirche. Frei war jetzt die Bahn: nun galt es fr Luther, die inneren Erlebnisse frherer Zeiten fruchtbar zu machen fr die Nation." (Lamprecht.) 5. Indem Luther seinen Konflikt mit der Kirche vor die Nation und vor die weltlichen Gewalten brachte, mute die Reformation politisch wirksam werden. a. Die laute Zustimmung, die Luther bei seinem Widerspruch gegen das verrottete kirchliche Dogma erfuhr, konnte nur eine Wirkung den: der Mnch, der die Institutionen der alten Kirche von sich abgestreift hatte, mute mit seinen Absichten Schutz suchen bei den nationalen, den politischen Gewalten. Nicht mehr mit Hilfe der kirchlichen Institutionen allein, die ihre Kraft versagt hatten, war die Kurie zu bekmpfen und die neue Frmmigkeit zu sttzen; rettend, frdernd, aufbauend hatten die weltlichen Gewalten, hatten Kaiser und Reich, Adel und Fürsten einzutreten. . . . So, auf gleichsam sekundrem Wege, ward Luther national; auch jetzt noch war sein Denken in erster Linie durchaus religis und kirchlich; aber die Vollziehung seiner Anschauungen sah er als mglich an nur noch auf zunchst nationalem Gebiete und durch nationale Mittel". (Lamprecht.) Anmerkung. In Philipp Melanchthon war Luther unterdessen ein Amts-gensse zugefhrt worden, der mit dem Reformator nicht blo durch innige persnliche Bande verknpft ward, sondern sich mit Erfolg bemhte, den philologischen und pda-gogischen Ertrag des Humanismus fr die Sache der Reformation fruchtbar zu machen, der auch fr eine Flle von religisen Erlebnissen Luthers mit sicherer Hand die all-gemein bindende Formel fand; er stellte schon nahezu tadellos das formale Prinzip des Protestantismus auf, das Grundgesetz der dogmatischen Interpretation und der alleinigen Geltung der Schrift als Quelle des Glaubens". b. Mit den drei groen Schriften des Jahres 1520 vollendete Luther den Bruch mit der Kirche und wandte sich gleichzeitig an das deutsche Volk und dessen Fhrer, welche er zur Reformation der Kirche aufrief. Die Luther durch Hutten bersandte Schrift des Laurentius Valla, welche die Unechtheit der Urkunde der die sogenannte Konstantinische Schenkung nachwies, beseitigte sein noch immer zurckhaltendes Schweigen. 1520 erschien sein Manifest An den christlichen Adel deutscher Nation", die Schrift, mit welcher er die Wendung von der Kirche zu den weltlichen Mchten, zu Kaiser, Fürsten und Adel als den Garanten einer knftigen Freiheit der Kirche vollzieht". Die Schrift Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche" enthielt eine vernichtende Kritik der rmischen Glaubenslehre, und in dem Bchlein Von der Freiheit eines Christenmenschen" lie der Reformator der Kritik den ersten Aufbau des eigenen Systems folgen".1) 6. Der Kurie blieb gegenber den unerhrten Angriffen Luthers nur das verbrauchte Mittel des Bannes". Zgernd wurde die Bannbulle 1520 verffentlicht, ohne irgendwo eine namhafte Wirkung zu erzielen. Luther aber fgte nun dem lngst tatschlich vollzogenen Abfall von der alten Kirche durch eine demonstrative Handlung entschlossen auch die frmliche Ab-sage hinzu, indem er die Bannbulle am 10. Dezember 1520 feierlichst verbrannte. *) Genaueres der diese drei Lutherschen Schriften bei Lamprecht a a. O. V. Bd.

20. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte von 1648 bis 1815 - S. 239

1910 - Breslau : Dülfer
Die Wiedergeburt Preußens. 239 s. Ein völlig neues Moment wurde schließlich durch die Absicht Steins, das Laienelement für die Zwecke der Administration mittätig sein zu lassen, in die preußische Staatsverwaltung hineingetragen. „Um den Staatsbürgern Gelegenheit zu geben, dem Ganzen des Staates mit ihren Erfahrungen zu dienen, um alle berechtigten Interessen zur Geltung, jeden politischen Sinn zum Keimen zu bringen, ging Stein mit dem Gedanken um, allen Verwaltungen in Form von Deputationen kompetente Laien zur Seite zu stellen: also wissen- schaftlich, technisch, wirtschaftlich beratende Laienkörperschaften als integrierenden Bestandteil schon der staatlichen Exekutive zu bilden. Und dieser Gedanke wurde konsequent selbst bis zum Ministerkollegium hinauf verfolgt: neben den Ministerrat sollte unter Vorsitz des Königs ein Staatsrat treten." (Lamprecht.) Aber unter den Nachfolgern Steins — Altenstein bis 1810, später Hardenberg — war der erstere seiner Aufgabe kaum gewachsen, während Hardenbergs anders- gerichteter Sinn sich fast nur der Durchführung der bureaukratischen Ver- waltungsreformen annahm; daher traten diese Laiendeputationen entweder überhaupt nicht ins Leben, oder sie erhielten, wie der Staatsrat, nicht die ursprünglich beabsichtigte Wirksamkeit. Erst in der allerneuesten Zeit sind Steins Ideen im preußischen Verwaltungswesen verwirklicht worden (Land- wirtschaftskammern, Handelskammern re.). c. Die aus der sozialen Umformung folgernde Notwendigkeit einer Reorganisation der Staatsverfassung hatte für den Freiherrn vom Stein schon vor der Katastrophe von 1806 den Gegenstand immer erneuter Er- wägungen gebildet. a. Da ihm die Erziehung der Staatsbürger zu lebendiger Anteil- nahme am Staats- und Gemeindeleben als das Endziel seines ganzen Re- organisationswerkes galt, erblickte er in der Durchführung des Grundsatzes der Selbstverwaltung für alle Stufen politischer Gemeinschaftsbildung, von der Dorfgemeinde bis zum Staatsganzen, das Ideal der künftigen Verfassung Preußens. Von der Einführung eines Repräsentativsystems nach französischem Muster wollte der historische Sinn des Freiherrn freilich nichts wissen; ihm schwebte vielmehr die Fortbildung der alten ständischen Vertretungen vor, die allerdings einer völligen Neuordnung bedürften. Denn Stein dachte keines- wegs an eine Erneuerung der Rechte der alten privilegierten Geburtsstände, sondern an eine Vertretung des Volkes durch Berufsstände (Gegensatz zu Hardenberg). „Keine Repräsentanz nach der Kopfzahl also, . . . sondern eine Repräsentanz nach der spezifischen Bedeutung der Vertretenen innerhalb der staatlichen, und im höheren Sinne innerhalb der nationalen Organisation: dieser echt subjektivistische Gedanke, dessen klare Verwirklichung noch heute eines der wichtigsten Probleme des Staatslebens bildet, setzte das Nachdenken und die Organisationskraft in Bewegung." (Lamprecht.)^ Von der Überzeugung ausgehend, „daß konstitutionelle Formen wertlos sind, wenn ihnen der Unterbau der freien Verwaltung fehlt", ging Stein daran, den Grundsatz der Selbstverwaltung zunächst in den engeren Kreisen des Gemeinschaftslebens zur Verwirklichung zu bringen. ß. Die Städteordnung. „Steins soziale Reformen und die Befestigung der Staatseinheit gingen hervor aus der selbständigen, eigentümlichen Durchbildung von Gedanken, *) *) Vgl. die Tendenzen der politischen Parteibildung der Gegenwart.