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1. Völkerwanderung und Frankenreich - S. 74

1906 - Gotha : Thienemann
— 74 — tötete. Und da dieser einst Köln verließ und über den Rhein ging, um im Bnchonischen Walde (in Hessen bei Fulda) umherzuschweifen, als er da um Mittag in seinem Zelte schlief, kamen gedungene Mörder über ihn, und sein Sohn ließ ihn töten, um selbst die Herrschaft an sich zu reißen. Aber Gott ist gerecht, und er fiel selbst in die Grube, die er seinem Vater schändlich gegraben hatte. Er schickte nämlich alsbald Boten an König Chlodovech und ließ ihm den Tod seines Vaters melden. Die sprachen: Mein Vater ist tot, und sein Reich und seine Schätze sind mein. Sende etliche von deinen Leuten zu mir, und willig will ich dir schicken, was dir von den Schätzen meines Vaters gefällt? Jener aber sprach: ,Dcmk für deinen guten Willen. Wenn unsere Leute zu dir kommen, so zeige ihnen, ich bitte dich, nur alles; du magst es dann selbst behalten/ Und da sie kamen, öffnete er ihnen den Schatz seines Vaters. Als sie nun dies und jenes in Augenschein nahmen, sagte er: ,Jn diesen Kasten pflegte mein Vater feine Goldstücke zu legen/ , Stecke doch einmal deine Hand hinein bis auf den Boden/ sagten sie, , damit du uns alles zeigst/ Er tat dies und beugte sich tief. Da aber erhob einer den Arm und hieb ihm mit der Axt in den Hirnschädel. So traf ihn dasselbe Los, was er ruchlos fernem Vater bereitet hatte. Da aber Chlodovech hörte, daß Sigibert getötet, wie auch sein Sohn, kam er an Ort und Stelle und berief alles Volk. ,Hört/ sprach er daraus, ,was sich zugetragen hat. Während ich die Schelde entlang fuhr, trachtete Chloderich, der Sohn meines Vetters, feinem Vater nach der Herrschaft und machte ihn glauben, ich wollte ihn töten. Als dieser deshalb durch den Buchonischen Wald floh, schickte er ihm Mörder nach und ließ ihn ermorden. Darauf wurde er selbst, während er seines Vaters Schätze aus-tat, von irgendeinem mir unbekannten Manne gleichfalls erschlagen. An allem diesem bin ich durchaus ohne Schuld; denn das Blut meiner Stamm-vettern darf ich ja nicht vergießen, und schändlich wäre es, wenn ich es täte. Da es jedoch einmal so gekommen ist, so gebe ich euch diesen Rat: Wenn es euch genehm, so wendet euch zu mir, daß ihr sicher lebt unter meinem Schutze/ Aber jene erhoben, als sie dies hörten, ein Freudengeschrei, schlugen an ihre Schilde, hoben ihn auf den Schild und setzten ihn zu einem Könige über sich. So empfing er Sigibert» Reich und feine Schätze, und es kamen die Leute desselben unter seine Herrschaft. Gott aber warf Tag für Tag feine Feinde vor ihm zu Boden und vermehrte fein Reich, darum, daß er rechten Herzens vor ihm wandelte und tat, was feinen Augen wohlgefällig war." Nachdem Gregor berichtet hat, wie Chlodovech den König Chararich umbrachte, erzählt er weiter. „Es lebte aber damals zu Cambrai König Ragitachar, ein Mann, der so den Lüsten ergeben war, daß er kaum feine nächsten Verwandten

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1. Deutsche Geschichte bis zur Folgezeit des dreißigjährigen Krieges - S. 38

1912 - Leipzig [u.a.] : Teubner
38 Gregor Vii. 5. Die Uaiserinacht durch die Kirche bedroht. Papst Gregor Vii. (1073-85). Gregor fordert die Herrschaft über die Geistlichkeit. (Einer der gewaltigsten Päpste war Gregor Vii. Er war der Sohn eines armen Zimmermanns und stieg zur höchsten würde empor durch seine hohen Geistesgaben und seine eiserne Willenskraft. Schon lange war er der Ratgeber der Päpste gewesen, und endlich erhob man ihn selbst auf den päpstlichen Stuhl Gregor war ein Verfechter der Gedanken, welche von Cluny ausgingen. Jeden Einfluß der Laien (Kaiser, Könige, Fürsten) auf die Kirche erklärte Gregor für frevelhaft und unerlaubt. vorn Kaiser waren die hohen Geistlichen - Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte - mit Reichslehen und mit hoheitsrechten ausgestattet worden, stuf diese weise hatte er die Geistlichen zugleich in weltlichen Dienst gestellt. In ihnen wohnten gleichsam ztoei Seelen. Die eine war die des Priesters; sie diente der Kirche und gehorchte dem Papste. Die andere war die des weltlichen Lehns- und Würdenträgers; sie diente dem Reiche und gehorchte dem Kaiser. 3m geistlichen Fürstentume waren Reich und Kirche unauflöslich miteinander verkettet. Hun wollte Gregor die ganze sichtbare Kirche unter den „rechtmäßigen" (Dber-Hirten stellen, d. H. unter den Papst. Besitz- und hoheitsrechte, die der Kaiser „verliehen" hatte, sollte er für immer an die Kirche, d.h. an den Papst abtreten, wie hätten die Kaiser darein willigen können! Damit hätte ja das Kaisertum sich selbst vernichtet. Zwischen Papsttum und Kaisertum brach ein Kampf auf Leben und Tod aus; er zerrüttete durch mehrere Jahrhunderte das Reich wie die Kirche. Die einzelnen Zorderungen Gregors Vii. Kaiser, Könige, herzöge und andere Große hatten bisher die geistlichen Stellen zu besetzen. Dabei erhoben sie eine Lehnsabgabe. Oft werden sie nicht den würdigsten gewählt haben, sondern denjenigen, der die höchste Abgabe versprach. Diesen Mißbrauch, nach Apostelgeschichte 8, 18 „Simonie" genannt, zog Gregor ans Licht. Er erklärte den „verkauf" geistlicher Stellen für eine Sünde, d. H. er verbot die Simonie. Bisher hatten die weltlichen Machthaber die Geistlichen nicht nur gewählt, sondern auch eingesetzt. Sie übten die Investitur (wörtlich: Einkleidung); sie verliehen ihnen den Ring als das Sinnbild der Vermählung mit der Kirche und den Stab als das Sinnbild des geistlichen Hirtenamtes. Besonders wichtig war das Recht der Investitur für die großen Reichslehen, die mit den Bistümern verbunden waren. Gregor Vii. nahm in der ganzen Kirche das Recht der Investitur für sich in Anspruch. Bisher lebten nur die höchsten Geistlichen im Zölibat, d. H. in der Ehelosigkeit, viele der niederen Geistlichen waren verheiratet. Gregor wünschte, die Geistlichen sollten ganz und gar der Kirche gehören und nur ihr dienen; er forderte die Ehelosigkeit oder den Zölibat von allen, auch von den niederen Geistlichen. „Des Papstes Fuß sollen alle Könige küssen." Die Zustände des Reiches kamen seinen ehrgeizigen Plänen zu Hilfe.

2. Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt - S. 328

1859 - Lübeck : Rohden
328 Xix. §. 3. Neue Epoche durch Gregor den Großen. schenke in Bewegung setzte, so konnte in den neubekehrten Heidenlan- den das Reich Gottes unmöglich tiefe Wurzeln schlagen. Die Veräußerlichung und Verweltlichung der Kirche wuchs mit ihrer Aus- breitung, da das Weib über vielen Wassern thront, die da sind Völker und Stämme der Heiden (Offb. 17), da ist ihre Ehre längst dahin. Immerhin war und blieb doch noch so viel Gnadenkraft und Se- gensfülle, so viel -Same des ewigen Wortes bei ihr vorhanden, daß sie der germanischen und slavischen Welt ein Wegweiser zum Heile, gleichsam ein alttestamentlicher Zuchtmeister auf Ehristum hin werden und vielen nach Gerechtigkeit hungernden Seelen das verborgene Manna darbieten konnte. Da Gregor noch zu den alten Kirchenlehrern gezählt wird, so ist damit schon gesagt, daß er nicht ohne Gelehrsamkeit gewesen sei. Aber seine Gelehrsamkeit geht nicht über die Kenntniß der früheren la- teinischen Kirchenväter hinaus. Die classische Literatur des alten Hei- denthums, die griechische und hebräische Sprache kennt er nicht. Auf dogmatische Spitzfindigkeiten, auf scharfsinnige Schlußfolgerungen und Begrifssspaltungen läßt er sich nicht ein. Er ist durch und durch prak- tisch, und die ganze Kraft und Zähigkeit seines praktischen Wesens ist einzig und allein auf Ordnung und Hebung des Kirchenwesens durch Feststellung und Erhöhung der Gewalt des römischen Bischofs ge- richtet. Um die reichen päpstlichen Besitzungen (Petri Erbgut) mög- lichst ertragsfähig und seine eigne Stellung dadurch möglichst unab- hängig zu machen, ist er ein sehr sorgfältiger Rechnungsführer und Verwalter seiner Güter. Um sich unter den Unruhen und Zerwürf- nissen Italiens einen möglichst gesicherten Platz zu verschaffen, schließt er aus eigne Hand Verträge mit den immer mächtiger um sich greifen- den Longobarden, selbst gegen den Willen des byzantinischen Statthalters in Rom. Er sucht sich an die Könige des Frankenreichs anzulehnen zum Schutz gegen die Uebermacht der oströmischen Kaiser, und weiß doch auch bei diesen Kaisern durch eine kluge Mischung von Festigkeit und Nachgiebigkeit sich so sehr zu empfehlen, daß der Kaiser Phocas den römischen Bischof zum allgemeinen Oberbischof erklärt, ein Titel, den Gregor noch eben vorher dem Patriarchen zuconstanünopel auf das Heftigste bestritten hatte. Durch den Uebertritt des spanischen Westgothenkönigs R eccared vom Arianismus zum katholischen Glau- den und durch die Annäherung der Longobarden an das katholische Kirchenthum gewann er über die Bischöfe Spaniens und Italiens eine noch unzweifelhaftere Autorität, als über die griechischen und orien- talischen Bischöfe. Schlugen ihm auch seine Versuche fehl, eine gleiche oberrichterliche Stellung über die gallischen Bischöfe zu gewinnen, so that sich doch alsbald durch die Christianiflrung Englands ein noch bedeutenderes Feld für sein oberbischösticheö Ansehen auf. Ganz besonders aber wußte er als „Vater der Mönche" durch die entschie- denste Begünstigung der überall vordringenden Benedictiner, deren Klö-

3. Geschichte des Mittelalters - S. 100

1883 - Münster : Coppenrath
man Investitur, von dem lateinischen Worte investire, d. i. bekleiden. Dadurch war aber die Besetzung der Bistmer und Abteien ganz in die Hnde der weltlichen Fürsten gelegt, welche dazu bei der Verleihung, dieser einflureichen kirchlichen Stellungen nur zu hufig nicht auf die Tchtigkeit und Wrdigkeit der Befrderten, sondern auf ihren eigenen Vorteil sahen. Um solches Unwesen in der Wurzel zu vernichten, sprach Gregor im Jahre 1075 den Fürsten das Recht der Investitur ab. Fortan sollten die Diener der Kirche nicht einmal ihre weltlichen Be-sitzungen mehr aus den Hnden der Fürsten empfangen. Hierber erhob sich ein gewaltiger Widerstreit der Fürsten, der s. g. Jnvestiturstreit, der bis zum Jahre 1122 fortwhrte und besonders in Deutschland Staat und Kirche schwer erschtterte. Auer den Verboten der Simonie und der Investitur erneuerte Gregor auf das strengste auch den Befehl, da alle Geistlichen unver-ehelicht bleiben sollten. Diese uralte Vorschrift der die Ehelosigkeit lc-libat) der Geistlichen war in vielen Gegenden ganz in Vergessenheit ge-kommen. Den verheirateten Priestern schrfte der Papst nun ein, ihre Frauen zu entlassen, wenn sie nicht ihrer Wrde wollten entsetzt sein. Denn der Diener der Kirche solle einzig Gott und seinem Berufe leben, ohne zerstreuende Sorgen um Weib und Kind. Nur die Lsung von irdischen Neigungen knne zu himmlischen hinanfhren; nur hierdurch knne das Band gelset werden, das sonst auch den Geistlichen an irdische Rcksichten fessele. Den Laien verbot Gregor, die heil. Sakra-mente aus der Hand eines verehelichten Priesters zu empfangen ober irgend eine Gemeinschaft mit ihm zu pflegen. Gegen die Erneuerung dieser Verordnung des Clibates erhob sich ein heftiger Widerstand, in manchen Gegenden kam es sogar zu frmlichen Aufstnden. Mehre Bischfe wandten sich an den Papst und erklrten, es sei ihnen unmglich, dieses Verlangen bei ihren Geistlichen durch-zusetzen. Gregor blieb unerschtterlich, und troz allem Widerstande, trotz, aller Schmhungen wurde von nun an das ehelose Leben der Priester allgemein wieder eingefhrt. Auch noch andere Ziele verfolgte der Papst. Die.kirche sollte nicht nur frei und unabhngig werden von der weltlichen Macht, sondern auch die Gewalt und Oberaufsicht der den Staat selbst führen. Dem Papste sollten Kaiser und Könige und Fürsten unterworfen sein. Er erklrte ffentlich: der Papst sei als Nachfolger des heil. Petrus der Statt-

4. Lehrbuch der astronomischen Geographie - S. 96

1909 - Bielefeld [u. a.] : Velhagen & Klasing
9g Allein die Annahme Casars, daß das Jahr die Dauer von 365 Tg. 6 Std. habe, war nicht richtig, da dieselbe nur 365 Tg. 5 Std. 48 Min. 46 Sek. beträgt. Indem man alle vier Jahre einen ganzen Tag einschaltete, aber 5 Std. 48 Min. 46 Sek., 4mal genommen, nur 23 Std. 15 Min. 4 Sek. ausmachen: so schaltete man alle 4 Jahre 44 Min. 56 Sek. oder fast 3u Std. zu viel ein, und dies macht in 400 Jahren schon 74 Std. 53 Min. 20 Sek. Mit je 400 Jahren blieb man also 3 Tg. 2 Std. 53 Min. 20 Sek. hinter dem Stande der Sonne zurück, und im Laufe derzeit mußte dies immer bedeutender werden. Am Ende des 14. Jahrhunderts wurde dieser Übel- stand mehrfach erkannt und empfunden und auf verschiedenen Konzilien bei dem Papste auf Verbesserung des Julianischen Kalenders gedrungen. Endlich gelang es Gregor Xiii., vom Tridentiner Konzil dazu aufgefordert, die entgegenstehenden Schwierigkeiten im Jahre 1582 zu überwinden. Um nicht weniger als 10 Tage war man bereits hinter dem wahren Stande der Sonne zurückgeblieben, so daß das Früh- lingsäquinoktium, anstatt auf den 21. März zu fallen, bereits am 11. März des Kalen- ders eintrat. Damit es wieder auf den 21. März gebracht werde, befahl Gregor in einer vom 24. Februar 1582 datierten Bulle, in dem Monat Oktober des genannten Jahres 10 Tage ganz wegzulassen und nach dem 4. gleich den 15. Oktober zu schrei- den. Um aber auch für die Folge zu helfen, ward ferner verordnet, alle 400 Jahre 3 Schalttage ausfallen zu lassen, und zwar sollten diejenigen Säkularjahre, deren An- zahl der Hunderte nicht durch 4 ohne Rest teilbar sei, keine Schaltjahre sein, ob- gleich sie 4. Jahre sind. So war nach Gregor das Jahr 1600 ein Schaltjahr, nicht aber 1700, 1800 und 1900; wohl aber wird 2000 ein Schaltjahr sein. Indem man aber in der angegebenen Weise verfahren ist und fernerhin verfahren wird, bleibt man doch nicht genau in Übereinstimmung mit dem Stande der Sonne. Denn wenn man auch alle 400 Jahre 3 Schalttage ausfallen läßt, so ist dies doch nicht genug, da 3 Tg. 2 Std. 53 Min. 20 Sek. ausgelassen werden müssen. Man wird also bei der angegebenen Art der Einschaltung alle 400 Jahre um 2 Std. 53 Min. 20 Sek. hinter dem wahren Stande der Sonne zurückbleiben, und dies wird in 3323 Jahren wieder einen ganzen Tag betragen. Wie diese Differenz ausgeglichen werden soll, darüber hat man sich bis jetzt noch nicht geeinigt und muß der Zukunft über- lassen bleiben, zumal auch die Dauer des tropischen Jahres kleinen Schwankungen unterliegt, die in ferneren Jahrhunderten vielleicht noch genauer als gegenwärtig fest- gestellt werden können. Auch in Beziehung auf das Osterfest, das nach den Beschlüssen der Kirchen- versammlung von Nicaea, 325 n. Chr., am Sonntag nach dem ersten Vollmonde nach der Frühlings-Nachtgleiche, und wenn dieser Vollmond auf einen Sonntag fällt, am Sonntage darauf gefeiert werden soll, war Unordnung eingetreten, indem das Datum des (zyklisch berechneten) Frühlings-Vollmondes um 3 Tage zurückgewichen war. Gregor Xiii. suchte die Zeitrechnung auch mit dem Monde auszugleichen, und zwar durch die Verordnung, daß das Datum des Frühlings- Vollmondes um 10 — 3 = 7 Tage vorgerückt werde. Damit aber auch in der Folge nicht wieder Unordnung einreiße, wurde für die Zukunft bestimmt, daß alle 300 Jahre, 7 mal nacheinander, und dann nach 400 Jahren das Datum des Vollmondes um je einen Tag vermehrt werde. Er setzte also für den Mond einen Zyklus von 2500 Jahren fest. Schließlich mag noch bemerkt werden, daß der von Gregor in der angegebenen Weise verbesserte Kalender, gewöhnlich der Gregorianische oder der Kalender des „neuen Stils" genannt, nur nach manchem Widerstreben in die verschiedenen Iiänder Eingang gefunden hat. Erst vom Jahre 1777 ab kam er nach einigen unwesent-

5. Im Kaiserhause zu Goslar - S. 45

1902 - Braunschweig : Appelhans
- 45 — Der abgesetzte Gregor hatte zwar bislang keinen Versuch gemacht, seine verlorene Würde wieder zu erlangen; aber der Kaiser glaubte doch im Interesse des kirchlichen Friedens zu handeln, wenn er ihm jede Möglichkeit nahm, derartige Ansprüche zu erheben. Als er deshalb nach Deutschland zurückkehrte, nötigte er den hochbetagten Greis, ihm über die Alpen zu folgen. Zwar wurde Gregor mit allen seiner ehemaligen hohen Stellung gebührenden Ehren vom Kaiser behandelt, und es wurde ihm gestattet, seine gesamte Dienerschaft, auch seinen Kaplan Hildebrand mitzunehmen; aber es war doch immerhin eine Art Gefangenschaft, in der er, der ehemalige Papst und Stellvertreter Christi, sich befand. Ueber diese Thatsache konnte ihn auch nicht die Ehrerbietung hinwegtäuschen, die ihm von allen Seiten gezollt wurde. Vielleicht aber fühlte Hildebrand das tief Demütigende, das für die Kirche in dieser gewaltsamen Fortführung des ehemaligen Papstes aus Italien lag, noch mehr als Gregor selbst. Seinem scharfen Blicke entging es nicht, daß der Kaiser die Absicht hegte, das Papsttum vom Kaisertum abhängig zu machen; und das allein mußte in seinen Augen als ein unerhörter Frevel erscheinen. Ihm galt die päpstliche Würde als die höchste aus Erden, hoch über jeder weltlichen Würde stehend; denn der Papst war ja der Stellvertreter Christi, des Herrn des Himmels und der Erde, und viel eher mußte deshalb die kaiserliche Gewalt vor der päpstlichen sich beugen. Auch war nach seiner Meinung die Kirche nur dann im stände, ihren hohen Beruf zu erfüllen, wenn sie frei war von jeder weltlichen Bevormundung. Der jetzige Zustand konnte deshalb nur ein vorübergehender sein, der wieder aufhören mußte. In seinen Augen war daher der siegreiche Kaiser nur eine Zuchtrute, eine Geißel, deren sich Gott jetzt bediente, um die entartete Kirche zu züchtigen; aber es mußte das Bestreben aller wahren Freunde der Kirche sein, dieselbe wieder zu befreien vom kaiserlichen Joch. Auf der alten Römerstraße, die von Verona über Trient, Bozen und Partenkirchen nach Augsburg führt,

6. Bd. 1 - S. 660

1883 - Leipzig : Engelmann
660 Das Mittelalter. §. 363. sitz des Erzbischofs von Mainz eröffnet ward und dem außer den genannten und dem Erzbischof Udo von Trier noch vierundzwanzig deutsche Bischöfe, viele Klostergeistliche und eine beträchtliche Zahl weltlicher Fürsten und Herren anwohnten. Hier wurde auf die Anklage Hngo's der Beschluß gefaßt, daß der Papst den Stuhl Petri, den er widerrechtlich bestiegen und zu eigenmächtigen und verderblichen Neuerungen mißbraucht habe, verlassen müsse und nicht ferner als Haupt der Kirche anzuerkennen sei. Ein von allen anwesenden Bischöfen unterzeichnetes Schreiben voll harter Beschuldigungen über seine ungesetzliche Thronbesteigung, seine Regierung und seinen Lebenswandel, über den „Weibersenat", durch den die ganze Kirche geleitet werde, verkündete dem Papste diesen Beschluß, und der König fügte ein Begleitschreiben bei, das die Überschrift trug: „Heinrich, nicht durch Anmaßung, sondern bnrch Gottes heilige Einsetzung König, an Hildebranb, nicht den Papst, sonbern den falschen Mönch" und die Vorwürfe der Kirchenversammlung in noch stärkeren Ausbrücken und Schmähungen wieber-holte. Zwei beutsche Bischöfe brachten diese Schriftstücke nach der Lombardei, von wo aus sie, nachdem die Synode von Piacenza die Wormser Beschlüsse bestätigt, von zwei italienischen Geistlichen nach Rom getragen würden. Als diese inmitten einer zahlreichen Versammlung von Carbinälen und Bischöfen im Lateran dem Kirchenfürsten zuriefen: „Der König und unsere Bischöfe gebieten bir, von dem Stuhle Petri zu steigen, den bu nicht nach dem Recht, sonbern durch Raub erlangt hast", entstand ein furchtbarer Sturm. Nur durch den Schutz des Papstes entgingen die kühnen Redner dem sichern Tod. Als die Schreiben verlesen waren, erklärte der Papst mit freudiger Zustimmung der ganzen Versammlung die Beschlüsse der Wormser Synode für ungültig, da nach den Jfidorischen Decretalen (§. 333) nur die von dem rechtmäßigen Papste einberufenen Concilien Gültigkeit hätten und ihre Aussprüche der Autorität des apostolischen Stuhles untergeordnet wären, schloß den Erzbischof von Mainz, „weil er die Bischöfe und Aebte des bentschen Reichs von der heiligen römischen Kirche, ihrer geistlichen Mutter, zu trennen sich erdreistet hätte", die lombardischen Bischöfe, „weil sie mit Verachtung der Kirchengesetze sich gegen den heil. Petrus verschworen hätten", und alle Prälaten, welche bei den Wormser Beschlüssen beharrten, von ihrem Amt und von der Gemeinschaft'der Kirche aus, und belegte den König mit dem Bann, entsetzte ihn seiner Würde und entband alle seine Unterthanen von dem Eide der Treue. Durch diese in einem Gebet an Petrus feierlich verkündeten Beschlüsse sprach also Gregor offen aus, daß der Papst, als Nachfolger des Apostelfürsten, die höchste Gewalt in der Christenheit besitze, daß das Papstthum den Ausgangspunkt jeder weltlichen Ordnung bilde und das Kaiserthum selbst nur von ihm seine Autorität empfangen könne. So führte Gregor das Recht des apostolischen Stuhles, das er schon lange beansprucht hatte, in einer großen und verhäng-nißvollen Action in die Geschichte ein. In der römischen Synode wurden die gesetzlichen Formen nicht strenger beobachtet als auf dem Wormser Concil; aber es war eine Handlung der Nothwehr gegen einen gewaltthätigen Angriff. Nun waren die Würfel gefallen und Gregor scheute kein Mittel, seine Sache durchzusetzen. Er ließ die Abgesandten des Königs, die er in der Versammlung vor dem Tode geschützt, foltern und durch die Straßen der Stadt führen; er

7. Bd. 1 - S. 111

1912 - Leipzig : Dyk
— 111 — das tägliche Brot ewige Knechtschaft einzutauschen; andere kehrten schmerzerfüllt dem Vaterlande den Rücken und flohen übers Meer; noch andere endlich, die in der Heimat blieben, führten ein elendes Leben in den Einöden der Berge und Wälder, und selbst dort fühlten sie sich nicht einmal sicher. Als darauf das Heer der Eroberer nach Vernichtung und Zerstreuung der Eingeborenen in seine Wohnsitze zurückgekehrt war, fingen jene an, sich allmählich zu erholen und aus ihren Schlupfwinkeln, in denen sie sich verborgen gehalten hatten, hervorzukommen; einmütig flehten sie den Himmel an, er möge sie vor gänzlicher Vernichtung bewahren. Ihr Anführer war Ambrosius Aurelianus, ein Mann von demütigem Herzen, der als der einzige von römischer Abkunft jenem Blutbade entgangen war, während seine Eltern, die königlichen Namen und Abzeichen getragen hatten, darin umgekommen waren. Unter seiner Führung faßten die Briten wieder Mut, boten den Siegern die Schlacht an und errangen unter Gottes gnädigem Beistand den Sieg. Von da an hatten bald diese, bald jene die Oberhand. c) Die Bekehrung der Angelsachsen. (597.) Im Jahre 592 gelangte Gregor, gleich ausgezeichnet durch Tatkraft wie durch Gelehrsamkeit, auf den päpstlichen Stuhl. Er regierte 13 Jahre 6 Monate und 10 Tage. Von göttlichem Geiste getrieben sandte er ungefähr im 150. Jahre nach der Ankunft der Angeln in Britannien den Knecht Gottes Augustinus und mit ihm mehrere andere gottesfürchtige Mönche aus, um dem Volke der Angeln das Wort Gottes zu predigen. Gehorsam den Befehlen des Pontifex hatten sie sich schon aufgemacht und einen Teil des Weges zurückgelegt, als plötzlich feige Furcht sie faßte; gemeinsam kamen sie zu dem Entschluß, es sei geratener, nach Hause zurückzukehren, als ein barbarisches, wildes und ungläubiges Volk aufzusuchen, dessen Sprache sie nicht einmal kennten. Unverzüglich ordnen sie den Augustin ab, um dem heiligen Gregor die demütige Bitte vorzutragen, er möge ihnen eine so gefährliche und mühselige Wanderung ins Ungewisse erlassen. Er antwortete mit einem ermunternden Brief und riet ihnen, zum Werk des Wortes im Vertrauen auf die göttliche Hilfe aufzubrechen. Also gestärkt durch das Ermunterungsschreiben des heiligen Vaters Gregor kehrte Augustin nebst den Dienern Christi, welche bei ihm waren, zum Werke am Wort zurück und gelangte nach Britannien. Zu jener Zeit war König in Cantia der sehr mächtige

8. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 80

1822 - Elberfeld : Büschler
So Ztr. Das Mittetaster. Non 767» — 1517. Papst war in äußern Dingen abhängig von dem Kaiser; denn weil die deutschen Kaiser als die Nachfolger derhlten römischen Kaiser angesehen wurden, so war die Stadt Nom und auch ihr Bischof, obwohl er in geistlicher Hinsicht als der erste Bischof in der Christenheit galt, ihnen im Weltli- chen untergeben, und es war deshalb zwischen mehrereii Kaisern und den Römern ausdrücklich ausgemacht worden, daß kein Papst ohne kaiserliche Bestätigung gewählt werden dürfe. Das wollte nun Gregor gänzlich ändern; der Papst sollte einzig und allein von den Kardinälen, nemlich den Hauptgeistlichen in Rom, gewählt werden und völlig unab- abhängig vom Kaiser seyn; ja, dieser sollte im Gegentheil nun vom Papste eingesetzt werden, ohne dessen Bestätigung nichts gelten und auch von ihm wieder abgesetzt werden kön- ne, wenn er sich seines Amtes unwürdig mache. „Alle^welt- liche Macht, sagte Gregor, muß der geistlichen unterworfen seyn. Die Welt wird durch zwei Lichter regiert, die Son- ne, das größere, und den Mond, das kleinere. So ist nun die päpstliche Gewalt wie die Sonne, die königliche Macht wie der-Mond; denn wie dieser sein Licht von jener hat, so sind-Kaiser und Könige und Fürsten nur durch den Papst, weil dieser durch Gott ist; sie sind ihm Unterthan und ihm Gehorsam schuldig." Auch die übrigen Geistlichen sollten nach Gregors Ab- sicht von der weltlichen Macht ganz unabhängig seyn; und zwar nicht nur im Geistlichen, wie cs natürlich war, son- dern selbst in ihrem weltlichen Besitze. In Deutschland loa- ren die höheren Geistlichen alle zugleich Herrscher über Land und Leute, und trugen ihr Bisthum oder ihre Abtei vom Kaiser oder einem andern Fürsten zu Lehen. Nach dem alten Neichsgesetze mußten sie sich deshalb von ihrem Lebns- hcrrn mit ihren Gütern belehnen lassen, und das geschah durch feierliche Uebcrreichung eines Ringes und eines Hir- tenstabes, als Zeichen der ihnen übertragenen Gewalt, so wie die weltlichen Fürsten bei der Belehnung eine Lanze lind eine Fahne empfingen. Man nannte dieses bei den Geistlichen die Investitur. Jetzt verbot nun Gregor, bei der Strafe des Bannes, alten Geistlichen, von irgend ei- nem weltlichen Fürsten die Investitur anzunehmen, und den Fürsten, sie zu ertheilen. Und um die Geistlichen im All- gemeinen noch fester an die Kirche zu binden, so daß sie gar nicht durch weltliche Sorgen für Frau und Kinder in ihrer Anhänglichkeit an dieselbe gestört würden, erneuerte er die Gesetze einiger früheren Päpste und Kirchenväter, daß sich die Priester aller ehelichen Verbindung enthalten sollten. Mit diesem Eheverbote fand er zwar anfänglich den

9. Geschichte des Mittelalters - S. 114

1872 - Münster : Coppenrath
114 rmischen Stuhle verdanken und nur dem Papste den Eid des Gehorsams schwren. Hierber erhob sich ein gewaltiger Wider-streit der Fürsten, der bis zum Jahre 1122 fortwhrte. Diese scharfe Kirchenzncht schreckte schon die Geistlichkeit, als er noch auf das Strengste den Befehl erneuerte, da alle Geist-licheu frheren, oft umgangenen, kirchlichen Vorschriften gem unverehelicht bleiben sollten. Es war nmlich die uralte kirch-liche Vorschrift der die Ehelosigkeit der Geistlichen in vielen Gegenden ganz in Vergessenheit gekommen. Den verheiratheten Priestern schrfte er ein, ihre Weiber zu entlassen, wenn sie nicht ihrer Wrde wollten entsetzt sein. Denn der Diener der Kirche solle einzig Gott und seinem Berufe leben, ohne zerstreuende Sorgen um Weib und Kind. Nur die Lsung von irdischen Neigungen knne zu himmlischen hinanfhren; nur hierdurch knne vllig das Band gelset werden, das den Geistlichen noch an seinen Fürsten fessele, dessen er zur Versorgung seiner Kinder bedrfe. Den Laien verbot er anf das Strengste, die heil. Sakramente aus der Hand eines verehelichten Priesters zu empfangen oder irgend eine Gemeinschaft mit ihm zu pflegen. Gegen die Erneuerung dieses Verbotes erhob sich ein heftiger Widerstand, tu manchen Gegenden kam es sogar zu form-Uchen Aufstnden. Mehre Bischfe wandten sich an den Papst und erklrten, es sei ihnen unmglich, dieses bei ihren Geist-lichen durchzusetzen. Gregor blieb unerschtterlich fest. Jedem Widerspenstigen drohete er mit vlliger Ausstoung aus dem Schooe der Kirche. Und trotz allem Widerstande, trotz allen Schmhungen wurde von nun an das ehelose Leben der Prie-ster, Clibat genannt, allgemein wieder eingefhrt. Noch hatte Gregor sein Ziel nicht erreicht. Denn die Kirche sollte nicht nur frei und unabhngig werden von der weltlichen Macht, sondern sie sollte auch die Gewalt und die Oberaufsicht der de.i Staat selbst führen. Dem Papste sollten Kaiser und Könige und Fürsten mit etiler ihrer Macht unterworfen fein. Er erklrte ffentlich: der Papst fei als Nachfolger des heil. Petrus I

10. Die Urzeit, Das Frankenreich unter den Merowingern und Karolingern - S. 75

1885 - Wiesbaden : Bergmann
Geistiges, sittliches, kirchliches Leben. 75 diesen die Beschützer ihres Glaubens und ihrer Kirche gegen die ketzerischen Arianer; sie mußten sich der Gunst des Königs und der Großen versichern, da sie sonst leicht mit ihrem reichen Kirchengut, bei der herrschenden Rechtsunsicherheit, Gefahr liefen, eine Beute der Stärkeren zu werden. So erklärt es sich, daß ein so frommer Mann wie Bischof Gregor die Siege Chlodowechs über seine Nebenkönige, Siege, die durch Verrat, Heimtücke, Gewaltthat, kurz, durch jede Art von Verbrechen erreicht waren, als „Wirkungen einer besonderen Gnade Gottes" preisen und dessen Handlungen als „Gott wohlgefällig“ rühmen konnte. Auch hielten viele Geistliche sich selbst von allerhand Ans-schweisnngen nicht frei. Gregor ist unbefangen genug, uns mehr als ein dergleichen Beispiel zu berichten. Da trieb ein Bischof öffentlich Wuchergeschäfte; ein anderer beging Raub an dem Gut feiner Pflegebefohlenen; ein dritter griff zum Schwert, um Rache an denen zu nehmen, die er haßte. Besonders berüchtigt waren zwei Bischöse, Polo-mus und Sagittarius. Sie hatten sogar Mordtaten begangen. Eine Synode entsetzte sie ihrer Pfründen, allein durch ihren Einfluß bei Hose gelangten sie wieder in den Besitz derselben. Das Asylrecht der Kirchen ward mißbraucht, um offenkundige Verbrecher der Strafe zu entziehen, und ein ander Mal wieder hinderte es nicht, daß im Gotteshause selbst ein Mord begangen wurde. So griff unter den Franken im römischen Gallien eine immer wachsende Sittenlosigkeit um sich, die sich dann auch zum Teil ihren Stammesverwandten im alten Germanien mitteilte. Noch im fünften Jahrhundert hatten römische Schriftsteller an den Germanen jene selbe Reinheit des häuslichen und ehelichen Lebens gerühmt, die 4u0 Jahre früher die Bewunderung und den Neid eines Tacitns erregt hatte. Schon bald darauf aber „sinken die in die verpestete Atmosphäre des römischen Weltreichs eingedrungenen germanischen Stämme auf das sittliche Niveau des byzantinischen Lebens herab."*) „Zu der alten Roheit war die römische Liederlichkeit hinzugekommen, und die Geschichte der Merovinger ist voll von den widerlichsten Szenen jeder Art: ein merovingischer König ließ das kleine Kind seines Bruders am Bein ergreifen und ihm das Köpfchen an einem Stein zerschlagen; ein Bischof ließ einen Priester, der ihm lästig war, lebendig in einen Steinsarg schließen, in welchem schon eine Leiche verweste; ein vornehmer Mann sengte seinem Sklaven aus bloßer Laune mit einer Fackel das Fleisch von den Beuten."**) „Die Verwilderung, die *) Nitzsch a. a. £)., 1. 23b, S. 153. **) Kaufmann a. a. D., 2. Bd. S. 185. (®ie angeführten Beispiele sind aus Gregor entnommen).

11. Theil 2 - S. 79

1880 - Stuttgart : Heitz
Gregor Vii. Cölibat. 79 zu verhindern, sondern sie, die päpstlichen Befehle, sind ftei von jeder Aufsicht des Staats. 11) Wer dem Papste nicht gehorcht, sondern ihm den Gehorsam in irgend einer Sache verweigert, den kann er mit dem Banne belegen und für einen Ketzer erklären. 12) Wen der Papst gebannt und als Ketzer bezeichnet hat, .der ist aus der christlichen Kirche gestoßen, wird seiner Ehre, seines Vermögens und aller bürgerlichen Rechte verlustig und ist dem Feuertode verfallen. Der Papst ordnet die Ketzergerichte (Inquisition), und die weltlichen Obrigkeiten sind verbunden, die Urtheile dieses Gerichtes zu vollstrecken. Niemand darf mit einem Ketzer Umgang haben, Niemand ihn beherbergen oder beschützen, wenn er nicht gleicher Strafe theilhaftig werden soll. Die Fürsten und Obrigkeiten, welche sich weigern, die Straft an den Ketzern zu vollziehen, entsetzt der Papst ihrer Würden, thut sie in den Bann, entbindet die Unterthanen vom Eide der Treue und gibt ihre Länder andern gehorsamen Fürsten, welche die Ketzer vertilgen. Diese grenzenlose Herrschsucht hat der kühne Gregor auch wirklich durchgeführt und sich zum Schrecken aller christlichen Fürsten gemacht. In jener Zeit der Roheit und Gesetzlosigkeit konnte es allerdings von großem Nutzen sein, wenn eine höhere als die weltliche Macht Zucht und Ordnung aufrecht erhielt und der frechen Willkür wehrte, und wären die Päpste wirklich so gewesen, wie sie hätten sein sollen, Muster der christlichen Tugend und erfüllt vom Geiste Jesu, so hätten sie für das Mittelalter ein wahrer Segen sein können. Diese Idee mochte auch wohl dem klugen Gregor vorschweben; aber er beging den Fehler, den nach ihm auch alle andere Päpste begangen haben, daß er den Schaden bloß außerhalb der Kirche suchte, statt daß er mit Abschaffung der kirchlichen Mißbräuche und Irrthümer hätte ansangen und die Reinheit und Einfachheit des Christenthums wiederherstellen sollen. Daher kam es, daß das Papstthum sich vom Geiste des Christenthums in vieler Beziehung entfernte. Uebrigens haben die Fürsten zu verschiedenen Zeiten gegen die Anmaßung der Päpste Einspruch gethan. Auch die Kirchenversammlungen haben oftmals den Grundsatz ausgesprochen, daß sie, die Concilien, über dem Papste ständen, z. B. in Pisa, in Costnitz, in Basel (s. unten). *) — Um die Geistlichen *) Erst 1786, in dem Zeitalter der Toleranz, haben die Erzbischöfe von Mainz, Trier, Cöln und Salzburg zu Ems (im Nassauischen) erklärt, daß den

12. Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte - S. 156

1911 - Leipzig [u.a.] : Teubner
156 dinle, d. h. von den Geistlichen an den Hauptkirchen Roms und den Bischfen der Umgegend, gewhlt werden sollte. Durch diese Verordnung war dem Kaiser jeder Einflu auf die Wahl entzogen. Als Papst er-neuerte Gregor dann das Verbot der Simonie, d. h. des Verkaufs der geistlichen Stellen fr Geld, um die Kirche von unwrdigen Dienern zu subern. Dann gebot er fr alle Geistlichen das Zlibat (Ehelosigkeit) und fhrte dieses Gebot streng durch, um die Geistlichen von weltlichen Sorgen und Rcksichten zu lsen und einzig an die Kirche zu ketten. Das t 95. (Engelsburg, ursprnglich Mausoleum des Kaifers Hadrian u. Lngelsbrcke. (Nach einer Photographic) wichtigste Verbot aber, das in die Gewalt des Kaisers tief eingriff, war das Verbot der Laien-Jnveftitur, d. h. der Belehnung eines Bischofs oder Abts mit Ring und Stab, den Zeichen der geistlichen Wrde, durch einen weltlichen Fürsten. Bisher hatte der Kaiser die Bischfe und bte, die zugleich groe Reichsgter besaen, eingesetzt, und der Papst sie nur fr das geistliche Amt geweiht. Nun sollten die Geistlichen durch die Domkapitel (geistliche Wahlkollegien) und den Papst gewhlt werden und damit zugleich die weltlichen Besitzungen ohne weiteres erhalten. Da-durch wurde natrlich der Bischof vom Staate unabhngig und allein von Rom abhngig. Diese Forderungen verursachten an vielen Orten Mifallen, ja selbst Emprung. Aber Gregor nahm trotz der Feinde und Hindernisse den gewaltigen Kamps auf und behauptete anfangs seine ber-legenheit.

13. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 372

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
872 Die Franken bis zum Untergange der Merowinger. Nach dem Tode Chlothars des Ersten fiel die Auvergne dem tüd)-tigsten von dessen Söhnen, dem König Sigibert, zu, der den väterlichen Erzieher Gregors 571 zum Bischof von Clermont und zwei Jahre später unsern Gregor zum Bischos von Tours ernannte. Die Geistlichkeit und Bürgerschaft dieser Stadt hatte sich selbst den von allen geschätzten und geliebten Mann zu ihrem Oberhirten ausgebeten. So stieg Gregor verhältnismäßig früh zu hoher geistlicher Würde empor; denn er war erst etwa vierunddreißig Jahre alt. Nicht ohne Einfluß aus feine Ernennung war die heilige Radegunde zu Poitiers, und ihr vertrauter Ratgeber Venantius Fortunatus, der mit Gregor bereits befreundet war. versäumte nicht, den neuen Bischof mit einem künstlichen Gedicht zu beglückwünschen. Beide Männer blieben einander auch in der Folge eng verbunden. „Gregor ehrte in Fortunatus die höhere Bildung und die reifere Erfahrung, denn Fortunatus war etwa zehn Jahre älter; dieser erfreute sich dagegen des Wohlwollens und der Gunst des höher gestellten Freundes, die sich ihm auch in mancherlei Geschenken zu erkennen gab. So schenkte ihm Gregor ein hübsches kleines Landgut an der Vienne, wofür Fortunatus in einigen Versen, die uns erhalten sind, seinen Dank aussprach." Der treue Eifer und die Gewissenhaftigkeit, mit der Gregor fein Hirtenamt führte, erwarb ihm rasch die Liebe und Verehrung seiner Schutzbefohlenen, namentlich da er auch das äußere Wohl der Stadt mit väterlicher Sorgsamkeit überwachte. Ordnung, Wohlstand und Ansehen der Stadt suchte er auf alle Weise zu befördern. Durch eine große Feuers-brunst war Tours schon vor Gregors Amtsantritt verheert worden; die älteste und ehrwürdigste Kirche, bte Kathedrale des heiligen Martinus, lag in Trümmern. Gregor ließ sie schöner und größer wieber aufbauen und trug auch für eine würbige künstlerische Ausstattung der andern Kirchen Sorge. Welch einen edlen Gebrauch er außerdem von dem großen Kirchenvermögen zu machen wußte, haben wir aus der Erzählung von der Fehde zu Tours*) gesehen, wo er das Gut der Kirche opferte, um einen blutigen Bürgerkrieg, der der Stadt großes Unheil zu bringen brohte, zu ersticken. Mit Klugheit und Festigkeit vertrat er die Sache seiner Gemeinde den Übergriffen der fränkischen Herrscher gegenüber. Die Ehrfurcht der Mero-winge vor der Wundermacht des heiligen Martin hatte bewirkt, daß sie nicht nur seiner Kirche, sondern der ganzen Stadtgemeinde Steuerfreiheit bewilligten. Als nun im Jahre 589 Childeberts des Zweiten Bevollmächtigte den Versuch machten, die Stadt den allgemeinen Abgaben zu unterwerfen, erinnerte Gregor an die alte Vergünstigung und sandte Boten *) Siehe oben S. 328 ff.

14. Geschichte des Mittelalters - S. 89

1867 - Mainz : Kunze
Don der Wiederherstellung der abendländisch-römischen Kaiserw. rc. 89 (Apostelgeschichte 8, 18) hatte den Aposteln Geld geboten für die Gabe, Jedem durch Auflegung der Hände den heiligen Geist mittheilen zu können; sein Name gab die Bezeichnung für den Handel her, welchen man mit geistlichen Aemtern trieb. Auch iu Betreff der Investitur glaubte Gregor streng einschreiten die damals zu muffen. Darunter verstand man die Belehnung der Geistlichen mit durch Ring und Stab beim Eintritt in ihr geistliches Amt. Bisher war es die weltlichen häufig vorgekommen, daß weltliche Herrn geistliche Aemter verliehen s“ettn hatten. Darum verordnete Gregor: „Wenn von nun an noch Jemand ein Bisthum oder eine Abtei aus der Hand eines Weltlichen annimmt, so soll er auf keine Weise für einen Bischof oder Abt gehalten werden; sein Ungehorsam gegen den römischen Stuhl ist dem Götzendienst gleich zu achten. Dasselbe soll auch von den niederen geistlichen Würden gelten. Wenn aber irgend Jemand, welcher eine weltliche Macht aus- übt, eiuen Geistlichen durch Ring und Stab mit einer geistlichen Würde belehnen will, so soll er wissen, daß er sich gleicher Schuld theilhaftig macht, wie der, welcher die geistliche Würde von ihm angenommen hat." Gregor ließ sogleich mehrere deutsche Bischöfe, welche durch Simouie gewählt waren, absetzen und fünf Räthe des Königs Heinrich, welche des Pfründehandels angeklagt waren, mit dem Banne belegen. Im folgenden Jahre führte Gregor das bereits durch ältere Kirchen- und führt da« gesetze gebotene Cölibat d. i. Ehelosigkeit für die Geistlichen wieder ein, bu^gefammte damit dieselben außer Verbindung mit der Welt blieben und weder Geistlichkeit durch Familie noch Verwandtschaften gehindert seien, ausschließlich für e'n‘ das Interesse der Kirche zu sorgen. Schon längere Zeit pflegten die Bischöfe nicht mehr zu heirathen; aber die niedere Geistlichkeit that es allgemein. Darum gebot Gregor, daß sämmtliche vcrheiratheten Priester und Alle, welche den gottesdienstlichen Handlungen derselben, beiwohnen würden, von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen sein sollten. Diese Verfügung stieß auf heftigen Widerspruch, und viele deutsche Bischöfe weigerten sich, dieselbe in ihrem Sprengel zu veröffentlichen. Allein Gregor setzte seinen Willen durch, und alle Geistlichen, welche ihr Amt ferner verwalten wollten, mußten die eingegangene Ehe lösen und sich von ihrer Familie trennen. Auch Heinrick Iv. hatte anfangs die For- derungen Gregors bezüglich der Simonie und Investitur vollständig erfüllt; aber nach seinem Siege über die Sachsen nahm er nicht nur die gebannten fünf Räthe in Gnaden wieder auf, soudern machte sich auch bei der Besetzung geistlicher Stellen mancher willkürlicher Hand- lungen schuldig. Dies erschwerte sein Verhältniß zu dem Papste jetzt ungemein.

15. Geschichte des Mittelalters - S. 120

1888 - Wiesbaden : Kunze
120 Zweite Periode des Mittelalters. kirchlicher Feierlichkeit bestattet werden. Das Interdikt war ein äußerst wirksames Mittel, ungehorsame und widerstrebende Fürsten und Volker zum Gehorsam gegen die Kirche zurückzuführen, und war zuerst 998 m Anwendung gekommen. Gregor Vii. wußte von diesen Strafmitteln erfolgreichen Gebrauch zu machen. 1074 erneuerte Gregor die Gesetze gegen die Simonie. Darunter verstand man den Verkauf geistlicher Ämter, den Pfründenhandel, wodurch oft unwürdige Priester durch Geld oder Versprechungen stch geistliche Stellen verschafften. Der Samaritaner Simon der Zauberer (Apostelgeschichte 8, 18) hatte den Aposteln Geld geboten für die Gabe, jedem durch Auflegung der Hände den heiligen Geist mitteilen zu können; sein Name gab die Bezeichnung für den Handel her, welchen man mit geistlichen Ämtern trieb. Auch in betreff der Investitur glaubte Gregor streng einschreiten zu müssen. Darunter verstand man die Belehnung der Geistlichen mit Ring und Stab beim Eintritt in ihr geistliches Amt. Bisher war es häufig vorgekommen, daß weltliche Herren geistliche Ämter verliehen hatten. Darum verordnete Gregor: „Wenn von nun an noch jemand ein Bistum aber eine Abtei aus der Hand eines Weltlichen annimmt, so soll er aus keine Weise für einen Bischof oder Abt gehalten werden; fein Ungehorsam gegen den römischen Stuhl ist dem Götzendienst gleich zu achten. Dasselbe soll auch von den niedern geistlichen Würden gelten. Wenn aber irgend jemand, welcher eine weltliche Macht ausübt, einen Geistlichen durch Ring und Stab mit einer geistlichen Würde belehnen will, so soll er wissen, daß er sich gleicher Schuld teilhastig macht, wie der, welcher die geistliche Würde von ihm angenommen hat." Gregor ließ sogleich mehrere deutsche Bischöse, welche durch Simonie gewählt waren, absetzen, und fünf Räte des Königs Heinrich, welche des Pfründehandels angeklagt waren, mit dem Banne belegen. -vjm folgenden ^ahre führte Gregor auch für die Weltpriester das bereits durch ältere Kirchengefetze angeordnete Cölibat d. i. die Ehelosigkeit für die Geistlichen wieder ein, damit dieselben außer Verbindung mit der Welt blieben und weder durch Familie noch Verwandtschaften gehindert seien, ausschließlich für das Interesse der Kirche zu sorgen. Schon längere Zeit pflegten die Bischöfe nicht mehr zu heiraten; aber die niedere Geistlichkeit that es allgemein. Darum gebot Gregor, daß sämtliche verheiratete Priester und alle, welche den gottesdienstlichen Handlungen derselben beiwohnen würden, Don der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen fein sollten. Diese Verfügung

16. Geschichte des Mittelalters - S. 89

1878 - Mainz : Kunze
Von der Wiederherstellung der abendländisch-römischen Kaiserw. rc. 89 nicht gespendet, die Todten nicht mit kirchlicher Feierlichkeit bestattet werden. Das Interdikt war ein äußerst wirksames Mittel, ungehorsame und widerstrebende Fürsten und Völker zum Gehorsam gegen die Kirche zurückzuführen, und war zuerst 998 in Anwendung gekommen. Wie wirksam Gregor Vii. von diesen Strafmitteln Gebrauch zu machen wußte, wird das Folgende lehren. Schon 1074 erneuerte Gregor die Gesetze gegen die Simonie. Gregor be-Darunter verstand man den Verkauf geistlicher Stellen, den Pfründen- Sünonit Handel, wodurch oft unwürdige Priester durch Geld oder Versprechungen sich geistliche Stellen verschafften. Der Samaritaner Simon der Zauberer (Apostelgeschichte 8, 18) hatte den Aposteln Geld geboten für die Gabe, Jedem durch Auflegung der Hände den heiligen Geist mittheilen zu können; sein Name gab die Bezeichnung für den Handel her, welchen man mit geistlichen Aemtern trieb. Auch in Betreff der Investitur glaubte Gregor streng einschreiten die damals zu müssen. Darunter verstand man die Belehnung der Geistlichen mit “e6^ ^ Ring und Stab beim Eintritt in ihr geistliches Amt. Bisher war es die weltlichen häufig vorgekommen, daß weltliche Herrn geistliche Aemter verliehen ®errn' hatten. Darum verordnete Gregor: „Wenn von nun an noch Jemand ein Bistum oder eine Abtei aus der Hand eines Weltlichen annimmt, so soll er auf keine Weise für einen Bischof oder Abt gehalten werden; fein Ungehorsam gegen den römischen Stuhl ist dem Götzendienst gleich zu achten. Dasselbe soll auch von den niederen geistlichen Würden gelten. Wenn aber irgend Jemand, welcher eine weltliche Macht ausübt, einen Geistlichen durch Ring und Stab mit einer geistlichen Würde belehnen will, so soll er wissen, daß er sich gleicher Schuld theilhaftig macht, wie der, welcher die geistliche Würde von ihm angenommen hat." Gregor ließ sogleich mehrere deutsche Bischöfe, welche durch Simonie gewählt waren, absetzen, und fünf Räthe des Königs Heinrich, welche des Pfründehandels angeklagt waren, mit dem Banne belegen. Im folgenden Jahre führte Gregor auch für die Weltpriester den und führt den bereits durch ältere Kirchengesetze angeordneten Cölibat d. i. die Ehe- bs°gcvammte losigkeit für die Geistlichen wieder ein, damit dieselben außer Verbindung Geistlichkeit mit der Welt blieben und weder durch Familie noch Verwandtschaften un‘ gehindert feien, ausschließlich für das Interesse der Kirche zu sorgen. Schon längere Zeit pflegten die Bischöfe nicht mehr zu heiraten; aber die niedere Geistlichkeit that es allgemein. Darum gebot Gregor, daß sämmtliche verheirateten Priester und Alle, welche den gottesdienstlichen Handlungen derselben beiwohnen würden, von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen sein sollten. Diese Verfügung stieß auf heftigen Wider-

17. Charakterbilder aus der Geschichte der christlichen Reiche - S. 54

1909 - Regensburg : Manz
54 Der Gregorianische Gesang. Die Meßliturgie und das Stundengebet. Johannes Diaconus, der Biograph des Papstes, sah noch das Zimmer neben dem Lateran und das Ruhebett, auf welchem Gregor, alt und gichtbrüchig, den Gesangunterricht erteilte, auch die kleine Rnte, mit welcher der Papst den Schülern die Fehler abzugewöhnen suchte' Die Grundlagen, ans welche Gregor den kirchlichen Gesang stellte, sind unverändert geblieben und die aus seiner Zeit stammenden Melodien sind jedenfalls im großen und ganzen noch dieselben, weshalb der offizielle römische Kirchengesang mit Recht den Namen des Gregorianischen führt. Die Benennuug desselben als cantus choralis erklärt sich daraus, daß die im Gregorianischen Antiphonar enthaltenen Gesänge zumeist vom offiziellen Sänger-' chor und zwar in dem Ranm ausgeführt wurden, welcher vom chorus cantorum den Namen „Ghor der Kirche führte. Welch großartigen Eindruck die Tätigkeit Gregors auf dem Gebiete der Musik auf die Völker machte, zeigt eine liebliche Legende. Als Gregor in einer Nacht darüber nachdachte, wie er die Musik in den Dienst der Kirche ziehen könnte, hatte er ein Gesicht, worin ihm die Kirche in Gestalt einer herrlich geschmückten Muse erschien. Sie zeichnete vor seinen erstaunten Augen ihre Lieder und Gesänge auf und versammelte dabei alle ihre Kinder unter ihrem weiten faltigen Mantel. Auf demselben erblickte er in leuchtender Schrift die verschiedenartigen Töne und Tonarten und Symphonien; der Papst erbat sich von Gott die Gnade, daß alles, was er geschaut, in seinem Gedächtnisse hafte. Als er sich am folgenden Morgen anschickte, alles aufzuschreiben, was er in der Nacht geschaut, kam eine Taube geflogen, setzte sich ans seine Schulter und diktierte ihm jene wunderbare Musik, durch die er die Kirche verherrlicht hat. Sein Antiphonarinm ist nur mehr in einem einzigen Exemplar vorhanden, nämlich in St. Gallen; daß es aber von Gregor-selbst geschrieben und von seinem Schüler Romanns (Pseudonym für einen Mönch, der das ursprüngliche Autiphouarium wahrscheinlich in Bobbio abgeschrieben) nach St. Gallen gebracht worden sei, ist nicht mehr haltbar. Die neuesten Resultate der Musikgeschichte über den Ursprung der Choralmelodien weisen in Bezug auf die sogenannten Melismatischen (reichen) Gesänge auf Jerusalem und Antiochien, bezüglich der einfachen aber, z. B. Hymnen, Antiphonen, auf römisch-antike Vorbilder hin. Die meisten Gesänge kamen vom Orient über Mailand nach Rom. Gregor paßte sie dem abendländischen Charakter an. Zugleich mit dem Gesang führte Gregor auch die römische Meßliturgie und das Stundengebet ihrer Vollendung zu. Seit Gregor dem Großen ist der römische Ordo Missae säst unverändert geblieben; das Sacramentarium Gregorianum bildet das erhabenste Denk- mal der Liturgie und das römische Brevier bezeichnen die mittelalterlichen Litnrgiker kurzweg als »officium Gregorianum«. Es kann als ausgemacht gelten, daß Gregor unter dem Einfluß des Benediktinerbreviers den ganzen Psalter auf die Woche für die einzelnen Gebetsstunden schon so verteilt hat, wie er mit geringen Ausnahmen noch jetzt ist. Wenn diese kurze Darstellung der vielseitigen Tätigkeit Gregors uns mit hoher Achtung vor dem großen Geiste und Eifer dieses Papstes erfüllen muß, so steigert sich unsere Bewunderung, wenn wir erfahren, daß er während seines ganzen Pontifikats mit Krankheiten heimgesucht war, welche seit dem Jahre 599 seine Schmerzen in dem Maße erhöhten, daß er mehrere Jahre hindurch das Bett nicht mehr verlassen konnte. Aber auch die schmerzlichsten körperlichen Leiden konnten seine Tätigkeit nicht hemmen; er fuhr fort, von dem Krankenlager aus die Kirche zu regieren und in das politische Leben seiner Zeit einzugreifen. Am 11. März 604 starb Gregor, nachdem er 13 Jahre, 6 Monate und 10 Tage den Stuhl Petri innegehabt. Die Beschreibung, welche Johannes Diaconus (im 9. Jahrhundert) nach einem wahrscheinlich noch bei Gregors Lebzeiten gemalten Bilde von dessen Äußern entwirft, mit der hohen Stirne und den edlen milden Zügen, führt uns das ausdrucksvolle Antlitz

18. Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang - S. 139

1880 - Heidelberg : Winter
Kap. 22. § 110. Kaiser Heinrich Iv u. Papst Gregor Vii. 139 eingegebene hierarchische Streben bei, die Kirchengewalt über die Staatsgewalt zu erheben. So mußte sich ein Kampf zwischen Kirche und Staat entspinnen, welcher in seinem mehrere Jahrhunderte währenden Verlauf beide Mächte zur äußersten Anspannung ihrer Kräfte trieb und endlich um die Mitte des 13. Jahrhunderts den Untergang der Kaiserherrlichkeit herbeiführte. 110. Gregor begann zunächst seine Grundsätze auf das in sich geschwächte deutsche Reich und dessen Oberhaupt nachdrücklich anzuwenden: denn groß erschien ihm dort die Verderbtheit der geistlichen und weltlichen Fürsten, vor allen schuldvoll der König, den unter seinen Willen zu beugen sein Hauptziel war. Doch sollte dies ohne Bruch und so geschehen, daß ihm die Kaisermacht selbst zur Durchführung seiner Kirchenherrschaft dienen könnte. Daher billigte Gregor den Aufstand der Sachsen anfangs nicht, und als er einen Kreuzzug gegen die Saracenen im Morgenland in Bewegung setzen und persönlich diesen Zug begleiten wollte, schrieb er (am 10. Sept. 1074) an den König Heinrich, er solle in seiner Abwesenheit die Kirche als seine Mutter hüten und verteidigen. Da aber Gregor überhaupt bei den europäischen Fürsten keine Unterstützung zu diesem Zuge fand und nun wieder den Angelegenheiten Italiens seine ganze. Aufmerksamkeit widmete, hoffte er den König zur Unterdrückung der abgefallenen mailändischen Kirche zu benutzen. Denn in der Lombardei widerstrebten ihm fortwährend die simonistischen Bischöfe, welche, wie der deutsche Episkopat, seine Dekrete gegen Simonie und Priesterehe noch nicht angenommen hatten. Gregor lud daher durch seine Legaten die der Simonie verdächtigen Bischöfe zu einer Synode nach Rom; aber die deutschen blieben fast alle aus. Die sächsischen Bischöfe hätten sich zwar gerne gefügt; Gregor fand es aber nicht rötlich, mit ihnen in nähere Verbindung zu treten, so lange er noch hoffen konnte, der König werde ihn in Italien gegen feine lombardischen Gegner stützen. Daß dies nicht geschah, gab Gregor einigen simonistischen Räten des Königs Schuld; er forderte ihn daher auf, diese zu entlassen. Weil der König dies nicht tat, suchte Gregor ihn durch einen indirekten Zwang zu einer Entscheidung zu bringen. Er forderte zunächst mehrere deutsche Fürsten auf, bei ,simonistischen und verehelichten Priestern keine Messe mehr zu hören, ja gegen letztere einzuschreiten und sich an die Einsprache der Bischöfe nicht zu kehren. Alsdann excommunicirte er außer einigen italienischen und deutschen Bischöfen auch fünf Räte des Königs wegen Simonie. Zugleich erließ er das besonders gegen Heinrich gerichtete Verbot der Laieninvestitur, veröffentlichte es aber in Deutschland noch nicht, so lange die Verhandlungen mit dem Könige noch im Gang waren. Doch der König fuhr nach altem Königsrechte nach wie vor fort, geistliche Aemter (darunter namentlich das Erzbistum Köln) zu vergeben, un.d ließ, obgleich er früher sich erboten hatte, allein und ohne die Fürsten blos durch vertraute Räte mit dem Papste über alle streitigen Punkte zu verhandeln, nunmehr zu erkennen geben, er könne nur mit Zustimmung der Fürsten an den Ausgleich gehen. Daraus erkannte Gregor, daß dem Könige an einer Verständigung

19. Die Geschichte des Mittelalters - S. 244

1876 - Köln : DuMont-Schauberg
244 Zweiter Zeitraum des Mittelalters: 751 1096. Diese kam im Januar 1076 zu Stande, und in ihr erschien ein dem Gregor feindlich gesinnter Cardinal, Hugo Blancus, der Alle gegen den Papst zu erbittern versuchte. Des Königs Furcht und Haß kam ihm zu Hülfe und es wurde von der Versammlung die Aufforderung erlassen, Gregor solle seiner Würde, die er, wie man nun erfahren habe, dem kanonischen Rechte entgegen besitze, entsagen. Roland, ein Geistlicher aus Parma,. brachte diesen Brief nach Rom, wo Gregor eben ein Concilium hielt. Die anwesenden Geistlichen geriethen so in Zorn, daß sie den Gesandten des Königs umbringen wollten. Der Papst schützte ihn; am folgenden Tage nach Vorlesung mehrerer zu gleicher Zeit in Rom angekommener Briefe von deutschen Geistlichen, die in Worms zugegen gewesen waren und sich entschuldigten, sich der Gewalt gefügt zu haben, erklärte Gregor, der Papst nehme Heinrich sein Königreich in Deutschland und Italien, weil er sich in unerhörtem Ueber-muthe gegen die Kirche erhoben habe; alle Unterthanen des Königs entbinde er von ihrem Eide und gebiete ihnen, Christo zu gehorchen und den Feind seiner Kirche zu verlassen, den er mit dem Fluche des Kirchenbannes belege. In Deutschland vernahmen Heinrich's Feinde den Bannfluch, der über ihn ergangen war, mit Freuden, und auf einer Versammlung der Fürsten zu Tribur entging er der Absetzung nur dadurch, daß er sich den demüthi-gendsten Bedingungen unterwarf. Cr sollte eine Jahresfrist haben, um sich von dem Banne zu befreien, sich aber in dieser Zeit aller Regierungshandlungen enthalten, und wenn er nach Ablauf eines Jahres nicht vom Banne losgesprochen sei, als abgesetzt betrachtet werden. Gregor hatte den Fürsten gemeldet, er werde demnächst nach Deutschland kommen und zu Augsburg über den König Gericht halten. Heinrich entfernte sofort alle der Simonie beschuldigten Geistlichen und andere Cxcommunicirte von sich und lebte eingezogen in Speier, bis er sich entschloß, die bevorstehende Ankunst Gregor's Vii. in Deutschland nicht abzuwarten, sondern wo möglich dessen Interesse von dem der deutschen Fürsten zu trennen und ihm in die Lombardei entgegen zu gehen. Cr hoffte zugleich, durch dieses Entgegenkommen den Papst leichter zu gewinnen. Im Januar 1077, in einem der härtesten Winter, die man erlebtihatte, zog er durch Burgund nach Italien. Die gewöhnlichen Straßen hatten ihm die Fürsten versperrt, deren Interesse einer Aussöhnung Heinrich's mit Gregor entgegen war. Bei der fürchterlichsten Kälte, unter den entsetzlichsten Gefahren überstieg der König die Alpen. Als die Nachricht von feiner Ankunft in Italien erscholl, war die Gregor feindliche Partei hoch erfreut. Viele sahen in Heinrich einen Befreier von neu aufgelegten drückenden Verhältnissen; sie boten ihm Unterstützung und Hülfe, wenn er gegen Gregor ziehen wolle. Cr aber, eingeschüchtert, schlug Alles aus und stellte sich dadurch feinen Anhängern als schwach dar, ohne feine Gegner zu gewinnen. Gregor war schon auf der Reife nach Deutschland begriffen und hielt

20. Geschichtsbilder aus den Reichen der Langobarden und merowingischen Franken - S. 381

1892 - Gütersloh : Bertelsmann
Gregorius von Tours, der Geschichtschreiber der Franken. 381 Kenntnis von dem Reiche der Merowinger verdanken. Noch trägt es die Spuren seiner allmählichen Entstehung, man erkennt spätere Nachträge, und es fehlt ihm die letzte Vollendung. Um so größer ist deshalb die Glaubwürdigkeit der letzten Bücher, in die er den Ereignissen gleichzeitig die Zeitgeschichte eintrug. Häufig nennt man dieses Werk die Kirchengeschichte der Franken, und in manchen Handschriften trägt es diesen Titel-, allein so sehr auch, dem Charakter der Zeit entsprechend, das kirchliche Element vorwiegt, so zeigt doch der Inhalt, daß seine Überschrift nicht von Gregor herrühren kann. Richtiger nennt man es „Zehn Bücher fränkischer Geschichten." Gregor hatte bereits Vorgänger gehabt; er selbst, und nur er allein, hat uns Namen und Bruchstücke zweier verlorener Historiker aufbewahrt; aber beide scheinen noch der letzten Kaiserzeit angehört zu haben; seitdem versuchte niemand mehr das Andenken dieser trüben Zeiten aufzuzeichnen. Mit der Klage darüber beginnt Gregor fein Werk. Jetzt, da die Pflege der schönen Wissenschaften in den Städten Galliens vernachlässigt, ja sogar gänzlich in Verfall geraten sei, so lauten die inhaltsschweren Worte, jetzt finde sich kein Gelehrter, dem die Kunst der Rede zu Gebote stünde, der in Prosa oder Versen die Begebenheiten der Gegenwart der Nachwelt aufbewahre. Laut klage das Volk: „Wehe über unsre Tage, daß die Pflege der Wissenschaften bei uns untergegangen ist und niemand sich findet, der, was zu unsern Zeiten geschehen, berichten könnte!" Deshalb nun, weil kein andrer auftrete, habe er es auf sich genommen, das Gedächtnis dieser Tage den Nachkommen zu überliefern. Die Zeitgeschichte also ist sein Gegenstand. Aber um dafür eine chronologische Grundlage zu gewinnen, schickt er im ersten Buche eine Übersicht der Weltgeschichte, hauptsächlich der biblischen, seit der Schöpfung voran; die Erzählung von der Stiftung der gallischen Kirche, zuletzt von seinem Schutzheiligen Martin, giebt dann den Übergang zur fränkischen Geschichte. Allein er führt doch auch noch einen andern Grund an für die Berechnungen, mit denen er fein Werk beschließt, nämlich damit diejenigen, welche wegen des herannahenden Endes der Welt in Sorge seien, genau wissen möchten, wie viele Jahre seit der Erschaffung der Welt verfloffen wären. Denn diese Vorstellung beherrschte auch ihn, so wie alle, die auf das untergehende römische Reich, das letzte Weltreich, ihre Blicke gerichtet hatten. Und in der That bot diese Zeit kaum etwas andres dar als Zeichen des Verfalles und des Untergangs; Keime neuen Lebens mußten dem Frankenreich in Gallien erst von außen wieder zugetragen werden, für die Neugestaltung des Staates von Austrasien, für die Kirche von den britischen Inseln. Vor allem findet es Gregor durchaus notwendig, fein Glaubensbekenntnis an die Spitze des Buches zu stellen, damit kein Leser an seiner