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1. Europa ohne Deutschland und die außereuropäischen Erdteile - S. 15

1912 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
— 15 — Konstantinopel. Original-Aufnahme der Photoglob-Co. in Zürich. Zur Türkei gehören in Asien noch Kleinasien, Syrien, Mesopotamien und Westarabien. 2. Das Rönigreick Bulgarien. Bulgarien umfaßt das Gebiet des Balkans, das nördlich davon gelegene Tafelland und einen Teil der Maritza- Ebene. Der Balkan hat in seinem Aufbau und Abfall viel Ähnlichkeit mit dem Erzgebirge. Er bildet die Fortsetzung der Karpathen. Bei einer Länge von 600 km beträgt die Breite nur 20—40 km. Die größten Erhebungen steigen bis 2375 m an. Die zahlreichen Straßen müssen das Gebirge, da tiefeingeschnittene Päffe fehlen, fast in Kammhöhe überschreiten. Sie sind vorzüglich zu verteidigen. Um den Schipkapaß wurde im Rnfsisch-türkischen Kriege heftig gestritten An der Orientbahn liegt Sofia (83 T.), die Haupt- stadt Bulgariens. An den steilen Südabhang schließt sich eine 8 km breite Grabenversenkung an, die nach Süden durch den Antibalkan begrenzt wird. In der gegen rauhe Nordwinde wohlgeschützten, reich bewässerten, fruchtbaren Grabensenke finden sich außer fruchtbaren Getreidefeldern, Obst- und Weingärten riesige Rosenfelder. „Von dem Wasserreichtum dieser Gegend," schreibt Moltke, „kann man sich kaum eine Vorstellung machen. Wie in der Lombardei werden alle Gärten und Felder täglich aus dem Wasservorrat getränkt, der in Gräben und Rinnen dahinrauscht. Das ganze Tal ist das Bild des gesegnetsten Wohlstandes und der reichsten Frucht- barkeit, ein wahres gelobtes Land. Die Luft ist von Wohlgerüchen erfüllt, denn Kasanlik (am Fuße des Schipka) ist das Land der Rosen; die Blume wird hier nicht wie bei uns in Gärten und Töpfen, sondern auf den Feldern in Furchen gebaut." Die Rosenfelder liefern jährlich über 5000 kg Rofenöl. Zu 1 kg Rosenöl (Wert 800 Mk.^ find etwa 5000 kg Rosenblätter nötig.

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1. Deutschlands Weltpolitik - S. 146

1916 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
146 /D/D Hans Mühlestein: Bulgariens Sterin /D/D/D/D Weisheit, sowohl auf bulgarischer wie auf türkischer Seite, hat hier eine Flurbereinigung ermöglicht, die jeden Zwang zu künftiger kriegerischer Abrechnung endgültig aus der Welt schafft. Bulgarien hat seine Grenze in Thrakien bis 5 vor die Tore Adrianopels geschoben, worüber hinaus selbst die größten Zaren Altbulgariens, die ein tatsächliches Bal- kankaisertum vom Schwarzen bis zum Ägäischen und bis zum Adriatischen Meere inne hatten, ihr Gebiet nie hinaus- streckten, obschon ihnen das stolze Byzanz tributpflichtig 10 war und obschon sie es gar oft selbst eroberten. Sie wichen immer hinter Adrianopel zurück, sie mußten fühlen, daß für sie hier fremder Boden war, daß der Besitz Konstanti- nopels sie aus dem Herzen des Balkans an seine Peripherie hinaus gezogen hätte. Dasselbe gilt für das heutige und 15 für jedes künftige Bulgarien. Bulgarien hat also heute im Osten die Fülle des Erreichbaren im Besitz, die geschicht- liche Auseinandersetzung mit der Türkei ist zu Ende gebracht und damit die Grundlage gelegt für eine weltpolitische Freundschaft zwischen Bulgarien und der Türkei, analog 20 derjenigen, die erst nach dem preußisch-österreichischen Krieg von 1866 zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn möglich, später wirklich und heute so mächtig und entschei- dend wurde. Durch dieses großartige Werk der Rückendeckung im 25 Osten, durch das Bulgarien die diplomatische Führung auf dem Balkan während des Weltkriegs an sich gerissen hat und das in seiner ganzen Anlage eines Bismarck würdig gewesen wäre, hat nun aber die bulgarische Nation freie Hand bekommen, um sich mit voller Wucht nach dem Westen 30 zu wenden und damit die zweite Hälfte des Weges zu ihrer balkangeschichtlichen Bestimmung zu beschreiten. Die kühne Tat der Mobilisation, durch die sich Bulgarien zum diplomatischen nun auch einen uneinholbaren militärischen Vorfprung auf dem Balkan gesichert hat, kann einzig und 35 allein diesen Sinn haben - die einmütige nationale Be-

2. Quellenbuch zur deutschen Geschichte von 1815 bis zur Gegenwart - S. 190

1906 - Leipzig [u.a.] : Ehlermann
— 190 — Meinung hat einem alten mächtigen und zuverlässigen Freunde, der wir waren, die Tür gewiesen; wir drängen uus nicht ans. Wir haben versucht, das alte vertraute Verhältnis wiederzugewinnen, aber wir laufen niemand nach. Das hält uns aber nicht ab, — im Gegenteil, es ist uns ein Sporn mehr, die Vertragsrechte, die Rußland uns gegenüber hat, mit doppelter Genauigkeit zu beobachten. Zu den Vertragsrechten gehören auch solche, die nicht von allen unseren Freunden anerkannt werden: ich meine, dazu gehören die Rechte, die wir auf dem Berliner Kongreß Rußland in betreff Bulgariens erworben haben, und die bis 1885 ganz unangefochten bestanden haben. Es ist gar keine Frage für mich, der ich die Kongreßbe-schlüsse mit vorbereitet und mit unterzeichnet habe, daß wir alle damals der Meiuuug waren, daß der vorwiegende Einfluß in Bulgarien Rußland zufallen sollte, nachdem es seinerseits auf Ostrumelieu verzichtet hatte, indem es die mäßige Satisfaktion gab, die Grenze des seinem Einflüsse anheimfallenden Gebiets um 800000 Seelen, auf 3 Millionen ungefähr zurückzuschrauben. Infolge dieser Auffassung des Kongresses hat Rußland bis 1885 zunächst den_ Fürsten ernannt, einen nahen Verwandten des Kaiserhauses, von dem damals niemand annahm und annehmen konnte, daß er etwas anderes würde sein wollen als ein getreuer Anhänger der russischen Politik. Es hat die Kriegsminister, einen großen Teil der Offiziere ernannt, kurz und gut, es hat in Bulgarien geherrscht; da ist gar kein Lweifel daran. Die Bulgaren oder ein Teil von ihnen oder der Fürst — ich weiß nicht, wer — sind nicht damit zufrieden gewesen, es hat ein Staatsstreich, ein Abfall vou Rußland stattgefunden. Dadurch ist ein faktisches Verhältnis entstanden, welches wir mit Gewalt der Waffen zu remedieren keinen Berus haben, welches aber die Rechte, die Rußland aus dem Kongreß nach Hause gebracht hat, doch theoretisch nicht alterieren

3. Fürst Bismarck - S. 90

1916 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
90 Ausgewählte Neben des Fürsten v. Bismarck. spieler deklamiert und Tränen vergießt über das Schicksal von Hekuba, — wirkliche Tränen — und Hamlet sagt — ich weiß nicht, wendet er den Ausdruck an, der durch Herrn Mrchow hier das parlamentarische Bürgerrecht gewonnen 5 hat, den Ausdruck von „Schuft" —: „Was bin ich für ein Schuft?", oder benutzt er ein anderes Beiwort —kurz und gut, er sagt: „Was ist ihm Hekuba?" Das fiel mir damals sofort ein. Was sollen diese Deklamationen heißen? Was ist uns denn Bulgarien? Es ist uns vollständig gleichgültig, 10 wer in Bulgarien regiert und was aus Bulgarien über- haupt wird, das wiederhole ich fjter; ich wiederhole alles, was ich früher mit dem viel gemißbrauchten und tot- gerittenen Ausdruck von den Knochen des pommerschen Grenadiers gesagt habe: Die ganze orientalische Frage ist 15 für uns keine Kriegsfrage. Wir werden uns wegen dieser Frage von niemand das Leitseil um den Hals werfen lassen, um uns mit Rußland zu brouillieren. Die Freund- schaft von Rußland ist uns viel wichtiger als die von Bul- garien und die Freundschaft von allen Bulgarenfreunden, 20 die wir hier bei uns im Lande haben. Ich kann also wohl sagen, die Hoffnung, die ich an das Gelingen des Bestrebens knüpfte, die drei Kaisermächte wieder zu einigen, welche ich zuerst faßte, als erreicht war, die Monarchen hier in Berlin im Jahre 1872 zusammen- 25 zubringen, die hat sich insoweit verwirklicht, daß wir weit entfernt sind von der Wahrscheinlichkeit, mit Österreich oder mit Rußland in Händel zu kommen; es liegen gar keine direkten Motive vor, die unsern Frieden mit diesen beiden gefährden könnten,- aber der Schutz, den der Friede durch 30 diese Verbindung zu dreien, ich möchte sagen, durch das trianguläre Karree, welches die drei Kaiserreiche unter sich formieren, wenn der Ausdruck nicht unsinnig wäre, ge- winnt, ist eben stärker zu dreien als zu zweien — und die Schwierigkeit der Aufgabe liegt nicht darin, unsern Frieden 35 mit Österreich oder Rußland zu erhalten, sonden den Frie-

4. Deutschlands Weltpolitik - S. 145

1916 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
/D/D/D/52 Hans Mühlestsin: Bulgariens Stern. /5)/52 145 erste solche und bis heute der einzige geblieben ist. Mit dieser Tat aber hat Ferdinand I. sein Volk auf eine Bahn geführt, die es unaufhaltsam aufwärts auf einen neuen Gipfel, nicht seiner nationalen Geschichte allein, sondern der Balkangeschichte und damit zu einer großen Rolle im europäischen Völkerleben führen muß. Suchen wir den Sinn der jüngsten bulgarischen Geschichte seit 1908 zu erfassen - und das muß unser Bemühen sein, wenn wir den bulgarischen Faktor richtig in die Welt- rechnung der allernächsten Zukunft stellen wollen -,so können wir kühn zusammenfassend sagen, daß hier eine neue europäische Macht, ein von Bulgarien ge- führter Balkan, mitten in der Entstehung be- griffen ist. Betrachten wir diesen Prozeß zuerst vom bloß balkan- geschichtlichen Standpunkt, als welchen wir den Gedanken der Vormachtstellung auf dem Balkan ansehen müssen. In zwei mächtigen Etappen wurde, beziehentlich wird dieses Ziel von Bulgarien zunächst erstrebt: erstens durch die Auseinandersetzung mit der Türkei, zweitens durch diejenige mit Serbien. Erstere brachte der erste Valkankrieg, in dem übrigens Bulgariens Beruf mindestens zur militärischen Führung des Balkens sich in der denkbar glänzendsten Weise, zum Staunen der ganzen Welt, erwies. Diese Etappe war aber noch bis vor kurzem nicht vollständig durchlaufen. Bulgarien war durch den zweiten Balkankrieg in dem Bestreben nach endgültiger Auseinandersetzung mit der Türkei aus dem Gleise geworfen worden. Mit impo- nierender, unbeirrbarer Konsequenz und Ruhe, mit kühner Zielsicherheit, wie sie Berufene auszeichnet, hat nun Bul- garien das erste Weltkriegsjahr benutzt, um die geschicht- liche Auseinandersetzung mit der Türkei endgültig zu Ende zu bringen. Das geschah in dem bulgarisch-türkischen Abkommen, das wahrscheinlich schon im August des Jahres abgeschlossen war. Wahrhaft staatsmännische Wychgram, Deutschlands Weltpolitik. 10 5 10 15 20 25 30 35

5. Deutschlands Weltpolitik - S. 144

1916 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
littllr.tr Bulgariens Stern. (Hans Mühlestein, Bulgariens Stern. Aus: „Das Größere Deutschland". Heft 41. 3. 1337—1344. Weimar, Verlag Gustav Kiepenheuer. 1915.) ©?<D r «Ein harter Menschenschlag, nicht leicht zu behandeln, o aber man muß vor ihm hohe Achtung haben. Der Patriotismus dieses Volkes ist erstaunlich, eine Hin- gebung an die Zcholle, an das Vaterland ohne Gren- zen ! Bulgarien ist von einer Kraft, einer Stärke, von der man draußen nicht die rechte Einsicht hat. Bei 10 ruhiger Entwicklung wird sein Aufschwung, unterstützt von unerschöpflichen natürlichen Hilfskräften, die Welt in Erstaunen setzen." Ferdinand I. (1912). ls am 5. Oktober 1908, dem Tage, da Österreich-Ungarn im Verfolg der türkischen Revolution Bosnien und das 15 Herzogsland annektierte, der Fürst Ferdinand von Bul- garien aus dem Hause Koburg-Kohary sich in der uralten bulgarischen Krönungsstadl Tirnowo im Balkankriege die bulgarische Zarenkrone holte, da mag es - außerhalb Bul- gariens - nicht viele in ganz Europa gegeben haben, die 20 diesem Ereignis den ihm zukommenden weltgeschichtlichen Rang zuerkannten. Ja, vielleicht war der König selbst der einzige, der genau wußte, was damit ins Werk gesetzt ward. Er hatte die Geschichte des ihm anvertrauten Volkes mit der Scharfäugigkeit durchforscht, die nur der Wille zur 25 Verantwortung vor der Weltgeschichte einem selbst Geschichte machenden, regierenden Fürsten verleiht. Mit jenem Er- eignis nämlich ist der gute Stern Bulgariens nach fünf- hundertjähriger Finsternis über dem bulgarischen Volke wieder aufgegangen, der es ein Jahrtausend zuvor von 80 Sieg zu Sieg und auf jenen wahren Gipfel der Balkan- geschichte geführt hat, der seit Alexander dem Großen der

6. Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht - S. 105

1857 - Freiburg im Breisgau : Herder
Das griechische Schisma. 105 des Kaisers, Bardas, hatte öffentliches Aergerniß gegeben, wofür ihn der Patriarch Ignatius von dem Abendmahle ausschloß; als er auch den Drohungen des Kaisers nicht nachgab, wurde er abgesetzt (857) und an seiner Stelle der gelehrte, herrschsüchtige und gewissenlose Pho- tius erhoben, der in sechs Tagen vom Laien bis zum Patriarchen alle Weihen durchlaufen hatte. Jedoch ein Theil der Geistlichkeit hielt treu zu dem abgesetzten Patriarchen, daher suchten Photius und seine Be- schützer den Papst Nikolaus I. für ihre Sache zu gewinnen. Sie schmei- chelten diesem durch Gesandtschaft und Briefe und wußten selbst die beiden Gesandten des Papstes so zu gewinnen, daß sie (861) auf einer Synode zu Konstantinopel die Absetzung des Ignatius unterschrieben; doch Niko- laus I. erfuhr den wahren Hergang der Sache, sprach seine feierliche Verwahrung gegen das an Ignatius begangene Unrecht aus und ent- setzte den Photius nebst seinen geistlichen Anhängern ihrer Würden (863). Ein anderes gleichzeitiges Ereigniß vermehrte die morgenländische Ab- neigung gegen das christliche Abendland. Bogoris, der Fürst der Bul- garen, hatte das Christenthum und in der Taufe den Namen Michael angenommen; die Bekehrung war das Werk griechischer Gefangenen sowie der Mönche Methodius und Cyrillus, welche wir bereits als die Apostel Mährens kennen. Bald wandte sich Michael an den Papst und dieser schickte ihm Geistliche, welche die Neubekehrten in die christ- liche Ordnung einführten; auch ernannte er einen Bischof von Bulgarien. Dies erbitterte den Photius noch mehr; er nahm Bulgarien für den Sprengel des Patriarchen in Konstantinopel in Anspruch und rechnete bei seinem Treiben auf die Unterstützung seines Hofes, der aus der un- mittelbaren kirchlichen Unterordnung Bulgariens unter den römischen Stuhl eine Ausdehnung des abendländischen Kaiserthums auf Bulgarien befürchtete, sowie auf die Sympathie der griechischen Bischöfe. Er ver- sammelte eine willfährige Synode, fälschte obendrein die Akten und fügte Unterschriften von Bischöfen bei, die nichts um die Sache wußten, er- klärte den Papst als abgesetzt und mit dem Bannflüche belegt (867). Er war also der erste Patriarch, welcher dem Papste den Gehorsam aufkündete und das Schisma aussprach, denn außerdem beschuldigte er in seinem Rundschreiben an die morgenländischen Patriarchen die abend- ländische Kirche verderblicher Gebräuche und Irrthümer. Er feierte auch wirklich den Triumph, daß sich die Bulgaren der morgenländischen Kirche zuwandten und sich dem Patriarchalsprengel von Konstantinopel zuthei- len ließen; aber als Bardas durch den Kaiser und dieser durch eine Verschwörung (867) den Untergang fand, wodurch Basilius I., der Makedonier, auf den Thron kam, ließ dieser den Photius in ein Kloster sperren und den Ignatius wieder einsetzen. Allein auch dieser weigerte sich, Bulgarien aus dem Metropolitanverbande mit Konftantinopel wieder

7. Bd. 1 - S. 403

1889 - Langensalza : Greßler
403 Landbevölkerung in ihrem schönsten Putz zu Fuß oder im Wagen herbei. Da sieht man Moldauer, Walachen, Juden. Türken, Russen durcheinander wogen. Hier verkauft ein Jude in den schreiendsten Farben gewirkte Stoffe oder Putzgegenstände, wie Ohrringe, Ringe, Broschen aus Messing, Hals- und Armbänder aus Glasperlen, wäh- rend sein Nachbar mir Stücken Steinsalz handelt. Dieser Walache in weißem Mantel preist seine geräucherten Fische oder seine Melonen, Trauben, Apfelsinen an, jene Moldauerin bietet Kohl, Zwiebeln. Gurken feil. Durch die Menge drängt sich ein Unglücklicher, dem Augen und Nase fehlen, und sucht durch Flötenspielen das Mitleid der Anwesenden zu erwecken. Plötzlich entsteht ein Handgemenge: ein Jude hat sich einer falschen Elle bedient und dieselbe in Stücken zerbrochen, in der Hoffnung, das Nachmessen unmöglich zu machen. Er wird nach dem Polizeigebäude geschleppt, seine Ware unter die Füße getreten und geplündert — eine beliebte Volksbelustigung! Erst gegen Abend hört das Wogen und Treiben auf und die Menge zer- streut sich nach allen Seiten. 7. Eine Fahrt durch Bulgarien von Widdin nach Sofia.* Vorweg sei hier bemerkt, daß Bulgarien (das ganze Land nördlich vom Balkan, einschließlich der Stadt Sofia) nach dem russisch- türkischen Kriege (1877—78) von den europäischen Großmächten zu einem tributpflichtigen Staate unter dem Namen eines „Fürstentums Bulgarien" erhoben und der Türkenherrschaft entrissen wurde. Eine Versammlung, bestehend aus den Vornehmsten des Landes, wählte am 29. April 1879 zu Tirnowa den Prinzen von Battenberg als selbständigen Fürsten von Bulgarien unter dem Namen Alexander I. Nachdem er sein Land sieben Jahre lang ehrenvoll und glücklich regiert hatte, wurde er auf Veranlassung des Kaisers von Rußland gezwungen, abzudanken und nach Deutschland zurückzukehren. Ihm folgte in der Regierung Prinz Ferdinand von Koburg. — Hören wir jetzt, was uns ein Reisender über eine von ihm gemachte Fahrt durch das jüngste europäische Fürstentum erzählt. „Widdius Minarete und die Mastspitzen der bei der Stadt ankernden Donauschiffe zeigten sich vor uns — noch einige Minuten und vor mir breitete sich das Häusergewirr aus, — es war die erste bulgarische Stadt, die ich sah, und mit Entzücken betrachtete ich all das Neue, das sich mir hier bot; die Masse der kleinen, bunt ange- ftrichenen Häuser, über die sich hie und da die Kuppeln der Moscheeen und schlanke Minarets erheben, das Treiben der Volksmassen am Donauufer, die eigentümlich geformten Donauschiffe mit dem hohen Hinterteile, — alles war außerordentlich interessant. Widdin ist be- kanntlich eine der stärksten Festungen Bulgariens. * Nach E. Rockstroh. 26*

8. Geographie für Handels- und Realschulen - S. 277

1907 - Stuttgart : Nitzschke-Brettinger
— 277 Zitronen. Mandeln, Flachs und Süßholz. Johannisbrot und Gummi werden in großer Menge, Wein und Seide dagegen von geringer Güte gewonnen. Kandia (1900: 23), an der N.-Küste, am Berge Ida, leb- hafter Handel und starke Ausfuhr von Olivenöl und Lammfellen. Der Wert der Ausfuhr betrug 1904: 8'/-, derjenige der Ein- fuhr 11 Mill. M. Kanea (kania, 1900: 25), Hauptstadt, befestigter Hafen, leb- hafter Verkehr mit Griechenland und der Levante. 0. Bas Fürstentum Bulgarien. 96 345 qkm mit (1900) 3 744 283 Bew. Das konstitutionelle Fürstentum Bulgarien ist zwar seit 1878 selbständig, steht aber noch unter der Ober- Hoheit der Pforte und ist derselben tributpflichtig. Seit 1887 steht Ferdinand I. aus dem Hanse Coburg an der Spitze. Es zerfällt in die beiden durch den Balkan ge- trennten Hauptteile N 0 r d b ul g a r i e n oder Bulgarien im N. des letzteren und Südbulgarien oder Ostrumelien auf der S.-Seite des Balkan. Dieses wird Vertrags- mäßig selbständig durch einen christlichen Statthalter, den Fürsten von Bulgarien, verwaltet und bildete früher einen Teil von Rumelien. Die Bevölkerung besteht aus Bulgaren (2888000), Türken (530 000), Zigeunern (90 000), Walachen oder Rumänen (71000), Griechen (67000, Juden (34000) und über 64000 anderen Bewohnern, unter diesen einige Tausend Russen (3) und Deutsche (2). Abgesehen von den 34 000 Juden gab es i. I. 1900: Mohammedaner (643000), weitaus die Mehrzahl der Bewohner waren Christen, und zwar gehörten zur griechisch-orieutalischen 3 019 000, zur katholischen 29 000, zur evangelischen Kirche nur 4000, zur armenischen 14 000 Seelen. a. Nordbulgarien (Bulgarien), 63 751 qkm mit (1900) 2644299 Bew., mit geringer Industrie; aber beträchtlicher Viehzucht und starkem Getreide-, Tabak-, Wein-, ^bst- und Seidenbau. Hauptstadt ist Sofia (68), unweit des Jsker, Residenz des Fürsten, mit Seiden-, Tuch-, Leder- und Tabak-

9. Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart - S. 178

1912 - Leipzig : Wunderlich
178 Ausbau des Deutschen Reiches. drückt, „Wettkriechen" vor Rußland! — Die Zeit ist vorbei; um Liebe werben wir nicht mehr, weder in Frankreich noch in Rußland. Die russische Presse, die russische öffentliche Meinung hat einem alten mächtigen und zuverlässigen Freunde, der wir waren, die Tür gewiesen; wir drängen uns nicht auf. Wir haben versucht, das alte vertraute Verhältnis wiederzugewinnen, aber wir laufen niemand nach. Das hält uns aber nicht ab, im Gegenteil, es ist uns ein Sporn mehr, die Vertragsrechte, die Rußland uns gegenüber hat, mit doppelter Genauigkeit zu beobachten.. Zu den Vertragsrechten gehören auch solche, die nicht von allen unseren Freunden anerkannt werden: ich meine, dazu gehören die Rechte, die wir auf dem Berliner Kongreß Rußland in betreff Bulgariens erworben haben und die bis 1885 ganz unangefochten bestanden haben. Es ist gar keine Frage für mich, der ich die Kongreßbeschlüsse mit vorbereitet und mit unterzeichnet habe, daß wir alle damals der Meinung waren, daß der vorwiegende Einfluß in Bulgarien Rußland zufallen follte, nachdem es seinerseits auf Oftrumelien verzichtet hatte, indem es die mäßige Satisfaktion gab, die Grenze des seinem Einflüsse anheimfallenden Gebiets um 800 000 Seelen, auf 3 Millionen ungefähr zurückzuschrauben. Infolge dieser Auffassung des Kongresses hat Rußland bis 1885 zunächst den Fürsten ernannt, einen nahen Verwandten des Kaiserhauses, von dem damals niemand annahm und annehmen konnte, daß er etwas anderes würde sein wollen als ein getreuer Anhänger der russischen Politik. Es hat die Kriegsminister, einen großen Teil der Offiziere ernannt, kurz und gut, es hat in Bulgarien geherrscht; da ist gar kein Zweifel daran. Die Bulgaren oder ein Teil von ihnen oder der Fürst ich weiß nicht, wer — sind nicht damit zufrieden gewesen, es hat ein Staatsstreich, ein Abfall von Rußland stattgefunden. Dadurch ist ein faktisches Verhältnis entstanden, welches wir mit Gewalt der Waffen zu remediereu keinen Beruf haben, welches aber die Rechte, die Rußland aus dem Kongreß nach Hause gebracht hat, doch theoretisch nicht alterieren sann. Ob, wenn Rußland die Rechte gewaltsam geltend machen wollte, sich daran Schwierigkeiten knüpfen würden, das weiß ich nicht; das geht uns auch nichts an. Wir werden gewaltsame Mittel nicht unterstützen und auch nicht dazu raten; ich glaube auch nicht, daß Neigung dazu da ist, ich bin ziemlich gewiß, daß sie nicht vorhanden ist. Wenn aber Rußland auf diplomatischem Wege versucht, sei es auch durch eine Anregung auf das Einschreiten des Oberherrn von Bulgarien, des Sultans, wenn es versucht, das herbeizuführen, so halte ich es für die Aufgabe einer loyalen deutschen Politik, sich dabei rein an die Bestimmungen des Ber* liner Vertrages zu holten und an die Auslegung, die wir ihnen damals ganz ohne Ausnahme gegeben hoben und an der — mich wenigstens — die Stimmung der Bulgaren nicht irre machen kann. Bulgarien, das Landchen zwischen Donau und Balkan, ist überhaupt kein Objekt von hinreichender Größe, um daran die Konsequenzen zu knüpfen, um seinet-

10. Deutschlands Weltpolitik - S. 147

1916 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
/a/a/a/Sö Hans Mühlestein: Bulgariens Stern. /D/o2 147 geisterung, von der sie getragen ist, genügt nicht allein, das zu beweisen. Denn es gibt keinen Krieg, der in Bulgarien heute noch populär wäre, es sei denn der Krieg zur Befrei- ung Mazedoniens und das heißt vor allem der Sieg über Serbien, das, weil es der Büttel Rußlands ist, es im 5 zweiten Balkankrieg wagen durfte, mit wahrhaft italienischer Felonie seinem bisherigen Bundesgenossen in den Rücken zu fallen, nachdem es ihm die Frucht des Krieges, um derentwillen Bulgarien allein zum Balkanbund und -krieg zu haben gewesen war, hinterrücks abgenommen hatte, 10 während Bulgarien die großen Schlachten schlug, aus denen die andern parasitisch Vorteil zogen. Diese westliche Etappe auf seinem vorgezeichneten Weg, wenigstens ihren serbi- schen Teil, wird Bulgarien zweifellos in kürzester Frist mit erbittert geführter Waffe gründlich und endgültig 15 hinter sich gebracht haben. Und sie wird es dicht an die albanische Grenze führen, nach Ochrida, der ehemaligen Hauptstadt des zweiten bulgarischen Reiches im Mittelalter, das sich sogar über Albanien ans Adriatische Meer er- streckte*). Der noch übrig gebliebene Teil läßt sich dann 20 - oder schon früher - sehr wohl auf diplomatischem Wege erledigen. Denn daß die beiden balkanischen Flügelmächte Bulgariens sich ihm in den Weg werfen könnten, ist heute nicht mehr zu besorgen, wenn nicht Rumänien die Lust anfällt, sich unter den Kriegswagen der Mittelmächte zu 25 legen, Griechenland, seinem verhaßten italienischen Kon- kurrenten in Albanien und in Kleinasien endlich auf die Beine zu helfen. Doch dafür, daß das nicht geschieht, hat schon längst die allgemeine europäische Kriegslage vorge- sorgt, von der der Balkan nicht zu trennen, in der er nur 30 eine eingefügte Drehscheibe ist, deren Steuerung ja nun Bulgarien in so glückliche Hand genommen hat. Und damit *) Der letzte Jar des zweiten bulgarischen Reiches ffttzlkteisrl-Instituk einem Sturm auf Durrazzo. fur Internationale ffcftulbuchiorschung Braunschweig Schulbuchbibliothefc

11. Deutschlands Weltpolitik - S. 149

1916 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
/S)/3)/S>/S> Hans Mühlestein: Bulgariens Stern. /N/T> 149 hetzte Nutzland im Herbst 1885 seinen Büttel Serbien Bulgarien auf den Hals, unter dem Vorwand von Kom- pensationsforderungen anläßlich der eben erfolgten An- nexion Ost-Rumeliens durch Bulgarien. Und als die Serben in den Schlachten von Sliwinitza und Pirot von 5 den Bulgaren Alexanders blutig heimgeschickt wurden, da zwang es diesen mit dem Revolver zur Abdankung und versuchte in der Folge, durch eine ständig in Sofia resi- dierende Mörderbande Bulgarien in Schrecken zu halten und in die Knie zu zwingen. Dieses aber wählte sich 1887 10 wieder einen deutschen Fürsten, der den bulgarischen Staat innerlich neu aufrichtete und durch unerhörte Fährnisse auf seinen heutigen Gipfel geführt hat. Aber auch er nicht ohne die große russische Versuchung, der er jahrelang opfern mußte und die er besonders im Balkanbund und -krieg 15 durchzumachen hatte. Dieser war zuerst gegen Österreich- Ungarn geplant gewesen, und da hatte allerdings Fer- dinand I. das Joch Rußlands und damit die Gefahr für sein Volk schon dadurch so gut wie abgeschüttelt, daß er im letzten Augenblick die Front des Bundes eigenmächtig 20 wechselte und ihn anstatt gegen Österreich-Ungarn, gegen die Türkei führte. Und wie ehemals Rußland einem selbständigen Bulgarien (das es früher in der Hoffnung auf dessen eigenen Besitz so groß machen wollte) 1885 auch nicht einmal die Angliederung Ostrumeliens gönnen wollte, 25 so züchtigte es den unbotmäßigen, für Rußland geradezu gefährlich aufstrebenden Bulgarenstaat im Sommer 1913 abermals dadurch, daß es ihm Serbien auf den Hals hetzte. Ein starkes unabhängiges Bulgarien, das sich zwischen Rußland und die Meerengen schob, konnte Rußland ja 30 unmöglich dulden, während es andererseits das serbische Pulverfaß unmittelbar am Eckpfeiler des österreichischen Staatsgebäudes unmöglich entbehren konnte. So fiel die Wahl der Gunst auf Serbien. Das aber hat Bulgarien endgültig von seiner slawophilen Schwärmerei geheilt und 35

12. Deutschlands Weltpolitik - S. 151

1916 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
/D/D/D/D Hans Mühlestein: Bulgariens Stern. /D/D 151 nie auf der Welt gesehen ward: nicht nur strategisch, sondern auch politisch und wirtschaftlich würde sich der unermeßliche Vorteil der inneren Linien für diebeteiligtenmächte durch das aktive Eingreifen Bulgariens in das heutige Weltgeschehen von Frankreich, Belgien, Nord- und Ostsee, Kurland, Littauen und Polen bis an die Dardanellen, nein, bis an den Suezkanal, den Persischen Golf und damit bis vor die Tore Indiens erstrecken! So bekommt heute, durch die absolut einzigartige zeit- geschichtliche Konstellation, die ihren Drehpunkt auf dem Balkan hat, jede Negung Bulgariens eine ungeheure Be- deutung: sie wird sozusagen automatisch aus dembulgarisch- balkanischen Maß in ein interkontinentales Riesenmaß übersetzt. Das erkennen wir an den beispiellosen Fern- wirkungen seines gegenwärtigen Handelns: die Abgesandten der beiden mächtigsten Weltreiche und ihrer Anhänger de- mütigen sich vor der werdenden neuen europäischen Macht auf dem Balkan, um sie auf ihre Seite zu bringen. Ja, durch die Mobilisation Bulgariens bestürzt, stürzen sich die West- mächte vorschnell in die letzte gewaltige Offensive, die ihnen ihre Kräfte überhaupt noch gestatten, und setzen damit buchstäblich alles aufs Spiel, nur um den Balkan wieder aus dem bulgarischen Geleise herauszureißen. Und da sie endlich einsehen müssen, daß Bulgarien nicht gegen den Sinn seiner Geschichte, nicht gegen die Logik der Welt- geschichte zu handeln wünscht, die es zum Schlußstein in dem großeninterkontinentalenweft-östlichenviadukte macht, verfallen sie in zähneknirschende Drohungen, wie sie in der Regel die Ohnmacht gebiert. Sie wollen sich im Winkel von 90 Grad auf diesen neuen weltpolitischen Trakt stürzen, wo er am schmälsten ist, d. h. auf Bulgarien. Bulgariens Zar und sein Volk aber, beide gleich willens- stark, gleich zähe und unbeirrbar und gleich tüchtig, können es ruhig erwarten, bis die mit zornigem Faustballen an- 5 10 15 20 25 30 35

13. Deutschlands Weltpolitik - S. 152

1916 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
152 /N/W Hans Mühlestein: Bulgariens Stern. /N/N/D/D gedrohten Heere des Vierverbandes den Schiffsbäuchen entklettern werden. Bis dahin wird der wahrhaft zum Führer berufene Vulgarenzar die Schleusen zum Welt- geschehen gewaltsam aufgestoßen haben, und der altbul- 5 garische Drang zur Größe, der - seit einem halben Jahrtausend aufgestaut und oft furchtbar eingezwängt und gedemütigt - sein Volk heute wieder emporreißt, wie zur Zeit der Zaren Boris, Symeon, Samuel und Assn, dieser Drang wird sich unaufhaltsam dahin ergießen, wohin 10 Bulgariens Stern ihm leuchtet. Dieser aber leuchtet ihm heute wieder dahin, sich mit dem Deutschen Kaisertum zu verbinden, wie ehemals der heutige bulgarische National- Heilige, der Begründer Groß-Bulgariens, der „Karl der Große des Balkans", Zar Boris, sich mit Kaiser Ludwig 15 dem Deutschen verband - im Jahre 864 zu Tulln a. Donau haben sie beide persönlich den Bündnisvertrag feierlichst ausgefertigt - und bei dieser Gelegenheit von ihm den in der bulgarischen Beschichte so unendlich segensreich fort- wirkenden Anstoß zum Übertritt ins Christentum empfing. 20 So kehrt heute am Eingang des neuen bulgarischen Zarentums wieder, was am Eingang des altbulgarischen war. Vielleicht kann heute die neue deutsche Kultur in etwas die Rolle des Christentums von damals ersehen. 03 Druck von Delhagen & Masing in Bielefeld.

14. Geschichte des Mittelalters - S. 115

1866 - Freiburg im Breisgau : Herder
Das byzantinische Reich. 115 gleich aber auch Soldatenkaiser, welche Bulgaren und Arabern Achtung geboten. Das griechische Schisma: Photius (880). Michael Cerularius (1054). Unter Michael Iii. (842—867) wurde 842 der Bilderstreit durch eine Synode beigelegt, aber indem dadurch ein Grund der Entfremdung der abend- und morgenländischen Christenheit beseitigt wurde, veranlaßte Michael Iii., sonst ein Wüstling und Verspotter religiöser Dinge, einen Riß von oben bis unten. Der allvermögende Günstling des Kaisers, Bardas, hatte öffentliches Aergerniß gegeben, wofür ihn der Patriarch Ignatius von dem Abendmahle ausschloß; als dieser den Drohungen des Kaisers, der für Bardas eintrat, nicht nachgab, wurde er abgesctzt (857) und an seiner Stelle der gelehrte, herrschsüchtige und gewissenlose Photius erhoben, der in sechs Tagen vom Laien bis zum Patriarchen alle Weihen durchlaufen hatte. Ein Theil der Geistlichkeit jedoch hielt treu zu dem abgesetzten Patriarchen, daher suchten Photius und seine Beschützer den Papst Nikolaus 1. für ihre Sache zu gewinnen. Sie schmeichelten die- sem durch Gesandtschaft und Briefe und wußten selbst die beiden Ge- sandten des Papstes so zu gewinnen, daß sie (861) auf einer Synode zu Konstantinopel die Absetzung des Ignatius unterschrieben; doch Niko- laus l. erfuhr den wahren Hergang der Sache, sprach seine feierliche Verwahrung gegen das an Ignatius begangene Unrecht aus und entsetzte den Photius nebst seinen geistlichen Anhängern ihrer Würden (863). Ein anderes gleichzeitiges Ereigniß vermehrte die morgenländische Abneigung gegen das christliche Abendland. Bogoris, der Fürst der Bulgaren, hatte das Christenthum und in der Taufe den Namen Michael angenommen; die Bekehrung war das Werk griechischer Gefangenen, sowie der Mönche Methodius und Cyrillus, welche wir bereits als die Apostel Mährens kennen. Bald wandte sich Michael an den Papst und dieser schickte ihm Geistliche, welche die Neubekehrten in die christliche Ord- nung einführten; auch ernannte er einen Bischof von Bulgarien. Dies erbitterte den Photius noch mehr; er nahm Bulgarien für den Sprengel des Patriarchen in Konstantinopel in Anspruch und rechnete bei seinem Treiben auf die Unterstützung seines Hofes, der aus der unmittelbaren kirchlichen Unterordnung Bulgariens unter den römischen Stuhl eine Ausdehnung des abendländischen Kaiserthums auf Bulgarien befürchtete, sowie auf die Sympathie der griechischen Bischöfe. Er versammelte eine willfährige Synode, fälschte obendrein die Akten und fügte Unterschriften von Bischöfen bei, die nichts um die Sache wußten, erklärte den Papst als abgesetzt und mit dem Bannflüche belegt (867). Er war also der erste Patriarch, welcher dem Papste den Gehorsam aufkündete und das Schisma aussprach, denn außerdem beschuldigte er in seinem Rundschrei- 8*

15. Von der Thronbesteigung Ludwigs des Frommen bis zum Tode Ludwigs des Kindes. Konrad (I.) von Franken - S. 404

1887 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
Fünfter Abschnitt. Karl der Kahle macht auf einer Versammlung der aquitanischen Grrofsen zu Pouilly-sur-Loire seinen Sohn Ludwig (den Stammler) baptisma suscepit (Dümmler I, 628, Siidöstl. Marken 80 f. setzt mit Berufung auf eine Stelle in einem Briefe des Patriarchen Photios die Taufe des Bogoris bereits in das Ende des J. 864 oder den Anfang von 865). Quod proceres sui (die s. g. Boliaden, vgl. Konstant, de caerim. aulae byzant. n, c. 47 p. 681 ed. Reiske) inoleste ferentes, concitaverunt populum adversus eum, ut illum inter-ficerent. Quotquot igitur fuerunt intra 10 comitatus, adunaverunt se circa palatium eius. Doch wurde Michael des Aufstandes ohne große Mühe Herr. Rex autem ex proceribus — interfecit — 52, reliquum autem populum inlae-sum abire permisit; et mittens ad Hlndowicum, regem Germaniae, qui ei foe-dere pacis coniunctus erat (s. o. 864 e), episcopum et presbiteros postulavit, et ab eo missos cum debita veneratione suscepit (vgl. ann. fuld. 866: Legatibul-gaxum Radesponam [Regensburg] ad regem venerunt, dicentes regem illorum cum populo non modico ad Christum esse conversum, simulque petentes, ut rex idoneos praedicatores — ad eos mittere non differret). Hludowicus autem ad Karolum, fiatiem suum, mittens, in ministerium clericorum — vasa sacrata saciasque vestes ac libros petiit. Unde Karolus ab episcopis regni sui non parvam summam accipiens, ei ad dirigendum regi (der Text der ann. her tin. erscheint an dieser Stelle verderbt). Bulgarorum rex fuium suum (die Sendung des Sohnes bezweifelt Dümmler I, 630 n. 54 wohl mit Recht, im Hinblick auf das Schreiben Papst Johanns Vhl vom 16. Apr. 878 Jaffe 3131, welches als Gesandte einen dem Könige verwandten Grafen Peter, sowie die beiden Grofsen Johann und Martin nennt) et plures ex proceribus regni sui Romam direxit (sie trafen im August 866 daselbst ein, vgl. Y. Nicol. I. c. 68 A ignoli Hi, 210) et arma, quibus indutus fuerat, quando — de siüs adversa-riis triumphavit, cum aliis donis s. Petro transmisit et plures quaestiones de sacramentis fidei consulendo Nicolao papae direxit et episcopos atque presbiteros mitti ab eo sibi poposcit; quod et obtinuit (s. Nicolai responsa, Mansi Xv, 401 Jaffe 2812.) Einige von den Geschenken sandte Nikolaus an Kaiser Ludwig Ii., da dieser die Auslieferung derselben verlangte, ann. bertin. Der ■Papst schickte die Bischöfe Paulus von Populonia und Formosus von Porto als Missionare zu den Bulgaren (V. Nicol, c. 69), Ludwig d. D. den Bischof Ermen-rich von Passau (ann. fuld. 867; vgl. über Ermenrich Dümmler, S. Gail. Denkm. 248, Ostfr. R. I, 631). S. Leibniz I, 655 ff. 657 f., Dümmler I, 62/- 633, Gregorovius Ih, 126 ff., Mühlbacher 1419f. Die römische Mission in Bulgarien war anfangs vom besten Erfolge begleitet; ja Michael soll eines Tages sogar öffentlich sich und die Bulgaren für Diener des römischen Stuhles erklärt haben (s. die Vorrede des Anast. zum 8. Konzil, Mansi Xvi, 11). Indem aber Nikolaus und sein Nachfolger Hadrian dem von Michael 867 geäufserten Wunsche, er möge Formosus zum Erzbischof in Bulgarien ernennen, die Erfüllung versagten und trotz aller Gegenvorstellungen des Königs auf ihrer Meinung beharrten, so wandte sich dieser 870 nach Konstantinopel und schlofs sich der griechischen Kirche an, welche schon vor seinem Übertritt die ersten kirchlichen Einrichtungen in Bulgarien getroffen hatte. Das Nähere s. bei Dümmler I, 695 ff.

16. Fürst Bismarck - S. 147

1916 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
vq'svsvsm 7. Rede über die europäische Lage, ©'s®® 147 mitvorbereitet und mitunterzeichnet habe, daß wir alle da- mals der Meinung waren, daß der vorwiegende Einfluß in Bulgarien Rußland zufallen sollte, nachdem es seiner- seits auf Ostrumelien verzichtet hatte, indem es die mäßige Satisfaktion gab, die Grenze des seinem Einflüsse anheim- fallenden Gebiets um 800000 Seelen auf 3 Millionen unge- fähr zurückzuschrauben. Infolge dieser Auffassung des Kon- gresses hat Rußland bis 1885 zunächst den Fürsten ernannt, einen nahen Verwandten des Kaiserhauses, von dem da- mals niemand annahm und annehmen konnte, daß er etwas anderes würde sein wollen als ein getreuer Anhänger der russischen Politik. Es hat die Kriegsminister, einen großen Teil der Offiziere ernannt, kurz und gut, es hat in Bul- garien geherrscht; da ist gar kein Zweifel daran. Die Bul- garen oder ein Teil von ihnen oder der Fürst — ich weiß nicht wer — find nicht damit zufrieden gewesen, es hat ein Staatsstreich, ein Abfall von Rußland stattgefunden. Da- durch ist ein faktisches Verhältnis entstanden, welches wir mit Gewalt der Waffen zu remedieren keinen Beruf haben, welches aber die Rechte, die Rußland aus dem Kongreß nach Haufe gebracht hat, doch theoretisch nicht alterieren kann. Ob, wenn Rußland diese Rechte gewaltsam geltend machen wollte, sich daran Schwierigkeiten knüpfen würden, das weiß ich nicht, das geht uns auch nichts an. Wir wer- den gewaltsame Mittel nicht unterstützen und auch nicht dazu raten; ich glaube auch nicht, daß Neigung dazu da ist, — ich bin ziemlich gewiß, daß sie nicht vorhanden ist. Wenn aber Rußland auf diplomatischem Wege versucht, sei es auch durch eine Anregung auf das Einschreiten des Oberherrn in Bulgarien, des Sultans, wenn es versucht, das herbeizuführen, so halte ich es für die Aufgabe einer loyalen deutschen Politik, sich dabei rein an die Bestim- mungen des Berliner Vertrages zu halten und an die Auslegung, die wir ihnen damals ganz ohne Ausnahme ge- geben haben, und an der mich wenigstens die Stimmung der 5 10 15 20 25 30 35

17. Neueste Geschichte seit 1815 bis zur Gegenwart - S. 222

1918 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
222 diejenigen unserer Erzeugnisse, die wir nirgendwo anders absetzen knnen, und durch deren Herstellung allein wir ein krftiger, wirtschaftlich selbstndiger Staat werden knnen. Politisch selbstndig aber kann nur derjenige Staat sein, der wirtschaftlich stark und selbstndig ist. Auerdem zeigt uns die neueste Geschichte während der letzten zwei Jahre, da tatschlich Deutschland und sterreich-Ungarn unsere wirtschaftliche Entwicklung und Festigung wnschen. Indem wir die Frage nicht weiter errtern wollen, da unserer Ausfuhr und unserer Durchfuhr diese Lnder keine Schwierigkeilen be-reiten, wollen wir nur noch die Frage der letzten Anleihen erwhnen. Als wir nach dem Kriege zwar erniedrigt", aber nicht vernichtet" dastanden*), hat sich Frankreich kategorisch geweigert, uns eine Anleihe zu geben, wenn wir den Bukarester Vertrag nicht anerkennen und einer selbstndigen Politik nicht entsagen und uns nicht ganz der seinerzeitigen Tripleentente in die Arme Wersen, welche der uns nach Belieben verfgen wollte. Unsere Russenfreunde waren damals wie rasend und forderten unbedingt die Annahme dieser Bedingungen. Jetzt knnen wir sehen und erwgen, wie teuflisch diese Vorschlge und Plne gewesen sind und wie Bulgarien ein Spielzeug in den Hnden Rulands und Frankreichs ge-worden und von der Erdflche verschwunden wre. In diesen fr Bulgarien schweren Stunden ist ihm Deutschland zu Hilfe gekommen und hat ihm die ver-langte Anleihe ohne irgendwelche politischen Verpflichtungen gegeben ... Nur die verbndetsten Russophilen in Bulgarien, die Rußland mehr als Bulgarien lieben und die aus Bulgarien ein russisches Gouvernement machen wollen, wollen die Vorteile dieser Anleihe nicht anerkennen, die unter Vorbehaltung der vollen Ent-schlusreiheit von bulgarischer Seite abgeschlossen wurde. Aber jeder unparteiische Bulgare hat die Pflicht, es einzugestehen, da durch diese Anleihe Deutschland uns vor dem Bankerott, sowie vor der politischen Unterwerfung bewahrt hat ... Der Krieg hat gezeigt, wie groß die wirtschaftliche Macht Deutschlands und sogar sterreich-Ungarns ist. Wenn diese Staaten es daher wollen, haben sie immer die volle Mglichkeit, uns wertvoll zu untersttzen. Sie haben es bis jetzt getan, und wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln, da sie uns in Zukunft auch unter-sttzen werden. Im Gegenteil, aus den bisher gegebenen Erklrungen deutscher Zeitungen und deutscher Staatsmnner knnen wir mit voller Zuversicht auf die deutsche finanzielle Hilfe rechnen. Als wir bereits diese Zeilen geschrieben hatten, erhielten wir die Mitteilung, da Deutschland uns wieder eine Anleihe von 125 Millionen Lewa zur Tilgung von schwebenden Schulden ohne jede politische Bedingungen gemacht hat. Aus dieser kurzen Darstellung geht deutlich hervor, da wir aus Volkswirt-schaftlichen Grnden unbedingt mit Deutschland und seinen Verbndeten gehen mssen, weil nur diese Staaten uns wirtschaftlich emporbringen knnen, und weil wir ohne deren Untersttzung der wirtschaftlichen Vernichtung preisgegeben sind. Unser grter Feind ist heute Serbien. Es fragt sich nun, wie kommt Serbien zu der Khnheit, sich so feindselig gegen Bulgarien zu benehmen? Die Antwort ist klar: durch Rußland, welches um jeden Preis ein Groserbien" errichten will, das Bulgarien vernichten soll, und ihm, Rußland, gleichzeitig helfen soll, Kon-stantinopel und die Meerengen zu erobern. Wir kennen nicht den Wortlaut der x) Die in Anfhrungszeichen gesetzten Ausdrcke enthalten Anspielungen auf ent-sprechende Bemerkungen des russischen Ministers des Auswrtigen, die in der bulgarischen Presse oft besprochen wurden.

18. Deutschlands Weltpolitik - S. 150

1916 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
150 /55/5) Hans Mühlestein: Bulgariens Stern. /5>/5)/5)/T> es von der englisch-russischen Nord-Südrichtung in die deutsch-türkische West-Ost-Nichtung der Weltpolitik ge- worfen. Es ist dies dieselbe Richtung, in der der erste Fürst des modernen Bulgarien, Alexander I., geleitet von 5 einem divinatorischen Instinkt, das strategische Eisenbahn- netz Bulgariens anlegte, im Kampf natürlich mit Ruß- land, daß sich von Bulgarien als russischem Sklaven seine Heerstraßen von Süd-Rußland nach Konstantinopel bauen lassen wollte und diese nun für alle Zukunft verbaut sah. 10 Beinahe wäre schon in den achtziger Jahren an der bul- garischen Frage ein Weltbrand entzündet worden. Auf diesem neuen großen europäisch-asiatischen Trakt beherrscht Bulgarien die Mitte. Es ist wie bei einem Tunnelbau, der von zwei Seiten aus vorgetrieben wird, 15 während gleichzeitig von einer Insel in der Mitte nach beiden Richtungen entgegengebaut wird. Der Tunnel nach der Türkei ist fertig und eingeweiht - der nach Ungarn ist im Bau, jeder Tag kann den endgültigen Durchschlag bringen. Jeder Schritt Bulgariens auf dem Wege zu 20 seiner eigenen nationalen und balkangeschichtlichen Be- stimmung führt es zwei Schritte vorwärts auf dem Wegs zu seiner europäischen Bedeutung. Denn jedem seiner Schritte kommt Mitteleuropa entgegen. Zwei Systeme der inneren Linie wachsen hier unaufhaltsam ineinander; das 25 balkanische und das mitteleuropäische. Ja, eigentlich sind es drei; denn auch die Türkei genießt für sich den Vorteil der inneren Linie. So wie Deutschland das Herz Europas, so ist Bulgarien des Herz des Balkans (wie sie beide auch Jahrhunderte lang deren Schlachtfelder gewesen sind). 30 Die Beherrschung der inneren Linie bietet Bulgarien auch bei einem kombinierten Feldzug die Gewähr für seinen guten Ausgang, wie es diejenige Deutschlands und Öster- reich-Ungarns ist. Indem aber diese (sozusagen) Lokal- systeme zur Vereinigung streben, entsteht ein ungeheures 35 einheitliches Universal-System der inneren Linien, wie es

19. Nationale Erdkunde - S. 154

1911 - Straßburg i.E. : Bull
154 Ii. Europa. Deutsche Siedelungen in Rumänien. Auch die Geschichte des rumänischen Staates weiß von deutscher Siedelungstätigkeit vielerlei zu erzählen. Der nordöstliche Teil Rumäniens, das Fürsten - tum Moldau, entstand etwa um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Aus Siebenbürgen hatte man „Sachsen" kommen lassen, um die Tartaren zu vertreiben, die sich am Ostabhang der Karpaten fest- gesetzt hatten. (Die Städte der Moldau sind nach dem Muster der deutschen Siebenbürgens angelegt.) In der Folgezeit waren die Deutschen immer die festeste Stütze der einheimischen Fürsten. Äeute leben im ganzen Königreich über 50000 Deutsche. (Ge- samtbevölkerung Millionen.) Sie bewohnen in der Moldau und Walachei meist die Städte, besonders die Hauptstadt und haben es dort als Kausleute und Handwerker zum Teil zu großem Wohlstande gebracht. In der Dobrudscha sitzen recht viel deutsche Bauern, die fast durchweg ihre heimische Mundart, das niederdeutsche Platt, gewahrt haben. Das deutsche Schulwesen steht in Rumänien auf bedeutender Äöhe. So sind die Beziehungen unseres Vaterlandes zu Rumänien also mannigfaltig genug, und wenn wirklich dieses auf- blühende Königreich dank seiner Lage und seiner Volkskräfte berufen sein sollte, auf dem Schwarzen Meere eine Rolle zu spielen, so dürfen wir hoffen, daß auch uns die fernere Entwickelung dieses Landes zugute kommt. Den im englischen Fahrwasser segelnden Nebenbuhler Ru- mäniens, Bulgarien, müssen wir wenigstens streifen, wenn er für uns auch von geringer Bedeutung ist. Bulgarien. Wenn dem Besitzstande der Türkei von einem Staate der Balkanhalbinsel her Gefahr droht, so ist es von Bulgarien aus. Ob sich überhaupt die Türkei auf die Dauer der anstürmenden Feinde erwehren kann, ist eine Frage der Zeit. Kein Geringerer als der deutsche General von der Goltz, der lange Jahre als Lehrer der türkischen Armeen im Lande geweilt hat und als einer der wärmsten Freunde des türkischen Reichs gelten darf, hat den Rat gegeben, die europäifch-türkifchen Besitzungen aufzugeben und dafür alle Kräfte der Stärkung und Erhaltung der asiatischen Reichsteile zu widmen. Der Äauptanteil der aufzugebenden Provinzen, Mazedonien und Thrakien, dürfte Bulgarien, dem Freunde Rußlands, zufallen.

20. Vom deutsch-österreichischen Frühjahrsangriff 1916 bis zum verschärften U-Bootskriege - S. 46

1917 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
46 Einundzwanzigster Abschnitt. in die dort standen, keiner Gefahr aussetzen, so mußten sie entweder sofort das Land räumen und den Feinden preisgeben oder die Leere der Feinde an diesen Stellen zurücktreiben. Die ganze westliche Walachei aufzugeben, fiel ihnen natürlich garnicht ein. Sie glaubten ja doch, Deutschland und Österreich seien am Rande ihrer Kräfte und wären leicht umzubringen, also hieß es, durch einen energischen Angriff sich gegen eine Umklammerung zu schützen. Das einzig Richtige wäre nun gewesen, über die Donau zu gehen und mit aller Macht Bulgarien anzugreifen. Die Grenze gegen Österreich-Ungarn war ja leicht zu verteidigen, weil sie von gewaltigen Gebirgen gebildet wird. 3n Bulgarien wäre aber ein Angriff auf uns sehr aussichtsreich gewesen. Ihr wißt, daß hier bei Saloniki noch immer ein französischer General mit einer ganzen Menge verbündeter Truppen stand. Wenn der von Süden und die Rumänen von Norden kamen, gerieten die Unseren zwischen zwei Feuer. Die Russen hatten sofort bei Beginn des rumänischen Krieges ein Leer durch die Dobrudscha hindurchgeschickt, das hier also mit den Rumänen zusammen gegen Bulgarien hätte vorrücken können. Gelang es den Rumänen, Bulgarien zu erobern, dann hatten wir von Deutschland und Oesterreich-Lingarn aus auch keine Verbindung mehr nach der Türkei. Dann hätte es ihnen auch sehr wohl gelingen können, diese niederzuwerfen, und dann standen die beiden Mittelmächte wieder ganz allein. Es war eine große Torheit der Rumänen, daß sie es nicht so angefangen haben. Aber freilich gab es auch dafür Gründe: Die Rumänen bildeten sich nämlich ein, die Bulgaren würden, sowie Rumänien den Krieg erklärte, angsterfüllt von uns abfallen. Tatsächlich haben die Bulgaren auch mehrere Tage gewartet, ehe sie den Krieg erklärten. Inzwischen waren die rumänischen Leere bereits nach Siebenbürgen geschickt und konnten nun nicht so schnell zurückgezogen werden. Was aber die Rumänen hauptsächlich verlockt hat, in die Siebenbürgische Falle zu gehen, das war der Speck, der darin hing: die Befreiung der rumänischen Brüder in Siebenbürgen! Darum hatten sie ja doch den Krieg angefangen, und nun gab es eine so schöne Gelegenheit, mit einem Schlage alles zu erreichen, was sie wollten. And sie haben wohl eben uns überhaupt nicht mehr zugetraut, daß wir uns gegen sie wehren könnten. So zogen sie mit Sang und Klang in Siebenbürgen ein, in das sie ganz leicht