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1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Wychgram, Jakob, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
146 /D/D Hans Mühlestein: Bulgariens Sterin /D/D/D/D
Weisheit, sowohl auf bulgarischer wie auf türkischer Seite,
hat hier eine Flurbereinigung ermöglicht, die jeden Zwang
zu künftiger kriegerischer Abrechnung endgültig aus der
Welt schafft. Bulgarien hat seine Grenze in Thrakien bis
5 vor die Tore Adrianopels geschoben, worüber hinaus selbst
die größten Zaren Altbulgariens, die ein tatsächliches Bal-
kankaisertum vom Schwarzen bis zum Ägäischen und bis
zum Adriatischen Meere inne hatten, ihr Gebiet nie hinaus-
streckten, obschon ihnen das stolze Byzanz tributpflichtig
10 war und obschon sie es gar oft selbst eroberten. Sie wichen
immer hinter Adrianopel zurück, sie mußten fühlen, daß
für sie hier fremder Boden war, daß der Besitz Konstanti-
nopels sie aus dem Herzen des Balkans an seine Peripherie
hinaus gezogen hätte. Dasselbe gilt für das heutige und
15 für jedes künftige Bulgarien. Bulgarien hat also heute
im Osten die Fülle des Erreichbaren im Besitz, die geschicht-
liche Auseinandersetzung mit der Türkei ist zu Ende gebracht
und damit die Grundlage gelegt für eine weltpolitische
Freundschaft zwischen Bulgarien und der Türkei, analog
20 derjenigen, die erst nach dem preußisch-österreichischen
Krieg von 1866 zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn
möglich, später wirklich und heute so mächtig und entschei-
dend wurde.
Durch dieses großartige Werk der Rückendeckung im
25 Osten, durch das Bulgarien die diplomatische Führung auf
dem Balkan während des Weltkriegs an sich gerissen hat
und das in seiner ganzen Anlage eines Bismarck würdig
gewesen wäre, hat nun aber die bulgarische Nation freie
Hand bekommen, um sich mit voller Wucht nach dem Westen
30 zu wenden und damit die zweite Hälfte des Weges zu
ihrer balkangeschichtlichen Bestimmung zu beschreiten. Die
kühne Tat der Mobilisation, durch die sich Bulgarien zum
diplomatischen nun auch einen uneinholbaren militärischen
Vorfprung auf dem Balkan gesichert hat, kann einzig und
35 allein diesen Sinn haben - die einmütige nationale Be-
1906 -
Leipzig [u.a.]
: Ehlermann
- Autor: Ziehen, Julius, Lorentz, Paul
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
— 190 —
Meinung hat einem alten mächtigen und zuverlässigen Freunde, der wir waren, die Tür gewiesen; wir drängen uus nicht ans. Wir haben versucht, das alte vertraute Verhältnis wiederzugewinnen, aber wir laufen niemand nach. Das hält uns aber nicht ab, — im Gegenteil, es ist uns ein Sporn mehr, die Vertragsrechte, die Rußland uns gegenüber hat, mit doppelter Genauigkeit zu beobachten.
Zu den Vertragsrechten gehören auch solche, die nicht von allen unseren Freunden anerkannt werden: ich meine, dazu gehören die Rechte, die wir auf dem Berliner Kongreß Rußland in betreff Bulgariens erworben haben, und die bis 1885 ganz unangefochten bestanden haben. Es ist gar keine Frage für mich, der ich die Kongreßbe-schlüsse mit vorbereitet und mit unterzeichnet habe, daß wir alle damals der Meiuuug waren, daß der vorwiegende Einfluß in Bulgarien Rußland zufallen sollte, nachdem es seinerseits auf Ostrumelieu verzichtet hatte, indem es die mäßige Satisfaktion gab, die Grenze des seinem Einflüsse anheimfallenden Gebiets um 800000 Seelen, auf 3 Millionen ungefähr zurückzuschrauben. Infolge dieser Auffassung des Kongresses hat Rußland bis 1885 zunächst den_ Fürsten ernannt, einen nahen Verwandten des Kaiserhauses, von dem damals niemand annahm und annehmen konnte, daß er etwas anderes würde sein wollen als ein getreuer Anhänger der russischen Politik. Es hat die Kriegsminister, einen großen Teil der Offiziere ernannt, kurz und gut, es hat in Bulgarien geherrscht; da ist gar kein Lweifel daran. Die Bulgaren oder ein Teil von ihnen oder der Fürst — ich weiß nicht, wer — sind nicht damit zufrieden gewesen, es hat ein Staatsstreich, ein Abfall vou Rußland stattgefunden. Dadurch ist ein faktisches Verhältnis entstanden, welches wir mit Gewalt der Waffen zu remedieren keinen Berus haben, welches aber die Rechte, die Rußland aus dem Kongreß nach Hause gebracht hat, doch theoretisch nicht alterieren
1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: ,
- Hrsg.: Schierbaum, Heinrich, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
90 Ausgewählte Neben des Fürsten v. Bismarck.
spieler deklamiert und Tränen vergießt über das Schicksal
von Hekuba, — wirkliche Tränen — und Hamlet sagt —
ich weiß nicht, wendet er den Ausdruck an, der durch Herrn
Mrchow hier das parlamentarische Bürgerrecht gewonnen
5 hat, den Ausdruck von „Schuft" —: „Was bin ich für ein
Schuft?", oder benutzt er ein anderes Beiwort —kurz und
gut, er sagt: „Was ist ihm Hekuba?" Das fiel mir damals
sofort ein. Was sollen diese Deklamationen heißen? Was
ist uns denn Bulgarien? Es ist uns vollständig gleichgültig,
10 wer in Bulgarien regiert und was aus Bulgarien über-
haupt wird, das wiederhole ich fjter; ich wiederhole alles,
was ich früher mit dem viel gemißbrauchten und tot-
gerittenen Ausdruck von den Knochen des pommerschen
Grenadiers gesagt habe: Die ganze orientalische Frage ist
15 für uns keine Kriegsfrage. Wir werden uns wegen dieser
Frage von niemand das Leitseil um den Hals werfen
lassen, um uns mit Rußland zu brouillieren. Die Freund-
schaft von Rußland ist uns viel wichtiger als die von Bul-
garien und die Freundschaft von allen Bulgarenfreunden,
20 die wir hier bei uns im Lande haben.
Ich kann also wohl sagen, die Hoffnung, die ich an das
Gelingen des Bestrebens knüpfte, die drei Kaisermächte
wieder zu einigen, welche ich zuerst faßte, als erreicht war,
die Monarchen hier in Berlin im Jahre 1872 zusammen-
25 zubringen, die hat sich insoweit verwirklicht, daß wir weit
entfernt sind von der Wahrscheinlichkeit, mit Österreich oder
mit Rußland in Händel zu kommen; es liegen gar keine
direkten Motive vor, die unsern Frieden mit diesen beiden
gefährden könnten,- aber der Schutz, den der Friede durch
30 diese Verbindung zu dreien, ich möchte sagen, durch das
trianguläre Karree, welches die drei Kaiserreiche unter sich
formieren, wenn der Ausdruck nicht unsinnig wäre, ge-
winnt, ist eben stärker zu dreien als zu zweien — und die
Schwierigkeit der Aufgabe liegt nicht darin, unsern Frieden
35 mit Österreich oder Rußland zu erhalten, sonden den Frie-
1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Wychgram, Jakob, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
/D/D/D/52 Hans Mühlestsin: Bulgariens Stern. /5)/52 145
erste solche und bis heute der einzige geblieben ist. Mit
dieser Tat aber hat Ferdinand I. sein Volk auf eine Bahn
geführt, die es unaufhaltsam aufwärts auf einen neuen
Gipfel, nicht seiner nationalen Geschichte allein, sondern
der Balkangeschichte und damit zu einer großen Rolle im
europäischen Völkerleben führen muß.
Suchen wir den Sinn der jüngsten bulgarischen Geschichte
seit 1908 zu erfassen - und das muß unser Bemühen sein,
wenn wir den bulgarischen Faktor richtig in die Welt-
rechnung der allernächsten Zukunft stellen wollen -,so
können wir kühn zusammenfassend sagen, daß hier eine
neue europäische Macht, ein von Bulgarien ge-
führter Balkan, mitten in der Entstehung be-
griffen ist.
Betrachten wir diesen Prozeß zuerst vom bloß balkan-
geschichtlichen Standpunkt, als welchen wir den Gedanken
der Vormachtstellung auf dem Balkan ansehen müssen. In
zwei mächtigen Etappen wurde, beziehentlich wird dieses
Ziel von Bulgarien zunächst erstrebt: erstens durch die
Auseinandersetzung mit der Türkei, zweitens durch diejenige
mit Serbien. Erstere brachte der erste Valkankrieg, in dem
übrigens Bulgariens Beruf mindestens zur militärischen
Führung des Balkens sich in der denkbar glänzendsten
Weise, zum Staunen der ganzen Welt, erwies. Diese
Etappe war aber noch bis vor kurzem nicht vollständig
durchlaufen. Bulgarien war durch den zweiten Balkankrieg
in dem Bestreben nach endgültiger Auseinandersetzung mit
der Türkei aus dem Gleise geworfen worden. Mit impo-
nierender, unbeirrbarer Konsequenz und Ruhe, mit kühner
Zielsicherheit, wie sie Berufene auszeichnet, hat nun Bul-
garien das erste Weltkriegsjahr benutzt, um die geschicht-
liche Auseinandersetzung mit der Türkei endgültig zu Ende
zu bringen. Das geschah in dem bulgarisch-türkischen
Abkommen, das wahrscheinlich schon im August des
Jahres abgeschlossen war. Wahrhaft staatsmännische
Wychgram, Deutschlands Weltpolitik. 10
5
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25
30
35
1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Wychgram, Jakob, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
littllr.tr
Bulgariens Stern.
(Hans Mühlestein, Bulgariens Stern. Aus: „Das Größere Deutschland".
Heft 41. 3. 1337—1344. Weimar, Verlag Gustav Kiepenheuer. 1915.)
©?<D
r «Ein harter Menschenschlag, nicht leicht zu behandeln,
o aber man muß vor ihm hohe Achtung haben. Der
Patriotismus dieses Volkes ist erstaunlich, eine Hin-
gebung an die Zcholle, an das Vaterland ohne Gren-
zen ! Bulgarien ist von einer Kraft, einer Stärke, von
der man draußen nicht die rechte Einsicht hat. Bei
10 ruhiger Entwicklung wird sein Aufschwung, unterstützt
von unerschöpflichen natürlichen Hilfskräften, die Welt
in Erstaunen setzen." Ferdinand I. (1912).
ls am 5. Oktober 1908, dem Tage, da Österreich-Ungarn
im Verfolg der türkischen Revolution Bosnien und das
15 Herzogsland annektierte, der Fürst Ferdinand von Bul-
garien aus dem Hause Koburg-Kohary sich in der uralten
bulgarischen Krönungsstadl Tirnowo im Balkankriege die
bulgarische Zarenkrone holte, da mag es - außerhalb Bul-
gariens - nicht viele in ganz Europa gegeben haben, die
20 diesem Ereignis den ihm zukommenden weltgeschichtlichen
Rang zuerkannten. Ja, vielleicht war der König selbst der
einzige, der genau wußte, was damit ins Werk gesetzt ward.
Er hatte die Geschichte des ihm anvertrauten Volkes mit
der Scharfäugigkeit durchforscht, die nur der Wille zur
25 Verantwortung vor der Weltgeschichte einem selbst Geschichte
machenden, regierenden Fürsten verleiht. Mit jenem Er-
eignis nämlich ist der gute Stern Bulgariens nach fünf-
hundertjähriger Finsternis über dem bulgarischen Volke
wieder aufgegangen, der es ein Jahrtausend zuvor von
80 Sieg zu Sieg und auf jenen wahren Gipfel der Balkan-
geschichte geführt hat, der seit Alexander dem Großen der
1857 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Das griechische Schisma.
105
des Kaisers, Bardas, hatte öffentliches Aergerniß gegeben, wofür ihn
der Patriarch Ignatius von dem Abendmahle ausschloß; als er auch
den Drohungen des Kaisers nicht nachgab, wurde er abgesetzt (857)
und an seiner Stelle der gelehrte, herrschsüchtige und gewissenlose Pho-
tius erhoben, der in sechs Tagen vom Laien bis zum Patriarchen alle
Weihen durchlaufen hatte. Jedoch ein Theil der Geistlichkeit hielt treu
zu dem abgesetzten Patriarchen, daher suchten Photius und seine Be-
schützer den Papst Nikolaus I. für ihre Sache zu gewinnen. Sie schmei-
chelten diesem durch Gesandtschaft und Briefe und wußten selbst die beiden
Gesandten des Papstes so zu gewinnen, daß sie (861) auf einer Synode
zu Konstantinopel die Absetzung des Ignatius unterschrieben; doch Niko-
laus I. erfuhr den wahren Hergang der Sache, sprach seine feierliche
Verwahrung gegen das an Ignatius begangene Unrecht aus und ent-
setzte den Photius nebst seinen geistlichen Anhängern ihrer Würden (863).
Ein anderes gleichzeitiges Ereigniß vermehrte die morgenländische Ab-
neigung gegen das christliche Abendland. Bogoris, der Fürst der Bul-
garen, hatte das Christenthum und in der Taufe den Namen Michael
angenommen; die Bekehrung war das Werk griechischer Gefangenen
sowie der Mönche Methodius und Cyrillus, welche wir bereits als die
Apostel Mährens kennen. Bald wandte sich Michael an den Papst
und dieser schickte ihm Geistliche, welche die Neubekehrten in die christ-
liche Ordnung einführten; auch ernannte er einen Bischof von Bulgarien.
Dies erbitterte den Photius noch mehr; er nahm Bulgarien für den
Sprengel des Patriarchen in Konstantinopel in Anspruch und rechnete
bei seinem Treiben auf die Unterstützung seines Hofes, der aus der un-
mittelbaren kirchlichen Unterordnung Bulgariens unter den römischen
Stuhl eine Ausdehnung des abendländischen Kaiserthums auf Bulgarien
befürchtete, sowie auf die Sympathie der griechischen Bischöfe. Er ver-
sammelte eine willfährige Synode, fälschte obendrein die Akten und fügte
Unterschriften von Bischöfen bei, die nichts um die Sache wußten, er-
klärte den Papst als abgesetzt und mit dem Bannflüche belegt (867).
Er war also der erste Patriarch, welcher dem Papste den Gehorsam
aufkündete und das Schisma aussprach, denn außerdem beschuldigte er
in seinem Rundschreiben an die morgenländischen Patriarchen die abend-
ländische Kirche verderblicher Gebräuche und Irrthümer. Er feierte auch
wirklich den Triumph, daß sich die Bulgaren der morgenländischen Kirche
zuwandten und sich dem Patriarchalsprengel von Konstantinopel zuthei-
len ließen; aber als Bardas durch den Kaiser und dieser durch eine
Verschwörung (867) den Untergang fand, wodurch Basilius I., der
Makedonier, auf den Thron kam, ließ dieser den Photius in ein Kloster
sperren und den Ignatius wieder einsetzen. Allein auch dieser weigerte
sich, Bulgarien aus dem Metropolitanverbande mit Konftantinopel wieder
7. Bd. 1
- S. 403
1889 -
Langensalza
: Greßler
- Autor: Mauer, August
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
403
Landbevölkerung in ihrem schönsten Putz zu Fuß oder im Wagen
herbei. Da sieht man Moldauer, Walachen, Juden. Türken, Russen
durcheinander wogen. Hier verkauft ein Jude in den schreiendsten
Farben gewirkte Stoffe oder Putzgegenstände, wie Ohrringe, Ringe,
Broschen aus Messing, Hals- und Armbänder aus Glasperlen, wäh-
rend sein Nachbar mir Stücken Steinsalz handelt. Dieser Walache
in weißem Mantel preist seine geräucherten Fische oder seine Melonen,
Trauben, Apfelsinen an, jene Moldauerin bietet Kohl, Zwiebeln.
Gurken feil. Durch die Menge drängt sich ein Unglücklicher, dem
Augen und Nase fehlen, und sucht durch Flötenspielen das Mitleid
der Anwesenden zu erwecken. Plötzlich entsteht ein Handgemenge:
ein Jude hat sich einer falschen Elle bedient und dieselbe in Stücken
zerbrochen, in der Hoffnung, das Nachmessen unmöglich zu machen.
Er wird nach dem Polizeigebäude geschleppt, seine Ware unter die
Füße getreten und geplündert — eine beliebte Volksbelustigung! Erst
gegen Abend hört das Wogen und Treiben auf und die Menge zer-
streut sich nach allen Seiten.
7. Eine Fahrt durch Bulgarien von Widdin nach Sofia.*
Vorweg sei hier bemerkt, daß Bulgarien (das ganze Land
nördlich vom Balkan, einschließlich der Stadt Sofia) nach dem russisch-
türkischen Kriege (1877—78) von den europäischen Großmächten zu
einem tributpflichtigen Staate unter dem Namen eines „Fürstentums
Bulgarien" erhoben und der Türkenherrschaft entrissen wurde. Eine
Versammlung, bestehend aus den Vornehmsten des Landes, wählte
am 29. April 1879 zu Tirnowa den Prinzen von Battenberg als
selbständigen Fürsten von Bulgarien unter dem Namen Alexander I.
Nachdem er sein Land sieben Jahre lang ehrenvoll und glücklich regiert
hatte, wurde er auf Veranlassung des Kaisers von Rußland gezwungen,
abzudanken und nach Deutschland zurückzukehren. Ihm folgte in der
Regierung Prinz Ferdinand von Koburg. — Hören wir jetzt,
was uns ein Reisender über eine von ihm gemachte Fahrt durch das
jüngste europäische Fürstentum erzählt.
„Widdius Minarete und die Mastspitzen der bei der Stadt
ankernden Donauschiffe zeigten sich vor uns — noch einige Minuten
und vor mir breitete sich das Häusergewirr aus, — es war die erste
bulgarische Stadt, die ich sah, und mit Entzücken betrachtete ich all
das Neue, das sich mir hier bot; die Masse der kleinen, bunt ange-
ftrichenen Häuser, über die sich hie und da die Kuppeln der Moscheeen
und schlanke Minarets erheben, das Treiben der Volksmassen am
Donauufer, die eigentümlich geformten Donauschiffe mit dem hohen
Hinterteile, — alles war außerordentlich interessant. Widdin ist be-
kanntlich eine der stärksten Festungen Bulgariens.
* Nach E. Rockstroh.
26*
1907 -
Stuttgart
: Nitzschke-Brettinger
- Autor: Regel, Fritz
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Realschule, Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Handelsschule, Kaufmännische Fortbildungsschule, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
— 277
Zitronen. Mandeln, Flachs und Süßholz. Johannisbrot und
Gummi werden in großer Menge, Wein und Seide dagegen von
geringer Güte gewonnen.
Kandia (1900: 23), an der N.-Küste, am Berge Ida, leb-
hafter Handel und starke Ausfuhr von Olivenöl und Lammfellen.
Der Wert der Ausfuhr betrug 1904: 8'/-, derjenige der Ein-
fuhr 11 Mill. M.
Kanea (kania, 1900: 25), Hauptstadt, befestigter Hafen, leb-
hafter Verkehr mit Griechenland und der Levante.
0. Bas Fürstentum Bulgarien.
96 345 qkm mit (1900) 3 744 283 Bew.
Das konstitutionelle Fürstentum Bulgarien ist
zwar seit 1878 selbständig, steht aber noch unter der Ober-
Hoheit der Pforte und ist derselben tributpflichtig. Seit
1887 steht Ferdinand I. aus dem Hanse Coburg an der
Spitze. Es zerfällt in die beiden durch den Balkan ge-
trennten Hauptteile N 0 r d b ul g a r i e n oder Bulgarien im
N. des letzteren und Südbulgarien oder Ostrumelien
auf der S.-Seite des Balkan. Dieses wird Vertrags-
mäßig selbständig durch einen christlichen Statthalter, den
Fürsten von Bulgarien, verwaltet und bildete früher einen
Teil von Rumelien.
Die Bevölkerung besteht aus Bulgaren (2888000),
Türken (530 000), Zigeunern (90 000), Walachen oder
Rumänen (71000), Griechen (67000, Juden (34000)
und über 64000 anderen Bewohnern, unter diesen einige
Tausend Russen (3) und Deutsche (2). Abgesehen von den
34 000 Juden gab es i. I. 1900: Mohammedaner (643000),
weitaus die Mehrzahl der Bewohner waren Christen, und
zwar gehörten zur griechisch-orieutalischen 3 019 000, zur
katholischen 29 000, zur evangelischen Kirche nur 4000, zur
armenischen 14 000 Seelen.
a. Nordbulgarien (Bulgarien),
63 751 qkm mit (1900) 2644299 Bew., mit geringer Industrie;
aber beträchtlicher Viehzucht und starkem Getreide-, Tabak-, Wein-,
^bst- und Seidenbau. Hauptstadt ist Sofia (68), unweit des
Jsker, Residenz des Fürsten, mit Seiden-, Tuch-, Leder- und Tabak-
1912 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Schmieder, Isidor
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule
178 Ausbau des Deutschen Reiches.
drückt, „Wettkriechen" vor Rußland! — Die Zeit ist vorbei; um Liebe werben wir nicht mehr, weder in Frankreich noch in Rußland. Die russische Presse, die russische öffentliche Meinung hat einem alten mächtigen und zuverlässigen Freunde, der wir waren, die Tür gewiesen; wir drängen uns nicht auf. Wir haben versucht, das alte vertraute Verhältnis wiederzugewinnen, aber wir laufen niemand nach. Das hält uns aber nicht ab, im Gegenteil, es ist uns ein Sporn mehr, die Vertragsrechte, die Rußland uns gegenüber hat, mit doppelter Genauigkeit zu beobachten..
Zu den Vertragsrechten gehören auch solche, die nicht von allen unseren Freunden anerkannt werden: ich meine, dazu gehören die Rechte, die wir auf dem Berliner Kongreß Rußland in betreff Bulgariens erworben haben und die bis 1885 ganz unangefochten bestanden haben. Es ist gar keine Frage für mich, der ich die Kongreßbeschlüsse mit vorbereitet und mit unterzeichnet habe, daß wir alle damals der Meinung waren, daß der vorwiegende Einfluß in Bulgarien Rußland zufallen follte, nachdem es seinerseits auf Oftrumelien verzichtet hatte, indem es die mäßige Satisfaktion gab, die Grenze des seinem Einflüsse anheimfallenden Gebiets um 800 000 Seelen, auf 3 Millionen ungefähr zurückzuschrauben. Infolge dieser Auffassung des Kongresses hat Rußland bis 1885 zunächst den Fürsten ernannt, einen nahen Verwandten des Kaiserhauses, von dem damals niemand annahm und annehmen konnte, daß er etwas anderes würde sein wollen als ein getreuer Anhänger der russischen Politik. Es hat die Kriegsminister, einen großen Teil der Offiziere ernannt, kurz und gut, es hat in Bulgarien geherrscht; da ist gar kein Zweifel daran. Die Bulgaren oder ein Teil von ihnen oder der Fürst ich weiß nicht, wer — sind nicht damit zufrieden gewesen, es hat ein Staatsstreich, ein Abfall von Rußland stattgefunden. Dadurch ist ein faktisches Verhältnis entstanden, welches wir mit Gewalt der Waffen zu remediereu keinen Beruf haben, welches aber die Rechte, die Rußland aus dem Kongreß nach Hause gebracht hat, doch theoretisch nicht alterieren sann. Ob, wenn Rußland die Rechte gewaltsam geltend machen wollte, sich daran Schwierigkeiten knüpfen würden, das weiß ich nicht; das geht uns auch nichts an. Wir werden gewaltsame Mittel nicht unterstützen und auch nicht dazu raten; ich glaube auch nicht, daß Neigung dazu da ist, ich bin ziemlich gewiß, daß sie nicht vorhanden ist. Wenn aber Rußland auf diplomatischem Wege versucht, sei es auch durch eine Anregung auf das Einschreiten des Oberherrn von Bulgarien, des Sultans, wenn es versucht, das herbeizuführen, so halte ich es für die Aufgabe einer loyalen deutschen Politik, sich dabei rein an die Bestimmungen des Ber* liner Vertrages zu holten und an die Auslegung, die wir ihnen damals ganz ohne Ausnahme gegeben hoben und an der — mich wenigstens — die Stimmung der Bulgaren nicht irre machen kann. Bulgarien, das Landchen zwischen Donau und Balkan, ist überhaupt kein Objekt von hinreichender Größe, um daran die Konsequenzen zu knüpfen, um seinet-
1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Wychgram, Jakob, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
/a/a/a/Sö Hans Mühlestein: Bulgariens Stern. /D/o2 147
geisterung, von der sie getragen ist, genügt nicht allein, das
zu beweisen. Denn es gibt keinen Krieg, der in Bulgarien
heute noch populär wäre, es sei denn der Krieg zur Befrei-
ung Mazedoniens und das heißt vor allem der Sieg über
Serbien, das, weil es der Büttel Rußlands ist, es im 5
zweiten Balkankrieg wagen durfte, mit wahrhaft italienischer
Felonie seinem bisherigen Bundesgenossen in den Rücken
zu fallen, nachdem es ihm die Frucht des Krieges, um
derentwillen Bulgarien allein zum Balkanbund und -krieg
zu haben gewesen war, hinterrücks abgenommen hatte, 10
während Bulgarien die großen Schlachten schlug, aus denen
die andern parasitisch Vorteil zogen. Diese westliche Etappe
auf seinem vorgezeichneten Weg, wenigstens ihren serbi-
schen Teil, wird Bulgarien zweifellos in kürzester Frist
mit erbittert geführter Waffe gründlich und endgültig 15
hinter sich gebracht haben. Und sie wird es dicht an die
albanische Grenze führen, nach Ochrida, der ehemaligen
Hauptstadt des zweiten bulgarischen Reiches im Mittelalter,
das sich sogar über Albanien ans Adriatische Meer er-
streckte*). Der noch übrig gebliebene Teil läßt sich dann 20
- oder schon früher - sehr wohl auf diplomatischem Wege
erledigen. Denn daß die beiden balkanischen Flügelmächte
Bulgariens sich ihm in den Weg werfen könnten, ist heute
nicht mehr zu besorgen, wenn nicht Rumänien die Lust
anfällt, sich unter den Kriegswagen der Mittelmächte zu 25
legen, Griechenland, seinem verhaßten italienischen Kon-
kurrenten in Albanien und in Kleinasien endlich auf die
Beine zu helfen. Doch dafür, daß das nicht geschieht, hat
schon längst die allgemeine europäische Kriegslage vorge-
sorgt, von der der Balkan nicht zu trennen, in der er nur 30
eine eingefügte Drehscheibe ist, deren Steuerung ja nun
Bulgarien in so glückliche Hand genommen hat. Und damit
*) Der letzte Jar des zweiten bulgarischen Reiches ffttzlkteisrl-Instituk
einem Sturm auf Durrazzo. fur Internationale
ffcftulbuchiorschung
Braunschweig
Schulbuchbibliothefc
1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Wychgram, Jakob, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
/S)/3)/S>/S> Hans Mühlestein: Bulgariens Stern. /N/T> 149
hetzte Nutzland im Herbst 1885 seinen Büttel Serbien
Bulgarien auf den Hals, unter dem Vorwand von Kom-
pensationsforderungen anläßlich der eben erfolgten An-
nexion Ost-Rumeliens durch Bulgarien. Und als die
Serben in den Schlachten von Sliwinitza und Pirot von 5
den Bulgaren Alexanders blutig heimgeschickt wurden, da
zwang es diesen mit dem Revolver zur Abdankung und
versuchte in der Folge, durch eine ständig in Sofia resi-
dierende Mörderbande Bulgarien in Schrecken zu halten
und in die Knie zu zwingen. Dieses aber wählte sich 1887 10
wieder einen deutschen Fürsten, der den bulgarischen Staat
innerlich neu aufrichtete und durch unerhörte Fährnisse auf
seinen heutigen Gipfel geführt hat. Aber auch er nicht
ohne die große russische Versuchung, der er jahrelang opfern
mußte und die er besonders im Balkanbund und -krieg 15
durchzumachen hatte. Dieser war zuerst gegen Österreich-
Ungarn geplant gewesen, und da hatte allerdings Fer-
dinand I. das Joch Rußlands und damit die Gefahr für
sein Volk schon dadurch so gut wie abgeschüttelt, daß er im
letzten Augenblick die Front des Bundes eigenmächtig 20
wechselte und ihn anstatt gegen Österreich-Ungarn, gegen
die Türkei führte. Und wie ehemals Rußland einem
selbständigen Bulgarien (das es früher in der Hoffnung
auf dessen eigenen Besitz so groß machen wollte) 1885 auch
nicht einmal die Angliederung Ostrumeliens gönnen wollte, 25
so züchtigte es den unbotmäßigen, für Rußland geradezu
gefährlich aufstrebenden Bulgarenstaat im Sommer 1913
abermals dadurch, daß es ihm Serbien auf den Hals hetzte.
Ein starkes unabhängiges Bulgarien, das sich zwischen
Rußland und die Meerengen schob, konnte Rußland ja 30
unmöglich dulden, während es andererseits das serbische
Pulverfaß unmittelbar am Eckpfeiler des österreichischen
Staatsgebäudes unmöglich entbehren konnte. So fiel die
Wahl der Gunst auf Serbien. Das aber hat Bulgarien
endgültig von seiner slawophilen Schwärmerei geheilt und 35
1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Wychgram, Jakob, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
/D/D/D/D Hans Mühlestein: Bulgariens Stern. /D/D 151
nie auf der Welt gesehen ward: nicht nur strategisch,
sondern auch politisch und wirtschaftlich würde sich
der unermeßliche Vorteil der inneren Linien für
diebeteiligtenmächte durch das aktive Eingreifen
Bulgariens in das heutige Weltgeschehen von
Frankreich, Belgien, Nord- und Ostsee, Kurland,
Littauen und Polen bis an die Dardanellen, nein,
bis an den Suezkanal, den Persischen Golf und
damit bis vor die Tore Indiens erstrecken!
So bekommt heute, durch die absolut einzigartige zeit-
geschichtliche Konstellation, die ihren Drehpunkt auf dem
Balkan hat, jede Negung Bulgariens eine ungeheure Be-
deutung: sie wird sozusagen automatisch aus dembulgarisch-
balkanischen Maß in ein interkontinentales Riesenmaß
übersetzt. Das erkennen wir an den beispiellosen Fern-
wirkungen seines gegenwärtigen Handelns: die Abgesandten
der beiden mächtigsten Weltreiche und ihrer Anhänger de-
mütigen sich vor der werdenden neuen europäischen Macht
auf dem Balkan, um sie auf ihre Seite zu bringen. Ja, durch
die Mobilisation Bulgariens bestürzt, stürzen sich die West-
mächte vorschnell in die letzte gewaltige Offensive, die ihnen
ihre Kräfte überhaupt noch gestatten, und setzen damit
buchstäblich alles aufs Spiel, nur um den Balkan wieder
aus dem bulgarischen Geleise herauszureißen. Und da sie
endlich einsehen müssen, daß Bulgarien nicht gegen den
Sinn seiner Geschichte, nicht gegen die Logik der Welt-
geschichte zu handeln wünscht, die es zum Schlußstein in
dem großeninterkontinentalenweft-östlichenviadukte macht,
verfallen sie in zähneknirschende Drohungen, wie sie in der
Regel die Ohnmacht gebiert. Sie wollen sich im Winkel
von 90 Grad auf diesen neuen weltpolitischen Trakt stürzen,
wo er am schmälsten ist, d. h. auf Bulgarien.
Bulgariens Zar und sein Volk aber, beide gleich willens-
stark, gleich zähe und unbeirrbar und gleich tüchtig, können
es ruhig erwarten, bis die mit zornigem Faustballen an-
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35
1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Wychgram, Jakob, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
152 /N/W Hans Mühlestein: Bulgariens Stern. /N/N/D/D
gedrohten Heere des Vierverbandes den Schiffsbäuchen
entklettern werden. Bis dahin wird der wahrhaft zum
Führer berufene Vulgarenzar die Schleusen zum Welt-
geschehen gewaltsam aufgestoßen haben, und der altbul-
5 garische Drang zur Größe, der - seit einem halben
Jahrtausend aufgestaut und oft furchtbar eingezwängt
und gedemütigt - sein Volk heute wieder emporreißt, wie
zur Zeit der Zaren Boris, Symeon, Samuel und Assn,
dieser Drang wird sich unaufhaltsam dahin ergießen, wohin
10 Bulgariens Stern ihm leuchtet. Dieser aber leuchtet ihm
heute wieder dahin, sich mit dem Deutschen Kaisertum zu
verbinden, wie ehemals der heutige bulgarische National-
Heilige, der Begründer Groß-Bulgariens, der „Karl der
Große des Balkans", Zar Boris, sich mit Kaiser Ludwig
15 dem Deutschen verband - im Jahre 864 zu Tulln a. Donau
haben sie beide persönlich den Bündnisvertrag feierlichst
ausgefertigt - und bei dieser Gelegenheit von ihm den in
der bulgarischen Beschichte so unendlich segensreich fort-
wirkenden Anstoß zum Übertritt ins Christentum empfing.
20 So kehrt heute am Eingang des neuen bulgarischen
Zarentums wieder, was am Eingang des altbulgarischen
war. Vielleicht kann heute die neue deutsche Kultur in
etwas die Rolle des Christentums von damals ersehen.
03
Druck von Delhagen & Masing in Bielefeld.
1866 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
Das byzantinische Reich. 115
gleich aber auch Soldatenkaiser, welche Bulgaren und Arabern Achtung
geboten.
Das griechische Schisma: Photius (880). Michael Cerularius (1054).
Unter Michael Iii. (842—867) wurde 842 der Bilderstreit durch
eine Synode beigelegt, aber indem dadurch ein Grund der Entfremdung
der abend- und morgenländischen Christenheit beseitigt wurde, veranlaßte
Michael Iii., sonst ein Wüstling und Verspotter religiöser Dinge, einen
Riß von oben bis unten. Der allvermögende Günstling des Kaisers,
Bardas, hatte öffentliches Aergerniß gegeben, wofür ihn der Patriarch
Ignatius von dem Abendmahle ausschloß; als dieser den Drohungen des
Kaisers, der für Bardas eintrat, nicht nachgab, wurde er abgesctzt (857)
und an seiner Stelle der gelehrte, herrschsüchtige und gewissenlose Photius
erhoben, der in sechs Tagen vom Laien bis zum Patriarchen alle Weihen
durchlaufen hatte. Ein Theil der Geistlichkeit jedoch hielt treu zu dem
abgesetzten Patriarchen, daher suchten Photius und seine Beschützer den
Papst Nikolaus 1. für ihre Sache zu gewinnen. Sie schmeichelten die-
sem durch Gesandtschaft und Briefe und wußten selbst die beiden Ge-
sandten des Papstes so zu gewinnen, daß sie (861) auf einer Synode
zu Konstantinopel die Absetzung des Ignatius unterschrieben; doch Niko-
laus l. erfuhr den wahren Hergang der Sache, sprach seine feierliche
Verwahrung gegen das an Ignatius begangene Unrecht aus und entsetzte
den Photius nebst seinen geistlichen Anhängern ihrer Würden (863).
Ein anderes gleichzeitiges Ereigniß vermehrte die morgenländische
Abneigung gegen das christliche Abendland. Bogoris, der Fürst der
Bulgaren, hatte das Christenthum und in der Taufe den Namen Michael
angenommen; die Bekehrung war das Werk griechischer Gefangenen,
sowie der Mönche Methodius und Cyrillus, welche wir bereits als die
Apostel Mährens kennen. Bald wandte sich Michael an den Papst und
dieser schickte ihm Geistliche, welche die Neubekehrten in die christliche Ord-
nung einführten; auch ernannte er einen Bischof von Bulgarien. Dies
erbitterte den Photius noch mehr; er nahm Bulgarien für den Sprengel
des Patriarchen in Konstantinopel in Anspruch und rechnete bei seinem
Treiben auf die Unterstützung seines Hofes, der aus der unmittelbaren
kirchlichen Unterordnung Bulgariens unter den römischen Stuhl eine
Ausdehnung des abendländischen Kaiserthums auf Bulgarien befürchtete,
sowie auf die Sympathie der griechischen Bischöfe. Er versammelte eine
willfährige Synode, fälschte obendrein die Akten und fügte Unterschriften
von Bischöfen bei, die nichts um die Sache wußten, erklärte den Papst
als abgesetzt und mit dem Bannflüche belegt (867). Er war also der
erste Patriarch, welcher dem Papste den Gehorsam aufkündete und das
Schisma aussprach, denn außerdem beschuldigte er in seinem Rundschrei-
8*
1887 -
Halle
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Kohl, Horst, Richter, Gustav
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
Fünfter Abschnitt.
Karl der Kahle macht auf einer Versammlung der aquitanischen Grrofsen zu Pouilly-sur-Loire seinen Sohn Ludwig (den Stammler)
baptisma suscepit (Dümmler I, 628, Siidöstl. Marken 80 f. setzt mit Berufung auf eine Stelle in einem Briefe des Patriarchen Photios die Taufe des Bogoris bereits in das Ende des J. 864 oder den Anfang von 865). Quod proceres sui (die s. g. Boliaden, vgl. Konstant, de caerim. aulae byzant. n, c. 47 p. 681 ed. Reiske) inoleste ferentes, concitaverunt populum adversus eum, ut illum inter-ficerent. Quotquot igitur fuerunt intra 10 comitatus, adunaverunt se circa palatium eius. Doch wurde Michael des Aufstandes ohne große Mühe Herr. Rex autem ex proceribus — interfecit — 52, reliquum autem populum inlae-sum abire permisit; et mittens ad Hlndowicum, regem Germaniae, qui ei foe-dere pacis coniunctus erat (s. o. 864 e), episcopum et presbiteros postulavit, et ab eo missos cum debita veneratione suscepit (vgl. ann. fuld. 866: Legatibul-gaxum Radesponam [Regensburg] ad regem venerunt, dicentes regem illorum cum populo non modico ad Christum esse conversum, simulque petentes, ut rex idoneos praedicatores — ad eos mittere non differret). Hludowicus autem ad Karolum, fiatiem suum, mittens, in ministerium clericorum — vasa sacrata saciasque vestes ac libros petiit. Unde Karolus ab episcopis regni sui non parvam summam accipiens, ei ad dirigendum regi (der Text der ann. her tin. erscheint an dieser Stelle verderbt). Bulgarorum rex fuium suum (die Sendung des Sohnes bezweifelt Dümmler I, 630 n. 54 wohl mit Recht, im Hinblick auf das Schreiben Papst Johanns Vhl vom 16. Apr. 878 Jaffe 3131, welches als Gesandte einen dem Könige verwandten Grafen Peter, sowie die beiden Grofsen Johann und Martin nennt) et plures ex proceribus regni sui Romam direxit (sie trafen im August 866 daselbst ein, vgl. Y. Nicol. I. c. 68 A ignoli Hi, 210) et arma, quibus indutus fuerat, quando — de siüs adversa-riis triumphavit, cum aliis donis s. Petro transmisit et plures quaestiones de sacramentis fidei consulendo Nicolao papae direxit et episcopos atque presbiteros mitti ab eo sibi poposcit; quod et obtinuit (s. Nicolai responsa, Mansi Xv, 401 Jaffe 2812.) Einige von den Geschenken sandte Nikolaus an Kaiser Ludwig Ii., da dieser die Auslieferung derselben verlangte, ann. bertin. Der ■Papst schickte die Bischöfe Paulus von Populonia und Formosus von Porto als Missionare zu den Bulgaren (V. Nicol, c. 69), Ludwig d. D. den Bischof Ermen-rich von Passau (ann. fuld. 867; vgl. über Ermenrich Dümmler, S. Gail. Denkm. 248, Ostfr. R. I, 631). S. Leibniz I, 655 ff. 657 f., Dümmler I, 62/- 633, Gregorovius Ih, 126 ff., Mühlbacher 1419f. Die römische Mission in Bulgarien war anfangs vom besten Erfolge begleitet; ja Michael soll eines Tages sogar öffentlich sich und die Bulgaren für Diener des römischen Stuhles erklärt haben (s. die Vorrede des Anast. zum 8. Konzil, Mansi Xvi, 11). Indem aber Nikolaus und sein Nachfolger Hadrian dem von Michael 867 geäufserten Wunsche, er möge Formosus zum Erzbischof in Bulgarien ernennen, die Erfüllung versagten und trotz aller Gegenvorstellungen des Königs auf ihrer Meinung beharrten, so wandte sich dieser 870 nach Konstantinopel und schlofs sich der griechischen Kirche an, welche schon vor seinem Übertritt die ersten kirchlichen Einrichtungen in Bulgarien getroffen hatte. Das Nähere s. bei Dümmler I, 695 ff.
1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: ,
- Hrsg.: Schierbaum, Heinrich, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
vq'svsvsm 7. Rede über die europäische Lage, ©'s®® 147
mitvorbereitet und mitunterzeichnet habe, daß wir alle da-
mals der Meinung waren, daß der vorwiegende Einfluß
in Bulgarien Rußland zufallen sollte, nachdem es seiner-
seits auf Ostrumelien verzichtet hatte, indem es die mäßige
Satisfaktion gab, die Grenze des seinem Einflüsse anheim-
fallenden Gebiets um 800000 Seelen auf 3 Millionen unge-
fähr zurückzuschrauben. Infolge dieser Auffassung des Kon-
gresses hat Rußland bis 1885 zunächst den Fürsten ernannt,
einen nahen Verwandten des Kaiserhauses, von dem da-
mals niemand annahm und annehmen konnte, daß er etwas
anderes würde sein wollen als ein getreuer Anhänger der
russischen Politik. Es hat die Kriegsminister, einen großen
Teil der Offiziere ernannt, kurz und gut, es hat in Bul-
garien geherrscht; da ist gar kein Zweifel daran. Die Bul-
garen oder ein Teil von ihnen oder der Fürst — ich weiß
nicht wer — find nicht damit zufrieden gewesen, es hat ein
Staatsstreich, ein Abfall von Rußland stattgefunden. Da-
durch ist ein faktisches Verhältnis entstanden, welches wir
mit Gewalt der Waffen zu remedieren keinen Beruf haben,
welches aber die Rechte, die Rußland aus dem Kongreß
nach Haufe gebracht hat, doch theoretisch nicht alterieren
kann. Ob, wenn Rußland diese Rechte gewaltsam geltend
machen wollte, sich daran Schwierigkeiten knüpfen würden,
das weiß ich nicht, das geht uns auch nichts an. Wir wer-
den gewaltsame Mittel nicht unterstützen und auch nicht
dazu raten; ich glaube auch nicht, daß Neigung dazu da
ist, — ich bin ziemlich gewiß, daß sie nicht vorhanden ist.
Wenn aber Rußland auf diplomatischem Wege versucht,
sei es auch durch eine Anregung auf das Einschreiten des
Oberherrn in Bulgarien, des Sultans, wenn es versucht,
das herbeizuführen, so halte ich es für die Aufgabe einer
loyalen deutschen Politik, sich dabei rein an die Bestim-
mungen des Berliner Vertrages zu halten und an die
Auslegung, die wir ihnen damals ganz ohne Ausnahme ge-
geben haben, und an der mich wenigstens die Stimmung der
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1918 -
Hannover
: Carl Meyer (Gustav Prior)
- Autor: Heinze, Wilhelm, Rosenburg, Wilhelm, Kinghorst, Wilhelm, Heinze, Otto
- Auflagennummer (WdK): 13
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt, Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
222
diejenigen unserer Erzeugnisse, die wir nirgendwo anders absetzen knnen, und durch deren Herstellung allein wir ein krftiger, wirtschaftlich selbstndiger Staat werden knnen. Politisch selbstndig aber kann nur derjenige Staat sein, der wirtschaftlich stark und selbstndig ist.
Auerdem zeigt uns die neueste Geschichte während der letzten zwei Jahre, da tatschlich Deutschland und sterreich-Ungarn unsere wirtschaftliche Entwicklung und Festigung wnschen. Indem wir die Frage nicht weiter errtern wollen, da unserer Ausfuhr und unserer Durchfuhr diese Lnder keine Schwierigkeilen be-reiten, wollen wir nur noch die Frage der letzten Anleihen erwhnen. Als wir nach dem Kriege zwar erniedrigt", aber nicht vernichtet" dastanden*), hat sich Frankreich kategorisch geweigert, uns eine Anleihe zu geben, wenn wir den Bukarester Vertrag nicht anerkennen und einer selbstndigen Politik nicht entsagen und uns nicht ganz der seinerzeitigen Tripleentente in die Arme Wersen, welche der uns nach Belieben verfgen wollte. Unsere Russenfreunde waren damals wie rasend und forderten unbedingt die Annahme dieser Bedingungen. Jetzt knnen wir sehen und erwgen, wie teuflisch diese Vorschlge und Plne gewesen sind und wie Bulgarien ein Spielzeug in den Hnden Rulands und Frankreichs ge-worden und von der Erdflche verschwunden wre. In diesen fr Bulgarien schweren Stunden ist ihm Deutschland zu Hilfe gekommen und hat ihm die ver-langte Anleihe ohne irgendwelche politischen Verpflichtungen gegeben ... Nur die verbndetsten Russophilen in Bulgarien, die Rußland mehr als Bulgarien lieben und die aus Bulgarien ein russisches Gouvernement machen wollen, wollen die Vorteile dieser Anleihe nicht anerkennen, die unter Vorbehaltung der vollen Ent-schlusreiheit von bulgarischer Seite abgeschlossen wurde. Aber jeder unparteiische Bulgare hat die Pflicht, es einzugestehen, da durch diese Anleihe Deutschland uns vor dem Bankerott, sowie vor der politischen Unterwerfung bewahrt hat ... Der Krieg hat gezeigt, wie groß die wirtschaftliche Macht Deutschlands und sogar sterreich-Ungarns ist. Wenn diese Staaten es daher wollen, haben sie immer die volle Mglichkeit, uns wertvoll zu untersttzen. Sie haben es bis jetzt getan, und wir haben keinen Grund, daran zu zweifeln, da sie uns in Zukunft auch unter-sttzen werden. Im Gegenteil, aus den bisher gegebenen Erklrungen deutscher Zeitungen und deutscher Staatsmnner knnen wir mit voller Zuversicht auf die deutsche finanzielle Hilfe rechnen.
Als wir bereits diese Zeilen geschrieben hatten, erhielten wir die Mitteilung, da Deutschland uns wieder eine Anleihe von 125 Millionen Lewa zur Tilgung von schwebenden Schulden ohne jede politische Bedingungen gemacht hat.
Aus dieser kurzen Darstellung geht deutlich hervor, da wir aus Volkswirt-schaftlichen Grnden unbedingt mit Deutschland und seinen Verbndeten gehen mssen, weil nur diese Staaten uns wirtschaftlich emporbringen knnen, und weil wir ohne deren Untersttzung der wirtschaftlichen Vernichtung preisgegeben sind.
Unser grter Feind ist heute Serbien. Es fragt sich nun, wie kommt Serbien zu der Khnheit, sich so feindselig gegen Bulgarien zu benehmen? Die Antwort ist klar: durch Rußland, welches um jeden Preis ein Groserbien" errichten will, das Bulgarien vernichten soll, und ihm, Rußland, gleichzeitig helfen soll, Kon-stantinopel und die Meerengen zu erobern. Wir kennen nicht den Wortlaut der
x) Die in Anfhrungszeichen gesetzten Ausdrcke enthalten Anspielungen auf ent-sprechende Bemerkungen des russischen Ministers des Auswrtigen, die in der bulgarischen Presse oft besprochen wurden.
1916 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Wychgram, Jakob, Habermann, Paul, Kesseler, Kurt, Henning, Hans, Gruenberg, Leo
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
150 /55/5) Hans Mühlestein: Bulgariens Stern. /5>/5)/5)/T>
es von der englisch-russischen Nord-Südrichtung in die
deutsch-türkische West-Ost-Nichtung der Weltpolitik ge-
worfen. Es ist dies dieselbe Richtung, in der der erste
Fürst des modernen Bulgarien, Alexander I., geleitet von
5 einem divinatorischen Instinkt, das strategische Eisenbahn-
netz Bulgariens anlegte, im Kampf natürlich mit Ruß-
land, daß sich von Bulgarien als russischem Sklaven seine
Heerstraßen von Süd-Rußland nach Konstantinopel bauen
lassen wollte und diese nun für alle Zukunft verbaut sah.
10 Beinahe wäre schon in den achtziger Jahren an der bul-
garischen Frage ein Weltbrand entzündet worden.
Auf diesem neuen großen europäisch-asiatischen Trakt
beherrscht Bulgarien die Mitte. Es ist wie bei einem
Tunnelbau, der von zwei Seiten aus vorgetrieben wird,
15 während gleichzeitig von einer Insel in der Mitte nach
beiden Richtungen entgegengebaut wird. Der Tunnel nach
der Türkei ist fertig und eingeweiht - der nach Ungarn
ist im Bau, jeder Tag kann den endgültigen Durchschlag
bringen. Jeder Schritt Bulgariens auf dem Wege zu
20 seiner eigenen nationalen und balkangeschichtlichen Be-
stimmung führt es zwei Schritte vorwärts auf dem Wegs
zu seiner europäischen Bedeutung. Denn jedem seiner
Schritte kommt Mitteleuropa entgegen. Zwei Systeme der
inneren Linie wachsen hier unaufhaltsam ineinander; das
25 balkanische und das mitteleuropäische. Ja, eigentlich sind
es drei; denn auch die Türkei genießt für sich den Vorteil
der inneren Linie. So wie Deutschland das Herz Europas,
so ist Bulgarien des Herz des Balkans (wie sie beide auch
Jahrhunderte lang deren Schlachtfelder gewesen sind).
30 Die Beherrschung der inneren Linie bietet Bulgarien auch
bei einem kombinierten Feldzug die Gewähr für seinen
guten Ausgang, wie es diejenige Deutschlands und Öster-
reich-Ungarns ist. Indem aber diese (sozusagen) Lokal-
systeme zur Vereinigung streben, entsteht ein ungeheures
35 einheitliches Universal-System der inneren Linien, wie es
1911 -
Straßburg i.E.
: Bull
- Autor: Hauptmann, Emil
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
154
Ii. Europa.
Deutsche Siedelungen in Rumänien. Auch die Geschichte
des rumänischen Staates weiß von deutscher Siedelungstätigkeit
vielerlei zu erzählen. Der nordöstliche Teil Rumäniens, das Fürsten -
tum Moldau, entstand etwa um die Mitte des 14. Jahrhunderts.
Aus Siebenbürgen hatte man „Sachsen" kommen lassen, um die
Tartaren zu vertreiben, die sich am Ostabhang der Karpaten fest-
gesetzt hatten. (Die Städte der Moldau sind nach dem Muster der
deutschen Siebenbürgens angelegt.) In der Folgezeit waren die
Deutschen immer die festeste Stütze der einheimischen Fürsten.
Äeute leben im ganzen Königreich über 50000 Deutsche. (Ge-
samtbevölkerung Millionen.) Sie bewohnen in der Moldau
und Walachei meist die Städte, besonders die Hauptstadt und
haben es dort als Kausleute und Handwerker zum Teil zu großem
Wohlstande gebracht. In der Dobrudscha sitzen recht viel deutsche
Bauern, die fast durchweg ihre heimische Mundart, das niederdeutsche
Platt, gewahrt haben. Das deutsche Schulwesen steht in Rumänien
auf bedeutender Äöhe.
So sind die Beziehungen unseres Vaterlandes zu
Rumänien also mannigfaltig genug, und wenn wirklich dieses auf-
blühende Königreich dank seiner Lage und seiner Volkskräfte berufen
sein sollte, auf dem Schwarzen Meere eine Rolle zu spielen, so
dürfen wir hoffen, daß auch uns die fernere Entwickelung dieses
Landes zugute kommt.
Den im englischen Fahrwasser segelnden Nebenbuhler Ru-
mäniens, Bulgarien, müssen wir wenigstens streifen, wenn er für
uns auch von geringer Bedeutung ist.
Bulgarien.
Wenn dem Besitzstande der Türkei von einem Staate der
Balkanhalbinsel her Gefahr droht, so ist es von Bulgarien aus.
Ob sich überhaupt die Türkei auf die Dauer der anstürmenden
Feinde erwehren kann, ist eine Frage der Zeit. Kein Geringerer als
der deutsche General von der Goltz, der lange Jahre als Lehrer der
türkischen Armeen im Lande geweilt hat und als einer der wärmsten
Freunde des türkischen Reichs gelten darf, hat den Rat gegeben, die
europäifch-türkifchen Besitzungen aufzugeben und dafür alle Kräfte
der Stärkung und Erhaltung der asiatischen Reichsteile zu widmen.
Der Äauptanteil der aufzugebenden Provinzen, Mazedonien und
Thrakien, dürfte Bulgarien, dem Freunde Rußlands, zufallen.
1917 -
Göttingen
: Vandenhoeck & Ruprecht
- Autor: Rauh, Sigismund
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltkrieg
- Inhalt: Zeit: 1914-1918
46
Einundzwanzigster Abschnitt.
in
die dort standen, keiner Gefahr aussetzen, so mußten sie entweder sofort das Land räumen und den Feinden preisgeben oder die Leere der Feinde an diesen Stellen zurücktreiben. Die ganze westliche Walachei aufzugeben, fiel ihnen natürlich garnicht ein. Sie glaubten ja doch, Deutschland und Österreich seien am Rande ihrer Kräfte und wären leicht umzubringen, also hieß es, durch einen energischen Angriff sich gegen eine Umklammerung zu schützen.
Das einzig Richtige wäre nun gewesen, über die Donau zu gehen und mit aller Macht Bulgarien anzugreifen. Die Grenze gegen Österreich-Ungarn war ja leicht zu verteidigen, weil sie von gewaltigen Gebirgen gebildet wird. 3n Bulgarien wäre aber ein Angriff auf uns sehr aussichtsreich gewesen. Ihr wißt, daß hier bei Saloniki noch immer ein französischer General mit einer ganzen Menge verbündeter Truppen stand. Wenn der von Süden und die Rumänen von Norden kamen, gerieten die Unseren zwischen zwei Feuer. Die Russen hatten sofort bei Beginn des rumänischen Krieges ein Leer durch die Dobrudscha hindurchgeschickt, das hier also mit den Rumänen zusammen gegen Bulgarien hätte vorrücken können. Gelang es den Rumänen, Bulgarien zu erobern, dann hatten wir von Deutschland und Oesterreich-Lingarn aus auch keine Verbindung mehr nach der Türkei. Dann hätte es ihnen auch sehr wohl gelingen können, diese niederzuwerfen, und dann standen die beiden Mittelmächte wieder ganz allein.
Es war eine große Torheit der Rumänen, daß sie es nicht so angefangen haben. Aber freilich gab es auch dafür Gründe: Die Rumänen bildeten sich nämlich ein, die Bulgaren würden, sowie Rumänien den Krieg erklärte, angsterfüllt von uns abfallen. Tatsächlich haben die Bulgaren auch mehrere Tage gewartet, ehe sie den Krieg erklärten. Inzwischen waren die rumänischen Leere bereits nach Siebenbürgen geschickt und konnten nun nicht so schnell zurückgezogen werden. Was aber die Rumänen hauptsächlich verlockt hat, in die Siebenbürgische Falle zu gehen, das war der Speck, der darin hing: die Befreiung der rumänischen Brüder in Siebenbürgen! Darum hatten sie ja doch den Krieg angefangen, und nun gab es eine so schöne Gelegenheit, mit einem Schlage alles zu erreichen, was sie wollten. And sie haben wohl eben uns überhaupt nicht mehr zugetraut, daß wir uns gegen sie wehren könnten. So zogen sie mit Sang und Klang in Siebenbürgen ein, in das sie ganz leicht