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1. Wirtschaftsgeographischer Überblick über die außerdeutschen Staaten Europas und die übrigen Erdteile - S. 27

1911 - München : Oldenbourg
Das Kaisertum Rußland. 27 Bevölkerung. Von der Bevölkerung Rußlands sind rund 80 % Russen; nur 20 °/0 gehören anderen Nationen an. Das Russische Reich ist hiernach zwar kein national einheitlicher Staat, aber gegenüber der ungeheuren Masse des russischen Volkes verschwinden die übrigen Bevölkerungselemente fast gänzlich. — Zwischen den oberen Klassen und der Masse des Volkes bestehen große Unterschiede in Bezug aus Besitz und Bildung. Rußlands Hilfsquellen. Ihre Hauptstütze findet Rußlands Machtstellung in dem Reichtum des Landes an natürlichen Hilfsquellen. Obenan steht in dieser Beziehung der Ackerbau, der in günstigen Jahren % alles europäischen Getreides liefert und im Gebiet der schwarzen Erde bei reichlichen Niederschlägen trotz der schlechten Bewirtschaftung außerordentlich ergiebige Ernten abwirft, Ein Haupt- getreidelaud sind auch die Ostseeprovinzen. Rußland gilt daher als der erste Äckerbanstaat Europas. In Westrußland ist auch die Flachs-, Rüben- und Kartoffelerzeugung sehr bedeutend. Wein liefert Rußland nur im Süden, besonders auf der Halbinsel Krim. Im Norden des Reiches erstrecken sich aus- gedehnte Wälder, wie denn Rußland neben Schweden das waldreichste Land Europas ist. Die Bewirtschaftung der Forsten steht freilich noch auf niederer Stufe. — Die Viehzucht hat ihren Hauptsitz in den Steppen des Ostens und Südostens. Die Rinderzucht wird besonders in den Ostseeprovinzen mit Sorg- falt betrieben. Große Erträge wirft auch die Geflügelzucht ab. Die Aus- fuhr von Eiern steht unter den Exportartikeln mit in vorderster Reihe (1906: 120 Mill. Mark). Sehr ertragreich ist ferner die Fischerei, besonders in der Wolga und im Kaspischen Meer. Endlich liefert Nordrußland reichliches Pelzwerk. In Europa sind Waldflüchen (in Prozent): 21.1 Rumänien | 21.2 Norwegen | 25,8 Deutschland 80,1 Österreich-Ungarn _39,6 Rußland 40,6 Schweden Auch durch seine Mineralprodukte aus dem Uralgebirge nimmt Rußland in Europa eine wichtige Stelle ein. Es liefert unter allen Staaten Europas das meiste Gold und allein in unserem Erdteil Platin. Aber auch die Haupt- Hebel der modernen Industrie, Eisen und Kohle, fehlen dem Reiche nicht. Kohle tritt vor allem auf um Lodz (lodsch) in Polen, dann in Mittelrußland um Moskau und Tula und im Donezbecken. Einzelne Zweige der Industrie, vor allem Baumwoll-, Wollen-, Leder- und Hüttenindustrie, haben sich schon zu bedeutender Höhe entwickelt. Die Haupt- industriezeutreu sind infolge der hier auftretenden Kohlenlager Lodz, das polnische Manchester (315000 Einw., darunter viele Deutsche), der Don-Douezbezirk (mit Hüttenindustrie), ferner Tula mit bedeutender Eisen- und Stahlindustrie und Moskau, Hauptsitz der russischen Baumwollindustrie. Auch Warschau, die alte Hauptstadt Polens und drittgrößte Stadt Rußlands (680000 Einw.), ist Sitz

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1. Länderkunde von Europa ohne das Deutsche Reich, Die koloniale Stellung der europäischen Mächte - S. 38

1909 - Berlin [u.a.] : Oldenbourg
38 Europa. Bevölkerung. Von den 106 Mill. Einw, Rußlands sind ungefähr 84 Mill. Russen (und zwar 56 Mill. Großrussen um Moskau, die eigentlichen Moskowiter, 22 Mill. Kleinrussen um das ältere Kiew, und fast 6 Mill. Weißrusseu im Westen, ehemals unter litauischer Oberhoheit), somit rund 80 °/0 der ganzen Bevölkerung - nur 20% gehören anderen Nationen an. Das russische Reich ist hiernach zwar kein national einheitlicher Staat, aber gegenüber der ungeheuren Masse des russischen Volkes verschwinden die übrigen Bevölkerungselemente fast gänzlich. Diese umfassen Poleu, Litauer, dann Deutsche (an 2 Mill.), Rumänen und Griechen, ferner mongolische Stämme (Finnen im Norden), türkische Stämme (Tataren, Kirgisen, Kalmücken, Baschkiren) im O. und So. — Zwischen den oberen Klassen und der Masse des Volkes bestehen große Unterschiede in Bezug auf Besitz und Bildung. Nach ihrem Bekenntnis sind die Russen fast insgesamt Anhänger der griechi- schen, nichtuuierten, orthodoxen Kirche. Rußlands Hilfsquellen. Ihre Hauptstütze findet Rußlands Machtstellung in dem Reichtum des Landes an natürlichen Hilfsquellen. Obenan steht in dieser Beziehung der Ackerbau, der in günstigen Jahren 1/3 alles europäischen Getreides liefert und im Gebiete der schwarzen Erde bei reichlichen Niederschlägen trotz der schlechten Bewirtschaftung außerordentlich ergiebige Ernten abwirft. Ein Hauptgetreidelaud sind auch die sechs Ostseeproviuzen. Rußland gilt daher als der erste Ackerbaustaat Europas. In Westrußland ist auch die Flachs-, Rüben- und Kartoffelerzeugung sehr bedeutend. Wein liefert Rußland nur im Süden, besonders auf der Halbinsel Krim. Im Norden des Reiches erstrecken sich ausgedehnte Wälder, wie denn Rußland neben Schweden das waldreichste Land Europas ist. Die Bewirtschaftung der Forsten steht freilich noch auf niederer Stufe. — Die Viehzucht hat ihren Hauptsitz in den Steppen des Ostens und Südostens. Die Rinderzucht wird besonders in den Ostseeprovinzen mit Sorgfalt betrieben. Große Erträge wirft auch die Geflügel- zu cht ab. Die Ausfuhr von Eiern steht unter den Exportartikeln mit in vorderster Reihe (1906: 120 Mill. Mark). Sehr ertragreich ist ferner die Fischerei, besonders in der Wolga und im Kaspischen Meer. Endlich liefert Nordrußland reichliches Pelzwerk. Auch durch seine Mineralprodukte aus dem Uralgebirge nimmt Rußland in Europa eine wichtige Stelle ein. Es produziert unter allen Staaten Europas das meiste Gold und allein in unserem Erdteil Platin. Aber auch die Haupthebel der modernen Industrie, Eisen und Kohle, fehlen dem Reiche nicht. Einzelne Zweige der Industrie, vor allem Baumwoll-, Wollen-, Leder- und Hüttenindustrie, haben sich schon zu bedeutender Höhe entwickelt. Die Haupt- industriezeutreu sind infolge der hier auftretenden Kohlenlager Lodz, das polnische Manchester (350000 Einw., darunter viele Deutsche), der Don-Donezbezirk (mit Hüttenindustrie), ferner Tula mit bedeutender Eisen- und Stahlindustrie und Moskau, Hauptsitz der russischen Baumwollindustrie. Auch Warschau, die alte Hauptstadt Polens und drittgrößte Stadt Rußlands (760000 Einw.), ist Sitz

2. Außerdeutsche Länder Europas unter Berücksichtigung ihrer Kolonien, Die wichtigsten Länder in den außereuropäischen Erdteilen, wirtschaftsgeographisch betrachtet - S. 39

1914 - München [u.a.] : Oldenbourg
Das osteuropäische Flachland. 39 lich zur Schiffahrt. Nur der Dujepr bildet beim Durchbruch durch den Granitrücken Schnellen, die die Schiffahrt stören. Über die niedrigen Wasserscheiden hinweg konnten die Flußgebiete leicht durch Kanäle verbunden werden. Die Verteilung der Pflanzen- und Tierwelt ist in Rußland ausschließlich durch das Klima bedingt: durch die Abnahme der Wärme nach N und durch den zunehmenden kontinentalen Charakter nach 80 (Klimakarte!). So entstehen die klimatischen Pflanzengürtel: Tundra, Nadelwald, Mischwald, Gerstengebiet, Roggen-, Weizen-, Maisgebiet, Streifen des Weins und der Südfrüchte, südöstliche Steppe, Halbwüste. Bevölkerung. Das Russische Reich ist nahezu ein einheitlicher Nationalstaat. Neben den Russen (Groß-, Klein- und Weißrussen) verschwinden die übrigen Völker- schaften (Polen, Litauer, Deutsche [2 Mill.], Rumänen, Griechen, mongolische Stämme ^Finnen, Tataren, Kirgisen, Kalmücken, Baschkiren^). Volkswirtschaft. Rußland ist der erste Merbaustaat Europas. In gün- stigen Iahren liefert es V3 der gesamten europäischen Getreideernte!. Besonders ertragreich sind die sechs Ostseeprovinzen und das Schwarzerdegebiet'. Leider ist die Bewirtschaftung der Felder schlecht und der Bauernstand trotz der günstigen Bodenverhältnisse verarmt. In Westrußland werden viel Flachs, Rüben und Kartoffeln erzeugt. Wein liefert nur der äußerste Süden, besonders der Halbinsel Krim. Im N bergen die ausgedehnten Wälder einen ungeheuren Reichtum an Holz. — Die Viehzucht hat ihren Hauptsitz in den Steppen des 0 und 80. Rinder werden auch in den Ostseeprovinzen gezüchtet. Große Erträge wirft die Geflügel- zncht ab. Eier werden in ungeheuren Mengen ausgeführt. Sehr ertragreich ist ferner die Fischerei, besonders in der Wolga und im Kaspischen Meere. (Kaviar!) Nordrußland liefert Pelzwerk. Unter allen Staaten Europas bringt Rußland das meiste Gold, dazu das seltene . Platin hervor (Uralgebirge). Einzelne Zweige der Industrie, vor allem Baumwoll-, Woll-, Leder- und Hüttenindustrie, haben sich schon zu bedeutender Höhe entwickelt. Ihre Mittelpunkte sind in der Nähe der Kohlen: Lodz, das polnische Manchester (400000 Einw., dar- unter viele Deutsche und Juden), der Don-Donezb ezirk (mit Hüttenwerken), ferner Tula mit bedeutender Eisen- und Stahlindustrie und Moskau, der Haupt- sitz der russischen Baumwollweberei. Auch Warschau, die alte Hauptstadt Polens und drittgrößte Stadt des Reiches (850000 Einw.), hat lebhafte Woll-, Seiden-, Zucker- und Maschinenindustrie. Hauptorte für Lederwaren (Juchten und Saffian) sind Moskau, Kasan und Kiew. Handel. Rußlands Handel übernimmt die Vermittlerrolle zwischen dem hoch- kultivierten, dicht bevölkerten Westen und dem niedriger stehenden asiatischen Osten. Es führt nach dem Westen Getreide, Flachs, Hanf und Erzeugnisse der Viehzucht aus und von daher feinere Industriewaren, Rohstoffe und Halbfabrikate ein; nach Asien versendet es die Erzeugnisse der eigenen Industrie und bezieht dafür Roh- stoffe (Baumwolle) und Tee. Deutschlands Bedarf an russischen Handels- gütern ist gewaltig; 1912 bezog es u. a. für 317 Mill. M. Gerste, 100 Mill. M. Holz, 95 Mill. M. Weizen, 87 Mill. M. Kleie/ 69 Am. M. Eier, 62 Mill. M. Flachs, 54 Mill. M. Butter, 53 Mill. M. Hafer, 42 Mill. M. Erze; im ganzen für

3. Länderkunde von Europa (Wiederholungskurs), Die wichtigsten Handels- und Verkehrswege der Gegenwart, Elementare mathematische Geographie - S. 42

1911 - Berlin [u.a.] : Oldenbourg
42 Europa. Nach ihrem Bekenntnis sind die Russen fast insgesamt Anhänger der griechi- schen, sog. orthodoxen Kirche. Rußlands Hilfsquellen. Ihre Hauptstütze findet Rußlands Machtstellung in dem Reichtum des Landes an natürlichen Hilfsquellen. Obenan steht in dieser Beziehung der Ackerbau, der in günstigen Jahren % alles europäischen Getreides liefert und im Gebiete der schwarzen Erde bei reichlichen Niederschlägen trotz der schlechten Bewirtschaftung außerordentlich ergiebige Ernten abwirft. Rußland gilt daher als der erste Ackerbaustaat Europas. Ungemein groß ist im Norden des Landes der W a l d r e i ch t u m, weit ver- breitet, namentlich in der südlichen Steppenzone, die Viehzucht, sehr ertragreich die Fischerei (besonders in der Wolga und im Kaspischeu Meere, Kaviar). Auch durch seine Mineralprodukte aus dem Uralgebirge nimmt Rußland in Europa eine wichtige Stelle ein. Einzelne Zweige der Industrie, vor allem Baumwoll-, Wollen- lind Leder- industrie, haben sich schon zu bedeutender Höhe entwickelt. Die Hauptindustrie- zentreu sind infolge der hier austretenden Kohlenlager Lodz (350000 Einw,, darunter viele Deutsche), der Don-Donezbezirk (mit Hüttenindustrie), ferner Tula mit bedeutender Eisen- und Stahlindustrie und Moskau, Hauptsitz der russischen Baumwollindustrie. Auch Warschau, die alte Hauptstadt Polens und drittgrößte Stadt Rußlands (760000 Einw.), ist Sitz einer lebhasten Industrie. Hauptstätten der Lederindustrie (Juchten und Sasian) sind Moskau, Kasan und Kiew. Verkehr. Das weite, sast ununterbrochene Tiefland begünstigt die Entwick- lung riesiger und vortrefflicher Wasserstraßen und die Anlage künstlicher Verkehrs- wege, besonders von Kanälen und Eisenbahnen. Die Wolga wird fast in ihrem ganzen Laufe mit Dampfschiffen befahren, desgleichen der Dn jepr. Die Strom- systeme der Newa, Wolga und Dwina sind durch Kanäle miteinander ver- bnnden, und eben darauf beruht die Bedeutung St. Petersburgs, das ebensowohl mit der nordrussischen Tiefebene, als mit dem oberen Wolgagebiet, dem Haupt- Produktionsbezirk Rußlands, in Verbindung steht. Moskau wieder ist der Mittel- punkt eines weitverzweigten Schienennetzes. Infolge dieses Reichtums an Verkehrs- Mitteln werden, was von großer Bedeutung ist, die so weit voneinander entfernten Landesteile sich näher gerückt, und hebt sich auch der Handel Rußlands immer mehr, namentlich mit den westeuropäischen Staaten und im besonderen mit Deutschland. Der Handel Rußlands läßt sich also kennzeichnen: Nach Westeuropa sührt es Getreide, Flachs, Hans und Erzeugnisse der Viehzucht aus, dagegen führt es von da feinere Industriewaren, eine Unzahl von Rohstoffen und Halbfabrikaten sowie von Kolonialwaren ein,' nach Asien versendet es die Erzeugnisse seiner Industrie und bezieht dafür Rohstoffe (Baumwolle) und einige Gennßartikel wie namentlich den Tee. Siedelungen. Eigentliche Städte sind zuerst unter dem Einfluß der westeuropäischen Kultnr, also besonders in den Ostseeprovinzen, dann auch in Polen und Klein-Rußland entstanden. Ältere Städte hat also nur das westliche Rußland; solche sind Grodno, Wilna, (180000 Einw.),Smolensk; dem ganzen östlichen Rußland gehen sie ab. Hier hat sich städtisches Leben erst in neuerer Zeit

4. Rußland, Nord- u. Mittelamerika, Südamerika - S. 31

1917 - Leipzig : Klinkhardt
31 ~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Der Sprecher zog tief den Hut und winkte den andern zu: „Unser gnädiger Herr und die gnädige Herrin und die jungen gnädigen Herren — daß sie leben hoch!" „hoch, hoch, hoch!" , Dieser Huf hatte mehr Kraft; er schmetterte so laut, daß das .,Niecn zyje Polska" 1), das plötzlich verstohlen von der hintersten Reihe her erklang, nicht das Ghr des Herrn erreichte. —' — Aus: „Das schlafende Heer" von Clara viebig. Verlag Egon Fleische! & To. Berlin 1908. 14. Lodz, der deutsche Vorort in Polen. In den nördlichsten Ausläufern der Karpathen, die sich bis in das herz Polens erstrecken, liegt Lodz, sozusagen auf der Wasserscheide zwischen Gder und Weichsel. Der Fremde macht sich vom sarmatischen Tiesland ein falsches Bild, wenn er darunter ein durchweg flaches Gebiet von Tischplattencharakter versteht. Der Raum zwischen Tschenstochau, Lodz und Sandomir stellt ein mit der Spitze nach Norden gekehrtes, über 200 m hohes gewelltes Dreieck dar, das südöstlich in der Lysa (Bora bis zu 612 m ansteigt. In früheren Zeiten war das Land wald- und sumpfreich, heute erscheint es ziemlich öde, da die Russen nach den verschiedenen polnischen Erhebungen die alten Forste ver- nichteten, um den Kufständischen die Zuflucht in die für Truppen schwer zu- gänglichen Wälder zu nehmen. Der Name „Lodz" deutet auf ein größeres Gewässer (Lodia) hin, über das hier eine Fähre führte. Gegenwärtig herrscht aber derartiger Wassermangel, daß die Textilindustrie zu kostspieligen Tief- bohrungen greifen muß, um das für sie unentbehrliche Naß zu erhalten. Wundersam ist es überhaupt, wie sich gerade an dieser Stelle einer der mächtigsten Industrieorte entwickeln konnte, für den doch so gut wie jede vor- bedingung fehlte, vor allem liegt Lodz abseits der Hauptverkehrswege,- die Warschau—wienerbahn, die älteste Linie von Bedeutung in Nussisch-Polen, führt viele Kilometer östlich von der zweiten Stadt des Weichselgouvernements vor- über. Erst der regen Unternehmungslust deutscher Fabrikanten gelang es, im Jahre 1866 durch Erbauung der Strecke Lodz—koluschki einen Anschluß an das Schienennetz Europas herzustellen,- im Jahre 1902 wurde die Warschau— Kalischer Lahn eröffnet, die die Stadt der deutschen Grenze näher gebracht hat. Ein Blick auf die Entwicklung von Lodz ist äußerst interessant und lehr- reich, für uns Deutsche geradezu erhebend, denn unseren Volksgenossen allein verdankt der Grt seinen Kufschwung, der nur in dem Werdegang Thikagos ein ähnliches Seitenstück findet. Jahrhundertelang war Lodz eine unansehnliche Ansiedelung, dann eines der vielen berüchtigten polnischen Kleinstädtchen ge- wesen,- als es 1793 bei der zweiten Teilung des Königreiches an Preußen fiel, zählte es 190 Einwohner. Nach dem Wiener Kongresse wurde es russisch. Die neue Negierung, der die erfolgreiche Tätigkeit deutscher Bürger und Arbeiter bekannt war, reihte am 18. September 1820 den Grt unter die Fabrikstädte ein und forderte Fabrikanten und Handwerker in Schlesien, Sachsen und Deutsch- böhmen auf, sich hier niederzulassen. Da die Bedingungen äußerst günstig waren — billiger Bodenzins, unentgeltliche Lieferung von Bauholz, mehrjährige Steuerfreiheit, kein Nulitärdienstzwang, verbot der Iudenzuwanderung — „(Es lebe Polen!"

5. Länderkunde von Europa ohne das Deutsche Reich, Die koloniale Stellung der europäischen Mächte - S. 37

1912 - Berlin : Oldenbourg
Rußland. 37 ferner das Schwarzwild, Hirsch, Reh, Wolf, Fuchs usw. Für die Grassteppe sind die hüpfenden Nagetiere, besonders die Springmäuse und die in Herden lebenden Huftiere, charakteristisch. In der kaspischen Halbwüste kommt schon das Kamel vor. Bevölkerung. Von den Einwohnern Rußlands wurden 1897 ungefähr 84mill. Russen gezählt (und zwar 56 Mill. Großrussen um Moskau, die eigentlichen Mosko- witer, 22 Mill. Kleinrussen um das ältere Kiew, und fast 6 Mill. Weißrussen im Westen, ehemals uuter litauischer Oberhoheit), somit rund 8o°/0 der ganzen Bevölkerung; nur 20% gehören anderen Nationen an. Das russische Reich ist hiernach zwar kein national einheitlicher Staat, aber gegenüber der ungeheuren Masse des russischen Volkes verschwinden die übrigen Bevölkerungselemente fast gänzlich. Diese umfassen Polen, Litauer, dann Deutsche (an 2 Mill.), Rumänen und Griechen, ferner mongolische Stämme (Finnen im Norden), türkische Stämme (Tataren, Kirgisen, Kalmücken, Baschkiren) im O. und So. — Zwischen den oberen Klassen und der Masse des Volkes bestehen große Unterschiede in Bezug auf Besitz und Bildnng. Nach ihrem Bekenntnis sind die Russen fast insgesamt Anhänger der griechi- schen, nichtunierten, orthodoxen Kirche. Rußlands Hilfsquellen. Ihre Hauptstütze findet Rußlands Machtstellung in dem Reichtum des Landes an natürlichen Hilfsquellen. Obenan steht in dieser Beziehung der Ackerbau, der in günstigen Jahren 1i3 alles europäischen Getreides liefert und im Gebiete der schwarzen Erde bei reichlichen Niederschlägen trotz der schlechten Bewirtschaftung außerordentlich ergiebige Ernten abwirft. Ein Hauptgetreidelaud sind auch die sechs Ostseeprovinzen. Rußland gilt daher als der erste Ackerbaustaat Europas. In Westrußland ist auch die Flachs-, Rüben- und Kartoffelerzeugung sehr bedeutend. Wein liefert Rußland nur im Süden, besonders auf der Halbinsel Krim. Im Norden des Reiches erstrecken sich ausgedehnte Wälder, wie denn Rußland neben Schweden das waldreichste Land Europas ist. Die Bewirtschaftung der Forsten steht freilich noch auf niederer Stufe. — Die Viehzucht hat ihren Hauptsitz in den Steppen des Ostens und Südostens. Die Rinderzucht wird besonders in den Ostseeprovinzen mit Sorgfalt betrieben. Große Erträge wirft auch die Geflügel- zu cht ab. Die Ausfuhr von Eiern steht unter den Exportartikeln mit in vorderster Reihe (1909: 120 Mill. Mark). Sehr ertragreich ist ferner die Fischerei, besonders in der Wolga und im Kaspischen Meer. Endlich liefert Nordrußland reichliches Pelzwerk. Auch durch seine Mineralprodukte aus dem Uralgebirge nimmt Rußland in Europa eine wichtige Stelle ein. Es produziert unter allen Staaten Europas das meiste Gold und allein in unserem Erdteil Platin. Aber auch die Haupthebel der modernen Industrie, Eisen und Kohle, fehlen dem Reiche nicht. Einzelne Zweige der Industrie, vor allem Baumwoll-, Wollen-, Leder- und Hüttenindustrie, haben sich schon zu bedeutender Höhe entwickelt. Die Haupt- industriezentren sind infolge der hier auftretenden Kohlenlager Lodz, das polnische Manchester (400000 Einw., darunter viele Deutsche), der Don-Donezbezirk (mit Hüttenindustrie), ferner Tula mit bedeutender Eisen- und Stahlindustrie und

6. Allgemeine Erdkunde, Wiederholung der Länderkunde ohne Deutschland - S. 110

1912 - Berlin [u.a.] : Oldenbourg
110 Europa. Bevölkerung. Von den 130 Mill. Einw. Rußlands sind ungefähr 95 Mill. Russen, zum größten Teil Großrussen oder Moskowiter, in geringerer Zahl Kleinrussen in der Gegend von Kiew und Weißrussen im W. Das russische Reich ist hiernach zwar kein national einheitlicher Staat, aber gegenüber der ungeheuren Masse der Russen verschwinden die übrigen Bevölkerungselemente fast gänzlich. Diese umfassen Polen, Litauer, dann Deutsche (an 2 Mill.), Rumänen und Griechen, ferner mon- golische Stämme (Finnen im N.), türkische Stämme (Tataren, Kirgisen, Kalmücken, Baschkiren) im O. und So. — Zwischen den obern Klassen und der Masse des Volks bestehn große Unterschiede in Bezug auf Besitz und Bildung. Nach ihrem Bekenntnis sind die Russen fast insgesamt Anhänger der griechischen, nichtunierten, orthodoxenz Kirche. Hilfsquellen. Ihre Hauptstütze findet Rußlands Machtstellung in dem Reichtum des Landes an natürlichen Hilfsquellen. Obenan steht in dieser Beziehung der A ck er- bau, der in günstigen Jahren y3 alles europäischen Getreides liefert und im Gebiet der schwarzen Erde bei reichlichen Niederschlägen trotz der schlechten Bewirtschaftung außerordentlich ergiebige Ernten abwirft. Ein Hauptgetreideland sind auch die sechs Ostseeprovinzen. Rußland ist daher der erste Aüerbaustaat Europas. In Westrußland ist auch die Flachs-, Rüben - und Kartoffelerzeugung bedeutend. Wein wächst nur im S., besonders auf der Halbinsel Krim, dagegen liefert Rußland mit Schweden das meiste Holz nach Mittel- und Westeuropa. — Die V i e h z u ch t hat ihren Hauptsitz in den Steppen des O. und S., dann auch in den Ostseeprovinzen. Große Erträge wirft die Geflügelzucht ab; die Ausfuhr von Eiern steht unter den Exportartikeln mit in vorderster Reihe (1909:130 Mill. Mark). Ertragreich ist ferner die Fischerei, besonders in der Wolga und im Kaspischen Meer (Kaviar). Endlich liefert Nordrußland reichliches P e l z w e r k. Auch durch seine Mineralprodukte aus dem Uralgebirge nimmt Ruß- land eine wichtige Stelle ein. Es liefert unter allen Staaten Europas das mei st e Gold und allein in unserem Erdteil Platin. Aber auch die Haupthebel der modernen Industrie, Eisen und Kohle, fehlen dem Reiche nicht. Kohle findet sich in der Umgebung von Moskau, am Donez und in dem an Oberschlesien angrenzenden Teil von Polen. Einzelne Zweige der Industrie, vor allem Baumwoll-, Woll-, Leder- und Hüttenindustrie, haben sich schon zu bedeutender Höhe entwickelt. Die Hauptindustrie- zentren sind Lodz, das polnische Manchester (400 000 Einw.), der D o n - Donezbezirk (mit Hüttenindustrie), ferner Tula mit bedeutender Eisen- und Stahlindustrie und Moskau (iy2 Mill. Einw.), der Hauptsitz der russischen Baum- wollindustrie. Auch Warschau, die alte Hauptstadt Polens und drittgrößte Stadt Rußlands (850 000 Einw.), ist Sitz einer lebhaften Woll-, Seiden-, Zucker- und Maschinenindustrie. Hauptorte der Lederfabrikation (Juchten und Saffian) sind Moskau, Kasan und Kiew. Berkehr. Die Bedeutung St. Petersburgs (fast 2 Mill. Einw.) beruht vor allem darauf, daß es durch Wasserstraßen ebensowohl mit der Nordrussischen Tiefebene als mit dem obern Wolgagebiet, dem Hauptproduktionsbezirk Rußlands, in Verbindung steht. Moskau wieder ist der Mittelpunkt eines weitverzweigten i) Nichtuniert — nicht vereinigt (mit Rom); orthodox — rechtgläubig.

7. Allgemeine Erdkunde, Übersicht über die Erdteile, Länderkunde Europas, Kartographische Grundbegriffe - S. 114

1910 - Breslau : Hirt
114 T>. Länderkunde Europas. S und die Küste bedecken fruchtbare Äcker, auf denen vorzugsweise Getreide und Flachs gebaut wird. Durch sie hindurch strömt die von der waldbedeckten Waldcn^Höhe abfließende Düna dem Rigaschen Meerbusen zu. Nahe ihrer Mündung liegt der wichtige Ostseehafen Riga. Eine ebenfalls bedeutende Handelsstadt und Hauptkreuzung der westrussischen Bahnen ist Wilna, die einstige Hauptstadt Litauens. Auf deutsches Gebiet treten Memel (Njemen) und Weichsel über. Tie zu Rußland gehörende mittlere Laufstrecke der 53. Der Kreml in Moskau. Der älteste Teil Moskaus ist die ehemalige Burg der Stadt, der Kreml, früher der Herrschersitz, heute der Krönungsort der Zaren. Diese „russische Akropolis" ist voll von glänzenden Palästen und buntfarbigen Kirchen und macht in der asiatischen Mannigfaltigkeit von Prachtbauten, seltsamen Türmen. Mauern und vergoldeten Kuppeln einen überwältigenden Eindruck, wie ihn die russische Baukunst sonst nicht hervorbringt. Weichsel durchfließt den Hauptteil des alten Polenreiches. Hier liegt das stark befestigte Warschau, die Hauptstadt des früheren Königreiches Polen und die drittgrößte Stadt des Russischen Reiches. An der schleichen Grenze finden sich ausgedehnte Kohlenlager, die Lodz [lutsch], den zweitgrößten Mittel- punkt der russischen Woll- und Baumwollindustrie, versorgen. d) Das Wolga-Becken. Die Wolga ist Europas größter Strom. Sie entströmt der Waldm-Höhe und fließt zunächst in östlicher Richtung durch eine von Roggen-, Hafer- und Flachsfluren unterbrochene, stark bewaldete Gegend. In ihr liegt Moskau (1 400 000 E.), die alte Hauptstadt Rußlands. Die noch heute aus vielen Holzhäusem bestehende Stadt fällt durch ihre zahlreichen, kuppelgekrönten Kirchen und ihre buute asiatische Pracht auf. Inmitten der Stadt erhebt sich der Kreml mit seinen goldschimmernden Kirchen und vielen Palästen (Bild 53), seit alters die Stätte für die Krönung der Zaren. Die

8. Europa ohne das Deutsche Reich - S. 95

1917 - Leipzig : Hirt
2. Rußland. 95 lands ist. Es hat meist kurze Platzregen wie die Mittelmeerländer. Im Winter ist das Land von einer Schneedecke überzogen, die nach 8 immer dünner wird. Die Pflanzendecte ist einförmig wie die Oberfläche des Bodens und § 150. das Klima. Im N herrscht die an Sümpfen reiche Tundra. Südlich von ihr zieht sich ein breiter W a l d st re i f e n hin, der im N aus Nadelholz und Birken, nach 8 zunehmend aus Laubholz besteht, von Mooren und Wiesen unterbrochen wird, aber für Ackerbau etwas mageren Boden hat. Im 8 der Waldzone er- scheint allmählich die Steppe, deren Schwarzerde der fruchtbarste Boden Rußlands und daher dichter bevölkert ist. Ihre herdenbelebten Weiden werden oft durch ausgedehnte Weizenfluren unterbrochen. Die meist öde Kafpische Salzsteppe ist längs der Flüsse anbaufähig und prangt da mit Getreide und Obstfluren. In Polen nähern sich die Verhältnisse des Bodens, des Klimas und der Pflanzenwelt den ostdeutschen. Daher ist dieses Land am dichtesten von allen russischen Gebieten besiedelt. Große Unterschiede herrschen in der Tierwelt. Die Tundra weist Polar- tiere aus, das Waldland die deutschen Wildarten, dazu Wölfe, Elche, Bären und im W auch den Wisent. Die Steppe ist der Tummelplatz zahlloser Nagetiere (Springmäuse) und Antilopen. Die Flüsse sind äußerst fischreich. Wirtschastskundliches. Die Erwerbstätigkeit beruht hauptsächlich auf § 151. der Landwirtschaft, daneben auf der Ausnutzung des zwei Fünftel des Areals bedeckenden Waldes und der Bodenschätze, die indes im Ver- hältnis zur Größe des Landes nicht reichlich sind. Rußland baut im best- kultivierten baltischen Gebiet Roggen, Hafer, Kartoffeln, Flachs und Zucker- rüben und auf der Schwarzerde besonders Weizen, Mais, Melonen und Sonnenblumen zur Speiseölgewinnung. Das Land der Bauern ist meist noch Gemeinbesitz und wird daher nur lässig bewirtschaftet. Ein Ackerbau- betrieb wie in Deutschland würde weit ergiebigere Ernten liefern. Trotz- dem ist die Getreideausfuhr außerordentlich groß. Rußland erzeugt etwa die Hälfte der Roggenernte und ein Sechstel der Weizenernte der Erde. Die Viehzucht sschafe, Rinder, Pferde, Geflügel, Bienen) wird in ausgedehntem Maße betrieben, ebenfalls am besten in den Ostsee- Provinzen, in nomadischer Weise im 80. Die Wälder spenden wertvolle Pelztiere. Der Fischfang ist bedeutend in den Flüssen und Seen, in der Ostsee und im Weißen Meere. Der Kaspische See liefert allen Ländern Kaviar und Hausenblase. Bodenschätze werden in der Mitte und im 8 in reichem Maße ausgebeutet: zwischen dem unteren Dnjepr und Don Steinkohlen nud Eisen, in Südwestpolen und südlich von Moskau Kohlen, im Ural Gold (das meiste von den Ländern Europas), Platin, Kupfer und Asbest. Das Großgewerbe Web-, Leder-, Metallwaren) deckt den Bedarf noch nicht, obgleich in Polen eine riefige Webindustrie in und um Lodz [fobfdj] und in Warschau erwachfen ist und der Moskauer Bezirk vielseitige Fabri- katiou in großem Maße betreibt. Der Großhandel ist bedeutend, aber der Warenvertrieb im Binnenlande überwiegt den Außenhandel. Sein Mittelpunkt ist Moskau.

9. Nicolaisches Realienbuch - S. 173

1906 - Berlin : Nicolai
173 regenreichen Jahren wächst dort Sommergetreide in solcher Menge, daß Ruß- land als die Kornkammer Europas bezeichnet werden dars. Außerdem gedeihen Flachs in Polen und Kurland, Zuckerrüben und viel Tabak um Kiew. Aus Odessa, dem Haupthasen am Schwarzen Meere, und ans dem von vielen Deutschen bewohnten Rffga an der Ostsee werden diese Erzeugnisse, besonders Getreide, ausgesührt. Vielfach hat man auch die Wälder des angrenzenden Waldgebietes niedergeschlagen und in Ackerland umgewandelt. Dadurch ist aber diesen Gegenden der Wasserreichtum entzogen worden. Tritt nun ein trockner Sommer ein, so verdorren die Pflanzen, und Hungersnot sucht diese Gebiete heim. In dieses Gebiet sind auch bei Moskau. Lodz Tula und Perm große Kohlen- und Erzschichten eingelagert. Aus Asien beziehen die Russen Rohseide und Baumwolle, aus den Steppen Leder (Juchten und Saffian). Daher blühen in den Städten Maschinenbau, Webe- und Lederindustrie. Die zweite, aber ältere Hauptstadt Moskau an der Moskwa hat sich zur ersten Fabrifftadt Rußlands (Leder-, Papier- und Metallwaren, Porzellan) und als Mittelpunkt des russischen Eisenbahnnetzes zu einem bedeutenden Handelsplätze entwickelt. In ihrer Mitte liegt der Kreml (Zarenpalast). Allerdings wird das Bedürfnis des Landes an Maschinen und Webwaren, die in Rußland selbst hergestellt werden, dadurch noch nicht befriedigt; vielmehr müssen solche in großem Umfange vom Auslande ein- geführt werden. — ä) An das Ackerbaugebiet schließen sich bis zum Kaspischen und Schwarzen Meer öde Sand- und Salzsteppen an. Ihre Bewohner sind Tataren, Kirgisen und Kalmücken. Sie sind Nomaden, welche viel Pferde- und Schafzucht (Leder), aber wenig Ackerbau treiben. Diese Steppen waren das Durchzugsgebiet für die Völkerwanderung (375), - aber auch ein Hindernis für die Verbreitung südeuropäischer Kultur nach N. — e) Am Schwarzen Meer, auf der Halbinsel Krim, gedeihen Wein und Südfrüchte. Diese Küste mit ihren Badeorten, Klöstern und Lustschlössern wird die „russische Riviera" genannt. 4. Das Klima. Rußland hat ein ausgeprägtes Landklima. Lange, kalte Winter, die den beständigen Gebrauch des Schlittens gestatten, wechseln mit kurzen, heißen Sommern. Die Regenmenge nimmt von W. nach O. ab, so daß im So. Steppen entstanden. 5. Die Bewohner Rußlands sind meist Waldarbeiter, Bauern oder Vieh- züchter. Der Russe besitzt aber natürliche Anlage zum Handel; Gewinn und Lebens- genuß sind das Hauptziel seines Strebens. Der Bauer lebt in schwerer Abhängig- keit; große Massen des Volkes sind ohne Schulbildung. „Der Himmel ist hoch, und der Zar ist weit", denken die bestechlichen Beamten. Die Einförmigkeit des Bodens ist die Ursache für die Entstehung eines großen Reiches und für die Gleichförmigkeit der Russen in der Lebensweise, Kleidung, Sprache und Religion. Die Russen gehören zur griechisch-katholischen Kirche, deren Ober- haupt der Kaiser ist. Nur in den Ostseeprovinzen findet man Deutsche, in Polen polnische und in Finnland schwedische und finnische Bevölkerung mit anderen Sitten und Gebräuchen. Die Deutschen, Schweden und Finnen sind Protestanten, die Polen römisch-katholisch.

10. Geographie - S. 56

1918 - Breslau : Hirt
56 Geographie. Ii Die mittleren Gebiete Rußlands. Der Nordrussische Landrücken setzt sich nach Sw. fort. Er bildet die Hauptwasserscheide Rußlands. Be- sonders das umfangreiche Gebiet der niedrigen Waldai-Höhe entsendet nach allen Seiten große Ströme, so die Düna, die Wolga und den Dnjepr. Auf dem breiten Mittelrussischen Landrücken, der sich von der Waldai-Höhe nach S. zieht und später nach O. verzweigt, entspringt der Don. Das mittlere Rußland hat, da es mehr nachs.gerückt ist, ein wärmeres Klima als Nordrußland. Heiße Sommer und kalte Winter kennzeichnen sein Klima. Die Niederschläge sind geringer als in Deutschland. Sie nehmen nach O. und S. mit der Entfernung vom Meere immer mehr ab. Ebenso nimmt mit Trockenheit und Hitze der Waldreichtum ab. Für den Ackerbau liegen aber die Verhältnisse günstig. Der Boden ist fruchtbar. Bis zu einer Linie, die über Tnla nach No. läuft, besteht er aus Gletscher- ablagerungen. Dann folgt nach S. fruchtbarer Löß. Vorwiegend wird Getreidebau betrieben. In den russischen Ostseeprovinzen baut man viel Flachs, in Polen viel Zuckerrüben. Bei Tnla (110000 E.) werden Steinkohlen gewonnen. Tnla und Moskau (1200000 E.), die alte Hauptstadt Rußlands, konnten daher bedeutende Industriestädte werden. Auch die vorwiegend deutsche Hafenstadt Riga (300000 E.) sowie Warschau (780000 E.) und Lodz (spr. lndsch, 330000 E.) sind sehr gewerbtätig. In Lodz gibt es große Baumwollfabriken. An der großen Schiffahrt- straße der Wolga erblühten ebenfalls Handelsplätze, wie Kasan (140000 E.) und Nischnij-Nowgorod (100000 E.), wo alljährlich eine große Handelsmesse stattfindet. Der Süden Rußlands. Die Ströme Dnjepr und Don zeigen bei ihrem Laufe nach S. eine große Ähnlichkeit in der Richtung. Beide weichen in einem spitzwinkligen Knie nach O. aus. Der Dnjepr mündet bei Cherson (spr. kherßön) in den nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres, der Don in das seichte Asowsche Meer. Durch die Halbinsel Krim wird dieses Meeresbecken abgetrennt. Die Südküste der Krim wird von dem Jaila-Gebirge begleitet, das als eine Fortsetzung des mächtigen Kaukasus zu betrachten ist. Der Kaukasus ist ein höheres und längeres Gebirge als die Alpen. Er erhebt sich im Elbrus zu 5630 m und reicht vom Schwarzen bis zum Kaspischen Meere. In dieses münden der Ural Fluß, der vom Ural-Gebirge kommt, und die Wolga, der größte von allen Strömen Europas. An der Mündung bildet sie ein großes Delta. Der Boden Südrußlands besteht großenteils ans fruchtbarem Löß. Ein hoher Gehalt an verwesten Pflanzenstoffen gibt ihm eine dunkle Färbung. Besonders das Schwarzerdegebiet zwischen Charkow (spr. kharköff) und Saratow (spr. ßarätoff) ist sehr fruchtbar. Trotzdem geht hier der Ackerbau zurück, weil der russische Bauer wenig zur Verbesserung der Äcker tut. Oft leiden die Saaten auch unter Kälte oder Trockenheit. Der größte Teil Südrußlands bildet eine baumlose Steppe. Ein großer Teil davon wird jetzt als Ackerland benutzt. Die wichtigsten An- baugewächse sind Weizen und Mais. In Bessarabien wird viel Wein

11. Nr. 16 - S. 56

1911 - Breslau : Hirt
56 Geographie. 11 Die mittleren Gebiete Rußlands. Der Nordrussische Landrücken setzt sich nach Sw. fort. Er bildet die Hauptwasserscheide Rußlands. Be- sonders das umfangreiche Gebiet der niedrigen Waldai-Höhe entsendet nach allen Seiten große Ströme, so die Diina, die Wolga und den Dnjcpr. Auf dem breiten Mittelrussischen Landrücken, der sich von der Waldai-Höhe nach S. zieht und später nach O. verzweigt, entspringt der Don. Das mittlere Rußland hat, da es mehr nach S.gerückt ist, ein wärmeres Klima als Nordrußland. Heiße Sommer und kalte Winter kennzeichnen sein Klima. Die Niederschlüge sind geringer als in Deutschland. Sie nehmen nach O. und S. mit der Entfernung vom Meere immer mehr ab. Ebenso nimmt mit Trockenheit und Hitze der Waldreichtum ab. Für den Ackerbau liegen aber die Verhältnisse günstig. Der Boden ist fruchtbar. Bis zu einer Linie, die über Tula nach No. läuft, besteht er aus Gletscher- ablagerungen. Dann folgt nach S. fruchtbarer Löß. Vorwiegend wird Getreidebau betrieben. In den russischen Ostseeprovinzen baut man viel Flachs, in Polen viel Zuckerrüben. Bei Tula (110000 E.) werden Steinkohlen gewonnen. Tula und Moskau (1200000 E.), die alte Hauptstadt Rußlands, konnten daher bedeutende Industriestädte werden. Auch die vorwiegend deutsche Hafenstadt Riga (300000 E.) sowie Warschau (780000 E.) und Lodz (spr. ludsch, 330000 E.) sind sehr gewerbtätig. In Lodz gibt es große Baumwollfabriken. An der großen Schiffahrt- straße der Wolga erblühten ebenfalls Handelsplätze, wie Kasan (140000 E.) und Nischnij-Nowg orod (100000 E.), wo alljährlich eine, große Handelsmesse stattfindet. Der Süden Rußlands. Die Ströme Dnjepr und Don zeigen bei ihrem Laufe nach S. eine große Ähnlichkeit in der Richtung. Beide weichen in einem spitzwinkligen Knie nach O. aus. Der Dnjepr mündet bei Cherson (spr. kherßön) in den nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres, der Don in das seichte Asowsche Meer. Durch die Halbinsel Krim wird dieses Meeresbecken abgetrennt. Die Siidküste der Krim wird von dem Jäila-Gebirge begleitet, das als eine Fortsetzung des mächtigen Kaukasus zu betrachten ist. Der Kaukasus ist ein höheres und längeres Gebirge als die Alpen. Er erhebt sich im Elbrus zu 5630 m und reicht vom Schwarzen bis zum Kaspischen Meere. In dieses münden der Ural-Fluß, der vom Ural-Gebirge kommt, und die Wolga, der größte von allen Strömen Europas. An der Mündung bildet sie ein großes Delta. Der Boden Südrußlands besteht großenteils aus fruchtbarem Löß. Ein hoher Gehalt an verwesten Pflanzenstoffeu gibt ihm eine dunkle Färbung. Besonders das Schwarzerdegebiet zwischen Charkow (spr. kharköff) und Saratow (spr. ßarütoff) ist sehr fruchtbar. Trotzdem geht hier der Ackerbau zurück, weil der russische Bauer wenig zur Verbesserung der Äcker tut. Oft leiden die Saaten auch unter Kälte oder Trockenheit. Der größte Teil Südrußlands bildet eine baumlose Steppe. Ein großer Teil davon wird jetzt als Ackerland benutzt. Die wichtigsten An- baugewächse sind Weizen und Mais. In Bessarabien wird viel Wein

12. Für Präparandenanstalten - S. 181

1912 - Breslau : Hirt
I. Europa. — 3. Die außerdeutschen Länder Europas. 181 Die wichtigsten Erzeugnisse sind Holz und Getreide (im N Roggen, im S Weizen), die in Massen ausgeführt werden. Rußland ist eine Korn- kämm er Europas. Auch Schlachtvieh, Fluß- und Seefische, Wolle, Leder usw. werden ausgeführt. — An Bodenschätzen findet man das meiste Gold Europas am Südural, ebendort das seltene Platin, in Polen, am unteren Don und südlich von Moskau Kupfer, Kohlen und Eisen. Die In- dnstrie (Weberei, Metallwaren) deckt den Bedarf noch nicht. 100. Kaspische Steppe. Die mit Steinblöcken überstreute Steppe ist im Europäischen Rußland ähnlich wie im Asiatischen. Im Frühling bilden blühende Zwiebelgewächse für kurze Zeit einen bunten Teppich zwischen Büscheln von harten Gräsern und Stauden. Im Herbst unterbrechen nur noch vereinzelte staubfarbene Stauden die einförmige graue Fläche. Der Wind weht mächtige Sanddünen zusammen, die sichelförmig vorrücken. Berge durchziehen in niedrigen Reihen die Steppe besonders an den Rändern. § 284. Die Bevölkerung Rußlands besteht zu drei Vierteln aus Russen im engeren Sinne. Sie sind Slawen und gehören der griechisch- orthodoxen Kirche an, deren Oberhaupt der Kaiser (Zar) ist. Slawen sind auch die römisch-katholischen Polen. An der Ostsee wohnen südlich des Finnischen Meerbusens Litauer und Letten (Verwandte der Slawen), Esten (Verwandte der Mongolen) und Deutsche (diese außerdem besonders in Südrußland, im ganzen 11/2 Millionen), nördlich Finnen (mongolische Verwandte der Magyaren); bis auf die Litauer sind sie evangelisch. Den Nordrand bevölkern reine Mongolen (Lappen und heidnische Samojeden), ebenso den 80 lz. B. Kirgisen, Kalmücken; meist Mo- hammedaner). Juden leben in großer Zahl überall verstreut, namentlich in Polen.

13. Rußland, Nord- u. Mittelamerika, Südamerika - S. 33

1917 - Leipzig : Klinkhardt
~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 33 ~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Viesen Eindruck verstärken die zahlreichen deutschen vereine — unter denen die Gesangvereine die bedeutendsten sind —, das vorzügliche deutsche Theater, drei deutsche Zeitungen und nicht zuletzt die deutschen Siedlungen, die sich um Lodz in weiter Runde breiten. Neuerdings kam aus Lodz die Nachricht, daß dort das deutsche Lehrer- seminar mit 70 Zöglingen neu eröffnet werden konnte, nachdem der verein für das Deutschtum im Kusland die für den Knfang notwendigen Mittel hergegeben hat. Damit wird dem deutschen Leben in Polen eine der wichtigsten Kraft- quellen für seine kulturelle Entwicklung neu erschlossen, was um so notwendiger war, als die hunderttausende deutscher Lauern in kleinen Siedlungen weit über das Land hin zerstreut sind und der geistigen Führung fast völlig er- mangeln. Daß Lodz auch fernerhin die deutscheste Stadt des Ostens bleibt, verbürgen außerdem die Gründungen eines deutschen Knabengymnasiums 1915 und eines deutschen Mädchenlyzeums 1916. Huch das letztere war dringend notwendig, denn die Tochter der deutschen Eltern waren bisher gezwungen, polnische Schulen zu besuchen, verlernten ihre deutsche Muttersprache und trugen dann, wenn sie selbst Gattinnen und Mütter wurden, das polnische in die deutschen Familien hinein. Wohl keine Stadt der alten Welt darf so mit Fug und Recht „die Stadt der Gegensätze" genannt werden wie Lodz. Denn in seinen Verkehrsadern — eigentlich kommt allein die zwei Stunden lange petrikauer Straße in Le- tracht, neben der sich zu beiden Seiten einige etwas kürzere, von (Quergassen unterbrochene Straßen hinziehen — entwickelt sich ein Bild von geradezu schreiendem Durcheinander. Neben dem palaste des Großindustriellen duckt sich die Hütte des Kleinhandelsjuden, neben einer weitläufigen, mit allen Erfindungen der Technik ausgestatteten Fabrikanlage steht die licht-, lust- und freudelose Mietkoserne des Proletariats. In die wohlbeleuchtete, holzgepflasterte Haupt- straße, deren Pflaster bei starken Regengüssen zwar häufig die Verbindung mit der mangelhaften Unterlage löst und zur Freude der armen Levölkerungs- schichten davonschwimmt, münden vorsintflutlich anmutende, des Nachts stock- finstere Sandwege, vornehme Kutsch- und Kraftwagen der Fabrikanten sausen an hochbeladenen Lastfuhren, an gebrechlichen Droschken, an elenden Lauern- karren vorüber- aus den Gehsteigen eilen der deutsche Luchhalter und der polnische Arbeiter hastig dahin, indes der geckenhafte Schlachzize sorgsam jeder Berührung mit den schmierigen Kaftanen der peikesgeschmückten Hausierer aus- weicht. Inmitten der Stadt umbraust die Menge die ausgebrannten Mauern eines vor Jahren durch Feuer zerstörten Industriewerkes, und neben den Schienen der elektrischen Lahn glucksen im breiten Straßengraben die bunt- schillernden, übelriechenden Abwässer einer Färberei. — — Nach Wilhelm Marks, Berlin, aus: „Heimat und Welt." 5. Jahrg. 2. Heft. 1915 und nach 3. Vierteljahrsheft 1916 des v. D. 5l. 15. Deutsche, die sich in kußland verloren. Kriegspressequartier (vst, 8. Dezember 1916. Da mag's manche Verblüffung gegeben haben, als die ersten deutschen Truppen, die nach Lialystok kamen, in ihren Quartieren mit rasch erlernten polnischen und russischen Lrocken nach Lagerstatt, Essen und Trinken fragten und zur Antwort erhielten: Wir können nicht polnisch. Wir verstehen kein Russisch. Wir sprechen nur Deutsch.

14. Rußland, Nord- u. Mittelamerika, Südamerika - S. 32

1917 - Leipzig : Klinkhardt
folgten alsbald viele Deutsche dem Rufe Kaifer Alexanders I. (Es entstand eine Weberansiedlung, dann eine Spinnerkolonie. Oer erste Großindustrielle war L.geyer, dessen Unternehmen noch heute blüht. Schon nach neun Jahren zählte Lodz über 4000 Köpfe. 1835 hielt die erste Dampfmaschine, die den Weg nach Polen unter unsäglichen Schwierigkeiten zurückgelegt hatte, ihren Einzug in das werdende ,,Manchester". Wohl erlebte die Stadt in den vierziger Jahren einen Rückgang, sie erhob sich indessen schnell wieder und fand 1854 in dem Fabrikanten Karl Scheibler den Mann, dem sie ihren eigentlichen Kufschwung verdankt. Nach 10 Jahren zählte sie über 40 000 Einwohner. Sie erhielt damals eine Telegraphenstation und bald daraus den ersten Bahnhof- auch eine deutsche Zeitung kam dem Wissensdrang und der — Neugier des lieben Publikums entgegen. Die Rede, die der Statthalter von Warschau, Graf Berg, anläßlich der Eröffnung der Lodzer Fabrikbahn hielt, verdient, im Auszuge wiedergegeben zu werden als eine ehrliche, restlose Anerkennung deutscher Arbeit von feiten der russischen Regierung, die heute alle „Njemzy" mit Stumpf und Stiel ausrotten möchte. Oer Vertreter des Zaren sagte: „Die Stadt Lodz bildet eine interessante Erscheinung im polnischen Lande. Sie verdankt ihren Wohl st and der deutschen Industrie, dem Unternehmungsgeist der Deutschen und dem deutschen gleiße. Nächst Warschau ist Lodz die bevölkertste Stadt des Königreiches Polen. Sie zählt über 40 000 Einwohner, darunter zwei Drittel Deutsche. Lodz ist die Metropole von 100 000 deutschen industriellen Bewohnern, die sich in zahl- reichen Städten angesiedelt haben. Ich glaube diesen Bewohnern einen guten Rat zu geben, wenn ich sie zur treuen Nachahmung der Tugenden ihrer Väter und zum beständigen Festhalten am deutschen Charakter auf- muntere, der sie unterscheiden soll von den anderen und der stets wohltätig auf ihre Lage rückwirken wird." Im Jahre 1869 wandelten die guten Lodzer zum ersten Male im Scheine von Gaslaternen, auch erhielten die Straßen richtige Gehsteige- dagegen hat man sich bis heute ohne Kanalisation und Wasserleitung durchschlagen müssen, gewiß ein unglaublicher Rückstand auf dem Gebiete der großstädtischen Gesund- heitssürsorge, an dem aber einzig die Regierung die Schuld trägt. Es ist überhaupt bezeichnend, daß alle Wohlfahrtseinrichtungen, wie Feuerwehr, Krankenhäuser, Unterstützungswesen, Bildungsanstalten ausschließlich privatem, d. h. deutschem Kntriebe ihre Entstehung und Entwicklung verdanken, mit welchen Schwierig- keiten die Menschenfreunde dabei zu kämpfen hatten, das kann allein ermessen, wer den russischen Tschin (Beamtenschaft) kennt. Seine Blütezeit erlebte Lodz trotz mehrfacher Rückschläge in den 70 er, 80 er und 90 er Jahren. Im neuen Jahr- hundert litt die Stadt unter wirtschaftlichen Krisen und dem Treiben revolu- tionärer Gruppen. Nichtsdestoweniger nahm die Einwohnerzahl zu, insbesondere durch Zuwanderung. Diese erfolgte jetzt aber nur zum kleinsten Teile aus deutschen Gegenden her, meist waren es polnische Arbeiter und jüdische Händler. So kam das deutsche Element zahlenmäßig ins Hintertreffen- heute finden sich unter der halben Million Bewohner rund 120 000 Deutsche, d. i. ein viertel gegen zwei Drittel vor 50 Jahren. Da jedoch die Deutschen in den maß- gebenden Schichten der Fabrikanten, Großkaufleute, Privatbeamten und Fabrik- meister noch immer die erdrückende Mehrheit bilden und da die 160 000 Juden sämtlich deutsch verstehen und auch sprechen — allerdings, fragt nur nicht wie —, so erscheint Lodz wie eine große Vase unseres Volkstums im slawischen Meere.

15. Die neuere Zeit - S. 148

1882 - Leipzig : Krüger
— 148 — Charakter. Angriff auf Karl Xii. Dänemark gedcinütigt. Schlacht bei Narwa. Karl in Polen. übernahm selbst die oberste Stelle in der russischen Kirche; erzwang vornehme Jünglinge ins Ausland zu gehen und dort Studien zu machen; er gründete Schulen, Universitäten, eine Akademie der Wissenschaften; er schuf eine Armee und eine Flotte nach europäischem Muster, kurz er griff in alle Gebiete des menschlichen Lebens mit eiserner Hand und rastloser Thätigkeit ein. — Aber er blieb im Grunde seines Wesens selbst ein Barbar: das zeigte sein Blutdurst bei den Aufständen der Strelzy, seine Grausamkeit gegen Widerstrebende, die unwürdige Behandlung seiner ersten Gemahlin, seine Hartherzigkeit gegen seinen ältesten Sohn Alexei,*) das bewiesen seine ausschweifenden Vergnügungen. Es war ein seltsames Gemisch von Genialität und Wildheit in ihm. c. Der nordische Krieg (1700—21). §. 147. Bei dem eifrigen Bestreben Peters, eine leichte und nahe Seeverbindung mit den Kulturstaaten Europas zu gewinnen,¥Y) mußte er mit dem schwedischen Könige Karl Xii., dem Besitzer der Ostseeprovinzen, in Streit geraten. Die Umstände waren dazu einladend genug. Denn auch Dänemark und Polen waren eifersüchtig auf die nordische Großmacht und hätten ihre früheren Besitzungen gern zurückerobert. Leicht verständigte sich Rußland mit ihnen zu einem Angriffe aus den jugendlichen Schwedenkönig.***) Indessen hatte man den Gegner unterschätzt. Blitzschnell warf sich Karl auf Dänemark und nötigte diesen Staat zu einem unrühmlichen Frieden (in Travendal). Ebenso schnell und unerwartet stürzte er sich auf die Russen, welche Narwa belagerten. Mit 8000 Mann wagte er es einen fünfmal stärkeren Feind hinter starken Verschanzungen anzugreifen; seine eigene Tollkühnheit, die Hingebung der Schweden trugen einen glänzenden Sieg über die Unfähigkeit der russischen Offiziere und die Ungeübtheit ihrer Truppen davon. Peter selbst hatte sich noch vor der Schlacht in Sicherheit gebracht. Nach diesen vielversprechenden Anfängen, welche Karl Xii. als den ersten Feldherrn seiner Zeit erscheinen ließen, begann aber die Reihe politischer und militärischer Fehler, welche seinen Untergang herbeigeführt haben. Statt den gefährlichsten Gegner, Peter, vollständig niederzuwerfen,-^) wendete sich der Schwedenkönig mit einer Art persönlichen Hasses gegen den ungefährlichen *) Platcn: Alexis. (Vor der Strenge seines Vaters, vor dem allgewaltigen Czar — Floh von Moskau weg Alexis u. s. w.) **) „Ein Fenster nach Europa hin durchzubrechen" nannte es Algarotti, der Freund Friedrichs des Großen. ***) Das Bild, das Voltaire im Charles Xii entworfen hat, ist allzu romantisch ausgeschmückt. Allerdings war Karl glühend ehrgeizig, mäßig und enthaltsam, in seiner Art fromm, heldenhaft tapfer, aber auch knabenhaft eitel und selbstvertrauend, kalt und gefühllos; ein großer Feldherr war er nicht; zum Staatsmann fehlten ihm alle Eigenschaften. Nicht den Ruhm seines Volkes, sondern dessen Ohnmacht führte er herbei. t) Dies schlugen einsichtige Männer dem König vergebens vor.

16. Die Landschaften Europas - S. 347

1900 - Trier : Lintz
Gewerbthätigkeit, Handel. 347 Metallreichtum, auch an Edelmetallen besitzt, das Donez- gebiet, wo sich das grösste Steinkohlenlager Russlands be- findet, der Bezirk Tula südlich von Moskau, der Steinkohlen und Eisen liefert, der Kaukasus, der mancherlei Erze und vor allem einen grossen Reichtum an Erdöl besitzt, das obere Weichsel- gebiet, das mit dem oberschlesischen Bergbaugebiete zusammenhängt, und Finnland, wo zahlreiche Eisenerz grub en in Betrieb sind. 6. Die Veredlung der Rohstoffe: Gewerbthätigkeit. Die bedeutendste Industriethätigkeit entwickelte sich in den Bezirken des Steinkohlenbergbaues, so im Donezgebiet, wo sich Charkow zu einem Industriemittelpunkte entwickelte, im Bezirk von Moskau, wo diese Stadt selbst und das etwas südlicher gelegene Tula eine bedeutende Gewerbthätigkeit ent- faltet, und Polen, wo Lodz in kurzer Zeit zu einer bedeutenden Industriestadt aufblühte. Auch in den übrigen grossen Städten der Landschaft, wie in Riga, Petersburg, Kiew und in den Wolgastädten, giebt es mancherlei Fabriken. Endlich ist unter der ländlichen Bevölkerung das Hausgewerbe noch stark verbreitet. Zur Entwickelung gelangten besonders solche Industriezweige, welchen das Land selbst die Rohstoffe zu liefern vermag, wie die Eisenindustrie, die ihre Hauptsitze im Donezgebiet, in Jekate- rinoslaw am Dnjepr, im Bezirk von Tula und im Ural nahm, das Tabakgewerbe, das vornehmlich in Moskau und Kischinew blüht, das L ed erg e werbe, das in vielen Städten betrieben wird, die Spinnerei und Weberei, deren grössten Betriebe, beson- ders grosse Baumwollfabriken, sich in Lodz befinden, die ferner, soweit es sich um Verarbeitung von Flachs und Hanf handelt, noch viel als Hausindustrie betrieben werden, endlich die Zuckerindustrie, für die Polen und die Gegend von Charkow die wichtigsten Gebiete sind. 7. Der Austausch der Erzeugnisse: Binnenhandel, Ein- und Ausfuhr. Weil fast überall die Landwirtschaft, für die umfangreiche Ländereien zur Verfügung stehen, die erste Grundlage des Erwerbs- lebens bildet, braucht ein Austausch der Erzeugnisse zwi- schen den einzelnen Gebieten nur in geringem Umfange statt- zufinden. Die Bedürfnisse der grossen Städte und der früher genannten Industriebezirke an Nahrungsmitteln können durch die Nachbargebiete gedeckt werden. Gegenstände, die fast durch das

17. Länderkunde von Europa, Wiederholungskurs, Die wichtigsten Handels- und Verkehrswege der Jetztzeit, Elementare mathematische Geographie - S. 35

1908 - Berlin [u.a.] : Oldenbourg
Das Kaisertum Rußland. 35 Die Tierwelt. Ten Unterschieden in Klima und Pflanzenwelt eut- sprechen auch die Verschiedenheiten der Tierwelt. Die Tundra ist das Reich der Polartiere: der Lemminge, der Schneehasen, des Polarfuchses und anderer. Viel- fraß, Renntier und Elentier reichen von hier bis in das Waldland. In diesem stellen sich der Bär und andere Pelztiere ein, namentlich das Eichhörnchen, ferner das Schwarzwild, Hirsch, Reh, Wolf, Fnchs usw. Für die Grassteppe sind die hüpfenden Nagetiere, besonders die Springmäuse und die in Horden lebenden Huftiere, charakteristisch. In der kaspischen Halbwüste kommt schon das Kamel vor. Bevölkerung. Von den 106 Mill. Einw. Rußlands sind ungefähr 84 Mill. Russen (und zwar 56 Mill. Großrnssen um Moskau, die eigentlichen Moskowiter, 22 Mill. Kleinrussen um das ältere Kiew, und sast 6 Mill. Weißrussen im Westen ehemals unter litauischer Oberhoheit), somit rund 80 °/0 der ganzen Bevölke- rung ; nur 20 °/0 gehören anderen Nationen an. Das russische Reich ist hiernach zwar kein national einheitlicher Staat, aber gegenüber der ungeheuren Masse des russischen Volkes verschwinden die übrigen Bevölkerungselemente fast gänzlich. Diele umsassen Polen, Litauer, dann Deutsche (an 2 Mill.), Rumänen und Griechen, ferner mongolische Stämme (Finnen im Norden), türkische Stämme (Tataren, Kir- gisen, Kalmücken, Baschkiren) im O. und So. — Zwischen den oberen Klassen und der Masse des Volkes bestehen große Unterschiede in Bezug auf Besitz und Bildung. Nach ihrem Bekenntnis sind die Russen fast insgesamt Anhänger der griechi- schen, nichtnnierten Kirche. Rußlands Hilfsquellen. Ihre Hauptstütze findet Rußlands Machtstellung in dem Reichtum des Landes an natürlichen Hilfsquellen. Obenan steht in dieser Beziehung der Ackerbau, der in günstigen Jahren J/3 alles europäischen Getreides liefert und im Gebiete der schwarzen Erde bei reichlichen Niederschlägen trotz der schlechten Bewirtschaftung außerordentlich ergiebige Ernten abwirft. Rußland qilt daher als der erste Ackerbaustaat Europas. Ungemein groß ist im Norden des Landes der Waldreichtum, weit ver- breitet, namentlich in der südlichen Steppenzone, die Viehzucht, sehr ertragreich die Fischerei (besonders in der Wolga und im Kaspischen Meere). Auch durch seine Mineralprodukte aus dem Uralgebirge nimmt Rnßland in Europa eine wichtige Stelle eiu. ^ Einzelne Zweige der Industrie, vor allem Baumwoll-, Wollen- und Leder- indnstrie, haben sich schon zu bedeutender Höhe entwickelt. Die Hauptindustrie- zentren sind infolge der hier auftretenden Kohlenlager Lodz, das polnische Manchester (315000 Einw., darunter viele Deutsche), der Don-Donezbezirk, serner Tula^und Moskau. Auch Warschau, die alte Hauptstadt Polens und drittgrößte ^tadt Rußlands (680000 Einw.), ist Sitz einer lebhaften Industrie. Perkehr. Das weite, fast ununterbrochene Tiefland begünstigt die Entwick- lung riesiger und vortrefflicher Wasserstraßen und die Anlage künstlicher Verkehrs- wege, besonders von Kanälen und Eisenbahnen. Die Wolga wird sast in ihrem ganzen Lause mit Dampfschiffen befahren, desgleichen der Dnjepr. Die Strom- systeme der Newa, Wolga und Dwina sind durch Kanäle miteinander ver- bunden, und eben daraus beruht die Bedeutung St. Petersburgs, das ebensowohl mit der nordrnssischen Tiesebene, als mit dem oberen Wolgagebiet, dem Haupt- Produktionsbezirk Rußlands, in Verbindung steht. Moskau'wieder ist der Mittel-

18. Lehrstoff der mittleren und oberen Klassen - S. 243

1910 - Leipzig : Warting
§ ^6. Die einzelnen Tandschaften des Osteuropäischen Tieflandes. Der Ural. 243 um schließlich in zwei scharfen Biegungen wieder nach Sw. umzuwenden. Nebenflüsse von rechts: Beresina und Pripet, letzterer mit dem Njemen durch einen Schiffahrtskanal verbunden. Zu beiden Seiten des Pripet bis über die Beresina hinaus breiten sich die Rokitno-Sümpfe aus, das ausgedehnteste Sumpf- und Urwald-Gebiet Europas, im Frühling einem großen Binnensee gleichend. Hier allein hat sich noch der gewaltige Wisent oder Auerochse gehalten, dem amerikanischen Bison und dem asiatischen Bäk am nächsten verwandt. Das südliche Wolynien und das Gebiet des mittleren Dnjepr, welches die größere westliche Hälfte von Kleinrußland einnimmt, gehört schon zu den reichen Acker- baulandschaften Rußlands. Smolensk, am oberen Dnjepr, alte Handelsstadt, jetzt Kreuzungspunkt der Eisenbahnlinien Moskau-Warschau und Riga-Sarepta. Kiew, 500 000 Einw., am mittleren Dnjepr, eine der ältesten Städte Rußlands, an der uralten Handelsstraße vom Schwarzen Meer zur Ostsee, Hptst. des alten russischen Reichs, Ausgangspunkt des Christentums in Ost-Europa; die Höhlenklöster Kiews, einst Sitz des russischen Metropoliten, National-Heiligtum der Russen. Als Handels- Mittelpunkt, Universität und starke Festung ist die Stadt noch jetzt von großer Bedeutung. 3. Polen ist ein Hügelland, das von dem breiten Tal der Weichsel durchschnitten wird. Diese nimmt von rechts den Bug auf. Das Land ist fruchtbar, die Südwestecke reich an Steinkohlen und Eisenerzen. In Russisch-Polen neben Ackerbau und Viehzucht auch erhebliche Industrie; daher hier die dichteste Bevölkerung innerhalb des russischen Reichs (60—70 auf 1 qkm). Warschau, an der Weichsel, ehemalige Hptst. des Königreichs Polen. 850 000 Einw., mit der Vorstadt Praga, auf dem rechten Weichselufer, starke Festung, welche den Hauptübergang über die Weichsel beherrscht; wichtiger Verkehrsmittelpunkt, polnische Universität. Die Bevölkerung aus Polen, Deutschen und Juden gemischt, Lodz, 390 000 Einw., nächst Moskau die bedeutendste Industriestadt Rußlands (Woll- und Baumwollwebereien). 4. Das Zentralrussische Plateau nimmt von den Waldai-Höhen, 350 m, nach S. zu beständig an Breite wachsend, das gesamte zentrale Ruß- land ein. Zahlreiche Flüsse nehmen auf ihm ihren Ursprung. An den Waldai- Höhen entspringen Wolga und Düna, weiter südlich Dnjepr, Moskwa, Oka und Don. Die beiden letzteren haben tiefe, aber schmale Täler. Es finden sich daher wenig große Orte an ihren Ufern, obgleich die Flüsse weit hinauf schiffbar sind. Der Don, welcher in seinem Lauf einen auffallenden Parallelismus mit dem Dnjepr zeigt, verläßt das Plateau erst kurz vor seinem großen Knie, wo er aus der südöstlichen in die südwestliche Richtung übergeht. Die Waldai-Höhen sind dicht bewaldet; auch die zunächst im 8. angrenzenden Landschaften bieten noch wenig guten Ackerboden. Hanfbau wiegt vor. Die größere südliche Hälfte des Landrückens dagegen gehört dem Tschernosem-Gebiet an und ist daher einer der fruchtbarsten und am besten bebauten Teile Rußlands. Das zentrale Plateau birgt ferner die bedeutendsten Steinkohlenlager Rußlands. Moskau, 1,6 Mill. Einw., an der Moskwa, bis zur Gründung von St. Peters- bürg die Hptst. des Russischen Reichs und der wahre Mittelpunkt desselben, an dem die wichtigsten Verkehrsstraßen sich kreuzen. Daher hat die Stadt auch nach Verlegung der Residenz an Bedeutung nicht verloren und ist stets eine der ersten Handelsstädte geblieben, obgleich sie an keinem für größere Schiffe fahrbaren Strome liegt. Sechs Elsenbahnlinien strahlen jetzt von hier nach allen Richtungen aus. Moskau ist ferner die erste Industriestadt Rußlands (Woll- und Baumwollwebereieu, Lederwaren) und die besuchteste Universität. Eine Stadt für sich bildet der von hohen Mauern um- schlössen? Kreml mit seinen zahlreichen Palästen und Kirchen mit vergoldeten Kuppeln. Nördlich der Waldai-Höhen Nowgorod, im Mittelalter ein Freistaat und die erste Handelsstadt Rußlands, wo die Kaufleute der Hansastädte russische Rohprodukte gegen deutsche Fabrikate eintauschen, jetzt von geringer Bedeutung. Charkow, 225 000 Einw., 16*

19. Länderkunde Europas mit Ausnahme des Deutschen Reiches, Die koloniale Stellung der europäischen Mächte, insbesondere des Deutschen Reiches - S. 41

1911 - Leipzig [u.a.] : Teubner
Rußland: Iii. Völkerleben und Siedelungen. 4l wir kaufen von Rußland waren im werte von über einer Milliarde: Rußland deckt 60o/o unserer Getreidezufuhr, 33% unserer Buttereinfuhr und ist unser bedeutendster Eier- lieferant (für 65 Millionen Mark). Dazu erhalten wir holz, Flachs, Hanf, Gänse, Fische, Raviar und Gold aus dem Ural. Für unsere Ausfuhr steht Rußland erst an fünfter Stelle, da es nur waren im werte von % Milliarde von uns erhält: Eisenwaren und Maschinen, Webereien und Wollgarne, Farben, chemische Produkte und zahlreiche Artikel der Runstindustrie. Ih. Line riesenhafte Kontinentalmacht mit zahlreichen ungelösten Ausgaben. Die einförmige Tieflandsnatur Osteuropas bestimmt dieses zu einem Einheitsstaat, vorübergehend (1238—1480) schien den Mongolen die Vorherrschaft zuzufallen; dann gelang es aber den slawischen Russen, die von Byzanz aus der griechischen Rirche ge- wonnen worden waren, von dem zentralen Großfürstentum Moskau aus, den Strömen zum Meer folgend, das weite Gebiet in 300jährigem Rampf gegen Schweden (Ostsee- küste), Polen, Türken und Mongolen zu vereinigen. Die versuche, sich einen günstigeren Zugang zum Meer zu eröffnen, sind zumeist mißglückt (Ronstantinopel), und auch in Asien, wo die Russen ein dreimal so großes Gebiet innehaben, besitzen sie nur ungünstige Rüsten, da sie von den Japanern wieder vom eisfreien Ozean verdrängt worden sind. So erscheint Rußland als ein gefesselter Riese. Ruch in mancher anderen Beziehung steht Rußland noch vor ungelösten Rufgaben. Obgleich es 125 Millionen zählt und damit die größte Volksmasse Europas in sich birgt, ist das Sand bei einer Dichte von 23 schwach besiedelt, ein großes Hindernis für die Erschließung der reichen Hilfsquellen, hinzu kommt die niedrige Volksbildung und die ungleiche Verteilung des Besitzes, Rußland ist seiner Rulturstufe nach ein „Halbasien". 80% der Bewohner sind Russen, die in geschlossener Masse das Binnenland bewohnen und von hier aus sich die übrigen nach Abstammung und Religion verschiedenartigen Bestandteile angegliedert haben. Indem die Russen den tieserstehenden Völkern ihre Volksart und Religion schon zum großen Teil aufgezwungen, sie „russifiziert" haben, lösten sie hier wirkliche Rulturaufgaben. Im vertrauen auf ihre große Masse und in dem Bestreben nach Ausgestaltung eines einheitlichen Volkstums mit russischer Eigenart haben sie sich auch kulturell höher stehenden Nationen gegenüber zur Unterdrückung verführen lassen. Nicht nur die feindlichen polen, sondern auch die treubewährten Deutschen und die Finnländer in verfassungsmäßig geschützter Sonderstellung haben die russische Gewaltherrschaft verspürt. Rn den Übelständen waren zum großen Teil die unglücklichen Verfassungsverhältnisse des Zarenreiches schuld, die noch durchaus in der Entwicklung zu Ordnung und Gesetzmäßigkeit begriffen sind. Ruch hat sich der russische Volkscharakter, dem es an Ausdauer und Zuverlässigkeit fehlt, noch erst an seinen großen Ausgaben heranzubilden. Dar Ostseegebiet. Die slawischen polen und Litauer, die größte Masse von Fremden, sind römisch-katholisch. In Polen wie in ganz Westrußland zahlreiche Juden (5 Millionen) in den Städten. Lodz (350 000), Webeindustrie. Warschau (750 000), Brückenstadt an der Weichsel, frühere Hauptstadt Polens. In den Gstseeprovinzen einige hunderttausend Deutsche als Großgrundbesitzer und Städter neben anderen Völkern als niederer Massen sämtlich evangelisch. Liebau (65 000), meist eisfreier Hafen. Riga (300 000), Mittelpunkt des baltischen Deutschtums, zweitwichtigste Handelsstadt der Ostsee. Dorpat (40 000), bis vor kurzem blühende deutsche Universität, jetzt russifiziert. Reval (70 000), deutsche Handels- stadt am Finnischen Meerbusen. Rn dessen innerster Stelle St. Petersburg, 1% Million, auf Sumpfboden erbaut, erste Hauptstadt mit westeuropäischem Gepräge, Sitz der Regie-

20. Grundriß der Wirtschaftsgeographie - S. 109

1913 - Leipzig [u.a.] : Teubner
Rußland 109 der Bobenbau Hülsenfrüchte, verschiedene Arten Samen, Tabak im 8 und Wein auf der Halbinsel Krim. vieviehzucht vermag ebenfalls namhafte Mengen ihrer Erzeugnisse ans Ausland abzugeben; denn sie verfügt über sechsmal soviel Pferde, doppelt soviel Rinder, viermal soviel Schafe und Ziegen, als Deutschland besitzt? aber auf hoher Stufe steht die Zucht nur im W. Die Geflügelzucht liefert jährlich für 150 Utill. Ttt. (Eier ans ausländ, fluch die Bienenzucht ist bemerkenswert und die Pelztierjagd im N bedeutend. 3n den Grenz- rneeren, den Binnenseen und Flüssen wird ein sehr ertragreicher Fischfang betrieben, auf der Wolga und dem Uralflusse insbesondere der Fang von Stör und Hausen (Kaviar- versand von Astrachan). Die riesigen Wälder Nordrußlands und Finnlands, des waldreichsten Landes Europas, bergen gewaltige Vorräte an holz, das in großen Massen ins Ausland (Deutschland) geht; doch fehlt es an verständiger Forstpflege. 2. Bergbau und Industrie. Rußland ist reich an Mineralschätzen. Der Ural liefert die größten platinmengen auf der Erde, das meiste Gold in Europa (50 000 kg); er birgt Kupfer- und Eisenerze neben Steinkohlen. Mittelrußland hat große Kohlen- lager bei Eula, dort und östlich Moskau reiche Eisenerzlager. Eisen, Kupfer und hoch- wertige Kohle werden im Donezbecken und westlich des unteren Dnjepr gefördert. Süd polen hat Anteil an den oberschlesischen Lagerstätten (Kohle, Eisen-, Zink- und Blei- erze). Diesem Reichtume entspricht vorläufig die Ausbeute nicht. Deutschlands produk- tion übertrifft die russische um ein vielfaches (Gründe?). Das durch die langen Winter begünstigte Hausgewerbe (namentlich Spinnen und Weben) ist weit verbreitet und deckt einen Teil des Inlandbedarfes, Die Fabrik- induftrie wird vom Staate durch Verkehrsbegünstigungen, Unterstützungen und hohe Zollschranken gefördert; dennoch ist die Großindustrie auf wenige Gebiete und Städte beschränkt. Die Baumwollverarbeitung ist ansässig: l.in Mittelrußland (Moskau mit weiter Umgebung); 2.in Polen (Warschau und Lodz); 3.in Petersburg (hier das größte Spinnereiunternehmen des Festlandes). Nach der Spindelzahl steht Rußland unter den europäischen Ländern an dritter Stelle. — hausgewerbliche Wollindustrie tritt im 8 hervor (Schafzucht), Leinenindustrie im X (Flachsbau). Die Großeisenindustrie knüpft an den Bergbau an und ist daher bedeutsam I. im Donezbecken und dem benachbarten Odessa; 2. in Mittelrußland (Moskau und Tula, hier auch Feinmetallindustrie); 3. im Ural. Zudem gewinnt sie in den westruf- fischen Großstädten Warschau, Lodz, Riga und Petersburg immer mehr an Umfang. Unter den anderen Industrien sind die wichtigsten: die Lederindustrie, die Herstellung von Gummischuhen, die Spiritusbrennerei, die Mühlenindustrie (Nischni Nowgorod). 3.Handel und Verkehr. Rußland verfügt über verhältnismäßig wenig Eisen- bahnen; denn die Gesamtlänge der deutschen Bahnen übertrifft die der russischen. Weite Landgebiete sind ohne Schienenwege, namentlich der ärmliche Nordosten. Um so mehr tritt die Bedeutung der Flußwege und Landstraßen hervor; da auch letztere einfachen Anforderungen kaum genügen, ist der Winter die Hauptreisezeit. An den Kreuzungs-