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1906 -
Berlin
: Klinkhardt
- Autor: Sandt, Hermann, Jütting, Wübbe Ulrich, Heinemann, Karl, Weber, Hugo
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
502
mit der Fackel in der Faust, das Geschütz die steilen Abhänge hinauf;
und als der nebelgraue Morgen des 14. Oktobers anbrach, hielt der
Imperator schon den sichern Sieg in Händen. Wie sollte dieser
Bruchteil der preußischen Armee sich gegen das französische Hauptheer
behaupten, das jetzt mit erdrückender Übermacht von den beherrschenden
Höhen aus den Angriff begann?
Die Franzosen beflügelte das kriegerische Feuer junger, sieg-
gewohnter Führer, die Verbündeten lähmte die Bedachtsamkeit ihrer
hilflosen alten Stabsoffiziere, und als nun in der frühen Herbstnacht
der Rückzug gegen Weimar angetreten wurde, da zerrissen die letzten
sittlichen Bande, welche das Heer noch zusammenhielten. Taub gegen
die Mahnungen ungeliebter Führer, dachte der Soldat nur an sich
selber. In einem unförmlichen Klumpen wälzten sich die Trümmer
der Bataillone und Batterien, dazwischen eingekeilt der unendliche
Troß, über die Hochebene dahin; jeder Hornruf des nachsetzenden
Feindes steigerte die Verwirrung, weckte die gemeine Angst um das
Leben. „Das waren Greuel," sagt Gneisenau, dieser fürchterlichen Nacht
gedenkend, „tausendmal lieber sterben, als das noch einmal erleben!"
3. Gleichzeitig erfocht Davoust einige Meilen flußab einen un-
gleich schwereren Sieg über die preußische Hauptarmee. Er zog auf
der Straße von Naumburg westwärts, um den Preußen den Weg
zur Elbe zu verlegen. Als seine Kolonnen am Morgen des Vier-
zehnten soeben aus dem Kösener Engpässe auf die wellige Hochfläche
hinaufgerückt waren, die bei Auerstädt steil über dem linken Saalnfer
emporsteigt, da stießen die beiden Heere plötzlich im dichten Nebel
aufeinander, beide im Marsch, beide des Kampfes nicht gewärtig, die
Preußen hier an Zahl dem Feinde reichlich gewachsen.
Schon während der ersten Stunden der Schlacht wurde der
Herzog von Braunschweig tödlich verwundet; das preußische Haupt-
heer blieb in den entscheidenden Augenblicken ohne Oberbefehl. Wohl
drang Scharnhorst mit dem linken Flügel siegreich vor; aber es ge-
lang dem Feinde, den rechten Flügel zu werfen, und nun mußte auch
Scharnhorst weichen. In leidlicher Ordnung ging das Heer zurück,
um weiter westlich gegen Norden abzubiegen und den Weg über
Sangerhausen nach Magdeburg einzuschlagen.
4. Dieselbe Rückzngsstraße hatte auch Hohenlohe von Weimar
aus genommen, und jetzt erst, da die beiden geschlagenen Heere im
Dunkel der Nacht aufeinander trafen, ward der Schrecken allgemein
und die Hauptarmee in die Zerrüttung des Hohenloheschen Korps
mit hineingerissen. Die Mannschaft sah stumpf und teilnahmlos den
1906 -
Halle a.S.
: Schroedel
- Autor: Wulle, Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Seminar, Lehrerbildungsanstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 236 —
Siegelungen. Es ist eine eigentümliche Erscheinung, daß der
c;ewerbtätige Thüringerwald dichter bevölkert ist als sein s.-es Vor-
land und das Thüringer Bergland. Zwar sind die Städte klein,
sind aber durch ihre Eisenwaren, wie Schmalkalden (Reg.-Bez.
Kassel) und Suhl (Reg.-Bez. Ersurt) sowie durch ihre Hvlzwaren,
wie Sonneberg, nennenswert. Im s.-en Vorlande liegt schon im
Maingebiet die Residenz Coburg, von der Feste Coburg überragt;
nach W. folgt auf das durch seine Holzwarenindustrie bekannte
Hildburg hausen die Residenz Meiningen, beide an der
Werra.
Das Thüringer Bergland weist zwar außerordentlich zahlreiche
städtische Niederlassungen aus; aber die meisten sind bei der vor-
herrschend Ackerbau treibenden Bevölkerung klein. Größer sind die
an der s.-en und n.-en Verkehrslinie liegenden Orte. Erfurt, im
Herzen Thüringens, ist beinahe zur Großstadt (90000 Einw.) an-
gewachsen. Schon zu Karls des Großen Zeit ein wichtiger Handels-
platz, ist es heute ein Sammelpunkt des Verkehrs sowie ein Sitz
vielseitiger Industrie und bedeutender Gemüse- und Handelsgärtnerei.
Am Eintritt der Straße in Thüringen Eisen ach, überragt von der
an Erinnerungen reichen Wartburg; darauf folgt die Residenz
Gotha, eine wichtige Stätte des Buchhandels, ö. von Erfurt das
„Ilm-Athen", Weimar, die Schaffensstätte der deutschen Dichter-
Heroen. In neuerer Zeit hat sich das gewerbtätige Apolda, der
Sitz mannigfacher Webereien, dieser Reihe von Mittelstädten an-
gefügt.
An der n.-en Straßenlinie liegt in der „Goldenen Aue" das
betriebsame Nordhausen; weiterhin die Lutherstadt Eisleben, der
Sitz der „Mansseldischen kupferschieferbauenden Gesellschaft".
Zwischen den beiden Straßenzügen erreicht nur noch das ge-
werbreiche Mühl Hausen den Rang einer Mittelstadt, während die
Westdenz Sondershausen zu den Kleinstädten zählt.
Eine wichtige Städtereihe begleitet den Lauf der Saale. Am
Austritt dieses Flusses aus dem eng gewundenen Gebirgstal Saal-
feld (1806!), weiter abwärts die sreundliche Residenz Rudolstadt,
innerhalb der Muschelkalkplatte die Universitätsstadt Jena (1806!);
der Unstrutmündung gegenüber Naumburg; dicht oberhalb Schul-
pforta und in einer Talenge das Solbad Kösen. Durch seine
Braunkohlenindustrie hat Weißenfels die Regierungsbezirkshaupt-
stadt Merseburg überflügelt. Als Großstadt folgt Halle (174 T.
E.), ebensosehr durch seine Salzgewinnung und Industrien wie durch
seine Bildungsanstalten (Universität!) wichtig.
Im Harz bieten die engen Täler für Siedelungen wenig Raum;
diese finden sich entweder auf der rauhen Hochfläche oder am Aus-
gange der Täler. Dem Erzreichtum des Oberharzes verdanken die
sieben hannoverschen Bergwerkstädte, sämtlich Kleinstädte, ihr Dasein;
1916 -
Erfurt
: Keyser
- Autor: Sander, Egmont
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Erfurt
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 149 —
ab. Nach Süden läuft die Landstraße nach Arnstadt. Von ihr trennt
sich am Waldschlößchen die Landstraße nach Stadtilm ab. Westlich ver-
mittelt die Straße nach Gotha den Verkehr. Nach Norden aber zieht,
gleichlaufend mit der Wilden Gera, die Straße nach Nordhausen. Bei
Andisleben löst sich von ihr die Landstraße nach Langensalza ab. Von
ihr zweigt sich wieder bei Dachwig eine Straße nach Gotha ab. Der
Schmalen Gera folgt die Straße nach Haßleben. Sie nimmt in Erfurt-N.
ihren Anfang. Außerdem beginnen hier die Straßen nach Sangerhausen
und Schwerborn. Sie und die nach Haßleben verbinden Erfurt nur mit
den genannten Dörfern, während die andern nach Weimar, Kranichfeld,
Stadtilm, Gotha, Nordhausen und Sangerhausen laufen und dort an
andere Straßen anschließen.
Eisenbahnen. Unter den neuzeitlichen Verkehrsmitteln stehen an
erster Stelle die Eisenbahnen. Den Landkreis berühren:
1. Die Eisenbahn Frcmkfnrt-Berlin (Eisenach-Weimar).
Zwischen Erfurt und Weimar wurde die Strecke am I.april 1847,
zwischen Erfurt und Gotha am 2. Mai 1847 eröffnet. Im Land-
kreis berührt sie nur die Fluren von Hochheim und von Wanders-
leben, wo 1885 eine Haltestelle errichtet wurde.
2. Die Eisenbahn Erfurt-Nordhausen.
Sie wurde 1869 eröffnet und brachte den Geradörfern des Land-
kreises große Verkehrserleichterungen.
3. Die Eisenbahn Erfurt-Sangerhansen.
Sie wnrde 1880 eröffnet und berührt nur den Stadtkreis.
4. Die Eisenbahn Erfnrt-Langensalza.
Sie wurde 1897 eröffnet und benutzt bis Kühnhausen den
Schienenstrang Erfurt-Nordhausen.
5. Die Eisenbahn Erfnrt-Ritschenhansen.
6. Die Eisenbahn Erfurt-Saalfeld.
7. Die Eisenbahn Erfurt-Themar.
Die drei letzten Strecken berühren im Landkreis nur die Hoch-
heimer Flur.
Verwaltung. Der Kreis zerfüllt in 13 Amtsbezirke. Jeder Bezirk
besteht aus einer oder mehreren Landgemeinden. An ihrer Spitze steht
der Gemeindevorstand. Er wird zusammengesetzt aus dem Gemeinde-
Vorsteher oder Schulzen und mehreren Schöpften oder Schöffen. Sie
werden von der Gemeindeversammlung gewählt und vom Landrat bestätigt.
An der Spitze des Amtsbezirks steht der Amtsvorsteher. Ihm zur Seite
steht ein Amtsausschuß, gewählt aus den Vertretern der einzelnen Dorf-
gemeinden. Der Amtsvorsteher wird von: Oberpräsidenten der Provinz
nach Vorschlägen des Kreistages ernannt. Die Verwaltung des Kreises
leitet der Landrat. Er wird vom König ernannt. Der Landrat hat
neben sich den Kreistag. Er wird gebildet aus 25 gewählten Abgeord-
neten, tritt aber nur vou Zeit zu Zeit zu gemeinsamer Arbeit zusammen.
Darum ist aus ihm ein Kreisausschuß von 6 Mitgliedern gewählt worden.
1918 -
Berlin [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Fischer, Heinrich, Geistbeck, Alois, Geistbeck, Michael
- Auflagennummer (WdK): 12
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1906
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Europa
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Dal Deutsche Reich. 59
zur Saale geht. Nur ein kleiner Teil des Gebietes im Westen entwässert zur Leine,
einem Nebenflusse der Aller. Reiche Bewässerung, fruchtbarer Boden und in den
tieferen Teilen mildes Klima machen Thüringens Hochfläche zu einem gesegneten
Land des Ackerbaues. Seine Kornkammer ist die „Goldene Aue", an deren süd-
lichem Saum der Kyffhäuser mit dem Kaiser Wilhelmdenkmal auftagt.
Gewerbe der Hochfläche. Zur Ernährung der dichten Bevölkerung
reicht der Ackerbau nicht aus; daher hat sich in den zahlreichen thüringischen
Städten auch noch eine mannigfache Industrie entfaltet. Gotha erzeugt vor-
treffliche Landkarten, Apolda hat Strumpfwirkereien, Jena verfertigt optische
Instrumente. (Vgl. unten: Siedelungen.)
2. Der Harz (f. S. 58). Er hält dieselbe Richtung ein wie der Thüringer
Wald, überragt diesen nur um rund 100 m (Brocken 1100 m), trägt das gleiche
prächtige Waldkleid und birgt wie jener wertvolle Mineralschätze in seinem Schöße.
In seiner Hauptmasse besteht er aus Schiefergestein, das von Granit durch-
brochen wird. Harz und Thüringer Wald haben also große Ähnlichkeit; doch
bildet der Harz ein länglich rundes Massengebirge. ^)
Waldwirtschast, noch mehr aber Bergbau auf Silber, Kupfer, Blei und
Eisen find von alters her die Hauptbeschäftigung der Harzers) Von den sieben
Bergstädten des Harzes ist Klausthal die bedeutendste.
Politische Einteilung und Siedelungen. Den größten Anteil an den
thüringischen Landen hat
1. das Königreich Preußen mit der Provinz Sachsen. Im Herzen Thüringens
liegt Erfurt, 110000 Entw., die größte Stadt Thüringens, mit berühmten Handels-
gärtnereien. In der „Goldenen Aue" ist Nordhausen, bekannt durch seinen Korn-
branntwein. An der Saale liegen Naumburg, Merseburg und Halle, dieses
eine Universitätsstadt mit 180000 Einw.; in der Nähe finden sich Salz- und Braun-
kohlenlager.
Die übrigen thüringischen Staaten sind folgende:
2. und 3. die beiden Fürstentümer Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarz-
bürg - Sondershausen mit den Residenzstädten Rudolstadt an der Saale und
Sondershausen, südöstlich von Nordhausen;
4. das Großherzogtum Sachsen-Weimar. Hauptstadt Weimar; Jena ander
Saale; am nordwestlichen Ende des Thüringer Waldes E i s e n a ch mit der Wartburg;
5. das Herzogtum Sachsen-Koburg-Gotha. Hauptstadt Gotha; südlich des
Thüringer Waldes Koburg mit Schloß;
6. das Herzogtum Sachsen - Meiningeu. Auf der Südseite des Thüringer
Waldes Meiningen an der Werra, Hauptstadt.
Am Harz haben drei Staaten Anteil: das Königreich Preußen und die
Herzogtümer Braunschweig und Anhalt.
Die Thüringischen Lande find politisch a« «eisten zersplittert.
l) Gebirge, deren Erhebungen eine mehr kreisförmige oder gar keine bestimmte An-
ordnung erkennen lassen, nennt man Massengebirge. Die Massengebirge bilden den
Gegensatz zu den langgestreckten Kettengebirgen.
') Daraufhin zielt des Harzers Spruch: „Es grüne die Tanne, es wachse das Erz,
Gott gebe uns allen ein fröhliches Herz!"
1911 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Ketzer, Arthur
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Realschule, Oberrealschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Realschule, Oberrealschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
— 132 —
In der Thüringer Mulde, die sich vom Eichsfeld bis zur Saale allmählich verbreitert, ist der Gegensatz zwischen den meist aus Muschelkalk bestehenden und daher trocknen Höhen und den fruchtbaren wannenartigen Tälern ausgeprägt: Eichsfeld, Hainich, Hainleite und Finne sind spärlich besiedelt und vorzugsweise mit Wald bedeckt; in den Niederungen ergiebiger Getreide-- und Gartenbau: bedeutende Blumen- und Gemüsezncht, besonders in dem Talkessel von Erfurt, das den Mittelpunkt des thüringischen Landes bildet. An der untern Unstrut bei Freyburg und an der Saale bei Naumburg wird sogar Wein gebaut. Ju vielen der zahlreichen Mittelstädte Thüringens haben sich auch mancherlei Gewerbe entwickelt, so in Nordhausen (siehe oben) die Kornbranntweinbrennerei, in Apolda die Strumpfwirkerei, iu Mühlhausen (an welchem Fluß gelegen?) und Langensalza die Weberei, in Jena die Herstellung seiner optischer Instrumente. in Gotha die Kartographie.
Der Hauptverkehr folgt nicht dem Fluß der Mitte, der Unstrut, weil diese starke Biegungen macht, sondern zieht am Nord- und Südraude der Landschaft entlang. Der nördliche Weg führt (von Kassel) über Nordhausen und Eis leben nach Halle, der füdliche verbindet Eisenach, Gotha, Erfurt und Weimar; hier tritt eine Teilung ein: die Haupteisenbahn zieht im Ilm- und Saaletal über Apolda, Naumburg und Weißenfels nach Halle (oder Leipzig); eine andere stellt über die Universitätsstadt Jena und die Industriestadt Gera die Verbindung mit dem mittlern Sachsen her. Bei Gotha vereinigt sich mit dem südlichen Weg der über Göttingen. Mühlhausen und Langensalza von den Nordseehäfen kommende Verkehr; bei Erfurt kreuzt ihn die Eisenbahn von Magdeburg und vom Harz nach der Werra- und Maingegend.
Mancher Ort der thüringischen Landschaft weckt welt- und literargeschichtliche Erinnerungen oder ist durch die Sage verherrlicht worden: die Wartburg unter den thüringischen Landgrafen und als Aufenthalt Luthers; Weimar zur Zeit Goethes, Schillers und anderer Dichter; die Schlachtfelder an der Unstrnt, bei Saalfeld, Jena und Langensalza; der Kysshänser.
Zur Einprägnng der politischen Verhältnisse Thüringens vergl. S. 30.
5. Die drei Höhenzüge des Fichtelgebirges, die hufeisenförmig das wellige Quellgebiet der Eger einschließen, bestehen vorzugsweise aus Granit, der viel-sach als Baustein verwendet wird; die feinern politurfähigen Arten gebraucht man zu Sockelu von Denkmälern. Durch das nur spärlich bewohnte Gebirge zieht die Bahn von Leipzig über Hof nach München; die nach Nürnberg umgeht es.
6. Im Königreich Sachsens bildet das Elstergebirge den Übergang zwischen Fichtelgebirge und Erzgebirge; das Elbsandsteingebirge ist zwischen Erzgebirge und Lausitzer Gebirge (beide älter als das Elbsandsteingebirge) eingekeilt. Die Vorhöheu des Elster-, Erz- und Lausitzer Gebirges gehen ganz allmählich in das nördliche Tiefland über, das im Gebiete der Elster weit nach 8 vordringt (sächsisch-thüringische oder Leipziger Tieslandsbucht).
A. Das Elstergebirge bildet mit feiner nördlichen Abdachung das Vogtland. Diesen Namen erhielt das Land, weil es als wichtiges Übergangsgebiet
!) Wenn die Zeit eine noch eingehendere Behandlung gestattet, sind die Ausführungen in § 8 zu berücksichtigen.
1880 -
Heidelberg
: Winter
- Autor: Dittmar, Heinrich
- Hrsg.: Abicht, Karl Ernst
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
332 Kap. 36. § 215. Landgraf Philipps Unterwerfung u. Haft.
So ging die Kur von der ernestinischen Linie auf die albertinische über*). Doch mußte Moritz den Kindern Johann Friedrichs ein jährliches Einkommen von 50,000 Gulden und einen Teil des Landes mit Weimar, Jena, Eisenach, Gotha und anderen Orten zum Unterhalt überlassen, woraus nachher die jetzigen sächsischen Herzogtümer entstanden sind. Der gefangene Kurfürst wurde übrigens sehr milde gehalten, denn Karl suchte auf alle Weise seinem Verfahren das Gehässige zu benehmen um sich die verscherzte Gunst der Protestanten wieder zu gewinnen. So gab er die Versicherung, daß den Einwohnern Wittenbergs ihre Habe und ihre ungestörte Religionsfreiheit gelassen werden sollte; auch gab er ihnen auf ihren Wunsch keine Spanier (vor deren Grausamkeit man sich allgemein fürchtete), sondern Deutsche zur Besatzung. Und als er bet seiner Anwesenheit in Wittenberg hörte, daß man seinetwegen den protestantischen Gottesdienst in der Schloßkirche eingestellt habe, gab er sein Misfallen darüber zu erkennen, und Bugenhagen mußte wieder predigen. Als man dem Kaiser in der Schloßkirche Luthers Grab zeigte, und Alba und andere ihm rieten, die Gebeine dieses Erzketzers verbrennen zu lassen, erwiderte er: „Laßt ihn ruhen! er hat seinen Richter schon gefunden; ich führe Krieg mit den Lebenden, nicht mit den Toten!" — Ohnedies hatte sich ihm von dem Leben der Evangelischen während seines Aufenthalts in Sachsen eine ganz andere Vorstellung aufgedrängt, so daß er bei seinem Abzug sagte: „Wir Habens in diesen Landen ganz anders gefunden, als uns gesagt worden ist."
215. Auf die Nachricht von der Unterwerfung Wittenbergs ging auch das Heer der niedersächsischen Bundesglieder auseinander; eines nach dem andern unterwarf sich dem Kaiser, nur Magdeburg widerstand seiner Aufforderung. Um sich nicht aufzuhalten, überließ der Kaiser die Bezwingung dieser Stadt ihrem neuen Landesherrn, ohne zu ahnen, daß er das unbe-zwnngene Magdeburg als „einen Dorn in seinem Fuß stecken ließ, der ihm nachher sehr schmerzhaft werden sollte". Hierauf hielt der Kaiser seinen Einzug in Halle, das 200,000 G. Kriegskosten erlegen mußte.
Nun sollte auch das andere Bundeshaupt, der Landgraf Philipp von Hessen, gedemütigt werden. Der Kaiser, der beschlossen hatte, sich entweder der Person desselben zu bemächtigen oder ihn aus dem Lande zu jagen, forderte von ihm Unterwerfung auf Gnade und Ungnade, fußfällige Abbitte, Schleifung aller seiner Festungen bis auf Kassel oder Ziegenhain, Zahlung von 150,000 Goldgulden und Freigebung Herzog Heinrichs von Braunschweig.
Da Philipp auf diese schweren Bedingungen nicht eingehen, besonders sich dem Kaiser nicht persönlich in die Hände geben wollte, so erhielt Moritz den Auftrag, seinen Schwiegervater zur Unterwerfung zu bewegen. Weder Moritz, noch Kurfürst Joachim glaubten, daß der Kaiser zur persönlichen Haft schreiten werde, erstens weil ihnen des Kaisers Räte mündlich die Versicherung gaben, daß der Landgraf weder an Leib, noch an Gut geschädigt, noch mit Gefängnis beschwert werden solle; sodann weil Ferdinand ein sicheres Geleit mündlich zugestand, nur es nicht selbst übernehmen wollte; endlich weil der Kaiser selbst versprach, nach der Abbitte einen Sühnebrief zu geben.
Auf diese mündlichen Versicherungen trauend gaben beide Fürsten dem Landgrafen einen kaiserlichen Kapitulationsentwurf, in welchem zwar von einer Versicherung der Nichtverhaftung nichts stand; dessen ungeachtet glaubten sie, sich für ein „freies, sicheres, ehrliches, ungefährliches Geleit" verbürgen zu können.
*) Die erncstinische und albertinische Linie:
Kurfürst Friedrich Ii. 1428—1464.
<—• —A--------------------------------------------------------—
Kurfürst Ernst, f 1486. Herzog Albert, + 1510.
Kurfürst Friedrich Iii Kurs. Johann, Herzog Georg. Herzog Heinrich, der Weise, + 1525. f 1532. |
| Kurfürst Moritz,
Kurf. Johann Friedrich 1547—1553.
bis 1547.
1914 -
Halle a.d.S.
: Schroedel
- Autor: Heine, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Nordhausen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 114 —
April 1813 zeigten sich bei uns schon wieder preußische Soldaten. Am
12. April rückte der preußische Husarenwachtmeister Weiß mit drei Hu-
saren in Nordhausen ein; und diese vier Mann traten so keck auf, daß
der westfälische Platzkommandant sich gefangen nehmen ließ und die
ganze westfälische Besatzung durch das Grimmeltor ans der Stadt floh.
Freilich mußten die vier kühnen Husaren am folgenden Tage Nord-
hausen wieder verlassen, da 200 westfälische Reiter ankamen, um die
Herrschaft Jeromes wieder zu besestigen. Kaum waren diese wieder
abgezogen, da rückten am 15. April, es war der Gründonnerstag,
auch fchon Russen in die Stadt ein. In der Nacht zum 17. April
zogen diese in der Richtung nach Bleicherode zu weiter, wo die west-
sälischen Reiter in Garnison standen. Diese waren ebenfalls gegen
Nordhausen vorgerückt und am frühen Morgen des 17. April kam es
zwischen Russen und Westfalen auf dem Schern zu einem Gefecht. Als
die westfälischen Reiter sorglos von Pustleben her über den Berg kamen,
stürzten sich die Russen, die in einer Senkung versteckt gelegen hatten,
auf sie, nahmen 103 westfälische Reiter mit 4 Offizieren gefangen und
brachten sie nach Nordhausen. An demselben Tage machte der russische
General bekannt, daß nachmittags 3 Uhr aus dem Kornmarkt ein west-
fälifcher Spion (der bucklige Schneider Hartmann aus Ellrich) erschossen
werden sollte. Auf Fürsprache des Superintendenten Förstemann zu
Nordhausen, der nachwies, daß der Schneider kein Spion, sondern vom
Magistrat zu Ellrich abgeschickt worden sei, um Erkundigungen ein-
zuziehen, wurde der Unglückliche begnadigt; nur eine fürchterliche Tracht
Prügel bekam er. Am 20. April marschierten die Russen wieder von
Nordhausen ab und nahmen dabei die westfälische Steuerkasse mit. Von
der westfälischen Regierung wurde die Bürgerschaft Nordhausens schars
getadelt, daß sie die Russen zu freundlich ausgenommen hätten. Auch
der König Jerome, der anfangs Juli (3. oder 4. Juli) Nordhausen
besuchte, war darüber sehr ungnädig. Besonders hatte man es auf
einige einflußreiche Personen in den Dörfern bei Nordhausen ab-
gesehen, weil sie als Preußenfreunde bekannt waren und ihre Vater-
ländische Gesinnung nicht genug verbergen konnten; sie wurden am
16. Mai als Gefangene nach Kassel abgeführt. Dies Schicksal tras
die Pastoren Plieth zu Salza, Panse zu Hasserode und Bötticher zu
Pützlingen, ebenso auch den Oberamtmann Tauber Zu Wollersleben
und den Förster Kleemann zu Salza. Pastor Plieth erfuhr in Kassel
eine unmenschliche Behandlung. Im Sträflingsanzug wurde er bei
knapper Kost im Gefängnis festgehalten und endlich zum Tode ver-
urteilt. Da nahte unerwartet die Rettung. Wenige Tage vor der fest-
gesetzten Erschießung erschien plötzlich ein russisches Reiterheer vor Kassel.
König Jerome entfloh, und in der Verwirrung, die in Kassel herrschte,
gelang es Pastor Plieth zu entkommen. Im Sträflingsanzug^ machte
er den Weg von Kassel nach Salza zu Fuß. Wund und todmüde kam
er hier an. In den ersten Tagen hielt er sich noch verborgen, denn
1910 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Gieseler, Albert, Schulze, Hermann, Borchers, Emil, Baade, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 18
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Ii
30
2. Die Provinz Sachsen.
Ein großer Teil des Thüringer Hügellandes gehört zur Provinz Sachsen und
zwar zum Regierungsbezirk Erfurt. In der Goldenen Au liegt das durch
seine Branntweinbrennereien bekannte Nordhausen. Die bedeutendste Stadt des
Eichsfeldes ist Mühlhausen. Die Hauptstadt des Regierungsbezirkes, das blumen-
reiche Erfurt (S. 28), liegt zwischen Weimar und Gotha. Suhl ist durch seine
Waffenindustrie bekannt. Der andere Teil der Provinz Sachsen, bestehend aus den
Regierungsbezirken Magdeburg und Merseburg, umfaßt das nördlich vom
Thüringer Hügelland sich erstreckende Tiefland am Unterlauf der Saale, Mulde
und zu beiden Seiten der Elbe. Das fruchtbarste Stück ist die Magdeburger
Börde, die sich zwischen Ohre und Saale bis in die Nähe des Harzes ausbreitet.
Sie ist ein Marschland, entstanden durch große Überschwemmungen. Der Acker
ist hier äußerst fett und besteht vorzugsweise aus schwerem, schwarzem Lehmboden.
Bäume sieht man meist nur an den Chausseen. Das Korn wird so hoch, daß
ein Reiter zu Pferde darin verschwindet. Rüben und Zichorien, die hier in großer
Üppigkeit wachsen, haben eine Menge Zucker- und Zichorienfabriken entstehen
lassen. Dazu hat die Börde auch mehrere ergiebiege Braunkohlen- und Salz-
werke. Überall herrscht daher der größte Wohlstand. Hiervon zeugen auch die
großen Dörfer mit ihren stattlichen Bauernhäusern.
Im Mittelpunkte der Börde liegt Magdeburg (240 T.), an der wichtigsten
Handelsstraße zwischen dem Osten und Westen unseres Vaterlandes. Magdeburg
ist die einzige Festung im Innern Preußens. Hohe Wälle, tiefe Grüben und
viele Außenfestungen schirmen die Stadt. Durch ihre vielen Eisenbahnverbin-
dungen ist sie auch die erste Handelsstadt der Provinz geworden.
Die Ertragfähigkeit des Bodens wird erheblich gesteigert durch die Anwendung der
künstlichen Düngemittel der Kalisalze, die hier in der Ebene die häufig vorkommenden
Steinsalzlager bedecken. Unter allen europäischen Salzbergwerken nimmt das Staßfurter
a. d. Bode den ersten Rang ein. In einer Tiefe von etwa 300 m stößt man hier auf
ein Salzlager, das eine Mächtigkeit von über 400 m hat. Die obersten Schichten bestehen
aus einem bunten Gemisch von Stein-, Bitter-, Kali- u. a. Salzen. Unter diesen ruht
das reine Steinsalz. Die wertvolleren Salze sind jedoch jene Kalisalze, die man bei der
Düngung und im chemischen Gewerbe verwertet. Die Salze werden durch Sprengungen
losgelöst und dann in Kasten mittels eines Gewindes zutage gefördert. Das Steinsalz
wird gemahlen und als Tafelsalz sofort in den Handel gebracht. Die sogenannten
Abraumsalze werden in den verschiedenen chemischen Fabriken Staßfurts verarbeitet.
Die hier gewonnenen Kalisalze sind nicht bloß in ganz Europa, sondern selbst auf den
Kaffeepflanzungen Brasiliens und Ceylons sehr begehrte Düngemittel. Reiche Salz-
quellen finden sich noch bei Schönebeck und Halle.
Das Herzogtum Anhalt (2300 qkm, 328 T.) trennt den nördlichen Teil
des Tieflandes der Provinz Sachsens von dem südlichen.
Die Hauptstadt des meist fruchtbaren Landes ist Dessau (60 T.) an der Mulde, mit
reizenden Gartenanlagen und waldreicher Umgebung. Ein Denkmal der Stadt erinnert
an den „alten Deffauer", den Sieger von Kesselsdorf. Andere Städte sind: Lothen»
Lernburg» Gerbst. Am Unterharz liegt Ballenstedt, der Stammsitz Albrechts des Bären.
Im südlichen Teile des Tieflandes der Provinz Sachsen, im Regiernngsbezirk
Merseburg sind die Gestlde an der Saale und dem linken Üser der Mulde fruchtbar,
während im östlichen Teile Sand- und Sumpfgebiete sich ausdehnen. Zwischen
Naumburg und Weißenfels sind die hügeligen Ufer der Saale mit Weinreben be-
1908 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Baade, Friedrich, Borchers, Emil, Gieseler, Albert
- Auflagennummer (WdK): 86
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
2. Di« Prwiaj Sachfen.
Ein großer Teil des Thüringer Hügellandes gehört zur Provinz Sachsen und
zwar zum Regierungsbezirk Erfurt. In der Goldenen Au liegt das durch
seine Branntweinbrennereien bekannte Nordhausen. Die bedeutendste Stadt des
Eichsfeldes ist Mühlhausen. Die Hauptstadt des Regierungsbezirkes, das blumen-
reiche Erfurt (S. 28), liegt zwischen Weimar und Gotha. Suhl ist durch seine
Waffenindustrie bekannt. Der andere Teil der Provinz Sachsen, bestehend aus den
Regierungsbezirken Magdeburg und Merseburg, umfaßt das nördlich vom
Thüringer Hügelland sich erstreckende Tiefland am Unterlauf der Saale, Mulde
und zu beiden Seiten der Elbe. Das fruchtbarste Stück ist die Magdeburger
Börde, die sich zwischen Ohre und Saale bis in die Nähe des Harzes ausbreitet.
Sie ist ein Marschland, entstanden durch große Überschwemmungen. Der Acker
ist hier äußerst fett und besteht vorzugsweise aus schwerem, schwarzem Lehmboden.
Bäume sieht man meist nur an den Chausseen. Das Korn wird so hoch, daß
ein Reiter zu Pferde darin verschwindet. Rüben und Zichorien, die hier in großer
Üpp'gkeit wachsen, haben eine Menge Zucker- und Zichorienfabriken entstehen
lassen. Dazu hat die Börde auch mehrere ergiebiege Braunkohlen- und Salz-
werke. Überall herrscht daher der größte Wohlstand. Hiervon zeugen auch die
großen Dörfer mit ihren staatlichen Bauernhäusern.
Im Mittelpunkte der Börde liegt Magdeburg (240 T.), an der wichtigsten
Handelsstraße zwischen dem Osten und Westen unseres Vaterlandes. Magdeburg
ist die einzige Festung im Innern Preußens. Hohe Wälle, tiefe Gräben und
viele Außenfestungen schirmen die Stadt. Durch ihre vielen Eisenbahnverbin-
dungen ist sie auch die erste Handelsstadt der Provinz geworden.
Die Ertragfähigkeit des Bodens wird erheblich gesteigert durch die Anwendung der
künstlichen Düngemittel der Kalisalze, die hier in der Ebene die häufig vorkommenden
Steinsalzlager bedecken. Unter allen europäischen Salzbergwerken nimmt das Stamurler
a. d. Bode den ersten Rang ein. In einer Tiefe von etwa 300 m stößt man hier auf
ein Salzlager, das eine Mächtigkeit von über 400 m hat. Die obersten Schichten bestehen
aus einem bunten Gemisch von Stein-, Bitter-, Kali- u. a. Salzen. Unter diesen ruht
das reine Steinsalz. Die wertvolleren Salze sind jedoch jene Kalisalze, die man bei der
Düngung und im chemischen Gewerbe verwertet. Die Salze werden durch Sprengungen
losgelöst und dann in Kasten mittels eines Gewindes zutage gefördert. Das Steinsalz
wird gemahlen und als Tafelsalz sofort in den Handel gebracht. Die sogenannten
Abraumsalze werden in den verschiedenen chemischen Fabriken Staßfurts verarbeitet.
Die hier gewonnenen Kalisalze sind nicht bloß in ganz Europa, sondern selbst auf den
Kaffeepflanzungen Brasiliens und Ceylons sehr begehrte Düngemittel. Reiche Salz-
quellen finden sich noch bei Schönebeck und Halle.
Das Herzogtum Anhalt (2300 qkm, 328 T.) trennt den nördlichen Teil
des Tieflandes der Provinz Sachsens von dem südlichen.
Die Hauptstadt des meist fruchtbaren Landes ist 0est»u (60 T.) an der Mulde, mit
reizenden Gartenanlagen und waldreicher Umgebung. Ein Denkmal der Stadt erinnert
an den „alten Dessauer", den Sieger von Kesselsdorf. Andere Städte sind: Kolken,
Sernburg, Lerbll. Am Unterharz liegt Ballenstedt, der Stammsitz Albrechts des Bären.
Im südlichen Teile des Tieflandes der Provinz Sachsen, im Regierungsbezirk
Merseburg sind die Gefilde an der Saale und dem linken Üfer der Mulde fruchtbar,
während im östlichen Teile Sand- und Sumpfgebiete sich ausdehnen. Zwischen
Naumburg und Weißenfels sind die hügeligen Ufer der Saale mit Weinreben be--
1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Hrsg.: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
die Trümmer der Bataillone und Batterien, dazwischen eingekeilt
der unendliche Troß, über die Hochebene dahin; jeder Hornruf
des nachsetzenden Feindes steigerte die Verwirrung, weckte die
gemeine Angst um das Leben. „Das waren Greuel,“ sagt Gneisenau,
dieser fürchterlichen Nacht gedenkend, „tausendmal lieber sterben,
als das noch einmal erleben!“
Gleichzeitig erfocht Davoust einige Meilen flußab einen ungleich
schwereren Sieg über die preußische Hauptarmee. Er zog auf der
Straße von Naumburg westwärts, um den Preußen den Weg zur
Elbe zu verlegen. Als seine Kolonnen am Morgen des Vierzehnten
soeben aus dem Kösener Engpässe auf die wellige Hochfläche hinauf-
gerückt waren, die bei Auerstedt steil über dem linken Saaleufer
emporsteigt, da stießen die beiden Heere plötzlich im dichten Nebel
aufeinander, beide im Marsch, beide des Kampfes nicht gewärtig,
die Preußen hier an Zahl dem Feinde reichlich gewachsen.
Schon während der ersten Stunden der Schlacht wurde der
Herzog von Braunschweig tödlich verwundet; das preußische Haupt-
heer blieb in den entscheidenden Augenblicken ohne Oberbefehl.
Wohl drang Scharnhorst mit dem linken Flügel siegreich vor; aber
es gelang dem Feinde, den rechten Flügel zu werfen, und nun
mußte auch Scharnhorst weichen. In leidlicher Ordnung ging das
Heer zurück, um weiter westlich gegen Norden abzubiegen und
den Weg über Sangerhausen nach Magdeburg einzuschlagen.
Dieselbe Rückzugsstraße hatte auch Hohenlohe von Weimar
aus genommen, und jetzt erst, da die beiden geschlagenen Heere
im Dunkel der Nacht aufeinander trafen, ward der Schrecken
allgemein und die Hauptarmee in die Zerrüttung des Hohenloheschen
Korps mit hineingerissen. Die Mannschaft sah stumpf und teil-
nahmslos den Untergang des alten Preußens, scharenweise verließ
sie die Fahnen; selbst Gefangene, die ein beherzter Reitertrupp
wieder befreit hatte, weigerten sich, die Waffen wieder aufzunehmen.
Als man der Heimat näher kam, stahl sich auch mancher treue Mann
zu den Seinigen hinweg. Die Altgedienten sagten: „Ich habe lange
genug den Kuhfuß getragen, der König hat junge Bursche genug,
die mögen es ausfechten.“ — Der Zauber der friderizianischen
Unbesiegbarkeit war gebrochen, ein Kriegsruhm ohnegleichen war
verloren.
1911 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Lehmann, Richard
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Thüringer Mulde.
37
Die Thüringer Niulde. Die breite Erdscholle zwischen harz und Thüringerwald
ist nicht gleichmäßig, sondern in einzelnen 5tufen zu verschiedenen Tiefen abgesunken.
Daher ziehen sich durch das Gebiet viele Hügelketten hin, die Talmulden einschließen.
Im Nordwesten legt sich gleichsam als Riegel die Hochfläche des Eichsfelds vor die
abwechslungreiche Landschaft.
Das Eichsfeld besteht zum größten Teil aus Kalkstein. Dieser bildet bei der
Verwitterung nur selten eine tiefgründige Ackerkrume. Die Niederschläge fließen meist
schnell oberflächlich ab, so daß bei heftigen Regengüssen oder bei plötzlicher Schnee-
schmelze Überschwemmungen entstehen. Dabei nehmen dann die Wassermassen die
fruchtbaren Bestandteile der dürftigen Ackerkrume mit fort. Oft aber versickern auch
die Gewässer in den Spalten des Kalksteins und brechen erst an tieferen Stellen in
(Quellen hervor. Daher ist namentlich das obere Eichsfeld wenig fruchtbar- es dient
hauptsächlich der Forstwirtschaft, der Schaf- und Schweinezucht. Die Landschaft nörd-
lich der oberen Leine (unteres Eichsfeld) hat fruchtbareren Boden, auf dem der
Ackerbau lohnt. Wo sich die Bewohner vom Feldbau allein nicht zu ernähren ver-
mögen, betreiben sie auch Leinen- und Wollweberei, sowie Zigarrenfabrikation, oder
sie suchen in benachbarten Gegenden Verdienst.
Die schmalen, langgestrecktenhöhenrücken, diedasthüringer Hügelland bilden,
bestehen ebenfalls aus Kalkstein und haben vielfach scharfe, zackige Ränder und steile
Abhänge. Die breiten Talbecken sind infolge der reichlichen Bewässerung, des aus-
gezeichneten Ackerbodens und des verhältnismäßig milden Klimas sehr fruchtbar und
dicht bevölkert. An der oberen Unstrut liegt Inühlhausen (35), dessen Bewohner
sich mit Acker- und Gartenbau, sowie mit Industrie beschäftigen (Weberei, Tabak-
fabriken). Ein besonders ertragreicher Landstrich ist die „Goldene Aue", die sich zwischen
dem harz und dem sagenumwobenen Kyffhäuser (Barbarossa- Kaiser Wilhelm-
Denkmal) ausbreitet. An dem Straßenzuge, der von Westen nach Osten durch die
Goldene Aue führt, liegt Nordhausen (32) mit Branntweinbrennereien und Tabak-
fabriken. In einer andern fruchtbaren Gegend Thüringens, deren fleißige Bevölkerung
vorwiegend Gartenbau treibt, ist Erfurt (111) durch seine Blumen- und Gemüse-
sämereien weltberühmt geworden. Bei der Stadt kreuzen sich zwei Straßen, die das
Hügelland von Norden nach Süden und von Westen nach Osten durchziehen. Deshalb
ist Erfurt zugleich ein wichtiger Verkehrsmittelpunkt. An der Straße, die in weft-
östlicher Richtung verläuft, liegen drei Hauptstädte thüringischer Staaten: Eisen ach
(38; Wartburg), Gotha (39) und Weimar (35; Schiller und Goethe). Dort, wo
diese Straße die Saale trifft, vereinigt sie sich mit einer andern, die dem Saaletale
folgt. An ihr finden sich Rudolstadt (13), Jena (39; Universität), Naumburg
(27), sowie — allerdings bereits im Tieflande — Weißenfels (33), Merseburg
(21) und Halle (S. 46). Auf den steilen Talwänden der Saale, zwischen Jena
und Naumburg, sowie an der unteren Unstrut hat man vielerorts Weinberge an-
gelegt. In Freiburg a. U. wird besonders Schaumwein (Sekt) hergestellt. — von
den Schätzen, die das Erdinnere dem Menschen bietet, finden sich im Thüringer
hügellande Braunkohlen und Kalisalze (S. 46).
Thüringer- und Hrankenwüld. Huf dem Kamme des Thüringerwaldes
1912 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Lehmann, Richard
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
40
Eichsfeld. Thüringer Hügelland.
mulden einschließen. Im Nordwesten legt sich gleichsam als Riegel die Hochfläche
des Eichsfelds vor die abwechslungreiche Landschaft.
Das (Eichsfeld besteht zum größten Teil aus Kalkstein. Dieser bildet bei der
Verwitterung nur selten eine tiefgründige Ackerkrume. Die Niederschläge fließen
meist schnell oberflächlich ab, so daß bei heftigen Regengüssen oder bei plötzlicher
Schneeschmelze Überschwemmungen entstehen. Dabei nehmen dann die Wasser-
Massen die fruchtbaren Bestandteile der dürftigen Ackerkrume mit fort. Oft aber
versickern auch die Gewässer in den Spalten des Kalksteins und brechen erst an
tieferen Stellen als Quellen hervor. Daher ist namentlich das obere Eichsfeld wenig
fruchtbar - es dient hauptsächlich der Forstwirtschaft, der Schaf- und Schweinezucht.
Die Landschaft nördlich der oberen Leine (unteres Eichsfeld) hat fruchtbareren
Loden, auf dem der Ackerbau lohnt. Ix)o sich die Bewohner vom Feldbau allein
nicht zu ernähren vermögen, betreiben sie auch Leinen- und Wollweberei, sowie
Zigarrenfabrikation, oder sie suchen in benachbarten Gegenden als landwirtschaft-
liche Arbeiter Verdienst.
Die schmalen, langgestreckten Höhenrücken, die das Thüringer hügelland
bilden, bestehen ebenfalls aus Kalkstein und haben vielfach scharfe, zackige Ränder
und steile Kbhänge. Die breiten Talbecken sind infolge der reichlichen Bewässerung,
des ausgezeichneten Ackerbodens und des verhältnismäßig milden Klimas sehr
fruchtbar und dicht bevölkert. Kn der oberen Unstrut liegt Mühlhausen (35),
dessen Bewohner sich mit Äcker- und Gartenbau, sowie mit Industrie beschäftigen
(Weberei, Tabakfabriken). Ein besonders ertragreicher Landstrich ist die „Goldene
5lue", die sich zwischen dem harz und dem sagenumwobenen Kyffhäuser (Barba-
rossa; Kaiser Wilhelm-Denkmal) ausbreitet. 5ln dem Straßenzuge, der von
Westen nach Osten durch die Goldene Kue führt, liegt Nordhausen (33) mit
Branntweinbrennereien und Tabakfabriken. In einer andern fruchtbaren Gegend
Thüringens, deren fleißige Bevölkerung vorwiegend Gartenbau treibt, ist Erfurt
(111) durch seine Blumen- und Gemüsesämereien weltberühmt geworden. Bei
der Stadt kreuzen sich zwei Straßen, die das Hügelland von Norden nach Süden und
von Westen nach Osten durchziehen. Deshalb ist Erfurt zugleich ein wichtiger.ver-
kehrsmittelpunkt. 5ln der Straße, die in westöstlicher Richtung verläuft, liegen
drei Hauptstädte thüringischer Staaten: Eisen ach (38; Wartburg), Gotha (40)
und Weimar (35; Schiller und Goethe). Dort, wo diese Straße die Saale trifft,
vereinigt sie sich mit einer andern, die dem Saaletale folgt. Kn ihr finden sich
Rudolstadt (13), Jena (38; Universität), Naumburg (27), sowie — aller-
dings bereits im Flachlande — Weißenfels (34), Merseburg (21) und Halle
(5. 49). 5luf den steilen Talwänden der Saale, zwischen Jena und Naumburg,
sowie an der unteren Unstrut hat man vielerorts Weinberge angelegt. In Frei-
bürg a. U. wird besonders Schaumwein (Sekt) hergestellt. — von den Schätzen,
die das Erdinnere dem Menschen bietet, finden sich im Thüringer hügellande
Braunkohlen und Kalisalze (5. 50).
Thüringer- und ßrankenwald. Huf dem Kamme des Thüringerwaldes
führt ein uralter Grenzweg, der „Rennstieg" (eigentlich Rainstieg), entlang, der
1914 -
Halle a. d. S.
: Verl. der Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Kirchhoff, Alfred, Lampe, Felix
- Auflagennummer (WdK): 18
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
266
m. Deutschland.
W.-Ende nach Nordhausen vor dem Sw.-Rand des Harzes, wo Korn-
branntwein aus Roggen („Korn^ gebrannt wird, wie im No. Deutsch-
landö aus Kartoffel Branntwein gewonnen wird: Durch Brennerei (Destil-
lation) kann aus allen stärkemehlhaltigen Pflanzen Branntwein bereitet
werden. Entlang der Thüringer Eisenbahn, die von Halle aus durch das
Thüringische Becken nach Eisenach führt, liegen an der Saale Merse-
bürgi, Rbz.-Hst., und Weißenfels, ebenso Naumburg gegenüber der
Unstrutmündung; *Erfnrt, Rbz.-Hst., an der Gera, ist Mittelpunkt des
Thüringischen Beckens, wo sich die mittlere Straße über deu Thüringer-
Wald nach dem Harz mit der jetzt von der Thüringer Eisenbahn verfolgten
kreuzt; es ist daher stets die größte und gewerblichste Stadt Thüringens
gewesen, erst jüngst durch Halle infolge seiner Industrie überflügelt;
Gartenbau und Sämereihandel. An der oberen Unstrut Mühlhausen;
auf dem Eichsfeld Heiligenstadt an der Leine. In einer Exklave2 ant
Abhang des Thüringer Waldes zum Werratal Suhl, s. vom Beerberg,
seit alters durch Gewehrfabrikation bekannt.
5. Säch- 5. Anteil der Sächsisch-Ernestinischen Staaten (S. 306); er
Ernestin.- begreift fast die ganze S.-Hälfte Thüringens.
Staaten. ^ Großherzogtum Weimar (oder Weimar-Eisenach). Im
Izisenach^ größeren O.-Teil liegt die Hst. Weimar an der Ilm, ö. von Erfurt;
weiter abwärts und r. von der Ilm Apolda mit großer Strumpfwirkerei.
Im So. ist Jena an der Saale die Thüringer Universität. — Im W.-
Teil, der sich bis an die Rhön ausdehnt, liegt Eisen ach am Fuß der schön
wiederhergestellten Wartburg, nahe d&n Nw.-Ende des Thüringer
Waldes.
b)Koburg- t>) Herzogtum Koburg-Gotha. Im größeren N.-Teil die Hst.
Gotha, w. von Erfurt. Von Gotha sw. unfern des Jnselsberges das
Städtchen Friedrichroda dicht am Fuß des Thüringer Waldes, beliebter
Sommerfrischort, nebst Schloß Neinhardsbrunn, ganz von Wald,
Wiesen und Weihern umgeben. Davon wnw. zieht die Stadt Ruhla
in einem langen Gebirgstal südwärts empor längs einem Bach, der ihn
in einen gothaischen Anteil r. und einen weimarischen l. scheidet; Ruhla
ist berühmt durch seine Meerschaumarbeiten. - Im S.-Teil, der ganz ins
' Slawisch Mezibor = mitten im Kiefernwald. Durch Anähnlichung
an deutschen Sprachklang wurde aus bor ^Kiefernwald, vgl. Brennabor) bürg, —
- Exklave (Ausschluß) heißt ein kleines, abgesondert liegendes Stück eines Staats-
gebiets, das von fremdem Gebiet umschlossen wird; im Verhältnis zu diesem
nennt man es eine Enklave (Einschlich).
1837 -
Oldenburg
: Schulze
- Autor: Fortmann, Heinrich
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
474
Neunter Zcitrauir.
Herrn über Beeinträchtigungen, die allerdings meistens das
Glück und das natürliche Recht der Völker zum Zwecke haben
mochten, nichts destoweniger aber das geschichtlich begründete
Nechtsherkommen offenbar verletzten.
Da trat Friedrich von Preußen noch einmal an die Spitze
der öffentlichen Meinung, uni der die teutsche Grundverfassung
bedrohenden kaiserlichen Politik ein Gegengewicht aufzustellen.
Erfand dasselbe in einem großen Fürstenbunde, dessen
Zwecke ausschließlich die Erhaltung der allgemeinen Reichsver-
fassung seyn sollten und in der That so echt vaterländisch ge-
stellt waren, daß selbst Destreich denselben hatte beitreten kön-
nen, wenn Kaiser Joseph sich eine von seiner Vergrößerungs-
oder vielmehr Abrundungspolitik, wie von seinen unüberlegten
Reformen hatte bekehren mögen. Zunächst wurde Rußland,
dem er sich bisher stets aufs Engste anzuschließen bemüht ge-
wesen war, jetzt umgestimmt. Und Friedrich hatte schon im
Voraus die Freude, den Austausch Baierns, dem übrigens der
Herzog von Zwcibrücken stets ernstlich widersprochen hatte, bald
vereitelt zu sehen; indeß wollte er um anderer Möglichkeiten
willen seine Arbeit nicht unvollendet lassen. Die meisten größe-
ren Fürsten gaben der Errichtung des Bundes auch wirklich
ihren Beifall. Preußen, Sachsen und Hannover, dann die
Herzoge von Sachsen-Gotha und Weimar, Braunschweig, Meck-
lenburg-Schwerin und Strelitz, Zwcibrücken, der Landgraf von
Hessen-Kassel, die Markgrafen von Anspach-Baircuth und Ba-
den, wie der Kurfürst von Mainz bildeten denselben (I. 1785
Dclbr.). Viele Andere traten nach der Zeit noch bei. Alle
Gegenvorstellungen des Kaisers hatten den Lauf dieser Dinge
nicht hemmen können.
Preußens König hat in diesem Werke sich das preiswür-
digste Verdienst um Teutschland erworben; denn war der Bund
gleichwohl nur von augenblicklichem Werthe, so kam es daher,
daß der Kaiser sich fortan vor der Verletzung dieses Gegensatzes
sorgfältiger verwahrte und seine Nachfolger sogleich mit mehr
Mäßigkeit und Bedachtsamkeit einlenkten. Uebrigens schied auch
Friedrich 2., der die Seele des Bundes war, bald nach dieser
Zeit aus dem Leben (I. 1786 Aug. 17.). Was für Wirkun-
gen seine 46jahrige Regierung hervorgebracht, liegt in den er-
zählten Thatsachen vor Augen. Ohne Tadel ist seine Politik
nicht gewesen; doch hat er seinem Zeitalter Gutes im gehäuf-
ten Maße bereitet, und sein Name glanzt darum in den Jahr-
büchern der Geschichte, so lange man große Männer ehrt.
Joseph 2. wollte ihm Nachkommen und gleichstehen, sah
aber am Ende seine schönsten Plane wie Wasser zerrinnen.
Sein größtes Verdienst ist, daß er mit denselben das Glück der
Völker bezweckte. Er wäre vielleicht größer als Friedrich gc-
1832 -
Stuttgart
: Macklot
- Autor: Selchow, Felix
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
437
In voller Herrlichkeit überstrahlte nun die Sonne eine Aussicht,
deren Umkreis wir wenigstens auf einige achtzig Meilen berechne-
ten. Der ungeheure Strich Land, den wir mit einem Blick über-
sehen konnten, lag wie eine Landkarte zu unsern Füßen; überall
Städte und Dörfer wie hingemalr, zwischen denen sich größere
und kleinere Flüsse hinziehen, und Äüaldung und Felder dehnen
sich weit hin bis an die entferntesten Gebirge. Mehrere bekannte
Städte und Berge konnte ich mit dem Fernrohre theils erkennen,
theils errathen: das Schloß Frieden stein bei Gotha, den
W e i ß e n st e i n bei Kassel, den Petersberg bei Halle, den
I n se l s b e r g im Thüringer Walde, Magdeburg, Halbe r-
stadt und eine unzählige Menge anderer minder wichtiger Städte
und Dörfer lagen deutlich vor unsern Augen. Die Elbe, die durch
eine fruchtbare mit Dörfern bedeckte Ebene sich sieben bis neun
Meilen nach Magdeburg hinzieht, gleicht einem schmalen weißen
Bande, und der ewige Schnee des Brockens macht mit den grü-
nen Auen des entfernten Thales den herrlichsten Contrast.
Der Gipfel des Brockens mag ziemlich eine starke Viertel-
stunde im Umfange haben.. Die Höhe berechnet man auf 356o
Fuß über dem mittelländischen Meere. Sein kahler Kopf ist mit
nichts als Heidelbeeren, Heidekraut, isländischem Moose und
Preißelsbeeren bedeckt. Im Winter friert der Schnee so fest,
daß man, ohne Gefahr einzubrechen, auf demselben herumlaufen
kann. An hellen Wintertagen soll die Aussicht reizender als zu
jeder andern Zeit seyn, und die Windwehen die seltsamsten Figu-
ren bilden; nur sollen sich Nase und Ohren nicht gern zu einer
solchen Partie verstehen, denn selten kommen sie in dem vorigen
Austande davon zurück. In der Mitte des Septembers bullt sich
der alte Graukopf schon in sein Winterkleid, und erst zu Anfange
Mai's zieht er die weiße Schneemütze vom nackten Scheitel. In
dem sogenannten Taufstein, der in der Mitte eine ovale Vertie-
fung, und in derselben immerwährend Wasser hat, fanden wir
noch eine zollstarke Eisscholle.
Meine Herren, hub jetzt unser Führer, ein alter Bergmann,
an, wir wollen nun die Tcufelskauzel, den Herenbrunnen und
den Hcrenstuhl besehen; beten Sie ein Vaterunser, damit uns die
bösen Geister nichts anhaben können; es sind sonst wunderliche
Sachen hier vorgegangen, und cs ist noch immer nicht recht rich-
tig. — Wie so denn? fragte ich. —• Ach, es neckt sich immer
mit den Leuten unten in dem Thäte herum, wirft mit Steinen
und macht ein Getös, Gott weiß, daß unser einem angst und
bange wird. Es ist mir auch allemal so graulich, wenn ich hier
oben bin, und ich kann kaum Athem holen; ich glaube, der Teu-
fel pocht mir ans Herz. — Der ehrliche Alte war schwer zu über-
reden, daß er dieursache seiner Engbrüstigkeit nicht in den Klauen
des Teufels, sondern in der reinen Atmosphäre suchen müsse.
Die Teufelökanzcl ist ein aus ungeheuern Felscnstücken vorr der
1912 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Lehmann, Richard
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Thüringer Hügelland.
41
Vasen und Figuren hergestellt. In Suhl (14) befinden sich große Gewehrfabriken, und
in Ruhla (7) verfertigt man Metallwaren, sowie aus Meerschaum Zigarrenspitzen
und Tabakpfeifen. Km 5üdabhange des Thüringerwaldes liegen einige Städte, die als
Hauptstädte kleiner Staaten Bedeutung haben: Toburg (24) und Meiningen (17).
3. Das Thüringer Hügelland, a) Den nordwestlichen Teil des Thüringer Hügel-
landes bildet das Eichsfeld, das durch die Leine zur Weser und durch die Unstrut
zur Saale entwässert wird. Das Gebiet südlich vom oberen Leinetal ist eine Hochfläche,
die wenig fruchtbar und daher nur dünn bevölkert ist. Da sich die Bewohner vom
Feldbau allein nicht zu ernähren vermögen, betreiben sie auch Leinen- und Woll»
weberei, oder sie suchen in benachbarten Gegenden
Verdienst. Die Landschaft nördlich der Leine hat
fruchtbareren Boden.
b) Der übrige, größere Teil des Gebietes
besteht aus bewaldeten Hügelketten und breiten Tal-
mulden. Cr senkt sich nach Osten und Nordosten zur
Saale, welche die Gewässer des fast allseitig abge-
schlossenen Landes sammelt. Die Unstrut, die vom
Eichsfelde kommt, ist ihr größter Nebenfluß. Die Tal-
becken sind infolge der reichlichen Bewässerung, des
ausgezeichneten Ackerbodens und des verhältnismäßig
milden Klimas sehr fruchtbar und daher dicht bevölkert.
Kn der oberen Unstrut liegtmühlhausen (35), dessen
Bewohner sich mit Kcker- und Gartenbau, sowie mit Thüringen. 1:5000000.
Industrie beschäftigen (Webereien, Tabakfabriken). Ein Nenne: die Gebirge, die das
besonders ertragreicher Landstrich ist die „Goldene Hügelland umwallen; die Flüsse,
Hue", die sich zwischen dem harz und dem sagen. Set
urntüobenen Xysshäuser (Barbarossa; Kaiser wil. ^c6ietes'. die stäb9tc
Helm-Denkmal) ausbreitet. Art dem Straßenzuge, der lande, am Harzrande, am Süd-
von Osten nach Westen durch die Goldene Kue führt, fuße des Thüringerwaldes, an
liegt Nordhausen (33; Branntweinbrennereien und ^ Saale.
Tabakfabriken). In einer andern fruchtbaren Gegend Thüringens, deren Be-
völkerung vorwiegend Gartenbau treibt, ist Erfurt (Iii) durch seine Blumen-
und Gemüsesämereien weltberühmt geworden. Bei der Stadt kreuzen sich zwei
Straßen, die das Hügelland von Norden nach Süden und von Westen nach
Osten durchziehen. Deshalb ist Erfurt zugleich ein wichtiger Verkehrsmittelpunkt.
Kn der Straße, die in westlicher Richtung verläuft, liegen noch drei Hauptstädte
thüringischer Staaten: Eisenach (38), Gotha (40) und Weimar (35). Eisenach
wird von den Zinnen der Wartburg überragt, die jedem Deutschen durch ihre
Erinnerungen an den „Sängerkrieg", die mildtätige heilige Elisabeth und die Bibel-
Übersetzung Luthers bekannt ist. Weimar ist uns durch unsre großen Dichter Schiller
und Goethe lieb und wert geworden. Dort, wo die genannte Straße die Saale trifft,
vereinigt sie sich mit einer andern, die dem Saaletale folgt. 5ln ihr finden sich
Rudolstadt (13), Jena (38; Universität), Naumburg (27), sowie — bereits im
1897 -
Langensalza
: Schulbuchh. Greßler
- Autor: Meyer, Johannes
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
47
schaute trüb Der nächsten Zukunft entgegen, und seine Besorgnis teilten still alle Einsichtigen, namentlich Scharnhorst. Ter gedrückten Stimmung entsprach das von Lombard verübte säst- und kraftlose Kriegsmanifest. Aast die einzige, die den Slops hoch hielt, war Königin Lnise. Geg^i Diese, welche schon französische und leider auch seile Deutsche Zeitungen anfs schändlichste der Einmischung in die Staatsangelegenheiten beschuldigt und verleumdet hatten, spritzte Napoleon in dem ersten Kriegsberichte vom 8. Oktober sei» Gift aus: „Tie Königin von Preußen" — spottete dieser — „befindet sich bei der Armee als Amazone gekleidet, in der Uniform ihres Tragonerregiments. Tagtäglich schreibt sie zwanzig Briefe, um von allen Seiten die Kriegsflamme zu wecken. Man glanbt Armida zu sehen, welche in ihrem Wahnsinn das Feuer in den eigenen Palast wirft." Als Napoleon am 6. Oktober iu Bamberg eintraf, ftanden seine Truppen bereit, iu Drei Heeressäulen in Thüringen einzumarschieren. Schon tags daraus begann die rasche Vorwärtsbewegung gegen die linke Flanke des preußischen Heeres. Karl von Braunschweig verfügte erst am 9. Oktober Zusammenziehung und Vormarsch der Truppen. Aber schon war Taiieitzieit von Hof auf Schleiz, von da unter hartnäckigem Gefechte nach Auma zurückgedrängt. Tie Vorhut des linken Flügels unter Prinz Louis Ferdinand, welche von Rudolstadt nach der Enge von (Saatfeld vorgerückt war, erlag der dreifachen Übermacht der Generale Sannes und Augereau am 10. Oktober; der tapfere Führer fiel selbst im Kampfe.
Ta durch die Besetzung Naumburgs die Gefahr der Umgehung zweifellos lag, beschloß das Hauptquartier hinter der Unstrut Stellung zu nehmen und zog alle vorgeschobenen Abteilungen zurück. Hohenlohe erhielt den Befehl, zur Tecknng der linken Flanke auf der Hochebene zwischen Weimar und Jena stehen zu bleiben, einen Kampf aber zu vermeiden. Während französische Chasseurs schon in Leipzig einritten, erreichte das Hauptheer Braunschweigs auf feinem Rückzüge am Abende Des 13. Oktober von Weimar ans Auerstädt und war von seinen Magazinen in Hof, Naumburg, Zwickau und Weißenfels abgeschnitten. Ant Morgen des 14. Oktober entwickelte sich aus einem Gefechte, welches die Reiterei der Vorhut unter B l ü eh e r beim Torfe Hassenhausen mit dem vorrückenden Feinde bestand, zwischen dem Herzog von Braunschweig und den Marschäffen Tavonst und Bernadotte die Schlacht bei Auerstädt. Ter linke Flügel, geführt von Scharnhorst, siegte. Als aber der rechte geschlagen und durch die tödliche Verwundung des Herzogs von Braunschweig, den ein Schuß des Augenlichts beraubte, die einheitliche Leitung fehlte, sah sich auch Der linke Flügel im Rücken umfaßt und zum Rückzüge gezwungen. Scharnhorst, selbst verwundet, bahnte sich, „eine Muskete in der Hand mit den letzten Musketieren" einen Weg. Nach seinem gewiß maßgebenden Urteil entzog den Preußen „das schlechte Betragen mehrerer Kavallerie-Regimenter, die Konfusion im Kommando, das Zurückhalten des Reserve-Corps, 2/5 der Armee unter Kalkreuth" bei Eckartsberga, den Sieg, den die Franzosen übrigens auch teuer erkaufen mußten.
1829 -
Leipzig
: Hinrichs
- Autor: Pölitz, Karl Heinrich Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Einleirung. 27
Gliph. Cellarius, notitia orbis antiqui 2 Ii Lips.
1701 sqq. 4. cum observatt. J. G. Schwarz i i,
Lips. 1773.
Jo.dav. Köhler, descriptio orbis antiqui in Xliv
tabulis exhibita. Norimb. 1724. Fol.«— Dessen
kurze und gründliche Anleitung zu der alten und Mittlern
Geographie. 3 Thle. (mit 3/Charten) 3teaufl. Nürnb.
1772 u. 78. 8. (der dritte Theil von Will.)
J. Mattli. Hase, Atlas historicus, comprehendens
imperia maxima orbis antiqui. Norimb. 1750. 4.
(die Charten in Fol.)
I. B. d'anville, Handbuch der alten Erdbeschreibung.
N. A. 5 Thle. Nürnb. 1800 ff. 8. (Lh. 1 und 2 Eu,
ropa von Heeren; Th. 3 Asien von Bruns; Th. 4
Afrika und Aegypten von Bruns und Paulus; Th. 5
die mittlere Geographie.) Zu diesem Handbuche gehört
ein Atlas von 12 Charten in Fol. Nürnb. 1784.
F. F. J. Gosselin, recherches sur la geographie
systematique et positive des anciens. 4 T, Paris,
1798 — 1814. 4.
K. Phil. Funke, Atlas der alten Welt, bestehend aus
r ^Charten mit erklärenden Tabellen. Weimar, 1800.
Querquart. 5te Aust, von Ukert. 1823.
Zoh. Heinr. Voß, alte Weltkunde; steht vor der Jen.
Lit. Zeit. ^8o4.
K. A. Schirlitz, Handbuch der alten Geographie für
Schulen. Nebst 4 Zeittafeln und 2 Kärtchen. Halle,
1822. 8.
F. C. L. Sickler, Handbuch der alten Geographie. Kaf,
sel, 1824. 8.— Leitfaden zum Unterrichte in der alten
Geographie. Kassel, 1826. 8. — Politisch / historischer
Schulatlas der alten Geographie, 4 Lieferungen. Querfol.
Kassel, 1820 f.
Kaer.cher, orbis terrarum antiquus et Europae
medii aevi, in usum scholarum. Carolsr. 1824.
(23 Charten in Querfol.)
Schulatlas der alten ^Lelt (in io Charten), nach Männert,
Ukert, Reichardrc. 2teaufl. Gotha, i8a4. (Querquart.)
Zul. Billerbeck, Handb. der alten Geographie zunr Ge,
brauche für Schulen. Leipz. 1826. 8.
Die übrigen s. §. i4.
b) chronologisch, aber a n n alistisch, wenn die unmittel«
bare Folge der Jahre und Jahrhunderte, nach einer vermit-
telst der geschichtlichen Kritik festgesetzten Zeitrechnung, als
1882 -
Leipzig
: Hirt
- Hrsg.: Schurig, Gottlob
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
2. Kapitel: Das franzsische Kaiserreich der Revolution zc. 351
durch Murat Naumburg und durch Davoust den Saalpa bei Ksen besetzen, wodurch die preuische.armee bereits von Berlin abgeschnitten war^ Statt nun die ganze Armee zu einer Schlacht zu konzentrieren, lie sie der Oberbefehlshaber in drei getrennten Haupt-teilen den Rckzug nach der Unstrut antreten, während ein vierter Heerhaufen der besten Truppen unter dem Herzog von Weimar auf dem Rckmrsche von einer zwecklosen Entsendung nach Franken hin sich befand. Aber Napoleon griff am 14. Oktober morgens den Fürsten Hohenlohe und seine 50 000 Mann mit einer mehr als doppelt so starken Armee bei Jena an. Dieser, der sich dem Befehle 14_8^6r< des Herzogs von Braunschweig gem in kein ernstes Gefecht ein-lassen sollte, hatte sich zum Rckzug und zur Vereinigung mit dem Herzog bereits westlich gezogen, so da Napoleon die steilen An-hhen des Saalthales besetzen konnte, von denen ihn die Preußen,
wenn sie von daher den Angriff erwartet und dieselben hinlnglich be-jetzt htten, in den Abgrund geworfen haben wrden. Noch in der Nacht vor der Schlacht hatte Napoleon mit vieler Mhe, unbegreiflicher Weise unbeachtet von den Gegnern, Geschtz auf das steile Plateau bringen lassen, das die Preußen, nur auf den Rckzug nach der Unstrut bedacht, ihm berlassen hatten, so da Napoleon berrascht geuert haben soll: Diese Preußen sind noch stupider als die Ostreicher!" Hohenlohe wurde in der Frhe des 14. Oktobers erst durch den Donner der Kanonen aus dem Schlafe geweckt; bis er angekleidet war und sich hatte pudern lassen, hatte der Feind die Dornburger Hhen bereits der schwachen Besatzung trotz tapferer Gegenwehr derselben entrissen. Die preuischen Truppen lieen es durchaus nicht au Mut fehlen, Hohenlohe that, was bei der vlligen berraschung noch mglich war, aber die entscheidenden Hhen konnten nicht wieder genommen werden. Stundenlang im schwersten Kampfe harrte man auf die Ankunft des Generals Nchel mit der zweiten Hauptabteilung von Erfurt her; der aber, obwohl nur wenige Stunden vom Kampfplatze entfernt, kam erst nachmittags 3 Uhr angerckt, als schon alles verloren und in Auflsung war; er wurde gleich zu Anfang verwundet und sein der 30 000 Mann starkes Corps in den allgemeinen Strudel des Unterganges der Hohenlohe'schen Armee mit hineinge-rissen. An demselben verhngnisvollen Morgen traf das Haupt-corps in einer Strke von 48000 Mann, bei dem auch der König sich befand, auf dem Wege von Weimar nach der Saale bei Auerstdt auf das 30 000 Mann starke franzsische Corps von Davoust, welches bereits durch den Engpa von Ksen auf das Plateau heraufgekommen war. Der preuischen bermacht gelang es nicht, durchzubrechen, da die Truppen nur vereinzelt und nur zur greren Hlfte ins Feuer gefhrt wurden. Zum Unglck erhielt der Herzog von Braunschweig bald nach dem Beginn des Kampfes einen Schu in das linke Auge, durch welchen auch das rechte furchtbar aus seiner Hhle getrieben wurde;
auch andere hervorragende Heerfhrer wurden verwundet, und die Ein-
1876 -
Königsberg
: Bon
- Autor: Preuß, August Eduard, Vetter, J. A.
- Auflagennummer (WdK): 100
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
200
wühlen, sprengen und hacken die Bergleute, über ihnen schmieden, pochen und
feuern die Hüttenleute, und in den Wäldern haben die Holzfäller, Köhler
und Vogelsteller ihre Arbeit. Vom frühen Morgen bis in die späte Nacht
hinein rühren da Große und Kleine, Alte und Junge ihre fleißigen Hände.
Die wichtigsten Erzeugnisse sind außerdem: ein großer Segen von Getreide
aller Art, Flachs, Zuckerrüben, Obst, Taback, Hopfen, und bei Naumburg
auch Wein; Mineralien: Stein- und Braunkohlen und viel Salz, das in
acht Salinen gewonnen wird. Ackerbau, Schafzucht und die mannigfaltigsten
Gewerbe, wie Tuch- and Baumwollenweberei, Zuckersiederei, Gerberei und
Handel sind die Beschäftigung der fleißigen Bewohner. Ein sittig-freundliches
Begegnen erfreut die Wanderer, welche alljährlich zu Tausenden die Schön-
heilen der Bergnatur aufsuchen und an den Denkstätten und Kunstdenkmalen
in Stadt und Land verweilen. Zeichen alterthümlichen Lebens und drang-
voller Zeiten früherer Jahrhunderte sieht man überall in den sagenhaften
Bergruinen und Bergwarten.
Die Provinz ist mit gewerbfleißigen Städten überstreut, die meistens be-
deutungsvoll in der Geschichte deutscher Vorzeit hineinragen und Zeugen ge-
wesen sind von wichtigen Freiheitsschlachten des deutschen Volkes und von den
Kämpfen auf dem Gebiete des Geistes. So vor allen Magdeburg an der
Elbe, starke Festung mit 9 8,000 Einwohnern, mit herrlichem Dom, zugleich
eine unserer ersten Handelsstädte. Merken wir ferner Halle, seine Universität
und das Waisenhaus, — den Luthersitz Wittenberg, — Erfurt, Merse-
burg und Halberstadt mit alten Domen, — Naumburg Quedlinburg,
Nordhausen und Burg. Auch sollen uns die nachbarlichen Orte: Lützen^
Roßbach, Möckern und Großgörschen in guter Erinnerung bleiben.
56. Die Köhler des Brockens.
Ein Harzwanderer erzählt: Das anmuthige Glockengeläute der Heerden
und das Lied der Vögel war längst hinter mit verklungen. Da wirbelt
blauer Rauch aus den Tannen in die Höhe, ein kräftiger Harzgeruch dringt
durch die Zweige, ich sehe brennende Meiler und stehe bald vor ihnen. Diese
kleinen Feuerberge rauchen und dampfen rings um den Brocken herum. In
ihrem Innern brennen Holzstöße, welche mit vieler Kunst aufgethürmt und
mit einer Decke von Zweigen und Erde umhüllt sind, dasi das Ganze eine
große, hohe Halbkugel bildet. In dem umhüllenden Mantel sind Löcher ange-
bracht, aus denen Rauch in die Höhe steigt. Durch das Schließen und Oeff-
nen dieser Löcher erhält das unsichtbar fortbrenneude Feuer den erforderlichen
Zug. Nach wochenlangem Brennen stürzt der Berg zusammen, das Holz
aber ist alsdann in eine glänzende Kohle verwandelt und wird nun den Be-
sitzern von Eisenhütten und an Schmiedemeister verkauft. Die Leute, welche
das Meilergeschäft betreiben, heißen Köhler. Das Leben derselben gleicht
dem Leben der Sennhirten. Ist der Schnee in den Bergen geschmolzen, so
ziehen sie mit ihren zweirädrigen Kohlenkarren fort von Weib und Kind und
kehren nicht eher wieder heim, bis der herannahende Winter pe zwingt. Unter
allen Harzbewohnern bleiben sie am längsten im Walde.
Der Köhlermeister hat, wie der Sennhirt, seine Handbuben, die ihn bei
der Arbeit unterstützen; auch Glocken klingen beständig um ihn, es sind die
Glocken seiner Pferde, die das Holz auf Schlitten über Moos und Gras aus
dem Walde herbeischaffen. Diejenigen seiner Leute, welche den Schlitten la-