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1. Die Geschichten des sächsischen Volks - S. 152

1834 - Dresden [u.a.] : Arnoldi
152 gelischen Glaubenspartei in Deutschland benutzen würde. Doch kam Alles anders, als es den Anschein hatte, denn der junge thatkcäftige Fürst hatte zwar dem Kaiser gedient, um durch seine Gunst einen glänzenden Standpunkt unter den deutschen Fürsten und eine Vermehrung seiner Lande zu gewinnen, aber seinen Glauben wollte er deshalb nicht aufopfern, im Gegenthcil läßt sich vermuthen, daß er ge- dacht habe, er würde, wenn er an der Spitze der prote- stantischen Partei stände, besser den Vortheil derselben wahr- nehmen als die früheren durch ihn gestürzten Häupter, und daß er dadurch sein Gewissen wegen des, seinem Vetter an- gethanen Unrechtes, beruhigt habe. Der Kaiser wollte sich eine größere Gewalt in Deutschland verschaffen und darin wie in einem Erbkönigreiche schalten, er wollte ferner die evangelische Lehre nach und nach unterdrücken, obgleich er sich stellte, als ob er den Kirchenfrieden nur durch güt- liche Vergleiche herzustellcn gesonnen sei; endlich wollte er die deutsche Kaiserkrone erblich an sein Haus bringen und zu dem Zwecke vorerst seinem Sohne Philipp die römische Königskrone zuwenden. Da er mit den auswärtigen Mächten Frieden, den schmalkaldischen Bund zertrüm- mert, und den Reichöständen durch die schwere, an dem Kurfürsten I o h a n n F r i e d r i ch vollzogene Rache, in Schrek- ken gesetzt hatte, so schien es, als ob seine Absichten ihm nicht fehlschlagen könnten. Jetzt als Deutschlands Unabhängigkeit und die so schwer errungene Gewissensfrei- heit in der größten Gefahr schwebten und ihr Untergang unvermeidlich schien, trat Kurfürst Moritz als der Retter deutscher Freiheit und der Kirchenverbesserung auf, und wie auch sein früheres Benehmen getadelt werden mag, so verdient er doch nicht weniger den Dank aller seiner deut- schen Landsleute dafür, daß er ihnen durch seine Klugheit und durch seinen Muth die höchsten Güter, die politische und kirchliche Freiheit, gerettet hat. Moritz hatte durch die Gunst des Kaisers eine reiche Vermehrung seines Ländergebiets und die Kurwürde erlangt, und der großmüthige Karl glaubte den jungen ehrgeizigen Fürsten hinlänglich für seine Dienste belohnt und zu seinem treuen Anhänger gemacht zu haben. Allein Karl hatte nicht von seinem Eigenthume, sondern nur das gegeben,

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1. Von Luther bis zum Dreißigjährigen Krieg - S. 177

1895 - Dresden : Bleyl & Kaemmerer
— 177 — spanisch - österreichischen Weltreichs scheitert am Widerstand Europas (Frankreich, Türkei, Italien, Schmalkaldischer Bund); die Zusammenhaltung der gewonnenen Herrschaft und ihre Vererbung auf seinen Sohn Philipp scheitert an dem Widerspruch der deutschen Fürsten, die keine spanische Fremdherrschaft in Deutschland haben wollen; die Unterdrückung der deutschen Reformation und die Verhinderung der Kirchenspaltung scheiterte an dem Widerstand der Protestanten, besonders aber durch den kühnen Kriegszug des Kurfürsten Moritz, der als gelehriger Schüler seinen listigen Lehrer noch überlistete. So war Karls ganze Lebensarbeit vergebens, weil er sich dem Recht und der Wahrheit und der Freiheit entgegenstellte, und diese bittere Erfahrung war die gerechte Vergeltung für sein verkehrtes und selbstsüchtiges Handeln. Diese bitteren Erfahrungen machten ihn auch herrsckens-müde und lebensmüde und trieben ihn ins Kloster. Hätte er nur früher erkannt, daß der Herzensglaube der Völker sich nicht kommandieren läßt, und daß der evangelische Glaube wertvoller ist als der Vorteil des Hauses Habsburg! Moritz von Sachsen. Er zeigt uns ein doppeltes Antlitz und ein zweigeteiltes Herz. Der Moritz von 1546 ist erfüllt von brennendem Ehrgeiz, von blinder Gier nach größerer Macht und größerem Besitz (Herrschsucht). Er will um jeden Preis Kurfürst von Sachsen werden, darum wird er zum Verräter an feinen natürlichen Freunden, verbindet sich als evangelischer Landesvater mit dem Todfeind des Evangeliums und verhilft diesem Feind zum Sieg über den eigenen Glauben. So verletzte der „Judas von Meißen", wie ihn das evangelische Volk mit Recht nannte, um schnöden Gewinnes willen seine Pflicht als evangelischer Fürst, gab treulos fein Fürstenwort (Schutz Kurfachsens) mit der festen Absicht, es zu brechen, verriet damit zugleich feinen eigenen Schwiegervater und lieferte ihn in die furchtbare Gefangenschaft, verriet Freunde und Glauben, um zu stehlen und zu rauben. Alles Unheil, das der Sieg des Kaisers über das Evangelium und über Deutschland brachte, war sein Werk und seine Schuld. Der Moritz von 1552 ist ein anderer, die Erfahrungen von fünf Jahren haben ihn nicht bloß klüger, sondern auch besser gemacht. Er erkennt, daß er seinen Schwiegervater, seinen Vetter, den evangelischen Glauben und das gute Recht der deutschen Fürsten ins Verderben gestürzt hat; er bereut seinen Fehler und will ihn wieder gut machen dadurch, daß er den niedergetretenen Glaubensgenossen und Standesgenossen die Freiheit erkämpfen will. Wohl ist er auch jetzt nicht wählerisch in seinen Mitteln (Überlistung des Kaisers, Verrat deutschen Landes an Frankreich), aber klug, thatkräftig und rücksichtslos verfolgt er sein hohes Ziel, und siegt daher über den allmächtigen Kaiser und beugt ihn unter seinen Willen. Mit großer Weisheit benutzt er seinen Sieg; er hat richtig erkannt, was Deutschland not thut, und was erreichbar ist, nämlich nicht die religiöse Einigung des gespaltenen Deutschlands durch ein Konzil, wohl aber die gegenseitige Staude u. Göpsert, Präparationen. Bd. Iv. 12

2. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte - S. 141

1837 - Elberfeld : Büschler
Karl und Moritz. 141 selbst begab sich nach Jnspruck in Lyrol, um dem Concilio nahe zu seyn, welches der neue Papst Julius Ii. wieder nach Trient verlegt hatte. Eine ängstliche Erwartung herrschte unter den Evangelischen in Deutschland. Magdeburgs Beispiel zeigte ihnen, daß der Kaiser entschlossen sey, gegen diejenigen, welche seine Anordnungen in Re- ligionssachen nicht befolgen würden, Gewalt zu gebrauchen. Man fürchtete, daß er nur den Schluß des Tridentiner Conciliums er- warte, um dessen Beschlüsse anstatt des Interims mit voller Strenge zur Ausführung zu bringen. Alle blickten auf den Churfürsten Moritz, als den Einzigen, der Macht und Klugheit genug habe, den evange- lischen Glauben zu retten; und so war jetzt für ihn der Augenblick gekommen, die gute Meinung seiner Glaubensgenossen, die er durch sein Benehmen zur Zeit des schmalkaldischen Krieges verloren hatte, wieder zu gewinnen. Moritz war ein junger, kraftvoller Mann, erst 30 Jahre alt, kühn und schlau, wie Karl V. selbst. Dieser, der sonst die Deutschen nicht besonders achtete, hatte eine große Meinung von dem jungen Fürsten und schätzte ihn vor allen andern hoch. Wir haben auch gesehen, wie Moritz sich zu ihm gehalten und ihm wesent- liche Dienste geleistet hatte. Allein von dem Augenblicke, da Karl seinen Schwiegervater, den Landgrafen Philipp, widerrechtlicher Weise, und trotz des von Moritz an Philipp gegebenen Ehrenwortes, in der Gefangenschaft hielt, hatte er sein Gemüth vom Kaiser abgewen- det und glaubte auch das Recht zu haben, den ersten günstigen Au- genblick für des Landgrafen Befreiung und seiner Glaubensgenossen Rettung benutzen zu dürfen. In den Zeiten so heftigen Streites gebiert gewöhnlich eine Ungerechtigkeit die andere, und nur wenige Menschen wissen die gerade Bahn ganz genau zu bewahren. Moritz benutzte den kaiserlichen Auftrag der Achtsvollstreckung gegen Magde- burg, um sich ein ansehnliches Heer zu sammeln, und als er sich stark genug glaubte, schloß er Frieden mit der Stadt und brack- plötzlich mit seinem Heere nach dem südlichen Deutschland auf. Der- selbe Markgraf Albrecht von Brandenburg Kulmbach, der in dem schmalkaldischen Kriege auf des Kaisers Seite gewesen war, zog jetzt ebenfalls mit Moritz gegen ihn. Sie erließen eine Erklärung, worin sie sich über die fortdauernde Gefangenschaft des Landgrafen und über Karls Eingriffe in die Freiheit Deutschlands beschwerten. „Er habe fremdes Kriegsvolk in das Reich geführt, die Reichssiegel frem- den Personen anvertraut, die weder mit der Sprache noch mit dem Rechte in Deutschland bekannt wären, und so sey es dahin gekommen, daß die Deutschen fremde Sprachen lernen müßten, um nur ein Anliegen an ihren Kaiser zu bringen. Ueberhaupt sey sein Trachten nur darauf gerichtet, Allen eine schändliche Knecht- schaft aufzubürden." Unter diesen Beschuldigungen waren zwar manche übertrieben, allein die Hauptsache war gegründet, daß nämlich Karl viele Punkte seines Wahlvertrages nicht gehalten, und besonders, daß er die Deut- schen seinen Spaniern und Niederländern nachgesetzt, ja sogar sie oft

3. Die neue Zeit - S. 111

1866 - Leipzig : Brandstetter
111 Innsbruck kommen würde, er ließ auch dort eine Wohnung miethen, ja er reiste gar dahin ab, wurde aber unterwegs plötzlich krank. Endlich, als Alles reif war, versammelte er schnell sein Heer und flog wie ein Sturm- wind herbei, mit einer solchen Schnelligkeit, daß er den Kaiser fast in Innsbruck erreicht hätte. Bei Nacht und Nebel mußte der kranke Mann im fürchterlichsten Regenwetter fliehen und nur mit Mühe und Noth entkam er nach Villach in Kärnthen, in einer von Mauleseln getragenen Sänfte. Moritz benutzte seinen Vortheil. Er drang dem Kaiser nicht nur das Versprechen ab, augenblicklich beide gefangene Fürsten freizulassen und sich an ihm nie rächen zu wollen, sondern zwang ihn auch in einem Ver- trage zu Passau, 1552, den Evangelischen dasselbe Recht vor dem Reichs- kammergerichte zu bewilligen, welches die Katholiken bisher allein genossen hatten, auch einen Reichstag zu berufen, auf dem endlich einmal alle Religionszwiste ausgeglichen werden sollten. Das geschah auch 1555 in Augsburg, wo der sogenannte Religionsfriede geschlossen wurde, der den Protestanten im ganzen Reiche freie Religionsübung sicherte. We- der sie noch die Katholiken sollten einander zum Ucbertritt verleiten, kein Landesherr sollte seine Unterthanen zu einem anderen Bekenntniß zwingen, auch Jedem das Auswandern erlauben. Wäre nur dieser Friede dauere haft gewesen! Karl's V. Abdankung und Tod. Seit der durch Moritz erlittenen Demüthigung verlebte der Kaiser keine frohe Stunde mehr. Alles mißlang ihm. Er hatte einen einzigen Sohn, den finsteren, stolzen, heimtückischen Philipp, den hätte er gern zum deutschen Kaiser gemacht. Aber sobald ihn die Deutschen nur sahen, hatten sie schon genug an seinem finsteren Gesichte, das sich nie zum Lachen verzog; auch wollte Ferdinand nicht die Krone abtreten. Dann fing Karl noch einen Krieg mit Frankreich an, aber seine Heere wurden ge- schlagen. Zu diesem Verdruß kamen körperliche Leiden, die ihm jede Freude vergällten. Da faßte der lebensmüde Kaiser den Entschluß, seine Regie- rung niederzulegen und die ihm noch übrige Lebenszeit in klösterlicher Stille zu verleben. Im Herbste 1555 reiste er nach Brüssel, ließ seinen Sohn Philipp auch dorthin kommen und trat ihm in feierlicher Versammlung die Regierung der Niederlande ab. Neapel hatte er ihm schon früher übergeben. Es war ein rührender Anblick, den kranken Kaiser zu sehen, wie er von dem Leben Abschied nahm. Mit Mühe erhob er sich von seinem Throne, gestützt auf die Schulter des Prinzen von Oranien, und hielt eine erschüt- ternde Rede. Er erzählte, wie er seit seinem 16. Jahre unablässig mit der Regierung seiner weitläufigen Staaten beschäftigt gewesen sei und für sich fast gar keine Zeit übrig behalten habe. Ueberall sei er bestrebt ge- wesen, mit eigenen Augen zu sehen, und sein Leben sei daher eine stete Pilgerfahrt gewesen. Neun Mal habe er Deutschland, sechs Mal Spanien,

4. Neuzeit - S. 36

1912 - Stuttgart : Bonz
36 - heiten zu ordnen. Er forderte von den Protestanten Anerkennung des Konzils in Trient und erlie einstweilen (interim) zu Augsburg 1548.1548 ein Reichsgesetz, das die religisen Verhltnisse bis zur Ent-scheidnng des Konzils ordnen sollte. Dieses Interim" hielt die katho-tische Lehre in der Hauptsache sest, es gewhrte den Evangelischen die Priesterehe und den Kelch im Abendmahl, legte ihnen aber dafr die Unterwerfung unter die rmische Hierarchie, die Zeremonien, Feste und Fasten auf. Die Katholiken nahmen es nicht an. Die Evangelischen, besonders im Sden, muten sich fgen. Doch konnte man wohl Hunderte evangelischer Geistlicher vertreiben; aber eine innerliche Unterwerfung des evangelischen Volkes wurde nicht erreicht. Noch weniger glckte das Unternehmen im Norden. Kurfürst Moritz lie unter Melanchthons Mitwirkung das Leipziger Interim 1548 entwerfen, bei dem der evangelische Lehrbegriff nirgends ver-letzt, aber der grte Teil des katholischen Zeremoniells als gleich-gltig (adiaphoron) zugestanden wurde. Aber vielfach wurde das Interim nur zum Schein oder gar nicht angenommen. Eine gln-zende Stellung war von Karl erreicht, fo da auch der Papst ihn frchtete. Aber in Deutschland empfand man feine Herrschaft mit den spanischen Truppen und Rten und dem Interim als eine fremd-lndische Tyrannei, die sich zu verewigen drohte, wenn wirklich Karl seinem Sohne Philipp die Nachfolge in Deutschland verschaffte. 7. Kurfürst Moritz. Augsburger Religionssrieden. a. Moritz und der Passauer Vertrag. Der Mittelpunkt des Widerstandes gegen das Interim war Magdeburg, das darum in die Reichsacht erklrt worden war. Der Kurfürst Moritz lie sich die Vollstreckung der Acht bertragen; er hatte in Wahrheit ganz andere Absichten. Moritz, eine durchaus politische Natur, fhlte sich tief gekrnkt dadurch, da Karl sein verpfndetes Wort bei der Ge-fangenfetznng des Landgrafen, seines Schwiegervaters, nicht ge-achtet und ihm beharrlich die Freiheit vorenthielt; er glaubte, den neuen Kurhut nur mit den Evangelischen behaupten zu knnen, auch die kaiserliche Machtentfaltung schien ihm unertrglich. Durch einen zweiten Verrat wollte er die Freiheit des Reiches und des Evangeliums herstellen. Er verband sich mit den Shnen des Land-grasen, dem Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach und andern Fürsten. Ja, er scheute sich nicht, die Geld-mittel fr das Unternehmen durch einen Bund mit dem Kmg Heinrich Ii. von Frankreich sich zu verschaffen und demselben fr seine Untersttzung die französisch sprechenden" Städte Metz, Tonl, Verdun und Eambrai zu berlassen, die Heinrich als Reichsvikar verwalten sollte. Dann brach Moritz, nachdem er Magdeburg unter sehr milden Bedingungen zu einer Kapitulation gebracht hatte, gegen den ahnungslosen Kaiser auf (Mrz 1552), indem er Deutschland zur

5. Das Königreich Sachsen und seine Fürsten - S. 159

1854 - Leipzig : Hirschfeld
Moritz. 159 botene Interim anzunehmen, mußte dem Kurfürsten Moritz die Veran- lassung werden, seinen großartigen Plan zu der durch den Drang der Verhältnisse gebotenen Demüthigung des großen Kaisers in Angriff zu nehmen. Moritz erkannte nämlich immer deutlicher, daß die listige Politik Karl's V., der den Thron in seinem Hause erblich zu machen und an seinen gefürchteten Sohn Philipp zu bringen strebte, zuletzt nur zu einer gänzlichen Unterjochung der von ihm umgarnten deutschen Fürsten und Stände und zu einer drückenden Alleinherrschaft führen würde. Denn Karl, der bekanntlich zugleich König von Spanien war, hatte in diesem Lande die frühere ständische Verfassung vernichtet und gedachte nun, Deutschland ein gleiches Schicksal zu bereiten und die selbstständigen Reichsfürsten durch seine Macht und Gewalt zu sei- nen bloßen Vasallen zu erniedrigen. Ein großer Schritt auf dem Wege nach diesem Ziele war bereits geschehen durch die Unterdrückung des schmalkaldischen Bundes und die Gefangennehmung der beiden ange- sehensten Fürsten desselben. Moritz, der diese Politik in allen ihren geheimsten Winkeln auszuspähen Gelegenheit gehabt hatte, war einzig und allein der Mann, der im Stande war, sie zu stürzen. Da er, um seinen Plan zu erreichen, behutsam zu Werke ging und wie gegen die Protestanten, so gegen den Kaiser klug und gefällig sich erwies, um diesen ganz sicher zu machen und jene für seine ihnen noch unbe- kannten Zwecke zu gewinnen; so erstaunte freilich, als die Entscheidung kam, die ganze Welt, als ob beim reinsten Himmel plötzlich der schreck- lichste Donnerschlag geschehen wäre. Doch darf auch nicht unerwähnt bleiben, daß Moritz zugleich durch das schmachvolle Schicksal seines Schwiegervaters, des Landgrafen Philipp von Hessen, gegen den Kaiser aufgeregt ward, der gegen alle noch so dringenden Bitten Mo- ritzens um Freilassung Philipp's aus der immer drückenderen Haft taub blieb. Diese an zwei *) der angesehensten deutschen Reichsfürsten bewiesene Härte, die selbst die katholischen Fürsten aufbrachte, da ja auch sie dadurch zugleich mit entehrt wurden, ließ in Moritz den Entschluß reifen, solche Schmach zu rächen und dem spanischen König und deut- schen Kaiser zu zeigen, daß er mit Fürsten des deutschen Reiches nicht ungestraft nach Willkür schalten könne. Ueber das widersetzliche Magdeburg hatte Karl V. die Acht aus- gesprochen und den Oberbefehl über das zur Vollziehung derselben be- stimmte Heer dem Herzog Moritz übertragen. Bevor dieser noch vor Magdeburg erschien, hatte der tapfere Herzog Georg von Mecklen- burg einen Kampf mit Bürgern, Bauern und Söldnern gehabt, welche einen Ausfall aus der Stadt auf ihn und sein Heer gemacht, und es lagen nach Beendigung dieses Kampfes 3000 Leichname (meist Bauern) auf der Wahlstatt. Im Oktober 1550 kam Moritz im Lager vor Magdeburg an und ließ die Stadt auffordern, sich dem Kaiser zu er- geben. Die Antwort der Magdeburger lautete: „Wir werden uns zu vertheidigen wissen!" Und das thaten sie denn auch während der langwierigen Belagerung wirklich in sehr tapferer Weise, so daß unter *) Auch der ehemalige Kurfürst von Sachsen saß noch immer gefangen.

6. Die Geschichte des deutschen Volkes - S. 318

1845 - Berlin : Klemann
318 Fünftes Buch. Fünfter Abschnitt. tag, daß sich zwei katholische Gottesgelehrte und ein protestantischer über die kirchlichen Streitfragen besprachen und einen Entwurf zu Stande brachten, wie es in Sachen der Religion einstweilen, bis zur Entscheidung der echten Kirchenversammlung (die in Bologna erkannte nämlich der Kaiser nicht an) gehalten werden sollte. Diese Vorschrift hieß das „Interim", weil sie nur einstweilen (interim) gelten sollte. Darin waren nun fast alle Hauptsätze der evangelischen Lehre auf römisch-katholische zurückgeführt, nur der Gebrauch des Abendmals unter beiderlei Gestalt und der Fortbe- stand der Priesterehen (aber auch diese bloß für einstweilen) zugestanden. Viele Reichsstände nahmen dies „Interim" an; der gefangene Kurfürst Jo- hann Friedrich von Sachsen hingegen, der landlose Fürst Wolfgang von Anhalt, und mehre andre Fürsten weigerten sich dessen standhaft, auch Kur- fürst Moritz. Vom Volk wurde das Interim fast überall in Deutschland, bei Katholiken wie bei Protestanten, mit gleichem Hohn und gleicher Er- bitterung ausgenommen, gleichwohl aber mit Gewalt aufgedrungen. In Kursachsen ließ Moritz zu Gunsten der Protestanten ein eignes Interim (das sogenannte „Leipziger") abfassen; doch war auch dies den eifrigen Prote- stanten noch immer zu päpstisch. Alle Feinde des Interims aber, alle ver- folgten evangelischen Prediger fanden in der freien Reichsstadt Magdeburg herzliche Aufnahme und treuen Schutz, also daß Magdeburg damals eine rechte Machtburg der Glaubensfreiheit war. Dies reizte den Zorn des Kaisers, denn Niemand sollte sich auflehnen gegen seine Machtgebote; und er gebot (1549) den Kurfürsten Moritz von Sachsen und Joachim Ii. von Brandenburg, des Reiches Acht und Aberacht an der trotzigen Stadt Mag- deburg zu vollstrecken. Da aber sowohl von protestantischer als von katho- lischer Seite immerfort Klagen über Klagen gegen das Interim erschollen, so verwies er männiglich auf die Kirchenversammlung, welche 1550 wieder zu Trient hergestellt worden war. Doch von dorther war keine Einigung zu hoffen. Die Reichsstände wollten nur ein allgemeines, freies Eon- cilium; selbst die katholischen Fürsten trugen Bedenken, das Trienter zu he- schicken, und auch der Papst wünschte, daß es sich auflösen möchte. So herrschte denn damals eine trostlose Verwirrung; der Kaiser aber hegte im Stillen den Plan, seinen Sohn Philipp, einen strengkatholischen Prin- zen, welchem er die Nachfolge in deir spanischen Reichen zugedacht hatte, auch in Deutschland, anstatt Ferdinands, zu seinem Nachfolger wählen zu lassen. Zum Glück für's Vaterland vereitelten die Kurfürsten diese Wahl durch eine Standhaftigkeit, welche in jener Zeit der Bedrängniß doppelt ehrenwerth war. Mittlerweile trug der Kurfürst Moritz den schmerzhaftesten Stachel im Herzen. Mit dem ganzen Feuer seiner kühnen Seele hing er an der evan- gelischen Lehre und sollte nun selbst das Werkzeug zu ihrer Vernichtung sein! Auf sein Wort und das des Brandenburgers hatte sich sein Schwiegervater, Landgraf Philipp, dem Kaiser unterworfen und schmachtete nun, — dem Fürstenwort zum Hohn, und obwohl er alle Bedingungen ehrlich erfüllt hatte, — in Karls Gefängn.iß! Als ein zweideutiger Mann stand Moritz vor deir Augen seiner Glaubensgenossen, ja ganz Deutschlands da, obwohl er redlich alles Mögliche aufgeboten hatte, um die Befreiung des Landgrafen vom Kaiser zu erwirken; er'sah sich getäuscht, er sah die weiteren Folgen des Frevels, zu welchem er sich früher durch seinen Ehrgeiz hatte verleiten lassen, nämlich den drohenden Untergang der deutschen Freiheit und Verfassung, die damals einzig auf der Erhaltung der Fürstenmacht ge-

7. Deutsche Geschichte von der ältesten Zeit bis zum Ende des Großen Krieges - S. 453

1901 - Halle : Gesenius
— 453 — Wiedergabe nach Kernfragen. Erzähle! Zusammenfassung. Überschrift: Der Schmalkaldener Krieg und das Augsburger Interim. Vertiefung. Leider haben sich also unsere Vermutungen nicht bestätigt. Erstens waren die evangelischen Stände nicht einig. Zweitens hatten sie keine tüchtigen Feldherren, und drittens erstand ihnen ein Verräter, der Herzog Moritz, den man den „sächsischen Judas“ nannte. Dagegen war Karl mit seinem ihm ergebenen spanischen Heere schlagfertig, war selbst ein tüchtiger Feldherr und hatte noch mehrere solcher bei sich und war auch ein kluger Politiker. Seine Schlauheit bestand immer darin, einen seiner Feinde gegen den andern aufzuhetzen, indem er dessen Schwäche (bei Moritz den Ehrgeiz) benutzte. Die List und die unbegreifliche Nachlässigkeit der Verbündeten (Nachweis) bringen ihm den Sieg. Erst unterwirft er Süd-, dann Norddeutschland. Mit Gewalt und List bemächtigt er sich der Häupter der Evangelischen und verurteilt sie dann zu schweren Strafen. Aber zu Unbedachtsamkeiten und Zwecklosigkeiten (an Luthers Grabe) lässt er sich nicht hinreifsen. Auch die Ausrottung der neuen Lehre wagt er nicht. Er macht sogar Zugeständnisse und hofft immer auf das Konzil. Zusammenfassung und vertiefte Wiedergabe. Ob er damit sein Ziel erreicht hat? (Vermutungen. Aufnahme des Interims im Volke und was sich daraus ergiebt.) 5. a) Kaiser Karl stand auf der Höhe seiner Macht; er hatte die deutschen Stände niedergeworfen, Deutschland mit seinen Spaniern erobert. Spanische Besatzungen lagen überall und drückten das Land, das über die zügellosen Horden erbittert war. Das sagen uns die folgenden Verse: Könn’ wir dich, nicht erweichen Und kann’s nicht anders sein, Wohlauf, ihr frommen Deutschen, So schlagt mit Freuden drein. Stecht in die spanischen Säu’ und Hund’ Wie in die Frösch’ und lehrt sie rund, Was’ heisst, die Deutschen pochen. Für Gottes Wort und rechte Lehr’, Fürs Vaterland steht unsre Wehr; Gott helf uns überwinden! Der Kaiser erreichte durch seine jetzige Allmacht vieles, so auch, dass die Niederlande vom Reiche abgetrennt und zu Spanien geschlagen wurden. Nur dass sein Sohn Philipp zu seinem Nachfolger gewählt wurde, brachte er nicht fertig. Die deutschen Fürsten wollten die spanische Tyrannei nicht erblich machen. Wiedergabe nach Kernfragen. Erzähle!

8. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte für Volksschulen - S. 159

1822 - Elberfeld : Büschler
150 Karl und Moritz. übrigen sollten sic die Macht des Papstes, die Messe und die übrigen Hauptpunkte der katholischen Kircheuorduuug anerkennen und beibebaltcn.die protestantischen Theologen erhoben sich fast einstimmig gegen dieses Interim, indem sie erklärten, daß die Hauptgrundlage ihres Glaubensbe- kenntnisses aufgeopfert-sey. Ja, auch die Katholiken wa- ren damit unzufrieden, „weil eine Anordnung in Religi- vnssachen von keinem Layen, selbst nicht vom Kaiser, aus- gehen könne." Unter den Evangelischen erklärten sich die Städte: Kostnitz, Bremen und Magdeburg am heftigsten dagegen. Um an ihnen ein Beispiel zu gelun, daß er sich Gehorsam werde zu erzwingen wissen, sprach Karl die Acht gegen sie aus, und als die beiden erstgenannten si'ch fügten, Magdeburg aber bartnackig blieb, gab er dem Churfürsten Moritz den Auftrag, die Strafe an der Stadt zu vollziehen. Er selbst begab sich nach Inspruck in Ty- rol, um dem Concilio nahe zu seyn, welches der neue Papst Julius Ii. wieder nach Trient verlegt batte. Eine ängstliche Erwartung herrschte unter den Evan- gelischen in Deutschland. Magdeburgs Beispiel zeigte ih- nen, daß der Kaiser entschlossen sey, gegen diejenigen, welche seine Anordnungen in Religionsfachcn nicht befol- gen würden, Gewalt zu gebrauchen. Man fürchtete, daß er nur den Schluß des Tridkntiner Conciliums erwarte, Um dessen Beschlüsse anstatt des Interims mit voller Stren- ge zur Ausführung zu bringen. Alle blickten auf den Chur- fürsten Moritz als den einzigen, der Macht und Klug- heit genug habe, den evangelischen Glauben zu retten, und so war setzt für ihn der Augenblick gekommen, die gute Meinung seiner Glaubensgenossen, die er durch sein Be- nehmen znr Zeit des schmalkaldischen Krieges verloren hatte, wieder zu gewinnen. Moritz war ein junger, kraft- voller Mann, erst 30 Jahre alt, kühn und schlau, wie Karl V. selbst. Dieser, der sonst die Deutschen nicht be- sonders achtete, hatte eine große Meinung von dem jun- §kn Fürsten und schätzte ihn vor allen andern hoch. Wir haben auch gesehen, wie Moritz sich zu ihm gehalten und wm wesentliche Dienste geleistet hatte. Allein von dem Augenblicke, da Karl seinen Schwiegervater, den Land- ^afen Philipp, widerrechtlicher Weise, und trotz des von Moritz an Philipp gegebenen Ehrenwortes, in der Gefan- genschaft hielt, hatte er sein Gemüth vom Kaiser abge- und glaubte auch das Recht zu haben, den ersten günstigen Augenblick für des Landgrafen Befreiung und wnier Glaubensgenossen Rettung benutzen zu dürfen. Zeiten so heftiges Streites gebiert gewöhnlich eine

9. Neuere Geschichte - S. 67

1861 - Leipzig : Brandstetter
67 verlassen; auf das Zureden des Herzogs Moritz, seines Schwiegersohnes, und des Kurfürsten von Brandenburg, die Versicherung der kai- serlichen Gnade für ihn erhalten hatten, ergab er sich zu Halle, doch so, daß ihm die persönliche Freibeit in keiner Weise geschmälert sein sollte. Der Kaiser war unredlich genug, eine Fälschung seiner^Rätbe gut zu hei- ßen und den Landgrafen in Haft zu behalten. In Spanien war dies nichts Ungewöhnliches; es war aber das erste Mal, daß man den Kaiser einer offenbaren Wortbrüchigkeit zeihen durste. Rachedurst und Siegeslust nahmen seine Seele ein. Man hatte ihn lange nicht so vergnügt gesehen, als an dem Tage, wo es ihm gelungen war, Philipp von Hessen zur Haft zu bringen. Vergebens berief sich Herzog Moritz auf das kai- serliche Versprechen; diesmal war Karl unerbittlich. Er stand jetzt auf dem Gipfel seiner Macht. Alles beugte sich vor ihm. „Es war wieder einmal ein Oberhaupt von durchgreifender Macht in Deutschland." Doch nicht lange sollte sich der Kaiser seines Sieges in Ruhe erfreuen, denn schon drohte ein neuer Zwist mit dem Papste. Paul Iii. verlegte das Koncil von Trient nach Bologna (März 1547) und zog seine Truppen aus Deutschland zurück. Karl war hierüber sehr erbittert und veranstaltete einen neuen Reichstag zu Augsburg (Januar 1546), um über die Mittel zu berathschlagen, durch welche der Religionsstreit in Deutschland auch ohne Koncil beigelegt werden könnte. Der Reichstag stellte es in des Kaisers Ermessen, die nöthigen Mittel zu ergreifen, um „bis zur amtlichen Erörterung des gemeinen Koncils die Religionssache christlich anzustellen," und den Frieden nicht weiter zu gefährden. Auf seinen Befehl wurde nun durch katholische und protestantische Theologen das sogenannte Interim, d. h. die Erklärung, wie er es bis zur endlichen Entscheidung des Konciliums mit der Religion gehalten wissen wollte, verfaßt und als kaiserliche Anordnung bekannt gemacht. Dieses „Augsburger Interim" erregte große Bewegungen in ganz Deutsch- land; besonders heftig erklärten sich mehrere Reichsstädte dagegen, weshalb gegen sie die Reichsacht ausgesprochen wurde. Mochte nun der Uebermuth der Spanier und die schmachvolle Behandlung deutscher Fürsten durch den Kaiser den Kurfürsten Moritz aufgereizt haben, oder waren ihm erst jetzt des Kaisers Pläne zu einer Universalmonarchie klar vor die Seele getreten, genug, er begann, von Karl sich abzuwenden, und ließ auch das Interim in seinem Lande nicht einführen. Der Kaiser hatte freilich Ursache, ihn zu schonen und ließ ihm diesen Widerspruch hingehen; er trug ihm aus, die widerspenstige Stadt Magdeburg zu belagern; der Kaiser baute zu sehr auf seine eigene Klugheit, als daß er an eine Ueberlistung geglaubt hätte, und Moritz, schlau, geheimnißvoll und Meister in der Verstellung, wußte den Argwohn, der in Karl's Gemüthe auftauchen mochte, zu zerstreuen; unter äußerer Fröhlichkeit verbarg er seine großen Pläne. Wahrend dieser Bewegungen starb Papst Paul Iii. (1549). Sein Nachfolger Julius 111. ging wenigstens insofern aus den Willen des 5*

10. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte - S. 142

1837 - Elberfeld : Büschler
142 Ih, Zeitr. Die neuere Zeit, von der Reformation bis jetzt. verachtet hatte. Das mußte Karl jetzt schwer büßen, daß er sich keine Liebe in Deutschland zu erwerben gewußt hatte. Kein Reichs- stand, selbst nicht von den Katholischen, rührte sich zu seiner Hülfe; er selbst befand sich krank in Jnspruck und hatte kein Heer Zu sei- nem Schutze. Moritz aber zog mit unglaublicher Geschwindigkeit heran und war ganz nahe bei Jnspruck, ehe auch nur die Kunde von seinem Anrücken da war; es fehlte wenig, daß er den Kaiser gefangen nahm. Dieser behielt nur eben so viel Zeit, in der Nacht, im schrecklichsten Regenwetter, nach Trient zu entfliehen, indem Die- ner mit Fackeln die engen Gebirgswege erleuchten mußten. Der Kaiser saß, seiner Krankheit wegen, in einer Sänfte, sein Bruder- Ferdinand und das Gefolge zu Pferde, einige gingen auch zu Fuß. Auch der gefangene Churfürst Johann Friedrich war dabei. Wie kränkend mußte es für den Kaiser seyn, daß dieser Mann, dem er vor 5 Jahren sein Churfürstenthum genommen und dasselbe Moritz gegeben hatte, nun Augenzeuge war, wie er vor eben diesem Moritz in finsterer Regennacht durch die rauhen Tyroler Gebirge fliehen mußte! Er gab ihm gleich darauf die Freiheit und reiste von Trient, wo er sich noch nicht sicher hielt, nach Villach in Kärnthen. Moritz kehrte indeß von Jnspruck wieder um, da er den Kaiser nicht fand, und begab sich nach Passau, wohin eine Fürstenversammlung berufen war. 63. Der Augsburger Religionsfriede. 1555. Zu Passau kam ein Vertrag 1552 zwischen beiden Theilen zu Stande, des Inhalts: der gefangene Landgraf Philipp sollte seine Freiheit erhalten; alle, die noch von dem schmalkaldischen Kriege her mit der Acht belegt scyen, derselben entledigt, und wegen der Reli- gionsbeschwerden ein Reichstag berufen werden. Dieser Reichstag kam 1554 in Augsburg zu Stande, und durch die eifrigen Be- mühungen des Königs Ferdinand, der beide Partheien immer wieder auf den rechten Weg brachte, wenn sie in Gefahr waren, sich von Neuem zu entzweien, wurde wirklich 1555 der berühmte Reli- gionsfriede zu Augsburg geschlossen. Die Protestanten erhielten freie Religionsübung und blieben im Besitz aller bisher eingezogenen geistlichen Güter. Weder Protestanten noch Katholiken sollten ein- ander zum Uebertritt zu verleiten suchen, sondern ein jeder frei seinem Glauben folgen. Doch behielt jeder Landesherr das Recht, die herr- schende Kirche seines Landes zu bestimmen, mußte aber die, welche sich nicht zu derselben halten wollten, frei auswandern lassen. — Die- ser Friede hat unserm Vaterlande die lange entbehrte Ruhe wieder gegeben. Aber weder der Kaiser Karl noch der Churfürft Moritz genos- sen die Früchte davon, wie sie auch nicht mehr Theilnehmer der Ver- handlungen gewesen waren. Karl war unterdeß mit seinem letzten Kriege gegen Frankreich beschäftigt, der in den Niederlanden geführt wurde. Drei Jahre verwendete er noch auf diesen Krieg, aber es wurde wenig darin ausgerichtet und er hat ihn unvollendet seinem Sohne hinterlassen müssen. Moritz aber war schon todt. Er wurde

11. Vom Interregnum bis zum Westfälischen Frieden - S. 231

1911 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
— 231 — Nachgiebigkeit zu bewegen. Sein Kurland und die Kurwürde aber erhielt Moritz; nur einige thüringische Gebiete verblieben seinen Söhnen. Philipp von Hessen, durch Moritz und Joachim von Brandenburg veranlaßt, nach Halle zu kommen, wurde dort in Haft genommen. Deutschland lag besiegt zu den Füßen des Kaisers. Karl V. hatte die Höhe seiner Macht erreicht. Stolzen Mutes eröffnete er noch im Jahre 1547 den Reichstag zu Augsburg, auf dem sich die gedemütigten Fürsten sehr fügsam erwiesen. Sie nahmen 1548 den Reichstagsabschied mit dem „Augsburger Interim" an, das den Protestanten bis zur endgültigen Regelung P r i e st e r e h e und L a i e n k e l ch zugestand, im übrigen aber den katholischen Standpunkt wahrte. Der Kaiser meinte, damit den Deutschen den Glauben diktieren zu können; aber weder das Volk noch die gefangenen Fürsten unterwarfen sich. Auch die von Moritz — vom Volke „Judas von Meißen" genannt — für seine Lande entworfene Kirchenordnung, das Leipziger Interim, fand keinen Anklang. Offen widersetzte sich Magdeburg und wurde deshalb geächtet. In Süddeutschland begann der Kaiser selbst das Interim mit Gewalt durchzuführen und zwang Württemberg und die Pfalz zum Gehorsam. Mancher bekenntnistreue Pfarrer mußte damals seine Gemeinde verlassen und sich durch Flucht der Gewalt spanischer Soldaten entziehen. „Seit mehr als 300 Jahren machte sich zum erstenmal ein durchgreifender Wille geltend." — „Es war einmal wieder ein Oberhaupt von durchgreifender Macht in Deutschland, und jedermann fühlte, daß ein solches da war" (Ranke). Aber so sehr jetzt der Kaiser seine Pläne zu verwirklichen glaubte, überall stieß er auf zähen Widerstand, die Unterwerfung Deutschlands war nur eine scheinbare. Das deutsche Fürstentum erkannte, daß es durch das herrische Vorgehen des Spaniers in seiner Selbständigkeit schwer bedroht war. Karl wollte auch seinem Sohne Philipp die deutsche Kaiserkrone sichern, damit das Habsburgische Weltreich vereinigt bliebe. Was aber Deutschland von diesem zu erwarten hatte, darüber täuschten sich die Fürsten nicht. Sie fühlten, daß die nationalen und religiösen Interessen auf dem Spiele standen. Tiefe Mißstimmung rief endlich die Gefangenhaltung des Landgrafen Philipp von Hessen, der nach den Niederlanden abgeführt worden war, und seine schimpfliche Behandlung hervor. Man empfand die rücksichtslose Herrschaft Karls allgemein als eine Knechtung. Das gesamte Fürstentum, das katholische nicht weniger

12. Theil 3 - S. 59

1875 - Leipzig : Brandstetter
59 war, Philipp von Hessen zur Hast zu bringen. Vergebens berief sich Herzog Moritz auf das kaiserliche Versprechen; diesmal war Karl unerbittlich. Er stand jetzt auf dem Gipfel seiner Macht. Alles beugte sich vor ihm. Doch nicht lange sollte sich der Kaiser seines Sieges in Ruhe erfreuen, denn schon drohte ein neuer Zwist mit dem Pabste. Paul Iii. verlegte das Koncil von Trient nach Bologna (März 1547) und zog seine Truppen aus Deutschland zurück. Karl war hierüber sehr erbittert und veranstaltete einen neuen Reichstag zu Augsburg (Januar 1548), um über die Mittel zu berathschlagen, durch welche der Regierungsstreit in Deutschland auch ohne Koncil beigelegt werden könnte. Der Reichstag stellte es in des Kaisers Ermessen, die nöthigen Mittel zu ergreifen, um „bis zur amtlichen Erörterung des gemeinen Koncils die Religionssache christlich anzustellen," und den Frieden nicht weiter zu gefährden. Auf seinen Besehl wurde nun durch katholische und protestantische Theologen das sogenannte Interim, d. H. die Erklärung, wie er es bis zur endlichen Entscheidung des Konciliums mit der Religion gehalten wissen wollte, verfaßt und als kaiserliche Anordnung bekannt gemacht. Dieses „Augsburger Interim" erregte große Bewegungen in ganz Deutschland; besonders heftig erklärten sich mehrere Reichsstädte dagegen, weshalb gegen sie die Reichsacht ausgesprochen wurde. Mochte nun der Uebermuth der Spanier und die schmachvolle Behandlung deutscher Fürsten durch den Kaiser den Kurfürsten Moritz aufgereizt haben, oder waren ihm erst jetzt des Kaisers Pläne zu einer Universalmonarchie klar vor die Seele getreten, oder glaubte er seinen Vortheil mehr auf Seiten einer selbstständigen Stellung zu finden — dies Letztere war wohl der seinem Charakter am angemessenste Punkt —, genug, er begann, von Karl sich abzuwenden, und ließ auch das Interim in seinem Lande nicht einführen. Der Kaiser hatte Ursache, ihn zu schonen und ließ ihm diesen Widerspruch hingehen; er trug ihm auf, die widerspenstige Stadt Magdeburg zu belagern; Karl baute zu sehr auf seine eigene Klugheit, als daß er an eine Ueberlistung geglaubt hätte, und Moritz, schlau, geheimnißvoll, ein Meister in der Verstellung, wußte den Argwohn, der in Karts Gemüthe auftauchen mochte, zu zerstreuen. Während dieser Bewegungen starb Paul Iii. (1549). Sein Nachfolger Julius Iii. ging wenigstens insofern auf den Willen des Kaisers ein, daß er das Koncil in Trient wieder eröffnete (1551), er forderte aber nachdrücklich die Betheiligung der evangelischen Fürsten an den Berathungen. Diese erhoben darauf sehr begründete Einwendungen, und neue Gefahren ernster Art schienen sich für Deutschland zu erheben. Es trat jetzt ein neuer Streiter gegen die kaiserliche Macht auf, Moritz von Sachsen. Die Belagerung Magdeburgs hatte er absichtlich in die Länge gezogen; jetzt wollte er sich vor der Welt seiner

13. Neuere Geschichte - S. 59

1848 - Leipzig : Brandstetter
59 cm demselben Tage, an welchem er in Wittenberg als Sieger einzvg, wurde sein alter Nebenbuhler, König Franz I. von Frankreich, in die Gruft getragen. Der Landgraf Philipp von Hessen sah sich von allen Seiten verlassen; aus das Zureden des Herzoges Moritz, seines Schwiegersohnes und des Kurfürsten von Brandenburg, die eine Versicherung der kaiserlichen Gnade für ihn erhalten hatten, ergab er sich zu Halle, doch so, daß ihm die persönliche Freiheit in keiner Weise geschmälert sein sollte. Der Kaiser verzieh ihm, war aber unredlich genug, eine Fälschung seiner Näthe gut zu heißen und den Landgrafen in Haft zu behalten. Vergebens berief sich Herzog Moritz auf das kaiserliche Versprechen; dießmal war er un- erbittlich. Doch nicht lange sollte sich der Kaiser seines Sieges erfreuen, denn er zerfiel jetzt wieder mit dem Papste Paul Ui. Dieser verlegte das Concil von Trient nach Bologna (März 15 47 ) und zog seine Truppen aus Deutschland zurück. Karl war hierüber sehr erbittert und veranstaltete darauf einen neuen Reichstag zu Augsburg (Jan. 1548), um über die Mittel zu berathschlagen, durch welche der Religionssireit in Deutschland auch ohne ein Concil beigelegt werden könnte. Der Reichstag stellte es in des Kaisers Ermessen, die nöthigen Mittel zu ergreifen, um „bis zur amtlichen Erörterung des gemeinen Concils die Religionssachc christlich anzustellen," und den Frieden nicht weiter zu gefährden. Auf seinen Befehl wurde daher durch katholische und protestantische Theologen das sogenannte Interim (d. h. die Erklärung, wie er es bis zur endlichen Entscheidung des Conciliums mit der Religion gehalten wissen wollte) verfaßt und überall als kaiserliche Anordnung bekannt gemacht. Dieses Interim erregte große Bewegungen in ganz Deutschland; besonders heftig erklärten sich mehre Reichsstädte dagegen, weßhalb endlich gegen sie die Reichsacht ausgesprochen wurde. Mochte nun der Uebermuth der Spanier und die schmachvolle Behandlung deutscher Fürsten durch den Kaiser den Kurfürsten Moritz aufgereizt, oder mochte er schon länger den Entschluß gefaßt haben, dem Kaiser gegenüber zu treten, — genug er begann von Karl sich abzuwenden und ließ auch das Interim in seinem Lande nicht einführen. Der Kaiser hatte freilich Ursache, ihn zu schonen und ließ ihm diesen Widerspruch hingehen, ja er trug ihm selbst auf, die widerspenstige Stadt Magdeburg zu belagern. Während dieser Bewegungen starb Papst Paul Iii. (1549). Sein Nachfolger Julius Iii. ging wenigstens insofern auf den Willen des Kaisers ein, daß er das Concil in Trient wieder eröffnete (1551), er forderte aber nachdrücklich die Betheiligung der evangelischen Fürsten an dem Concile. Diese erhoben darauf sehr begründete Einwendungen und neue Gefahren ernster Art schienen wieder für Deutschland einzutreten, als Kurfürst Moritz auftrat, um sie zu zerstreuen. Die Belagerung Magde- burgs hatte er schon absichtlich in die Länge gezogen, jetzt wollte er sich vor der Welt seiner zweideutigen Handlungsweise wegen reinigen, die

14. Der Unterricht in der Geschichte - S. 122

1893 - Delitzsch : R. Pabst
122 Der schnialkaldische Krieg. Reformation in Preußen und Brandenburg. riet ihm, die Gebeine des Erzketzers ausgraben und verbrennen zu lassen. Tiefernst antwortete der Kaiser: „Laßt ihn ruhen. Der hat seinen Richter gesunben. Ich führe Krieg- mit den Lebenden, nicht mit den Toten." Mit Schrecken hatte Philipp von Hessen die Vorgänge an der Elbe vernommen. Durch Vermittelung seines Schwiegersohnes Moritz, des nunmehrigen Kurfürsten von Sachsen, hoffte er gnäbige Aufnahme beim Kaiser zu finden. In Halle leistete der Landgraf Abbitte, würde ober wider Erwarten in Haft genommen. b) Die evangelische Sache ßegt. So war der s ch m a l k a l d i s ch e Bund zertrümmert. Kaiser Karl ging nach Augsburg und ließ eine einstweilige Glaubensvorschrift aufstellen, das A u g s b u r g e r I n t e ri m. Dasselbe war ungünstig für die Protestanten, deshalb weigerten sich viele Städte, es anzunehmen. Am meisten widerstrebte Magdeburg. Diese Stadt zu züchtigen, erklärte der Kaiser sie in die Acht und übertrug Moritz die Vollziehung derselben. Moritz war aber dem Kaiser gram, weil derselbe trotz aller Bitten Philipp von Hessen streng gefangen hielt. Nun wollte Moritz den Evangelischen, die ihn des Verrats bezichtigten, zeigen, daß er sein Herz für die evangelische Sache nicht verloren habe. Er gab den Magdeburgern einen günstigen Frieden, zog sein Heer zusammen und wandte sich nach Siiddeutfchland gegen den Kaiser. Nur mit Mühe entging Karl der Gefangenschaft. Im Pasfauerv ertrage (1552) wurden die beiden Gefangenen losgegeben und den Evangelischen freie Religionsübung zugesichert. Dem Kaiser waren die deutschen Angelegenheiten gänzlich verbürgte- leidet. Er übertrug seinem Bruder die Fortführung derselben. Endlich ligions- kam aus dem Reichstage zu Augsburg der Religio nssriebeit zu-1555” stände, 1555, welcher den Protestanten gleiche Rechte mit den Katholiken gewährte. Zwar wurde in einer Klausel bestimmt, die Geistlichen, die zukünftig zur evangelischen Lehre übergingen, sollten ihre Stifter und Pfründen au die katholische Kirche ausliefern, (diesen Zusatz nannte man den geistlichen Vorbehalt), allein mit dem Augsburger Religionsfrieden war der Sieg der evangelischen Sache in Deutschland kundgegeben und die Macht des Papstes gebrochen. 36. Tie Einführung der Reformation in Preußen und Brandenburg. a) Der Deutschorden in ein weltliches Herzogtum umgewandelt. Selbst in dem Orbenslanbe der Deutschritter, in Preußen, sehnte man sich nach der neuen Lehre. Die uralten Preußen an Weichsel und Pregel waren zwar tapfer und arbeitsam, sie blieben aber lange Zeit rohe Heiben, welche die christlichen Sendboten Adalbert von Prag und Brun von Qnerfnrt grausam hinmordeten. Aus Veranlassung des frommen Mönchs C h r i sti a n von Oliva wandten sich die Deutschherren unter dem Landmeister Hermann Balk nach dem heidnischen

15. Theil 3 - S. 48

1867 - Breslau : Max
48 Neue Geschickte. 1. Periode. Deutschland. hob: „Wel ik sal juw lachen lehren!" Doch ließ er durch seinen Kanzler ablesen, daß er Gnade für Recht ergehen lassen und dem Landgrafen sein Leben, welches er verwirkt babe, schenken wollte. Jetzt erwartete Philipp, der Kaiser werde ihm zur Ver- söhnung die Hand reichen und ihn ausheben. Da er das aber nicht that, sondern ihn immer noch knien ließ, stand Philipp selbst aus und ging trotzig zur Thüre hinaus. Am Abende war er nebst Moritz und Joachim von Brandenburg zum Herzoge von Alba geladen, und als er von da nach Hause gehen wollte, erklärte ihm dieser, er sei ein Gefangener; der Kaiser wolle es so. Moritz und Joachim protestirten: der Kaiser habe ihnen ja ausdrücklich gesagt, er wolle dem Landgrafen die Freiheit schenken und sie hätten sich diesem dafür verbürgt. Aber nichts half, und Karl selbst leugnete auf den Rath des verschmitzten Car- dinals Granvella Alles ab; er habe nur versprochen, es solle ihm „kein ewiges Gefängniß" werden.*) So blieb der Landgraf also gefangen, und wurde endlich gar nach Mecheln geschickt und da in ein enges Gefängniß gesteckt. Erst nach fünf traurigen, Jah- ren wurden beide Gefangene wieder freigelassen; doch verlor Philipp seine Länder nicht. In der Gefangenschaft aber hatte es Johann Friedrich besser; denn er blieb beim Kaiser und zog mit ihm herum. Jetzt stand Karl auf der höchsten Spitze feiner Macht. Ganz Deutschland war ihm unterworfen, und mit Recht fürchteten die Evangelischen, er werde nun, seinem dem Papste geleisteten Ver- sprechen gemäß, die evangelische Lehre mit Gewalt unterdrücken. Aber das that er nicht, und dies gereicht ihm zur besondern Ehre. Viel mochte zu dieser Mäßigung wohl beitragen, daß er jetzt mit eigenen Augen in Sachsen gesehen hatte, daß die Evan- gelischen gar nicht so böse wären, als sie von den Katholiken immer geschildert waren. Er rief selbst einmal aus: „Es ist doch Alles ganz anders im evangelischen Lande und unter den evan- gelischen Leuten, als ich es mir gedacht habe!" Und als er hörte, daß man in Sachsen während seiner Anwesenheit den evangelischen Gottesdienst eingestellt habe, rief er mit unverstelltem Unwillen: „Behüte! wer richtet uns das an? Ist in unserm Namen hier der Dienst Gottes unterlassen, so gereicht uns das *) Die Scene der Abbitte geschab auf der sogenannten Residenz, wo Karl seine Wohnung hatte, und die Gefangennebmung in der Moritzburg, wo Alba wohnte.

16. Geschichte des teutschen Volkes - S. 348

1837 - Oldenburg : Schulze
318 Sechster Zeitraum. Kaiser Karl aber sah mit Schmerzen auf den undankbaren Erfolg seiner langjährigen Bemühungen. Die mühsamsten Anstrengungen seines Lebens waren sie freilich nicht einmal gewesen; aber eben deshalb sehnte sich jetzt sein Geist nach Ruhe. Auch war sein alterndes und kränkelndes Leben den großen Mühen nicht mehr gewachsen. Also"entschloß er sich zur Niederlegung der Negierung und übergab einen Monat nach dem Reichstage zu Augsburg seinem Sohne Philipp die Niederlande, so wie Spanien mit allen Nebengebieten (I. 1555), dem Könige Ferdinand aber Deutschland mit der Kaiserwürde (I. 1556), welche diesem jedoch erst im I. 1558 förmlich von den Ständen übertragen wurde. Darauf zog er sich in die Nähe des Klosters St. Inste in Estremadura zurück und starb daselbst nach zwei Jahren stiller Einsamkeit im 59sten Jahre seines Lebens und im 35sten seiner sehr merkwürdigen Regie- rung. Zwar hatte er Großes erstrebt, weit umfassende Plane sich gemacht und auch mit Muth und Kraft, wie rastlos und nach innerer Ueberzeugung, in das unabsehbare Getreide der Zeit eingegriffen;' aber der Entgegenwirkungen waren zu viele und zu zäher Art, als daß er durchweg zum Ziele hätte ge- langen können. Dennoch hat er mit wahrer kolossaler Größe zwischen den Fluten gestanden und dem undankbaren Geschicke trotzend seinen kräftigen Arm entgegengestemmt. Wie hätte es werden mö^en, wenn er noch Kaiser im früheren Sinne gewesen, wenn ihm die Kraft der Nation zu Gebote gestanden? Aber sie war zerronnen in viele kleine Arme und Verzweigun- gen, und über die Einzelnen befahl kein gemeinsames Interesse mehr, meistens sogar Eigennutz und selbstwillige Verstocktheit. An dieser Klippe scheiterte das Kaiserthum unter Karls Ne- gierung fast melw, als unter den früheren Reichshäuptern zu- sammen; denn so sehr er sein Lebelang die Würde des Thrones zu erhalten gestrebt und wirklich erhalten hatte, so vernichtend war der Schlag, den Moritz am Ende vollführte, und das herbe Beispiel verewigte sich in dem Passauer, wie in dem Augs- burger Vertrage. Die entfesselten Strömungen haben von da an eine ausgedehntere Breite bekommen und sich darin eigen- mächtig oder wie von selbst stets mehr ausgepräget. Ihre vollendeten Lebensbilder in den einzelnen Besonderstaaten sind die Geschichte unsrer Tage. Statt der inneren Einheit traten direkte Gegensätze in das politische Leben, und Heil mußte entstehen aus einer traurigen Nothhülfe, aus dem Streben nach politischem Gleichgewichte. Es wurde alsbald', wie es unerläßlich war, ein heilsames System daraus, denn was Ge- sammtinteressen nicht mehr vermochten, schufen jetzt, freilich unter Blutvergießen stets wieder aufrechtgestellt, Zwangsver- hältnisse, bis das Völkerrecht alle Theilganzen inniger umschlang. r

17. Von der Reformation bis zur Französischen Revolution - S. 57

1879 - Leipzig : Teubner
Moritz von Sachsen 1552. 57 Kaiser vor dem kühnen und ränkevollen Manne; aber Karl antwortete: „Er hat mir solche Zusicherungen gemacht, daß ich mir nur Gutes von ihm verspreche, wenn es noch Glauben in menschlichen Dingen gibt." Um den Kaiser ganz sicher zu machen, schrieb ihm Moritz, er werde zu ihm nach Innsbruck kommen, und er trat auch wirklich mit einigen seiner Räthe die Reise nach Innsbruck au, wo er sich sogar eine Wohnung hatte miethen lassen, kehrte aber nach einigen Tagen unter dem Vorwand einer Krankheit wieder um, während er seine Begleiter vorausschickte, umdemkaiser den Unfall zu berichten. Endlich, als Moritz hinlänglich gerüstet war, schlug er los, am 20. März 1552. Er rückte mit seinen Verbündeten dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach und dem hessischen Prinzen Wilhelm, Sohn des Landgrafen, in Franken ein und erließ zur Rechtfertigung feines Unternehmens ein Manifest durch das Reich, in welchem er dem Kaiser vorwarf, daß er gegen die Verträge den Landgrafen Philipp gefangen halte, daß er die Religionsfreiheit unterdrückt und die Fürsten in ihren Rechten gekränkt, daß er gegen die Capitnlation, die er bei seiner Wahl beschworen, fremde Kriegsvölker nach Deutschland geführt habe. Er eilte mit solcher Schnelligkeit durch Süddeutschland gegen Innsbruck, daß der Kaiser, ungerüstet wie er war, und am Podagra danieder liegend, gefangen genommen worden wäre, wenn nicht in der Näh/von Innsbruck eine Meuterei der Truppen Moritz eine Zeitlang aufgehalten hätte. So gewann der Kaiser noch Zeit zu entfliehen. Er ließ sich in einer regnerischen Nacht unter Fackelschein auf den schlechtesten Wegen in einer Sänfte über die Gebirge nach Villach in Kärnthen tragen. Den gefangenen Kurfürsten Johann Friedrich, den er stets in seiner Nähe gehalten, setzte er in Freiheit. Moritz verfolgte den Kaiser nicht weiter, sondern begab stch nach Pasfan, wo eine Fürstenversammlung abgehalten werden sollte. Der Kaiser grämte und schämte sich, daß er von dem Manne, dem er so viele Wohlthaten erwiesen, dem er so fest vertraut, den er selbst in den schlauen Künsten der Politik unterrichtet hatte, sich so sehr hatte täuschen lassen

18. Deutsche Fürsten- und Ländergeschichte, deutsche Reformationsgeschichte - S. 383

1895 - Gera : Hofmann
18. Der schmalkaldische Krieg. 383 Johann Friedrich zum Verzicht auf die Kurwürde gebracht wurde, so konnte dem Kaiser auch die Gefangenschaft dieses sächsischen Fürsten genügen. Auf solche Bedingungen hin ward auch am 19. Mai die Wittenberger Kapitulation abgeschlossen, welche so die erste Frucht des Mühlberger Sieges zur Reife brachte. Moritz ward im Kurfürstentum als der neue Landesherr anerkannt, und Johann Friedrich, der frühere Kurfürst, jetzt Herzog von Sachsen, mußte dem kaiserlichen Lager als Gefangener folgen. Es galt auch den zweiten Führer des protestantischen Bnndes in die Macht des Kaisers zu bringen. Schon in dem vergangenen Winter hatten mehrfache Versuche stattgefunden, den Landgrafen Philipp in den Gehorsam des Kaisers zurückzuführen und ihn, den Schwiegervater des Kurfürsten Moritz, durch gütlichere Mittel als durch Waffengewalt mit dem Kaiser zu versöhnen. Aber bis hierhin war aller Versuch einer Vermittlung an der Hartnäckigkeit beider Teile gescheitert: was Philipp bot, genügte dem Kaiser nicht, und eine unbedingte Unterwerfung, wie Karl sie forderte, hätte des Landgrafen Stellung völlig vernichtet. Erst der Sieg bei Mühlberg und die Besetzung des sächsischen Landes brachten den Landgrafen auf gefügigere Gedanken. Als jetzt Kurfürst Joachim von Brandenburg und mit ganz besonderem Eifer Kurfürst Moritz die Versöhnng des Landgrafen mit seinem Kaiser betrieben, um den Ausbruch des kaiserlichen Unwetters von Hessen abzuwenden, da gelang es ihren Bemühungen, einen Vergleich zu erzielen. Und es war ein Triumph der kaiserlichen Staatskunst, ein gewagter und gelungener Staatsstreich, wie Karl hier die Unterwerfung des Landgrafen Philipp unter feinen Willen zu stände gebracht hat. Während Karl, auf alle Fälle sich rüstend, auch die Möglichkeit eines hartnäckigen Widerstandes in Hessen ins Auge faßte, während er auch zu einem etwa nötig werdenden kriegerischen Zuge sich erhob, legten ihm die vermittelnden Fürsten des Landgrafen Vorschläge vor. Karl wies sie entrüstet zurück; und erst die Artikel, die dann Moritz und Joachim aus eigenem Willen dem Kaiser vortrugen, fanden in feinem Rate Billigung. Sie setzten fest, daß alle hessischen Festungen, mit Ausnahme etwa eines Platzes, dem Kaiser übergeben werden sollten, und machten ferner ans, daß Landgraf Philipp sich selbst „zu Gnad und Ungnad" in die Hand des Kaisers begebe. Den beiden Vermittlern gab Karl dabei die Versicherung, daß diese allgemein gehaltene Unterwerfungsformel, die der Landgraf eingehen müsse, „nicht zu körperlicher Strafe oder beständigem Gefängnis" führen sollte. Daraus setzten dann auch diese Fürsten ihre Versuche bei Landgraf Philipp fort und schlossen die Abkunft auf jene Bedingungen: sie waren der Meinung, daß keine Gefahr für Philipp aus dieser seiner Unterwerfung entstehen könne; sie beredeten ihn zur persönlichen Erscheinung bei dem Kaiser, zur persönlichen Demütigung vor dem Herrscher; sie hofften gnädige Verzeihung alles Geschehenen ihm ausgewirkt zu haben. Als so des Landgrafen Ankunft im kaiserlichen Lager bevorstand, erwog der Kaiser es reiflich, wie sehr er seine allgemeinen Pläne für Deutschland durch eine Gefangensetzung dieses unruhigen Opponenten fördern könne. Freilich, zu einem immerwährenden Gefängnis hatte er selbst sich die Berechtigung genommen, aber zu einem zeitweiligen war ihm doch auch

19. Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung - S. 215

1858 - Leipzig : Engelmann
Die Religionskriege in Deutschland. 215 d.en. Moritz und Joachim von Brandenburg verwendeten sich für ihn und erlangten die Zusicherung, „wenn er sich auf Gnade und Ungnade ergebe, Ab- bitte thue, und seine Festungen ausliefere, so solle er weder mit Leibesstrafe noch mit ewigem Gefängniß belegt werden." Durch mündliche Unterredung wurde die Bedingung noch gemildert, so daß die beiden Fürsten dem Landgra- fen Sicherheit seiner Person und seiner Besitzungen gewährleisteten. Im Ver- trauen hierauf begab sich Philipp mit einem sichern Geleit versehen nach Halle, wo das kaiserliche Feldlager war. Als er hier in feierlicher Versammlung fuß- fälligabbittegethan und dann, von Herzog Al ba zum Abendessen ge- laden, sich aufs Schloß begeben hatte, wurde er trotz aller Einwendungen fest- gehalten. Der Kaiser konnte sich den Triumph nicht versagen, seine beiden größten Gegner in seiner Gewalt zu haben. Bald darauf verließ Karl Sachsen und nahm die Gefangenen mit sich. Diese Thal führte zuerst eine Kälte zwi- schen Moritz und dem Kaiser herbei. §. 336. Unterdessen hatte das am 13. Dezember 1545 eröst'nete Triden- tiner Concil seine Berathungen gehalten. Da aber die Verhandlungen unter der Leitung des päpstlichen Legaten vor sich gingen und der Kern der Versamm- lung aus Ordensgeistlichen und unbedingten Anhängern des Papstthnms be- stand, so erhielten die Beschlüsse eine solche Fassung, daß die Protestanten darin eher eine Abstoßung als eine Annäherung erkennen mußten. Dieser Gang war dem Kaiser, der jetzt die so lange gewünschte Vereinigung der Confessionen zu Stande zu bringen hoffte, höchst unangenehin; er machte Vorstellungen und wünschte die Geheimhaltung der Beschlüsse, da er gerade jetzt die protestanti- schen Stände zu dem Versprechen gebracht hatte, sich dem Concil zu un- terwerfen, wenn die bereits entschiedenen Punkte einer neuen Berathung unterworfen würden. Aber Paul Iii., der wohl merkte, daß der Kaiser die Ab- sicht hege, das Papftthum zu beschränken und in der katholischen Kirche solche Reformen einzuführen, daß die Protestanten sich zu einem Beitritt entschließen könnten, ließ nicht nur die Beschlüsse bekannt machen, sondern verlegte auch das Concil nach Bologna. Darüber wurde der Kaiser höchst ungehalten. Er verbot den Geistlichen, Trient zu verlassen, vermochte aber nur die Minder- zahl zurückzuhalten, und um in Deutschland eine Wiedervereinigung der Kirche anzubahnen, ließ er eine Verordnung ausgehen, wie es bis zur Beendigung des Concils gehalten werden sollte. Dies geschah durch das Augsburger In- terim, das anfangs für beide Religionötheile bestimmt war, später aber auf die Protestanten allein beschränkt wurde. In diesem war den Bekennern der evangelischen Kirche der Kelch und die Priester ehe gestattet, in der Lehre von der Rechtfertigung, der Messe und einigen andern Punkten durch eine unbestimmte Fassung eine Annäherung versucht, im Gottesdienst aber und in den Ceremonien der alte Gebrauch beibehalten. Dieses Interim fand großen Widerspruch, weniger bei den protestantischen Fürsten als bei den Städten und Predigern. Die letztem konnten weder durchamtsentsetznng noch durch Schädigung an Gut und Freiheit zur Annahme einer Religionsbe- stimmung bewogen werden, die ihrem Gewissen widerstrebte. Von ihren Stel- len vertrieben flohen sie die Heimath und den häuslichen Heerd, um sich auf verborgenen Wegen nach den norddeutschen Städten zu retten, die das Interim entschieden zurückwiesen. Gegen 400 Prediger waren landesflüchtig; den mei- sten bot das mit der Acht beleg te M agdeburg eine Zufluchtsstätte. Auch in Sachsen, der Wiege der Reformation, entflohen viele Geistliche aus Haß gegen das Leipziger Interim, bei dessen Abfassung sich Melanchthon den Vorwurf allzugroßer Nachgiebigkeit zugezogen. Von Magdeburg ging eine 1347 1548

20. Deutsche, insbesondere brandenburgisch-preußische Geschichte vom Ausgange des Mittelalters bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen - S. 27

1903 - Wolfenbüttel : Zwißler
Erster Abschnitt. Die Reformation in Deutschland bis zum Augsburger 27 Religionsfrieden. tenbergs rettete er sein Leben, die Todesstrafe wurde in ewiges Ge-fngnis" verwandelt. Kursachsen mit der Kurwrde erhielt Moritz, doch sollten einige Bezirke den Shnen Johann Friedrichs verbleiben. Aus den letzteren Besitzungen sind spter die schsisch-thringischen Herzogtmer (Ernestinische Linie) entstanden. Bald darauf unter-warf sich auch Philipp von Hessen. Er leistete in Halle Abbitte vor dem Kaiser, wurde aber trotz der Frsprache, die sein Schwiegersohn Moritz und der Kurfürst Joachim Ii. von Brandenburg fr ihn einlegten, in Gefangenschaft gehalten. 3. Das Augsburger Interim. Karl V. war nun Herr in Deutsch-land und im Besitze einer Gewalt, wie sie seit lange kein Kaiser gehabt hatte. Die bermacht des deutschen Kaisertums erregte jedoch beim Papste Besorgnis; es kam zu einer Entzweiung zwischen beiden, die schlielich zu eiuem vlligen Bruche wurde. Infolgedessen entschlo sich Karl, die religisen Verhltnisse in Deutschland nach eigenem Ermessen zu ordnen. Er gab daher, um nicht als Unterdrcker des evangelischen Glaubens zu erscheinen, das Augsburger Interim 1548 (sogenannt, weil es die religise Frage inzwischen", lateinisch interim", d. h. bis zu einem allgemeinen Konzile regeln sollte), das den Protestanten zwar den Kelch beim Abendmahle und die Priesterehe lie, im brigen aber die Rckkehr zur katholischen Kirche verlangte. Nur wenigen Bekennern der neuen Lehre gengte dieses Zugestndnis. Allgemein wurde der Spruch: ,/Das Interim hat den Schalk hinter ihm." An der Spitze der evan-gelischen Städte, welche die Annahme des Interims verweigerten, stand das mchtige Magdeburg (unseres Herrgotts Kanzlei"). Die Stadt wurde daher vom Kaiser in die Acht getan und Moritz mit der Vollstreckung derselben betraut. 4. Moritz von Sachsen. Aber nicht nur der Papst, sondern auch die deutschen Fürsten nahmen Ansto an des Kaisers Machtflle, die ihrer Selbstndigkeit gefhrlich zu werden drohte. Mit Unwillen und Eutrstung ertrugen sie den bermut der Spanier, die auf sie wie auf Besiegte herabsahen, mit Argwohn verfolgten sie den Plan des Kaisers, seinem spanisch erzogenen Sohne Philipp die Nachfolge im Kaisertums zu hinterlassen. Auch Moritz von Sachsen, bis jetzt des Kaisers wichtigster Bundesgenosse, schlo sich den Unzufriedenen an, da der Kaiser ihm nicht alle Versprechungen erfllt hatte und seinen Schwiegervater, den Landgraf Philipp, noch immer in harter Gefangenschaft hielt. Dazu