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1900 -
Stuttgart
: Daser
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Kuno ließ sich diese Ungerechtigkeit gefallen und zog bald nach dem
Tode seines Vaters auf sein Schloß Hirschberg. Nach ein paar Wochen
kehrte er jedoch wieder zurück und brachte eine prächtige Sänfte, die
von zwei Maultieren getragen wurde, mit sich, um seinen Lehrer, den
alten Pater Joseph und seine ehemalige Lebensretterin, die alte Feld-
heimerin, damit abzuholen, was die Stiefmutter mit ihren Söhnen sehr
lächerlich, jeder andre aber sehr edelmütig und lobenswert fand.
Dem guten Kuno machte die Feindschaft seiner Brüder gegen ihn
viel Herzeleid, und er versuchte es oft, sich mit ihnen zu versöhnen.
So hatte er nahe bei seinem Schlosse einen Weiher voll der köstlichsten
Fische. Er bot ihnen an, das Fischrecht mit ihnen zu teilen; sie wollten
ihm aber dabei Bedingungen machen, als ob sie die Besitzer des
Teiches wären, und die Teilung kam nicht zu stände, was sich Kuuv
so zu Herzen nahm, daß er krank wurde. Als die beiden Brüder dies
vernahmen, waren sie sehr erfreut und hofften, daß er sterben werde.
Sie,gaben sich gegenseitig das Versprechen, alle Kanonen auf ihren
Burgen zu lösen, sobald die Todesnachricht zu ihnen gelange; wer aber
zuerst schieße, solle das beste Faß Wein aus Kunos Keller haben. Sie
stellten beide heimlich Wachen aus, und der „Kleine Schalk" versprach
sogar einem Diener Kunos viel Geld, wenn er ihm die Todesnachricht
zuerst bringe. Der Diener aber erzählte alles der Feldheimerin, und
diese teilte es dem Grafen Kuno mit, der zuerst nicht an diese Nieder-
trächtigkeit glauben wollte. Die erbitterte alte Frau gab nun den Rat,
das Gerücht ausstreuen zu lassen, daß der Graf am Sterben liege,
dann werde er schon sehen, was geschehe.
Der Knecht Kunos mußte also nach Schalksberg reiten, um den
nahen Tod seines Herrn zu verkünden. Auf dem Wege begegnete er
auch dem Wächter Wolfs, dem er zurief, daß sein armer Herr am
Sterben sei, worauf der Knecht Wolfs so eilig nach dem Zollern ritt,
daß sein Pferd am Tore tot niederstürzte und er nur noch rufen konnte:
„Graf Kuno stirbt!" ehe er ohnmächtig wurde. Jetzt donnerten die
Kanonen vom Zollern herab, und zu gleicher Zeit vernahm man auch
den Schall der Geschütze von Schalksberg, und Wolf sagte lächelnd:
„Aha! der „Kleine Schalk" hat also auch einen Spion gehabt!" —
Nun ließen beide Brüder ihre Pferde satteln und ritten nach Hirschberg
zu. Jeder wollte der erste sein, weil keiner dem andern traute und
glaubte, daß er etwas heimlich beiseite bringen könnte. Am Fischteich
trafen sie zusammen, und beide mußten vor einander erröten, weil jeder
die Gedanken des andern kannte. Als sie aber von da über die Zug-
brücke ritten, sah ihr Bruder wohlbehalten zum Fenster heraus, worüber
sie sehr erschraken. Er aber rief ihnen voll Zorn und Unmut zu: „Ich
habe eure Freudenschüsse wohl gehört! Von nun an sind alle Bande der
Verwandtschaft zwischen uns aufgelöst. Ich habe fünf Feldschlangen auf
meinem Hofe stehen und sie scharf laden lassen; darum macht, daß ihr
fortkommt, oder ihr werdet erfahren, wie man auf Hirschberg schießt!"
Die edeln Brüder machten sich schnell aus dem Staube, und eine
Stückkugel, die über ihre Köpfe hinsauste, trieb sie zu noch größerer
1910 -
Langensalza
: H. Beyer (Beyer & Mann), Herzögl. Sächs. Hofbuchh.
- Autor: Troll, Max
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
Josephs Rock und Träume. — a) Gesinnungsstoff. 13
Hütte wie den Joseph. Warum hatte er sie nicht so lieb? Weil sie immer
böse Streiche verübten und den Vater ärgerten. Was hätten sie sich vor-
nehmen müssen? Wir wollen auch so artig sein wie Joseph, dann macht
uns der Vater auch einen bunten Rock. Aber sie bessern sich nicht. Woraus
merkt ihr das? Als Joseph seinen ersten Traum erzählte, wurden sie böse
auf ihn. Und nach dem zweiten Traum? Da sprachen sie gar nicht mehr
mit ihrem Bruder. Aber auch untereinander waren sie böse. Was geschah
oft? Sie zankten und schlugen sich. Die Brüder waren also zänkisch und
uneinig.
Was gefällt dir an Joseph? Er ist artig, folgsam. Ob es aber recht
ist von Joseph, daß er alles, was die Brüder tun, dem Vater wiedersagt?
Nein. Warllm hat er wohl manchmal dem Vater die Sireiche der Brüder
erzählt? Er wollte, der Vater sollte die Brüder bestrafen. Dann war
Joseph froh über die Strafe, über den Schaden, den die Brüder erleiden
mußten, er war schadenfroh. Wie nennt man ein solches Kind, das alles
daheim angibt? Einen Angeber, Klatscher. Was gefällt dir also an Joseph
nicht? Als er nun gar den bunten Rock bekam, was dachte er da von sich
und von seinen Brüdern? Ich bin doch viel besser als meine Brüder. Da
sagt man, Joseph war hochmütig. Das merkt man auch aus den Träumen.
Er sagt, die Brüder (und die Eltern) sollten sich vor ihm verneigen. Vor
wem verneigt man sich nur? Vor vornehmen Leuten. Joseph hielt sich
also für vornehm; er war stolz.
Wer war denn wohl daran schuld, daß Joseph stolz und hochmütig
geworden war? Der Vater. Wodurch hatte er seinen Sohn stolz und
hochmütig gemacht? Bunter Rock. Wer war denn schuld, daß Joseph ein
Angeber wurde? Der Vater. Wie hätte der Vater zu Joseph sagen
müssen, wenn er ihm jeden kleinen Streich der Brüder erzählte? „Aber
Joseph, so etwas erzählt man doch nicht wieder!" War denn das recht,
.daß der Vater den Joseph vorzog? Was gefällt uns also an dem Vater
nicht? Er zieht den Joseph vor, er macht ihn stolz und macht ihn zum
Angeber.
Verknüpfung. Welche Kinder in den Märchen waren nicht zänkisch
und uneinig? Fundevogel und Leuchen. Nenne ein Mädchen, das seine
Schwester auch um ihr schönes Kleid beneidete! Die Faule in „Frau Holle".
Welches Tier im Märchen war stolz? Hühnchen. Woraus erkennen wir,
daß es stolz war? Es wollte nicht zu Fuß heimgehen, sondern fahren.
Welche Mutter hat auch ein Kiiid dem andern vorgezogen? Die Stiefmutter
der Goldmarie. Inwiefern? Nenne Tiere, die böse Streiche verübten!
Hähnchen, Wolf und Fuchs. Inwiefern?
«Zusammenfassung: Siehe, wie fein und lieblich ist es, wenn Brüder
einträchtig beieinander wohnen.
Anwendung: Darf eine Schülerin, eine Schwester, ein Bruder an-
geben? Nicht jede Kleinigkeit, nicht aus Schadenfreude. Wie willst du es
machen, wenn dein Bruder ein Geschenk bekommt und du nicht? Ich will
mich mit ihm freuen und ihn nicht beneiden. Erinnern an das Weihnachts-
fest und den Wert der Geschenke. Und wenn du ein neues Kleid bekommst?
Dann soll ich nicht stolz sein, wenn auch die andern Kinder nicht so schön
1874 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor, Rohmeder, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Deutsches Reich — Geschichtlicher Ueberblick. ^ 787
So stand wahrlich Deutschland am Ende des 17. Jahrh. in mancher
Hinsicht tiefer als im Beginn des 13., jedoch nur vorübergehend, nur er-
schöpft durch langen innern Streit und durch die zerstückelte Staatsform.
Der Kern des Volkes war noch tüchtig, noch ungeschwächt. Die bösen
Früchte des im 16. Fahrhundert begonnenen Kampfes hatte man geerntet;
die guten, nämttch die Entfesselung des Geistes und'die Wiederbelebung
des Nationalgefühls, waren erst noch zu ernten. Sobald das Schwert des
kirchlichen und politischen Zwiespaltes wirklich im Ernst beiseite gelegt war,
konnte man die Idee, worüber gekämpft worden, ruhiger betrachten und von
dem gewonnenen Rechte freier Forschung Gebrauch machen. Dies war dem
18. Jahrhundert aufbehalten; schon in dessen Beginne kam der deutsche
Name durch einzelne vorzügliche Köpfe (Leibnitz und Wolf als Philosophen,
Mosheim als Theolog, Maseov als Beleuchter altdeutscher Geschichte, und
selbst durch außerordentliche Tonkünstler wie Händel und Seb. Bach) zu
neuen Ehren. Sehr viel trug Preußens bestverleumdeter König Fried-
rich Ii. (1740—1786) dazu bei. Was er, obwohl die srauzösische Literatur
vorziehend, dennoch bloß durch sein Dasein sür die deutsche gethan hat, ist
nie genug zu schätzen. In ihm besaß der Deutsche zum erstenmal seit Jahr-
Hunderten wieder einen von aller Welt gefeierten einheimischen Monarchen;
selbst der Franzose Flenry mußte ihm gegenüber bekennen: Ihr seid der
Schiedsrichter von Europa. Des Königs eigne Achtung vor der Freiheit
des Denkens regte die Denker auf, feine Heldenthaten weckten das Vater-
landsgefühl und beflügelten Ideen und Sprache. Mit kritischer Unter-
suchung verband sich neue dichterische Lust, und rasch öffnete sich die jetzige
deutsche Literatur, worin Kleist, Gleim, Gellert, Klopstock, Winkelmann u. a.
vorangingen. In Sachsen und Preußen, überhaupt im größten Theile des
überwiegend protestantischen Nord-und Mitteldeutschlands, in Süddeutschland
in Würtemberg u. s. w., in mehreren freien Städten und Universitäten,
zeigte sich der neue Umschwung der Gedanken und Ansichten, und wirkte so
kräftig, daß auch die andere Hälfte des Reiches davon ergriffen wurde, und
die geistige Aufklärung es war, die endlich die fo lange entzweiten
Brüder Eines Volkes, Einer Sprache wieder mit einander be-
freundete. Der Friede von 1763—1792 war das begünstigende milde Wetter,
worin der Baum des Lebens aufschoß. Als 1773 der Jesuitenorden auf-
gehoben wurde, als Kaiser Joseph ein Toleranzedikt gab, als auch geist-
liche Fürsten, z. B. die Freiherrn von Erthal (der eine als Bischof von
Würzburg, der andere als Erzbischos von Mainz) ihre Universitäten ver-
besserten, da konnte das Licht neuer Forschungen selbst nach Altbaiern und
Oesterreich dringen. Ueberall wirkten die Begriffe von Duldung und Huma-
nität, während die Fülle der unsrer Nation innewohnenden Geisteskräfte
1884 -
Berlin
: Gaertner
- Autor: Schilling, Max
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Geschlecht (WdK): Jungen
106
das habt jr allbereit an allen Orthen im Werck erwiesen. Wir aber sind dessen versichert, da keine Christliche Obrigkeit euer nnziemlichs Vor-nemen sich werden beliben lassen, sondern ein jeder sich dessen befrchten mu, da jhme unter gleichmigem Schein und Verwandnssen etwas dergleichen oder auch rgers von seinen Unterthanen begeben mchte. Welches wir euch zur Antwort aufs euer Schreiben nicht verhalten wollen.
Wien am 9. Julij 1618.
58.
Her Katholischen Kurfrsten Bedenken gegen Friedrichs Wahl zum König von Bhmen.
Schreiben des Kurf. v. Kln an seinen Bruder Maxim, v. Bayern.
14. Sept. 1619.
(Wolf, Gesch. Maximilians I. u. seiner Zeit, Iv, 246, Anm.)
E. L. Schreiben habe ich zu recht empfangen und daraus des chur-pslzischen Gesandten bey E. L. abgelegte Werbung mit ntehrerem verstanden, dabey mir dann fast nachdenklich vorgekommen, da des Chur-fiirsien L. die bhmische Wahl fr eine sonderbare' Schickung Gottes erachten und zu der Acceptatiou solche starke Veranlassung erscheinen lassen; was auch wegen des Mitrauens zwischen den Reichsstnden, und da sogar alle Hoffnung auf dessen Hinlegung schier benommen, S. L. andeutet und darauf alsosort ihro und der unirten Stnde Kriegsvolk-in ihren Oberlanden beysammenznsgen bedacht, dadurch auch anderen zu dem fernem Nachdenken Ursache geben, als wren sie an einem oder andern Ort ichtwas zu attentiren gesinnt; worauf meines Erachtens alle Katholische billig ein sorgsames und wachendes Aug zu schlagen. Dabey mir denn sonderlich zu Gemthe geht, wenn Pfalzgrafen Chur-surften L. die Acceptatiou der bhmischen Wahl also beharren und darauf zu ihrem intento endlich gelangen sollten, da zwar kein anderes, als die grndliche Austilgung der katholischen Religion in Deutschland und daher erfolgender Verlust so vieler hundert tausend Seelen, beynebens auch eine gnzliche Vernderung des Reichs und desselben uralten und lblich hergebrachten status zu gewarteu, und wrden die Unkatholischen nicht allein im chursrstlichen collegio die Oberhand gewinnen und majora machen, sondern erfolglich das Kaiserthum auf ihrer einen bringen, die Stifter auch sich uugezweifelt zueignen und die katholische Religion in uuserm Deutschland gleich gar ^ extirpiren. Und wurde uuserm Hause, welches man noch in etwas respectirt, berschwer fallen, wenn der Kaiser neben seinem Hanse und dem geistlichen Stande der-gestalt ruiuirt, sich gegen ein solche Macht zu defeudireu. Die alles und dergleichen mehr ist bey jetziger Anwesenheit meiner geistlichen Mit-
1 besondere.
1906 -
Berlin
: Klinkhardt
- Autor: Sandt, Hermann, Jütting, Wübbe Ulrich, Heinemann, Karl, Weber, Hugo
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
375
Birnen brach man sich in dem nahen Wald, der in bnntem Durch-
einander Land- und Nadelholz mischte. Die schöne Eibe war an
ihrem dunkelgrünen Wipfel schon von weitem erkennbar neben dem
helleren Grün der Fichte oder der Kiefer. Eichen und Buchen walteten
unter den nur sommergrünen Waldbänmen vor; aber auch Linden-
bestünde mengten sich ein, auf deu Gebirgshöheu turmhohe Edeltannen.
Bür und Luchs lauerten im Dickicht, in dem die wilde Taube gurrte,
und über dem krächzende Raubvögel ihre Kreise zogen. Der Wolf
ging auf Beute aus, fiel auch wohl weidende Wildpferde au. Wild-
schweine durchwühlten das Erdreich. Neben Hirsch und Reh sah man
das Elen mit seinem Schanfelgeweih sich Bahn schaffen. In kleineren
Gruppen durchzog der Wisent Niederungs- wie Bergwald. Au den
morastigen Flnßuferu führten Biber ihre Wasserbauten im Schatten
von Erlen, Eschen und Zitterpappeln auf.
Heute würde Taeitns sein Germanenland kaum wiedererkennen.
Der Deutsche ist nicht mehr bloß Jäger und Viehzüchter mit neben-
sächlichem Feldbau. Seine weit umfangreicher und kraftvoller ge-
wordene Arbeit gehört dem Ackerbau und der innig mit ihm ver-
knüpften Viehhaltung, dem Gewerbe bis zur Großindustrie, dem Berg-
werksbetrieb, dem Handel und der Schiffahrt. Das kündet Deutschlands
Antlitz mit der Feldflnr, die nahezu die Hälfte der Bodenfläche ein-
nimmt, mit t>en regulierten Flüssen, der Fülle von Städten, den
Fabrikschornsteinen und Hochöfen, den See- und Stromhäfen, den
Leuchttürmen und Deichbauten, dem umfassendsten Eisenbahnnetz in
ganz Europa. Nur kleine Reste altgermanischer Landschaft haben sich
noch erhalten auf den höchsten Zinnen unserer Gebirge und in den
Mooren, soweit diese noch nicht der Brandknltur unterworfen wurden
oder durch Abtragen des Torfes bis zum festen Untergrund einer
Fehnkolonie den Platz räumten. Der Urwald ist, wo man ihn nicht
durch Feuer oder Axt zerstörte, zum Forst geworden, zum Knnstwalde,
der in gleichmäßigen Beständen solche Holzarten enthält, die rasch
wachsen und gut bezahlt werden. Darum hat auf unseren Gebirgen
die Fichte die Vorherrschaft erlangt, die hauptsächlich unser Bauholz
liefert. Selbst die stolzen Edeltannen finden wegen ihres langsamen
Aufwuchses keine Gnade bei der Forstverwaltnng. Die Eibe treffen
wir sogar meist nur noch als seltenes Überbleibsel der Vorzeit an
schwerer zugänglichen Stellen, so an der jähen Granitwand des
Harzes, die vom Hexentanzplatz zur Bode abfällt. Renntier und Wisent
verschwanden ans Deutschland schon während des Mittelalters. Wolf
und Bär wurden in den Folgejahrhnnderten ausgerottet. Das Elen
Heinemann und Sandt, Lesebuch. A. Iii. 25
1884 -
Leipzig
: Spamer
- Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Berühmte Breslauer.
325
Berühmte Sreslauer. Von den vielen Nm Wissenschaft und Kunst höchst
verdienten Männern, die in Breslau das Licht der Welt erblickt haben, mögen
nur wenige hier erwähnt werden. Der Philosoph Christian Wolf wurde in
Breslau am 24. Januar 1679 als Sohn eines Gerbers geboren. Er besuchte
in seiner Vaterstadt das Gymnasium zu Maria-Magdalena und studierte in
Jena anfangs Theologie, dann Philosophie und Mathematik. In Leipzig wurde
er Magister, im Jahre 1706 zu Halle Professor der Mathematik. Nachdem
er schnell berühmt geworden war, suchte ihu Peter der Große wiederholentlich
nach Rußland zu ziehen: aber Wolf blieb in Halle. Der außerordentliche Ruhm,
den er im In- und Auslande er-
langte, erregte den Neid seiner
Kollegen, von denen mehrere seine
erklärten Feinde wurden, da sie
sast keine Zuhörer hatten, während
sich Wolfs Vorlesungen eines zahl-
reichen Zuspruchs erfreuten. Die
erbitterten Professoren wußten
Wolf so zu verleumden, daß ihn
der König Friedrich Wilhelm I.
aller seiner Ämter entsetzte und
ihm befahl, binnen 24 Stunden
nach Empfang der Ordre die Stadt
Halle und alle königlichen Lande
bei Strafe des Stranges zu räu-
men. Wolf gehorchte am 10. No-
vember 1723 und ging nach
Merseburg, von wo er sofort durch
den Landgrafen von Hessen als
Hofrat und Professor nach Mar-
bürg berufen wurde. Dort blieb
er 17 Jahre, machte die Univer-
sität blühend und verfaßte viele
philosophische Schriften. Ver-
gebens bemühte sich der König
von Preußen, der bald eingesehen hatte, daß Wolf bei ihm angeschwärzt war,
diesen großen Gelehrten für seine Lande wieder zu gewinnen. Erst unter
Friedrich Ii. kehrte Wolf am 6. Dezember 1740 nach Halle zurück. Die
ganze Stadt jubelte über seine Ankunft, viele Einwohner gingen ihm entgegen,
die Studierenden empfingen ihn zu Pserde und brachten ihn im Triumphe
zur Stadt. Er verlebte noch glückliche Tage, wurde 1745 in den Reichsfrei-
Herrnstand erhoben und starb am 9. April 1754 gekannt und geachtet von
ganz Deutschland. Seine Philosophie ist die Leibnizsche und beruht auf dem
Grundsatze: Diese Welt ist die vollkommenste und beste.
Auch Christian Garve, der 1742 zu Breslau geboren wurde, der Sohn
eines wohlhabenden Färbers, studierte anfangs Theologie, dann Philosophie
und Mathematik in Frankfurt an der Oder. In Halle wurde er Magister,
dann in Leipzig der Liebling Gellerts. Lange Zeit lebte er in Breslau im
Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher.
1910 -
Leipzig Wien
: Freytag
- Autor: Steinecke, Victor Albert G...
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
14
lauf des Flusses noch zugefroren, wenn vom Ober- und Mittellauf bereits die Schmelzwasser mit Treibeis kommen, und daher entstehen in der Niederung öfter Eisstauungen mit verheerender Überschwemmung.
Pflanzenwelt.
Zur Römerzeit wird Deutschland als ein durch starrende Wälder und scheußliche Sümpfe entstelltes Land geschildert. Seitdem hat sich in dem Pflanzenkleide Deutschlands viel geändert. Große Strecken sind entwaldet und in Ackerbauflächen verwandelt worden und weite Sumpfstriche hat man entwässert. Aber außerdem ist im Laufe der letzten Jahrhunderte noch insofern eine Änderung vor sich gegangen, als in vielen Gegenden, wo früher nur Laubwald stand, die Nadelhölzer vorgedrungen sind. Namentlich sorgt die Forstkultur für das Vordringen der Kiefer und Fichte, da aus ihnen mehr Nutzen gewonnen wird als aus dem Laubholze. Linde, Esche und Ahorn sowie die Ulme kommen jetzt kaum noch als Waldbäume vor und fast nur die Eiche, die Hainbuche und die Buche setzen unsere Laubwälder zusammen. Letztere geht bis an eine Linie, die etwa der Weichsel parallel verläuft, weil sie fünf Monate lang einer Tageswärme von 10° bedarf. Die Eiche hält größere Kälte aus. Auf den Gebirgen finden sich in größerer Höhe nur die gegen Kälte wenig empfindlichen Nadelhölzer und die Birke, die sich in einer kurzen Sommerzeit entwickeln kann. Unter den alten deutschen Nadelbäumen ist die Eibe beinahe vollständig ausgerottet. In den Auenwäldern der Niederungen überwiegt die Erle.
Auch die angebauten Felder bieten heute nicht dasselbe Bild wie in alten Zeiten, da eine. Reihe von Gewächsen in Deutschland eingeführt ist, die unsere Altvordern nicht kannten. Ein großer Teil unserer Felder ist mit Kartoffeln bebaut, besonders in den kälteren und weniger ergiebigen Strichen des 0. und des Mittelgebirges. Nahezu die Hälfte unseres Bodens ist mit Acker- und Gartenland bedeckt, ein Viertel mit Wald, ein Sechstel mit Weide und Wiese, und trotz unserer großen Sumpfgebiete ist nur ein geringer Teil des Landes unproduktiv. Das Weinland nimmt keinen sehr großen Bruchteil ein, sondern hat nur in Süddeutschland, im Rheingebiete und in kleineren Strichen von Mitteldeutschland einige Bedeutung; große Landstriche im 0. und No. unseres Vaterlandes, die früher mit Weinreben bepflanzt waren, hat man jetzt in Felder oder in Obstgärten verwandelt.
Tierwelt.
Auch die Tierwelt Deutschlands war großen Veränderungen unterworfen. Von den wilden Tieren, die einst in unseren Wäldern lebten: Bär, Ur, Wisent, Elch, Wolf und Luchs, sind die meisten schon seit Jahrhunderten vollständig ausgerottet. Nur in einigen östlichen Grenzwäldern hat man ein Schongebiet für die großen wilden Rinder eingerichtet und gelegentlich tritt der Wolf von Frankreich oder Rußland über die Grenze herüber. Viele Ortsnamen erinnern daran, wie reich unser Land an wilden Tieren gewesen ist. An den Flüssen und Sümpfen gab es sehr viele Biber, aber auch sie sind im letzten Jahrhundert bis auf wenige vernichtet worden. Von jagdbaren Tieren ist der Edelhirsch in manchen Wäldern noch in großer Zahl vorhanden und ebenso das Wildschwein. Im übrigen beschränkt sich die Jagd auf Damwild, Reh und Hasen und auf die jagdbaren Vögel, unter denen sich das Auer- und Birkwild zugleich mit der Fichte über die ganze Erde ausbreiten. Im Gebirge gibt es noch Gemsen.
1896 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Renner, August, Jastram, Heinrich, Hüttmann, J. F., Feddeler, Gustav, Marten, Adolf
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
315 i
braunem, an der Kehle gelbem Pelz, stellt Vogcleiern, Vögeln, Mäusen
und Eichhörnchen nach. Letztere jagt er so lange von Baum zu Baum,
bis sie ermattet sind. Sein schöner Pelz ist sehr geschätzt. — Der Haus-
oder Steinmarder ist an der Kehle weiß. Er ist der gefürchtetste
Feind der Hühnerhäuser und Taubenschläge. — Verwandte des Iltis und
Marders sind Hermelin und Zobel. 3. Der Dachs ist für ein
Leben in und aus der Erde eingerichtet. Der Leib ist plump, der Hals
dick, der Kopf in eine rüsselförmige Schnauze verlängert. Die kurzen Beine
haben breite Füße mit starken Grabkrallen. Sein stumpfes, aber voll-
ständiges Gebiß weist auf Pflanzen- und Tiernahrung hin. — In stiller,
einsamer Gegend gräbt er sich mit seinen krummen Krallen eine Höhle
und versieht sie mit 4—8 Ausgängen und Luftlöchern. Der geräumige
Kessel ist mit einem weichen Moospolster ausgestattet. Wurzeln, Kerbtiere
aller Art, Schnecken, Regenwürmer, auch wohl junge Hasen, Vogeleier,
junge Vögel, Mäuse u. s. w., im Herbste Obst und Weintrauben bilden
seine Nahrung. Im Herbste ist er fett geworden. Nun bereitet er sich
ein bequemes, warmes Lager, zehrt noch einige Zeit von dem Eingetragenen
und verfällt zuletzt in einen Winterschlaf. Bei milder Witterung unter-
bricht er ihn wohl und kommt aus seinem Baue, um zu trinken. Im
Frühjahr ist er vollständig abgemagert.
I. Welche Namen führt der Fuchs in der Fabel? — 2. Für welche
Eigenschaften gilt der Fuchs als Sinnbild? — 3. Fuchs und Wolf in Fabeln,
Märchen, Erzählungen! — 4. Vergleiche Hund, Fuchs und Wolf miteinander!
— 5. Wozu werden Iltis-, Marder- und Zobelpelze benutzt? — 6. Welche
Personen trugen früher Kragen von Hermelinpelzen? — 7. In welcher Stadt
Deutschlands ist der Mittelpunkt des Pelzhandels? — 8. Laß dir von einem
Pelzwarenhändler gelegentlich verschiedene Pelzarten zeigen! — 9. Wie fängt
man Iltisse und Marder? — 10. Warum wird der Dachs Jsegrimm und
Einsiedler genannt? — 11. Wie verwendet man Dachsfelle? — 12. Welchem
Haustiere ist der Dachs in Körperbau und Nahrung ähnlich? — 13. Vergleiche
Marder und Dachs!
§ 133. Fortsetzung. 4. Der Hühnerhabicht. Er ist
einer unserer größten Raubvögel; die ausgespannten Flügel messen etwa
1 m, seine Länge beträgt 0,70 m. Die Färbung ist nach Alter, Ge-
schlecht und Aufenthalt verschieden. Alte Vögel sind oben aschgrau, unten
weißlich mit schwarzen Querwellen. Junge Tiere sind oben braun, unten
rötlich mit braunen Längsflecken. — Der Habicht ist ein äußer st
geschickter Jäger. Um seine Beute zu erspähen, erhebt er sich
hoch in die Luft; denn sein fernrohrartiges Auge sieht aus bedeutender
Höhe die Gegenstände auf der Erde vollkommen scharf. Pfeilschnell stößt
er auf das Beutetier herab und schlägt ihm die gebogenen, nadelspitzen
Krallen in den Leib. Mit dem spitzen, dolchartigen Schnabel bereitet er
seinem Opfer durch einige Hiebe ein rasches Ende. Mit Hülfe der wie
Zangen festhaltenden Zehen und der Muskelkraft der Flügel wird die
Beute fortgetragen, um in Sicherheit zerfleischt und verschlungen zu werden.
Da die fleischfressenden Vögel die Bissen nicht kauen, so müssen sie einen
scharfen, stark lösenden Magensaft haben, der nur Federn, Haare, Wolle
und Knochen nicht zersetzt. Diese werden zu einem Klumpen geballt als
Gewölle wieder ausgewürgt. Ebenso geschickt wie auf freiem Felde weiß
1910 -
Langensalza
: H. Beyer (Beyer & Mann), Herzögl. Sächs. Hofbuchh.
- Autor: Troll, Max
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
Wie Joseph ins Gefängnis kam. — d) Heimatkunde.
69
hatten (Sterntalermädchen, Fundevogel), die fleißig waren (Goldmarie), die
stolz waren (Hühnchen), die andere zur Arbeit (Sklavenarbeit) zwangen (das
Hähnchen die Ente, der Wolf den Fuchs), die andere verführen wollten (der
Wolf die sieben Geißlein, der Wolf das kleine Rotkäppchen), die Unwahr-
heiten sagten (Wolf, Fuchs, der Reiche), die versprachen und nicht hielten
(Hähnchen und Hühnchen im Wirtshaus), die undankbar waren (Frau in
„Kornähre")!
Erzähle Geschichten aus dem Lesebuche, die uns erzählen, daß Gott
überall ist und das Böse sieht! (Jakob und Anna.)
Zusammenfassung. Der liebe Gott läßt den Joseph ins Unglück ge-
raten, damit er ein besserer Mensch werde. Denen, die Gott lieben, müssen
alle Dinge zum besten dienen.
Anwendung. Was kannst du von Joseph lernen? Fleißig sein.
Wo? Zu Hause und in der Schule (Beispiele!) Und später? Im Dienst
meiner Herrschaft, meinem Lehrherrn. Joseph ist aber auch ein frommer
Jüngling. Wann hat er das bewiesen? Als ihn das Weib verführen
wollte? Wann kannst du auch jetzt schon verführt werden? Böse Kameraden
verführen zur Faulheit, zum Diebstahl (Beispiel), zu bösen Streichen (Bei-
spiele!). Da merke dir einen hübschen Spruch: „Mein Kind, wenn dich die
bösen Buben locken, so folge ihnen nicht. Warum ließ sich Joseph nicht
verführen? Er hatte Gott vor Augen und im Herzen! Mach's auch so!
Dein Lebenlang habe Gott vor Augen und im Herzen! Bleibe fromm und
halte dich recht; denn solchem wird es zuletzt wohlgehen. Was war das
Schlimmste an Potiphars Weibe? Daß sie log und ein falsches Zeugnis
redete. Hast du nicht auch schon gelogen, deinen Vater, deine Mutter,
deinen Lehrer belogen? Was willst du dir vornehmen? Ich willls nicht
wieder tun. Die Lüge ist ein häßlicher Schandfleck an einem Menschen.
Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit
spricht. Du sollst nicht falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten. Was
tadelst du an dem Mundschenk? Daß er sein Versprechen nicht hält.
Wenn du etwas versprochen hast, mußt du es auch halten, wenn du auch
noch jung und klein bist. Versprechen und halten zienit jungen und alten.
Warum bleibt denn Joseph in der großen Rot so geduldig? Weil er denkt,
der liebe Gott wird mich schon wieder befreien, weil er sich auf Gott ver-
läßt, weil er auf Gott vertraut. Joseph hat sich auch eine Zeitlang auf
einen Menschen verlassen. Was hat er aber gemerkt? Der Mensch hat ihn
verlassen. Wer sich auf Menschen verläßt, ist verlassen. Welche schönen Sprüche
kannst du deiner Schwester oder Freundin, deinem Bruder oder Freunde ins
Stammbuch schreiben? Dein Lebenlang — Bleibe fromm —.
b) Heimatkunde.
Der Garten.
Vorbereitung. Joseph im Hause Potiphars. Sklavenarbeit. Potiphar
war ein vornehmer Herr. Er wohnte in einem großen und schönen Hause.
Um dasselbe lag ein großer Garten. In diesem Garten mußten seine
Sklaven arbeiten. (Weiter ausführen!) Er selbst arbeitete nicht mit. Dazu
1906 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Hupfer, Ernst
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerbildungsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Deutschland im allgemeinen.
127
dazu werden eingeführt für ziemlich 50 Mill. Mark Heringe, für über
30 Mill. Mark andere Seefische. Der Wald bedeckt über ein Viertel des
Bodens; davon kommen ein Drittel auf Laub-, zwei Drittel auf Nadel-
wald. Trotzdem er bedeutende Mengen Nutzholz liefert, müssen jährlich
über 4 Mill. t Nutz- und Bauholz, Quebrachoholz zur Gerberei, ge-
schliffener Holzstoff für über 200 Mill. Mark eingeführt werden. Deshalb
hat man damit begonnen, Ödland (wo also nichts angebaut wird, das
außer von Häusern, Höfen, Wegen, Gewässern auch von Mooren und
sandigen Strecken eingenommen wird und ungefähr ein Elftel des
Bodens beträgt) mehr aufzuforsten. An jagdbaren Tieren finden sich
in den Alpen die Gemsen; sonst sind verbreitet Hirsche, Rehe, Hasen,
Wildschweine, Fuchs, Dachs und Marder. Eleu und Auerochs werden
nur durch sorgfältige Schonung erhalten, ersteres in der Memel-
Niederung, letzterer in Oberschlesien. Der Wolf kommt nur im Winter
vereinzelt aus den Nachbarländern nach Deutschland. Gefährlich ist
noch die Kreuzotter, die sich in verschiedenen Gegenden Deutschlands
findet. Mit der Landwirtschaft einschließlich der Forstwirtschaft beschäftigen
sich ungefähr 36 % der Bevölkerung. Andere 39 % nähren sich vom
Bergbau, Salinen- und Hüttenbetrieb sowie Industrie. Die Industrie
leistet vorzügliches in allen Zweigen, versorgt nicht bloß das Inland mit
seinen Erzeugnissen, sondern führt sie in großen Mengen aus. Durch
die Masfenhaftigkeit der Ausfuhr zeichnen sich aus Eisenwaren jeglicher
Art mit über 390 Mill. Mark, Maschinen mit über 418 Mill. Mark
Porzellanwaren mit gegen 70 Mill. Mark, Papier mit über 80 Mill.
Mark, Farbendruckbilder, Kupferstiche und Photographien mit über
100 Mill. Mark, Lederwaren über 128 Mill. Mark, Chemikalien mit
über 200 Mill. Mark, Baumwollwaren mit über 287 Mill. Mark, Woll-
waren mit über 285 Mill. Mark, Kleider, Leibwäsche, Putzwaren aus Baum>
wolle, Leinen und Wolle über 140 Mill. Mark, Seidenwaren fast
140 Mill. Mark jährlich. An Bier werden jährlich ungefähr 70 Mill. Iii
gebraut, an Branntwein über 4 Mill hl hergestellt. Sodann ist Deutsch-
land das erste Zuckerland der Erde. Es stellt jährlich über 2,3 Mill. t
Zucker her, wovon über eine Mill. im Werte von fast 160 Mill. Mark
ausgeführt wird. Mit der Industrie in enger Verbindung steht der
Handel, von dem über 11 % der Bevölkerung leben. Er tauscht die
Güter der einzelnen Landschaften als Binnenhandel aus, führt die In-
dustrieprodukte aus, die Rohstoffe für das Gewerbe und die fehlenden
1834 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: Hempel, Carl Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule
- Inhalt Raum/Thema: Reformation
262 Blicke auf den Zustand der protestantischen Kirche
Schwung gab, alle Fürsten lehrte, daß die Bekenner des
verschiedenen Religionsglaubens recht gut und glücklich mit,
für und neben einander leben können, und daß nur Recht
und Gerechtigkeit, Schutz und Schirm von Seiten des Staa-
tes gegen jede Partei, die ihre Bürgerpflichten treu erfüllt,
Sorge für ihre leiblichen und geistigen Bedürfnisse ein Land
blühend, seine Bewohner zufrieden machen und ihm Kräfte
verleihen, auch furchtbaren Feinden und Stürmen mit Er-
folg zu widerstehen. Unter feinem Vater war es blindlings
eifernden Theologen gelungen den berühmten Philosophen
Wolf in Halle des Unglaubens zu bezüchtigen, so daß er
binnen 24 Stunden das Land raumen mußte; Friedrich Ii.
rief ihn i/4o zurück, und diese Universität hat durch die
würdigsten Männer und eine sichere Lehrfreiheit auf ganz
Deutschland wohlthatig gewirkt.
Zndeß war es nicht zu verkennen, daß Friedrichs Ii.
freies Urtheil und Benehmen in Kirchen- und Religionsan-
gelegenheiten, und die Anwesenheit und Begünstigung geist-
reicher, französischer Witzlinge nicht ohne nachtheiligen Ein-
fluß auf christlichen Glauben und Sinn blieb, da so viele
Menschen sich für eben so große Geister halten, wenn sie nur
die Schwachen derselben nachahmen, ohne ihre Vorzüge zu
besitzen. Man behauptete wenigstens, daß in jener Periode
Unglaube oder doch Unkirchlichkeit, leichtsinniger Spott über
alles Heilige und Ehrwürdige sehr überhand genommen und
Tugend und gute Sitten nicht dabei gewonnen hatten; daß
man zwar auf den Namen eines so bewunderten Königs, und
eines Preußen, sowie auf die Thaten der Vorfahren stolz
gewesen, aber Ehrfurcht und Gottvertrauen, aller Weisheit
Anfang, damals von Vielen gewichen sey. Ein unruhiger,
eitler und leichtfertiger Lehrer in Halle Barth, der aber
1792 als Kaffcewirth bei Halle starb, nachdem er mit seinen
vielen Gaben der Beredsamkeit viel Böses gestiftet hatte,
trug kein Bedenken die Geschichte des Christenthums in einen
Roman umzuwandeln, in welchem aber die Erklärung der
Wunder noch viel wundervoller erschien, als diese selbst; er
gefiel indeß, wie ähnliche Versuche, nur eine Zeitlang.
1911 -
Goslar a. Harz
: Danehl
- Autor: Riebandt, Johannes
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 355 —
auf, dann folgen Mecklenburg, Hannover, Schlesien usw. Deutsch-
land Muß daher viel Wolle einführen (gegen 380 Mill. M.)'). — Wiedergabe.
d) Ziegenzucht. An Zahl der Ziegen (3*/s Mill.) steht
Deutschland in Europa obenan. Dies ist ein Zeichen des prak-
tischen Sinnes und der Strebsamkeit des sog. „kleinen Mannes". —
Wiedergabe.
e) Schweinezucht. In hoher Blüte steht in Deutschland
die Schweinezucht; hierin behauptet dasdeutsche Reich in
Europa den ersten Platz. Die Zahl der Schweine beträgt zirka
22va Millionen2). Dies ist ein Zeichen, daß man sich in Deutschland
infolge der geringen Getreidepreise ganz besonders der Schweinezucht zu-
wandte. Trotz dieses großen Bestandes ist noch eine Mehr-Einfuhr (von
ca. 50000 Stück) nötig.
f) Geflügelzucht. Aber auch die Geflügelzucht entwickelt sich von
Jahr zu Jahr in Deutschland immer mehr. Nenne Gebiete, die a) eine
bedeutende Gänsezucht — b) Hühnerzucht — c) Entenzucht
aufweisen! — Trotzdem ist Deutschland genötigt, für mehrere Mill. Mark
Geflügel und Eier aus andern Ländern (Italien, Rußland usw.) zu beziehen.
— Wiedergabe.
Bienenzucht. Die Bienenzucht Deutschlands steht in Europa
obenan. Von den in Europa gewonnenen 80 000 Tonnen Honig er-
zeugt Deutschland reichlich den vierten Teil (20000 Tonnen - 21/i Mill.
Bienenstöcke). Der Hauptsitz der deutschen Imkerei ist die Lüneburger Heide.
Warum gerade diese? — Nenne andere Gebiete Deutschlands, die be-
deutende Bienenzucht treiben! Ost- und Westpreußen, Schlesien, Schles-
wig-Holstein usw. Wiedergabe.
Wild. Der Wildstand ist mit dem Fortschreiten der Kultur sehr
zurückgegangen. Doch wird dem nutzbaren Wilde in neuerer Zeit durch
strenge Handhabung von Jagdgesetzen eine hinreichende Schonung zu-
teil. Dagegen hat der Kampf gegen das Raubwild zur Ausrottung von
Bär und Wolf geführt. Jedoch brechen hin und wieder Wölfe aus Ruß-
land nach Ostpreußen, aus Frankreich nach der Rheinprovinz ein. Nenne
Wild, das bei uns in Wald und Feld sich aufhält! — Welche Gebirge
sind noch reich an Wild? — Wiedergabe.
Sachliche Besprechung und Anwendung:
1. Weise nach, daß man mit Recht behaupten kann, Deutschlands
Viehzucht nehme einen hervorragenden Platz in Europa ein!
2. Wie ist es zu erklären, daß die Rindviehzucht in Deutschland in
hoher Blüte steht? Weite Wiesen- und Weideslächen mit saftigen Gräsern und
Kräutern, weite Strecken mit Futtergewächsen aller Art bedeckt, wie z. B. mit Klee,
Luzerne, Lupine, Gras usw.
3. Gib Gegenden in Deutschland an, die a) bedeutende Schweine-
zucht — b) Gänsezucht — c) Ziegenzucht — d) Schafzucht — s)usw. treiben!
4. Welchen Nutzen bringt die blühende Viehzucht Deutschlands dem
Lande und den Bewohnern?
*) Der Schafbestand geht infolge des gewaltigen Wettbewerbs der überseeischen
Weideländer immer mehr zurück. Australien besitzt 95, Argentinien 75, Vereimaten
Staaten 55 Mill. Schafe.
m.„ Rußland hat 1l, Österreich-Ungarn 10, Frankreich 7, Großbritannien 21/«
Mm. Schweme.
23*
1843 -
Altona
: Schlüter
- Autor: Burgwardt, Heinrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
447
Werfen nur jetzt einen Blick auf die als schädlich aiv
genommenen Thiere und sehen zugleich, mit welchem Rechte
sie als solche gelten und verfolgt werden dürfen.
1. Säugethiere. Von den größeren Raubthieren, dem
Bären, Luchs und Wolf haben wir nichts mehr zu fürch-
ten, wol aber nennt man als schädlich Fuchs, Dachs, Fisch-
otter, Marder, Iltis und Wiesel. Vor ihren Streife-
reien gegen das Hausgeflügel können wir uns sichern, auch wird
ihnen vom Forstpersonal uneingeschränkt nachgestellt, obgleich es
wol gemäßigt werden sollte, da Wiesel, Dachs und Fuchs durch
Vertilgung von Mäusen sehr nützlich werden und man ihnen
nur da nachstellen sollte, wo sie sich in der Nähe bewohnter
Orte zeigen.
Die Fledermäuse, deren es gegen ein Dutzend Gattun-
gen in Deutschland gibt, werden allenthalben getödtet, wo sie
angetroffen werden, obgleich sie uns keinen Schaden zufügen,
sondern uns vielmehr nützlich werden. Sie nähren sich aus-
schließlich von lebenden Insekten, welche sie des Nachts im
Fluge aus der Luft wegschnappen. Darunter sind aber eine
große Menge Nachtschmetterlinge, von denen viele dem Gemüse
und den Obstbäumen sehr schädlich werden. Wenn hie und da
eines dieser Thiere in Küchen, Speisekammern re. angetroffen
wird, so ist es nur durch die Verfolgung geflüchteter Infekten
dahin gerathen; denn daß sie den in Speisebehältern und
Schornsteinen aufbewahrten Fleischvorräthen nachgehen, ist Un-
wahrheit.
Mit den Fledermäusen im Verein arbeitet ungefähr ein
halbes Dutzend Gattungen Spitzmäuse zu unserem Nutzen.
Diese gehen den Larven und Puppen in der Erde begierig nach,
während die Fledermäuse die schon ausgebildeten Insekten in
der Luft verfolgen. Hier sieht man recht deutlich, welche Miß-
griffe aus der Unkenntniß der Naturbeschreibung hervorgehen.
Weil die Spitzmäuse ihres äußern Aussehens wegen schlechtweg
Mäuse genannt werden, stellt man sie mit den eigentlichen
Mäusen zusammen und verfolgt sie ohne Unterschied. Die
Mäuse ^ sind pflanzenfressende Nagethiere und schädlich; die
Spitzmäuse sind Thiere, die sich bloß von thierischen Stoffen
nähren. Die Spitzmäuse aber haben, wie noch viele andere
Thiere, z. B. die Ratten, einen moschusartigen Geruch. Dieser
Umstand ist die Ursache, warum die Spitzmäuse nicht von den
1904 -
Oldenburg
: Nonne
- Autor: Pleitner, Emil
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Oldenburg
— 91 -
Mosen nicht weit von uns fielen; ersterer sofort tot; der zweite von mehreren Kugeln getroffen, sich noch dem Rücken seines Burschen Loge-mctnn anvertrauend, bis ihn, noch eine Kugel traf, die letzte; der dritte im Unterleib in der Lebergegend getroffen, mit den Worten: „Ich gäbe eine" sich zurückwendend; sein letztes Wort war: „Grüßt M'üßt" Einer der edelsten, begeistertsten, befähigtsten Männer Deutschlands war nicht mehr unter den Lebenden. 9£och weiter vorzustürmen wäre Unsinn gewesen, wir mußten uns darauf beschränken, die Visiere des Gehölzes zu besetzen und zu halten, und verteilten uns deshalb längs derselben. Ich speziell kniete neben einer Hecke neben Hauptmann von Gayl; zu seinem Unglück mußte sich Leutnant Wieben noch zu uns gesellen; denn noch nicht lange war er bei uns, so traf ihn, als er sich etwas in^ die Höhe richtete, um über die Hecke zu sehen, eine Kugel gerade ins Herz, mit einem leiten „Ach" sank er hintenüber und hauchte sein Leben aus. Eine Stunde mochten wir dort wohl gestanden oder vielmehr gelegen haben, als das Feuer plötzlich mit noch verdoppelter Heftigkeit begann, wir waren in unserer linken Flanke gefaßt und befanden uns plötzlich im schönsten Kreuzfeuer. Dem konnten mir mit unserer schwachen Anzahl nicht die Stange halten und bekamen, daher den Befehl, uns langsam zurückzuziehen; die Kugeln und ihr Gepfeife waren uns schon gleichgültig geworden, um so schmerzlicher war mir und uns wohl allen dafür, beim Zurückgehen die Gefallenen und Verendeten, die Verwundeten und sich mit Mühe weiter Schleppenden zu sehen. Alles lechzte und rief nach Wasser, um die ausgetrocknete Kehle zu netzen, so besonders die Verwundeten, deren Blutverlust den Zustand noch verschlimmert hatte. _ Gs hatte nämlich eine fürchterliche Hitze während des ganzen Tages geherrscht, und die Feldflasche hatte mit ihrem Inhalt nur kurze Zeit genügen können. Der Länge nach sah ich die Leute sich in einen schmutzigen Graben werfen, um aus dem Schlamm nur etwas Flüssigkeit zu saugen. Ich hatte noch einen Rest Wein in der Flasche und gab ihn dem Leutnant Wolf, den ich am Graben sitzend antraf; sein rechter Unterarm war zerschmettert, und der Blutverlust hatte ihn so geschwächt, daß er für den Augenblick nicht weiter hatte gehen können; ich befestigte noch feinen provisorischen Verband, ließ ihn sich ans mich stützen und führte ihn zurück nach Tronville, beständig von den über uns krepierenden Granaten bedroht. Wie anders sah das Dorf jetzt aus. Das ganze Dorf ein Lazarett, die Häuser vermochten die Verwundeten nicht zu fassen, Scheunen und jeder bedachte Raum wurden gefüllt, die noch ankommenden Unglücklichen mnßtm draußen bleiben. Und welches Loos harrte vielleicht noch allen hier liegenden Verwundeten, wenn die Franzosen nun, nachdem wir den Wald aufgegeben, Besitz von ihm nahmen und von ihm ans auf das Dorf feuerten? Dann es zu verteidigen war unsere feste Absicht.
1904 -
Braunschweig
: Westermann
- Autor: Bussler, Franz
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrer- und Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
— 10 —
Polarkreis, der in der Mitte zwischen dem 66. und 67. Parallelkreis liegt. Hier haben wir eine warme und eine kalte Jahreszeit, Sommer und Winter, getrennt durch die Übergangszeiten von Frühling und Herbst. Veränderliche Winde bringen wechselnde Niederschläge, die im Winter als Schnee eine schützende Decke über dem Boden breiten. In der kalten Jahreszeit ruht größtenteils die Vegetation, um im Frühjahr bei höherem Stande der Sonne und steigender Wärme zu neuem Leben zu erwachen, im Herbst sinkt sie, nachdem die Früchte gereift, in den Winterschlaf zurück.
Für den südlichen Teil dieser Zone sind immergrüne Laubbäume charakteristisch, die zu jeder Jahreszeit alte Blätter abwerfen und neue hervortreiben, wie der Orangen-, Zitronen-, Apfelsinen- und der Ölbaum, hier sind der Feigenbaum und der Weinstock einheimisch und von Getreidearten der Mais; ihren nördlichen Teil kennen wir alle, denn er ist unsere Heimat mit ihren Kornfeldern und Obstgärten, ihren Wiesen, Laub- und Nadelholzwaldungen.
Hirsch und Reh sind der Schmuck unserer Wälder, in feuchten Gründen lagert das Wildschwein, in seinem Bau liegt der Dachs, und auf Flur und Feld treibt der Hase sein Wiesen. Der gewaltige Auerochs, zuzeiten unserer Vorfahren das Hauptwild der hohen Jagd, lebt nur vereinzelt und geschont noch in einem litauischen Walde, der zu Rußland gehört, und auch der Elch mit dem Pferdekopf und Schaufelgeweih ist bis auf wenige Exemplare aus Deutschland verschwunden. Größere Raubtiere wie Wolf und Luchs kommen nur noch in menschenleeren Gebieten mit großen Wtaldungen vor; kleinere dagegen, nämlich Fuchs, Iltis, Marder, Wiesel, Nörz sind überall noch häufig; sie stellen hauptsächlich dem Geflügel nach, wie der Fischotter den Fischen.
Von den Polarkreisen bis zu den Polen erstrecken sich die nördliche und die südliche Polarzone. Hier steht die Sonne immer tief am Horizont, ihre Strahlen bringen daher nur eine geringe Erwärmung hervor. Darum herrscht fast das ganze Jahr hindurch strenger Winter, der nur durch wenige Wochen einer plötzlich eintretenden und ebenso plötzlich zu Ende gehenden wärmeren Jahreszeit unterbrochen wird. In diesem Polarsommer steht die Sonne wochenlang, ohne unterzugehen, am Himmel (Mitternachtsonne), dafür kommt sie im Polarwinter ebensolange gar nicht über den Horizont, so daß zu der furchtbaren Kälte auch noch die Finsternis der Polarnacht kommt; doch zeigt sich während derselben häufig die glänzende Erscheinung des Nordlichtes, die in südlicheren Breiten selten ist.
Der Ackerbau hört in der Polarzone aut; Moose und
1912 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Lehmann, Richard, Schmeil, Otto, Franke, Max, Lorenz, Paul
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
A. Die alten Deutschen.
1. Dü§ deutsche Land. 3n ferner Vorzeit war der größte Teil Deutschlands mit
dichten Wäldern bedeckt, in denen Bär, Wolf, Elch, Nuerochs und anderes Wild hausten.
Die Gewässer waren sehr fischreich und von zahlreichen Wasservögeln belebt. Die Flüsse
überschwemmten oft das Land, so daß ungeheure Moräste entstanden, durch die der Verkehr
der Menschen erschwert wurde. Es gab aber auch ausgedehnte Grasflächen, die sich vor-
trefflich zur Viehzucht eigneten. Das Nlima war rauh und feucht; im Winter traten oft
harte Fröste ein.
2. Die alten Deutschen, 3) Nörpergestalt. Unsre vorfahren waren ein starkes
und stolzes Volk. Sie hatten blaue, trotzig blickende Rügen und rötliches haar, das auf
dem Scheitel zusammengebunden war, sonst aber lang herabwallte. Wegen ihrer Nörper-
kraft und Tapferkeit wurden sie von den Nachbarn gefürchtet. Nn Anstrengungen und rauhes
Wetter waren sie gewöhnt; Hitze und Durst ertrugen sie weniger gut.
b) Nleidung. Ihre Uleidung bestand aus grober Wolle und Leinwand, die die
Frauen selbst webten. Der Mann trug kurze Hosen und einen derben Nock, die Frau ein mit
roten Uanten verziertes Gewand, das durch einen Gürtel zusammengehalten wurde. Dazu
kam für beide Geschlechter ein Tuch aus farbiger Wolle, das man mit Spangen auf der
Schulter befestigte, sowie pelzwerk. Nls Schmuck dienten metallene Nrm- und Fingerringe;
die Frauen liebten auch Halsketten aus Bernstein- oder Tonperlen.
o) Bewaffnung. Nlle Arbeit in Haus und Feld wurde den Frauen und den Unechten
überlassen. Urieg und Jagd waren die einzigen Beschäftigungen, die des Mannes würdig
erschienen. Als Hauptwaffe gebrauchte man einen Eschenspeer mit schmaler Metallspitze;
außerdem verwandte man Ueule, Bogen und Pfeile. Schwerter waren nicht allgemein
in Gebrauch, und nur wenige Wohlhabende besaßen einen Helm oder Harnisch von Metall.
Der Schild bestand aus holz oder Flechtwerk und war mit Fell überzogen. Nus das Haupt
fetzte man den Schädel eines Bären, eines Wolfes oder eines andern wilden Tieres. Er
diente als Schutz und gab feinem Träger ein furchtbares Nussehen. Die Hauptmasse der
Urieger zog zu Fuß in den Streit; den Rettern gab man nicht selten gewandte, zu Fuß
kämpfende Leute bei, die sie in der Schlacht unterstützten. Das Heer stellte sich in Form
eines Ueiles auf, an dessen Spitze die tapfersten Männer standen. Die verwandten kämpften
am liebsten nebeneinander. Die Unaben wurden von Jugend an in den Waffen geübt. Bei
Opfern und Gelagen führten Jünglinge zwischen Schwertern, die mit dem Griffe in die
Erde gesteckt waren, gefährliche Tänze auf.
3. hau§ Und Hof. Die Gehöfte der alten Deutschen lagen einzeln, wo eineouelle,
ein Hain oder ein zum Nckerbau geeignetes Stück Land zur Niederlassung eingeladen hatte.
Später siedelten sich oft mehrere verwandte Familien, die eine sogenannte „Sippe" bil-
deten, gemeinsam an und rodeten zusammen den Wald für den Landbau. So entstanden
Dörfer. Die Häuser waren aus Baumstäntmen fest zusammengefügt, mit Lehm ver-
Lranke-Lchmeil, Uealienbuch. Kusg. B.1t 1
1839 -
Stuttgart
: Literatur-Comptoir
- Autor: Böttiger, Carl Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Doch nicht blos darum, um zu erkennen, wie das, was heute ist, sei es nun
gut oder übel, nach und nach geworden, hat die Geschichte unseres Landes und
Volkes ihren Werth. Sie hat ihn auch in sich selbst, und jede deutsche Zeit hat
ihr eigcnthümlichcs Interesse. Von fremden gebildeten Völkern, die dieß wohl
wissen und unsere Geschichte darum kennen lernen, sollte sich des Landes gebildeter
Sohn nicht übertreffcn lassen. Deutschland — dieß Land voll Länder — in der
Mitte Europa's gelegen, zwischen Ost und West, Nord und Süd, ist der Markt
der europäischen Geschäfte, das Kaufhaus des europäischen Völkcrverkehrs, das
Marsfeld der meisten Kriege des Erdthcils gewesen; Schlachtfeld reihet sich an
Schlachtfeld, es hat den gebräunten Krieger von der pyrenäischcn Halbinsel, wie
den Kosaken und Baschkiren, den Finnen wie den Römer auf seinen Fluren kämpfen
sehen. Es ist jetzt der Hauptstein des großen europäischen Staatengewölbes.
Deutschland ist aus einem Lande des Waldes und des Sumpfes in seinen meisten
Theilcn wie ein Garten Gottes geworden. Es bringt Alles hervor, was genügsame
Menschen, welche einen höheren Zweck des Daseins kennen, bedürfen, und im Ueber-
ftusse, auf daß auch von der Natur Versagtes damit eingctauscht werden könne.
Es ladet durch Lage und Oertlichkeit wie zu Jagd und Viehzucht, so auch zu
Acker- und Garten-Bau, Fabrik, Schifffahrt und Welthandel, fast zu jeder Art
menschlicher Thä'tigkeit ein. Sein Klima begünstiget die meisten Products und
jegliche Entwickelung des Geistes, während aus den kältesten und heißesten Zonen
niemals große Denker hervorgegangen sind. — Stiege der alte Decumate oder
der frühere Helvetier jetzt von der Weinsteige herunter in das freundliche, allbclebte
Stuttgarter Neckarthal, sähe die Stadt, die Schlösser, die Gärten, die Weinberge,
die Menge der Landhäuser, Dörfer und Kirchen; oder der Hermundur ans der
Leipziger Kunststraße bei Zehren hinab in das herrliche Elbthal, wie es dort, ein
kleines Paradies, bis nach Böhmen sich öffnet; oder schauctc der Noriker von seinem
äußersten Vorsprunge des mons Cetius, dem Kahlenberge, herunter auf das March-
feld und die glänzende Kaiserstadt — gewiß er würde seine alte Heimath kaum
wieder erkennen, und gewiß noch weniger seinen Landsmann von heute, der ihm
im lustigen Frack mit dem Mützlein auf dem Kopfe und der Brille auf der Nase,
mit dem Regenschirm in der einen und dem Almanach in der anderen Hand ent-
gegenträte und in seinem Deutsch begrüßte.
Aber dieser Contrast tritt uns minder lächerlich, tritt uns sogar höchst ehren-
voll entgegen, wenn wir die Mittelglieder aufsuchen. Laßt uns sehen, wie jener
Urvorfahr, ehe noch der Tag der Geschichte ihm anbricht, aus der Höhle hcrvor-
tritt, groß, sieben seiner Füße, blondhaarig, trotzig, blauäugig, bedeckt mit dem
Felle des Thieres, dem er die Höhle abgestritten, bewaffnet mit der im Feuer ge-
härteten Keule, der ältesten Verstärkung der Faust, oder mit einer zugespitztcn
Stange, wie sonst der Hurone, um am benachbarten Quell sich seinen Morgcntrunk
mit der Hand zu schöpfen und dann auszuziehcn gegen Heldcnthiere, die auch Men-
schen zu Helden machen konnten, gegen Bär, Wolf, Eber, Hirsch, Elcnn- oder
Renn-Thiere oder gegen den furchtbaren Auerochsen, dessen Hörner sein Becher,
sein Signalhorn oder mit dein Kopffell seine schreckende Hauptbcdeckung werden
sollen; wie sein Leben ein Kampf ist um das Leben. Laßt uns weiter sehen, wie
inneres Bedürfniß ihm eine Religion, Gesclligkeitstricb einen Familien-, Stamm-,
Volksvcrband schaffen, wie die rohe Willkür zur Gesetzlichkeit, das zufällige Zu-
sammenleben sich in den Staat, die Vernunftform der menschlichen Gesellschaft,
umwandclt; wie er die alte Welt zertrümmert und ihr Erbe wird von den Steppen
Südrußlands bis zu den Säulen des Hercules, vom caledonischen Gränzwalle bis
zum Sande der Sahara; wie er eine neue europäische Welt gründet und seine
besten Söhne, nur zu verschiedener Zeit, auf alle, alle europäische Throne setzt;
1815 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Löhr, Johann Andreas Christian
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
4g6
42) Der berühmte englandische General Wolf hörte
zufällig einen jungen Offizier so von ihm erzählen, als
ob dieser höchst bekannt und vertraut mit ihm wäre.
Z. B. „als Wolf und ich eine Flasche Wein ausstachen"
u. s. w. Dieser Ton mißfiel dem General; er trat vor
und sagte: „ich dächte, Sic könnten wohl sagen: Ge-
neral Wolf." „Nein, antwortete mit glücklicher Gei-
stesgegenwart der Offizier, — Nein! Haben Sie jemals
vom General Casar, oder General Hannibal,
oder General Friedrich gehört?«
43) Ein reicher Mensch ging mit einigen seiner
Freunde zu einem berühmten Portraitmaler, der ans Be-
stellung seines Sohnes Portrait gemalt und im Zimmer
aufgestellt hatte. Der Reiche sucht umher in dem Zim-
mer, sieht nebst den begleitenden Freunden das Por-
trait seines Sohnes, und fragt am Ende, welches es
denn wäre? — Als diese großen Kunstkenner weg
waren, sagte der Mater zu einem seiner Freunde, der
Zeuge davon gewesen war: „Schn Sie, Freund, wie es
geht. Vielleicht hab ich niemals Jemand besser getrof-
fen, als diesen jungen Herrn, aber weil ich nur ein ganz
klein Bißchen Verstand in sein Gesicht gebracht habe,
kennen ihn weder sein Vater noch seine Freunde.«
44) Es wollte Jemand in einer Angelegenheit mit
»inem Bekannten sprechen, geht zu demselben hin, und
1859 -
Lübeck
: Rohden
- Autor: Rohden, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Evangelisches Gymnasium, Realschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
576 Xxv. §. 4. Pietismus und Rationalismus in Deutschland.
edelsten Kleinodien unseres christlichen Glaubens mit ungeweihten Hän-
den herumzutasten, und hörte damit auf, daß man die Perlen aus den
Händen warf und sich an den elendesten Kieseln ergötzte.
Indem so das protestantische Deutschland den verderblichen, abwärts
führenden Weg einschlug, schien es, als wollte der neu aufstrebende Hort des
Protestantismus, der preußische Staat, alsbald mit kräftiger Hand
eingreifen und die irrende Menge zurücklenken. Nach dem Tode
Friedrich's I. (1713) hatte König Friedrich Wilhelm I. den
preußischen Thron bestiegen, und einen entschiedenern Widersacher alles
französischen, freigeisterischen oder sectirerischen Wesens wird man nicht
leicht finden. Nichts als soldatische Einfachheit, hausväterliche Strenge,
deutsche Aufrichtigkeit und Geradheit finden wir an seinem Hofe. Aller
unnöthige Prunk, alle französischen Hofämter und Manieren, alles Ce-
rimonielle, alle Kunst, alle Gelehrsamkeit war völlig verbannt, nur der
Hofnarr war ein Gelehrter und durfte auch französische Kleidung tra-
gen. War nun auch die grundsätzliche Verachtung und Fernhaltung
aller feinem Bildung keineswegs zu loben, so muß man sich doch auf
der andern Seite der damit verbundenen Sittenstrenge und Ehrbarkeit
freuen, die nicht nur am königlichen Hofe, sondern überall in Stadt
und Land herrschen mußte, so weit nur der Arm und das Auge des
Königs reichte. Von der französischen Leichtfertigkeit in Kleidung,
Rede, Scherz und Umgang, besonders mit dem weiblichen Geschlecht,
durfte in des Königs Umgebung keine Spur sich blicken lassen. Von
irreligiösen Lehren und Grundsätzen durfte ihm auch nicht eine Andeu-
tung nahen. Jenen Professor Wolfs in Halle, von dem man ihm gesagt
hatte, daß er gefährliche Behauptungen vortrage, jagte er über Hals
und Kops aus seinem Lande bei Strafe des Stranges. Kirchlichkeit
und Rechtgläubigkeit waren unerläßliche Forderungen, wo Jemand in sei-
nem Dienst angestellt werden oder seines Schutzes sich erfreuen sollte. In
den strengsten kirchlichen Formen ließ er seinen Sohn (Friedrich Ii.)
erziehen. Nach allen Seiten hin wachte er mit gewissenhafter Treue
über dem Recht und Wohl der protestantischen Gemeinden und ließ
nicht zu, daß ihnen irgendwo zu nahe getreten wurde. Wo sie ver-
trieben wurden, wie 1733 die Protestanten aus Salzburg, nahm er
sie mit väterlicher Freundlichkeit in seinem Lande auf. Jndeß auch die
wohlgemeinten Maßregeln Friedrich Wilhelm's I. konnten doch
die evangelische Kirche nicht vor dem hereinbrechenden Unglauben
schützen. Schon darum nicht, weil das eigne Beispiel des gottseli-
gen Wandels in der Nachfolge Christi bei dem preußischen König
fehlte. Eine Sinnesänderung war nicht in ihm vorgegangen, den Trost
des heiligen Geistes hatte er nicht geschmeckt. Es war der derbe,
natürliche Mensch mit allen seinen Tugenden und Gebrechen in
einein streng kirchlichen Gewände, aber aller höhern Verklärung bar
und ledig. Darum konnte auch sein Eingreifen in die kirchlicheil An-
gelegenheiten meist nichts Anderes sein als eiil rohes Zufahren in der-
selben despotischeil Willkürlichkeit, die seiner ganzen Regierungsweise
eigen war. Man fürchtete sich wohl, man beugte sich, man ließ es
sich gefallen, aber innerlich wurde der Gegensatz, die geheime Wider-
1901 -
Halle a.d.S.
: Buchh. des Waisenhauses
- Autor: Brettschneider, Harry
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Geschlecht (WdK): Jungen
Iii. Die Genesis der französischen Revolution.
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fürstlichen Libertät“. Dem gegenüber liefs Joseph seine Absicht
auf Bayern fallen. Zwar nicht eine neue Phase nationaler Ent-
wickelung, war der Pürstenbund doch ein Schritt auf dem Wege,
der Preußen 1871 zur Kaiserkrone führte, insofern als er das
weitere Hineinwachsen Österreichs in Deutschland verhinderte und
den Dualismus in der Nation verschärfte. Das war Friedrichs
letzte politische That.
Iii. Die Genesis der französischen Revolution.
1. Begriff der Revolution. § 46.
Das Wort Revolution wird geschichtlich in doppeltem Sinne
gebraucht: einmal zur Bezeichnung von Bestrebungen, welche auf
die gewaltsame Änderung bestehender Zustände abzielen (in
diesem Sinne ist Revolution der Gegensatz zu Reform); andrer-
seits zur Bezeichnung derjenigen Bestrebungen, die grundsätz-
lich neue Lebensordnungen der Menschen schaffen wollen, ohne
dafs deren gewaltsame Durchsetzung erstrebt würde oder erfolgte.
Die französische Revolution gehört nach ihren Mitteln
zur ersten, nach ihren Zielen zur zweiten Gattung von Revolutionen.
Ihr grundsätzliches Ziel ist die Verneinung alles geschichtlich
Gewordenen und die Aufrichtung einer neuen politischen, sozialen
und religiösen Ordnung nach den (vermeintlichen) Forderungen
der Vernunft.
Zwar in Frankreich entstanden aus den unten darzulegenden
Gründen, war die Revolution von Anfang an zu allgemeiner Wirk-
samkeit angelegt („la révolution fera le tour du monde“) und hat
auf die gesamte Kulturwelt ihren Einflufs ausgeübt.
2. Die litterarische Bewegung.
a) Allgemeiner Charakter. Je mehr in Gesellschaft, Staat § 47.
und Kirche ein rücksichtsloser Despotismus zur Geltung kam,
desto stärker begann unter den führenden Geistern der Völker
der Widerspruch dagegen lebendig zu werden. Der Geist freier
Forschung, jenes große Ergebnis der deutschen Reformation, war,
seitdem er in Deutschland keine Stätte mehr fand, nach Holland