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1900 -
Stuttgart
: Daser
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
5. Und weiter über Stadt und Strom,
vom niedren Turm, vom hohen Dom:
Ave Maria, Amen!
6. Und wie die Sonne westwärts zieht,
durch Land und Meer erklingt das Lied:
Ave Maria, Amen!
7. Die Engel all an Gottes Thron,
sic singen zu der Harfe Ton:
Ave Maria, Amen!
8. Und all der Sel'geu lichte Reihn,
sie neigen sich und stimmen ein:
Ave Maria, Amen!
9. Sv klingt es fort durch Raum und Zeit
und klingt in alle Ewigkeit:
Ave Maria, Amen!
386. Wächterruf.
(Nach Joh. Pet. Hebel.)
1. Höret, was ich euch will sagen!
Die Glocke, die hat zehn geschlagen.
Jetzt betet und jetzt geht ins Bett,
und wer ein gnt Gewissen hat,
schlaf' sanft und wohl! im Himmel wacht
ein heiter Aug' die ganze Nacht.
2. Höret, was ich euch will sagen!
Die Glocke, die hat elf geschlagen.
Und wer noch bei der Arbeit schwitzt,
und wer noch bei den Karten sitzt,
dein sag ich jetzt zum letztenmal:
's ist hohe Zeit, nun schlafet wohl!
3. Höret, was ich euch will sagen!
Die Glocke, die hat zwölf geschlagen,
ltnb wo noch in der Mitternacht
ein Herz in Schmerz und Kummer wacht:
Gott geb' dir eine stille Stund',
mach' froh dich wieder und gesund!
1900 -
Stuttgart
: Daser
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
124
2. O du, die hoch erhoben in Gottes Glorie steht,
wie sollte dich nicht loben, was hier im Finstern geht?
Du bist so voll Erbarmen, uns Sündern mild gesinnt,
und hebst aus reinen Armen empor das Gnadenkind.
3. O, möchten all' erkennen, wie du so liebenswert,
dich kindlich „Mutter" nennen, uns wäre viel beschert:
Recht innig sie zu grüßen, die treue Mutterbrust,
würd' Herz an Herz sich schließen in Kindeslieb' und -lust.
138. Gegrüßet seist du, Maria!
(Alb. Stolz.)
Dieses leise Wort, gesprochen vom Engel zur Jungfrau
in der stillen Felsenhammer zu Nazareth in Asien, ist unter-
dessen laut geworden, so daß es über die ganze Welt hinüber-
tönt, wie eine Glocke vom Himmel, und Tag und Nacht nie und
nimmermehr still wird. Seit der Engel so gesprochen, seitdem
haben es schon mehr als tausend Millionen Menschenzungen
nachgesprochen ; ja, es geht kein einziger Pendelschlag deiner
Uhr vorüber, ohne daß jener Gruß irgendwo auf Erden gerade
ausgesprochen wird. 4
Wenn in katholischen Gegenden ein Kind zur Taufe ge-
bracht wird und die Taufpaten den christlichen Glauben in seinem
Namen geloben, so sprechen sie im Namen des Kindes auch nach
dem Vaterunser das „Gegrüiet seist du, Maria.“ Und wenn das
Kind anfängt zu reden, so wird es alsbald gelehrt zu beten: „Ge-
grüßet seist du, Maria.“ Das Kind wächst und wird groß 4und
betet alle Tage ein paarmal so. Und ist der Mensch einmal alt,
so bat er viele hunderttausendmal in seinem Leben so gebetet.
Wenn er stirbt, so hört er noch mit auslöschendem Ohr, wie sie
um ihn beten: „Gegrüßet seist du, Maria,“ und wenn er tot ist,
so beten die frommen Verwandten und Nachbarsleute noch diesen
Gruß um seine Leiche herum; sie beten im Rosenkranz, wenn
sie ihn zu Grabe tragen : ,,Gegrüßet seist du, Maria.“ Und so
wird man beten, so lange die katholische Kirche steht, d. h. bis
ans Ende der Welt. Und wenn schon das Weltgebäude aus
seinen Angeln gehen will und das Zeichen des Menschensohnes
am Himmel erscheint, wenn die Menschen voll Bangen und Ver-
zweiflung rufen werden: ,,Fallet über uns, ihr Berge, decket uns,,
ihr Hügel,“ auch da wird man aus dem Munde von zahllosen
frommen Christen noch die Worte hören: „Gegrüßet seist du,.
Maria.“
Wer muß denn die sein, die so vielmal gegrüßt wird, als
Blätter im Wald, als Gräser auf der Flur, als Tautropfen an den
1861 -
Hanover
: Rümpler
- Autor: Colshorn, Theodor, Goedeke, Karl
- Sammlung: Lesebuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
151
ihr die jungfrau Maria und sprach: ‘willst du die Wahrheit sagen
und gestehen, dasz du die verbotene thür aufgeschlossen hast, so
will ich deinen mund Öffnen und dir die spräche . wieder geben;
verharrst du aber in der sünde und leugnest hartnäckig, so nehm
ich dein neugebornes kind mit mir.’ da war der königin ver-
liehen zu antworten, sie blieb aber verstockt und sprach: ‘nein,
ich habe die verbotene thür nicht aufgemacht,’ und die jungfrau
Maria nahm das neugeborene kind ihr aus den armen und ver-
schwand damit, am andern morgen, als das kind nicht zu finden
war, gieng ein gemurmel unter den leuten, die königin wäre eine
menschenfresserin und hätte ihr eigenes kind umgebracht, sie
hörte alles und konnte nichts dagegen sagen; der könig aber
wollte es nicht glauben, weil er sie so lieb hatte.
Nach einem jähr gebar die königin wieder einen söhn. in
der nacht trat auch wieder die jungfrau Maria zu ihr herein und
sprach: ‘willst du gestehen, dasz du die verbotene thüre geöffnet
hast, so will ich dir dein kind wiedergeben und deine zunge lösen;
verharrst du aber in der sünde und leugnest, so nehme ich auch
dieses neugeborene mit mir.’ da sprach die königin wiederum: ‘nein,
ich habe die verbotene thür nicht geöffnet,’ und die jungfrau nahm
ihr das kind aus den armen weg und mit sich in den himmel.
am morgen, als das kind abermals verschwunden war, sagten die
leute ganz laut, die königin hätte es verschlungen, und des königs
räthe verlangten, dasz sie sollte gerichtet werden, der könig aber
hatte sie so lieb, dasz er es nicht glauben .wollte, und befahl den
räthen bei leibes- und lebensstrafe, nichts mehr darüber zu sprechen.
Im nächsten jähre gebar die königin ein schönes töchterlein,
da erschien ihr zum drittenmal die jungfrau Maria und sprach:
‘folge mir.’ sie nahm sie bei der band und führte sie in den
himmel und zeigte ihr da die beiden ältesten kind er, die lachten
sie an und spielten mit der Weltkugel, als sich die königin dar-
über freuete, sprach die jungfrau Maria: ‘ist dein herz noch nicht
erweicht? wenn du eingestehst, dasz du die verbotene thür ge-
öffnet hast, so will ich dir deine beiden söhnlein zurück geben/
aber die königin antwortete zum drittenmal: ‘nein, ich habe die
verbotene thüre nicht geöffnet.’ da liesz sie die jungfrau wieder
zur erde herabsinken und nahm ihr auch das dritte kind.
Am andern morgen, als es ruchbar ward, riefen alle leute
laut: ‘die königin ist eine mensehenfresserin, sie musz verurtheilt
werden,’ und der .könig konnte seine rathe nicht mehr zurück-
weisen. es ward ein gericht über sie gehalten, und weil sie nicht
antworten und sich nicht vertheidigen konnte, ward sie verurtheilt,
auf dem Scheiterhaufen zu sterben, das holz wurde zusammenge-
tragen, und als sie an einen pfähl festgebunden war und das
feuer ringsumher zu brennen anfieng, da schmolz das harte eis
des stolzes, und ihr herz ward von reue bewegt, und sie dachte,
1885 -
München
: Oldenbourg
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
846
295. Maria hilf!
Und die verlassen klagen
In Frost und Sturm und Wind,
Die unterdrückt, geschlagen,
Verwaist und hilflos sind,
Wem jeder Trost entschwunden,
Den Kranken, Todeswunden,
O Maria!
O Maria hilf!
Erbitt' von Gott uns Frieden
Erbitt' uns Heiligkeit;
Vereine, was geschieden,
Versöhne, was im Streit!
Daß tvir zu deinen Füßen
Als Brüder dich begrüßen,
O Maria!
O Maria hilf!
Maria! deiner Milde
Befehlen >vir den Rhein,
O wolle ihm zum Schilde,
Zum Schwert und Panzer sein!
Es breche dran in Splitter
Die Lanze fremder Diitter,
O Maria!
O Maria hilf!
Geleit uns durch die Wellen
Zu deinem Gnadenhort,
Zum ewig sonnenhellen
Geiveihten Friedensport,
Daß dort das Schifflein lande
Am lieben Heimatstrande,
O Maria!
O Maria hilf!
Vom heiligen Licht umgeben,
Wo hochgebenedeit
Die Rebe blüht den Reben
Im Thal der Seligkeit,
Daß dort wir niedersinken,
Vom Himmelsstrome trinken,
O Maria!
O Maria hilf!
1912 -
Halle a.S.
: Schroedel
- Autor: Steger, August, Wohlrabe, Wilhelm
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
10s
2. Ich hab' deutsch, nicht lateinisch noch griechisch reden wollen, da ich
deutsch zu reden im Dolmetschen mir vorgenommen Halle.
Man mutz nicht die Buchstaben in der fremden Sprache fragen, wie
man deutsch reden soll, sondern man mutz die Mutter im Hause, die Binder
auf der Gasse, den gemeinen Mann auf dem Markte darum fragen und
denselben auf das Maul sehen, wie sie reden, und danach dolmetschen, so
verstehen sie es, datz man deutsch mit ihnen redet.
Zum Erempel, da der Engel Maria grützt, spricht er: „Gegrützet
seist du, Maria voll Gnade usrv." Wohlan, so ist's bisher schlecht, den
lateinischen Buchstaben nach verdeutscht. Sag mir aber, ob solches gut
deutsch sei. Wo redet der deutsche Mann also: Du bist voll Gnaden?
Und welcher Deutsche versteht, was gesagt sei: Voll Gnaden? Er mutz
denken an ein Fatz voll Vier oder einen Beutel Geldes. Darum habe ich's
verdeutscht: du Holdselige; damit doch ein Deutscher desto näher hinzu
könne denken, was der Engel meint mit seinem Grütze. Und hätte ich das
beste Deutsch hier sollen nehmen, hätte ich den Trutz also müssen ver-
deutschen: Gott grütz' dich, du liebe Maria! Denn so viel will der Engel
sagen, und so würde er geredet haben, wenn er sie hätte wollen deutsch
grützen.
Wer deutsch kann, der weitz wohl, welch ein herzlich, fein Wort das
ist: die liebe Maria, der liebe Gott, der liebe Kaiser, der liebe Fürst,
der liebe Mann, das liebe Kind. Und ich weitz nicht, ob man das Wort
Liebe auch so herzlich und genugsam in lateinischer oder andern Sprachen
reden möge, datz es also dringe und klinge in das Herz, durch alle Sinne,
wie es tut in unsrer Sprache.
3. Und was soll ich viel und lang sagen vom Dolmetschen? Sollte
ich all meiner Worte Ursachen und Gedanken anzeigen, ich müßte wohl ein
Jahr daran zu schreiben haben. Was Dolmetschen für Kunst, Mühe und
Arbeit sei, das hab' ich wohl erfahren.
Das kann ich mit gutem Gewissen zeugen, datz ich meine höchste Treue
und Fleitz darin erzeigt und nie keine falschen Gedanken gesucht noch damit
gewonnen. So habe ich meine Ehre drin nicht gemeint, das weitz Gott,
mein Herr; sondern ich hab' es zu Dienst getan den lieben Christen und
zu Ehren einem, der droben sitzt, der mir alle Stunden so viel Gutes
tut. datz, wenn ich tausendmal so viel und fleißig dolmetsche, dennoch
nicht eine Stunde verdient hätte zu leben oder ein gesund Auge zu haben.
Es ist alles seiner Gnaden und Barmherzigkeit, was ich bin und hab';
ja, es ist seines teuern Blutes und sauern Schweißes; drum soll's auch
alles ihm zu Ehren dienen mit Freuden und vom Herzen. Lästern mich
die Feinde, wohlan, so loben mich die frommen Christen, und bin ich allzu-
reichlich belohnt, wo mich nur ein einziger Christ für einen treuen Arbeiter
erkennt.
1918 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Kühne, Alfred, Evers, Matthias, Walz, Hermann
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 3 – Sekundarstufe 2, Klassen 9/10/11 – 12/13
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
- Geschlecht (WdK): Jungen
204
ein jeder lesen und meistern; läuft einer jetzt mit den Augen durch 3, 4
Blätter und stößt nicht einmal an, wird aber nicht gewahr, wie viel Wacken
und Klötze dagelegen sind, da es jetzt überhin geht, wie über ein gehoffelt
(gehobelt) Brett, da wir haben müssen schwitzen nnb uns ängsten. Es
ist gut pflügen, wenn der Acker gereinigt ist."
Auch darin bewies Luther einen wunderbaren Takt als Übersetzer, daß
er die rechte Mitte zu halten wußte zwischen einer von dem Original sich
allzusehr entfernenden Freiheit und einer pedantischen, dem Geiste der
Muttersprache zuwiderlaufenden Ängstlichkeit. Er wollte eine Übersetzung
gebeil für das deutsche Volk und erklärt deshalb: „Man muß nicht die
Buchstaben in den lateinischen Sprachen fragen, wie man soll deutsch reden,
sondern man muß die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gassen, den
gemeinen Mann auf dem Markt drum fragen und denselbigen auf das
Maul sehen, wie sie reden, und darnach dolmetschen; so verstehen sie es
denn und merken, daß man deutsch mit ihnen redet. — So führte er
denn auch z. B. in Maßen, Münzen und Gewichten deutsche Benennun-
gen ein, wie Groschen, Scheffel usw., übersetzte den Prokonsul in einen
Landpfleger u. dgl. m. Ebenso schaltet er bisweilen das Wörtchen „lieber"
ein, wenn er glaubt, daß die Anrede dadurch einen milden Klang erhalte,
und anderes der Art mehr.
Hiervon nur noch ein Beispiel. Bei dem Gruße des Engels an Maria
bemerkt er, daß er wörtlich laute: Maria voll Gnaden; allein „wo redt,
der deutsche Mann so? Er denkt an ein Faß voll Bier oder einen Beutel
voll Geldes. Darum hab ich's verdeutscht: du Holdselige! und hätte ich
das beste Deutsch sollen nehmen, so hätte ich das also verdeutschen müssen:
Grüß dich Gott, du liesse Maria; denn so viel will der Engel sagen,
und so würde er geredt haben, wenn er sie hätte wollen deutsch grüßen.
Wer deutsch kann, der weiß wohl, welch ein herzlich fein Wort das ist:
Du liebe Maria! Der liebe Gott, der liebe Kaiser, der liebe Mann, das
liebe Kind! Ich weiß nicht, ob man das Wort Liebe auch so herzlich und
genugsam in lateinischen oder anderen Sprachen reden möge, das also
dringe und klinge ins Herz durch alle Sinnen, wie es tut in unsrer
Sprache."
Welche unsägliche Mühe sich Luther gab, des deutschen Sprachschatzes
sich vollkommen zu bemeiftern, davon geben uns ebenfalls seine eigenen
Briefe und die Berichte der Zeitgenossen ansprechende Beispiele. Um die
Edelsteine, welche in der Offenbarung Joh. (Kap. 21) vorkommen, richtig
bezeichnen und sich selber eine richtige Vorstellung von dem machen zu
können, was er niederschrieb, ließ er sich durch den vertrauten Spalatin
eine Auswahl solcher Kleinodien aus dem kurfürstlichen Kabinette vor-
legen. Ebenso erkundigte er sich genau und umständlich über die Venen-
1885 -
München
: Oldenbourg
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
293. Allerseelen. —294 Der Friede Gottes. — 295. Moria hilf! 345
293. Allerseelen.
Der Aufblick zu den Verklärten im Himmel erweckt in uns
von selbst die Erinnerung an jene Abgeschiedenen, die das
göttliche Gericht schon erfahren haben, von denen wir aber
nicht wissen, ob sie schon zur Anschauung Gottes gelangt sind.
Darum reiht die Kirche an das Allerheiligenfest den „Aller-
seelentag", den Gedenktag aller abgeschiedenen Seelen. Ein
großer Teil derselben war beim Austritte aus dieser Welt
nicht rein und heilig genug, um sogleich die Anschauung des
reinsten und heiligsten Gottes zu genießen; sie müssen erst noch
am Reinigungsort verweilen, um durch Leiden jene Voll-
kommenheit zu erlangen, die sie durch ihre eigenen Bemühungen
auf Erden sich anzueignen versäumten. Sie selbst können hier
nichts mehr für sich wirken. Wir aber können und sollen ihnen
zu Hilfe kommen durch Gebet, gute Werke, besonders durch das
hl. Meßopfer. Wollen wir darum uns recht angelegen sein
lassen, dieser frommen und heiligen Pflicht zu genügen! Es sind
ja unsere Mitmenschen und Mitchristen, unsere Alters- und
Standesgenossen, unsere eigenen Familienglieder, die sich im
Fegfeuer befinden. Am Allerseelentage wohnen die Christen in
frommer Erinnerung dem Traueramte bei, welches für die
Verstorbenen gehalten wird; sie besuchen den Gottesacker, um
an der Ruhestätte geliebter Hingeschiedener zu beten, deren
Gräber sie aus dankbarer Erinnerung mit Kränzen und Lichtern
schmücken; und sie flehen mit dem Priester zu Gott: „Herr,
gib ihnen die ewige Ruh' und das ewige Licht leuchte ihnen!
Herr, laß sie ruhen im Frieden, Amen!"
294. Der Friede Gottes.
Bewahre den Frieden Gottes in deinervernunft durch festes
Anhalten an die ewige Wahrheit! Bewahre den Frieden Gottes in
deinem Gemüte durch stetige Selbstbeherrschung und Zuversicht aus
alle Führungen der höchsten Weisheit! Bewahre den Frieden Gottes
in deinem Gewissen durch unwandelbare Treue gegen alle Winke
der höchsteuheiligkeit und durch Ergebung an die grenzenlose Erbarmung
die uns Allvergebung und ewiges Leben verheißt und vergibt!
295. Maria hilf!
Geleite durch die Welle
Das Schifflein treu und mild
Zur heiligen Kapelle,
Zu deinem Gnadenbild,
Und hilf ihm in den Stürmen,
Wenn sich die Wogen türmen,
O Maria!
O Maria hilf!
Du gnadenreiche Taube!
O segne unser Land,
Die Ähre und die Traube,
Den Fleiß und Schweiß der Hand,
Und die voll Hunger darben,
Die Armen ohne Garben,
O Maria!
O Maria hilf!
Lesebuch für oberfränk. Volksschulen. H.
k 23
1912 -
Halle a.S.
: Schroedel
- Autor: Steger, August, Wohlrabe, Wilhelm, Warncke, K.
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
127
2. Ich hab' deutsch, nicht lateinisch noch griechisch reden Mollen, da ich
deutsch zu reden im Dolmetschen mir vorgenommen hatte.
Man muß nicht die Buchstaben in der fremden Sprache fragen, wie
man deutsch reden soll, sondern man muß die Mutter im Hause, die Binder
auf der Gasse, den gemeinen Mann auf dem Markte darum fragen und
denselben auf das Maul sehen, wie sie reden, und danach dolmetschen, so
verstehen sie es, daß man deutsch mit ihnen redet.
Zum Exempel, da der Engel Maria grüßt, spricht er: „Gegrüßet
seist du, Maria voll Gnade usw." Wohlan, so ist's bisher schlecht, den
lateinischen Buchstaben nach verdeutscht. Sag mir aber, ob solches gut
deutsch sei. Wo redet der deutsche Mann also: Du bist voll Gnaden?
Und welcher Deutsche versteht, was gesagt sei: Voll Gnaden? Er muß
denken an ein Faß voll Bier oder einen Beutel Geldes. Darum habe ich's
verdeutscht: du Holdselige; damit doch ein Deutscher desto näher hinzu
könne denken, was der Engel meint mit seinem Gruße. Und hätte ich das
beste Deutsch hier sollen nehmen, hätte ich den Gruß also müssen ver-
deutschen: Gott grüß' dich, du liebe Maria! Denn so viel will der Engel
sagen, und so würde er geredet haben, wenn er sie hätte wollen deutsch
grüßen.
Wer deutsch kann, der weiß wohl, welch ein herzlich, fein Wort das
ist: die liebe Maria, der liebe Gott, der liebe Kaiser, der liebe Fürst,
der liebe Mann, das liebe Kind. Und ich weiß nicht, ob man das Wort
Liebe auch so herzlich und genugsam in lateinischer oder andern Sprachen
reden möge, daß es also dringe und klinge in das Herz, durch alle Sinne,
wie es tut in unsrer Sprache.
3. Und was soll ich viel und lang sagen vom Dolmetschen? Sollte
ich all meiner Worte Ursachen und Gedanken anzeigen, ich müßte wohl ein
Jahr daran zu schreiben haben. Was Dolmetschen für Kunst, Mühe und
Arbeit sei, das hab' ich wohl erfahren.
Das kann ich mit gutem Gewissen zeugen, daß ich meine höchste Treue
und Fleiß darin erzeigt und nie keine falschen Gedanken gesucht noch damit
gewonnen. So habe ich meine Ehre drin nicht gemeint, das weiß Gott,
mein Herr; sondern ich hab' es zu Dienst getan den lieben Christen und
zu Ehren einem, der droben sitzt, der mir alle Stunden so viel Gutes
tut, daß, wenn ich tausendmal so viel und fleißig dolmetsche, dennoch
nicht eine Stunde verdient hätte zu leben oder ein gesund Auge zu haben.
Es ist alles seiner Gnaden und Barmherzigkeit, was ich bin und hab';
ja, es ist seines teuern Blutes und sauern Schweißes; drum soll's auch
alles ihm zu Ehren dienen mit Freuden und vom Herzen. Lästern mich
die Feinde, wohlan, so loben mich die frommen Christen, und bin ich allzu-
reichlich belohnt, wo mich nur ein einziger Christ für einen treuen Arbeiter
erkennt.
1859 -
Hanover
: Rümpler
- Autor: Goedeke, Karl, Colshorn, Theodor
- Sammlung: Lesebuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
Maria. Erzähl du mir's, kleiner Schelm; da will ich hören,
ob du Acht giebst.
Karl. Wart e biß, ich will mich bedenken. — Es war einmal
— ja — es war einmal ein Kind, und fein’ Mutter war krank;
da gieng das Kind hin —
Maria. Nicht doch. Da sagte die Mutter: Liebes Kind —
Karl. Ich bin krank —
Maria. Und kann nicht ansgehn —
Karl. Und gab ihm Geld und sagte: Geh hin, und hol dir
ein Frühstück. Da kam ein armer Mann —
Maria. Das Kind gieng; da begegnete ihm ein alter Mann,
der war — nun, Karl!
Karl. Der war — alt —
Maria. Freilich! der kaum mehr gehen konnte, und sagte:
Liebes Kind —
Karl. Schenk mir was; ich habe kein Brot gessen gestern
und heut'. Da gab ihm's Kind das Geld —
Maria. Das für ein Frühstück sein sollte.
Karl. Da sagte der alte Mann —
Maria. Da nahm der alte Mann das Kind —
Karl. Bei der Hand und sagte — und ward ein schöner
glänzender Engel und sagte: — Liebes Kind —
Maria. Für deine Wohlthätigkeit belohnt dich Gott durch
mich: welchen Kranken du anrührst —
Karl. Mit der Hand — es war die rechte, glaub' ich.
Maria. Ja.
Karl. Der wird gleich gesund.
Maria. Da lief das Kind nach Haus und konnt' vor Freuden
nichts reden.
Karl. Und fiel seiner Mutter um den Hals und weinte vor
Freuden —
Maria. Da rief die Mutter: Wie ist mir! und war — nun,
Karl!
Karl. Und war — und war —
Maria. Du giebst schon nicht Acht! — und war gesund.
Und das Kind curierte König und Kaiser und wurde so reich, daß
es ein großes Armenhaus bauete.
4.
Von den Engeln.
-Bon Löwenstein.
Kindergarten. Berlin 1846. S. 86.
tlun laß dir erzählen, mein liebes Kind,
Wie schön die guten Engel sind!
1834 -
Ehingen a.d.D. Leipzig
: Herbig Feger
- Autor: Buschor, Franz Johann
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule, Landschule, Sonntagsschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
169
Mariä Reinigung.
An diesem Tage, jedesmal den 2. Februar, feiert die
katholische Kirche das Andenken der Darstellung des Kin-
des Jesu in dem Tempel, Maria gieng nach ihren Wo-
chenbelttagen nach dem jüdischen Gesetze mit dem Kinde,
Jesu in den Tempel zu Jerusalem, um es dem Herrn auf-
zuopfern. Auf Eingebung des heiligen Geistes kam Simeon,
ein frommer, gottesfürchtiger Greis, auch in den Tempel,
erkannte den Sohn Gottes, nahm das göttliche Kind auf
feine Arme und sprach: Nun, Herr, läßt du deinen Diener
im Frieden dahin scheiden, denn ich habe gesehen das Heil
der Welt, das Licht zur Erleuchtung der Heiden.
Dieses gibt die Kirche durch eine Zeremonie, von wel-
cher der Gottesdienst den Namen Lichtmeß hat, sinnbildlich
zu erkennen. Sie weiht deßhalb auch kurz vor der Messe
die Kerzen.
Bei Gelegenheit dieses Festes erinnern wir uns noch des
löblichen Gebrauchs, der eine fromme Nachahmung des
schönen Beispiels Maria ist. Wie nämlich die Mutter Jesu
sich mit dem Kinde Jesu in dem Tempel darstellte, so hat
auch jede christliche Mutter nach beobachteten Wochen ihren
Vorgang in die Kirche.
Mariä Himmelfahrt.
Dieses Fest, das wir den 15. August feiern, wird so
genannt, weil an demselben die allerheiligste Jungfrau Maria
in den Himmel aufgenommen worden. Auch weihet die ka-
tholische Kirche an diesem Feste Kräuter, und zwar deswe-
gen: 1) um ihre Freude zu bezeugen wegen des glorreichen
Sieges, den Maria über den Tod, den Teufel und die
Welt erhalten, und wegen des herlichen Triumphs, in
welchem sie, mit eben so viel Blumen, als Tugenden ge-
ziert, in den Himmel eingegangen ist. 2) Damit solche ge-
weihte Kräuter, Blumen und Zweige zur Wohlfahrt und
Gesundheit der Menschen sowohl als des Viehes gedeihen
mögen.
1912 -
Leipzig
: Voigtländer
- Autor: Sastrow, Bartholomäus
- Hrsg.: Kohl, Horst
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
weltliche Kleiber machen und entwich. Ebenso machte es der Wormser prebiger, wie benn auch die evangelischen Prebiger in den umliegenben Heichsstäbten entwichen. . . . 3n £anbau gab es evangelische prebiger, feine und gelehrte Ittänner, benn £anbau, in heiterer Gegenb gelegen, hat köstlichen weintouchs bis ans Tor und auch sonst gute Schnabelweibe. Ais aber der Kaiser vom Augsburger Reichstag hinunterzog und nach Speier kam, mutzten die evangelischen prebiger weichen, und an ihre Stelle würden papistische prebiger, junge, ungelehrte, schlimme Kerle, gottlose, unverschämte papistische Buben gesetzt, ctls ich einst zu £anbau den Sonntag über stille lag, ging ich in die Kirche, sah die papistische Messe halten und hörte einen jungen Bengel unverschämt also pr.ebigen: „Die £utherischen wollen nicht, batz man die Mutter Gottes Maria ober anbere heilige Gottes anbeten soll, hört, meine Zreunbe, ich will euch eine wahrhaftige Geschichte erzählen. Es starb einer; wie er verschieben war, kam seine Seele vor den Himmel. St. Peter schloß vor ihm die Tür zu, wollte ihn in den Himmel nicht einlassen. Maria, die Mutter Gottes, ging mit ihrem lieben Sohn vor dem Himmel spazieren; die rebet dieser an, beklagt sich barüber, batz St. Peter ihm den Eintritt verweigert hat, erinnert die heiligste Jungfrau Maria baran, wie er sie auf Erben geehrt, wieviel Rosenkränze, Paternoster und Ave Maria er gebetet, wieviel Wachslichter er vor ihrem Bilb aufgesteckt und verbrannt hätte, ,3a, es ist wahr, mein lieber Sohn/ spricht Maria zum Herrn dhristo. Als nun barauf der Herr sagte: ,hast bu nicht gehört ober gelesen, batz ich die Tür, der weg und die Wahrheit bin für die, so in den Himmel kommen wollen?1 antwortet Maria: ,Bist bu die Tür, so bin ich das $enster,‘ nimmt die Seele (!) beim Kopfe und wirft sie burchs Zenster in den Himmel. tdas war ihr nun baran gelegen, ob sie durch die Tür ober burchs Zensier hineinkam? wie können benn die lutherischen Buben sagen, batz man die Jungfrau Maria nicht anbeten soll?" was konnte gottloser und unverschämter sein als solche prebigt an dieser Stätte des £ichts, wo das wort Gottes rein und unverfälscht etliche Jahre geprebigt und gelehrt worben war. . . .
(Des Ii. Teiles 6. Buch enthält die Geschichte der Derhanb-
157
1859 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Kurts, Friedrich, Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
93
schöner Mann von erst zwanzig Jahren. Aber sein Aeußeres hatte sie getäuscht.
Sie fand bald, daß er von rohen Sitten wäre, und daß ihm alle die Tugenden
abgingen, welche sie glücklich machen konnten. Dazu war das Volk mit der
Heirath unzufrieden, weil er Katholik war. Der Pöbel rottete sich zusammen,
der Adel bewaffnete sich, und Elisabeth, die selbst erst zu dieser Heirath ge-
rathen, nachher aber sie gemißbilligt hatte, unterstützte die Rebellen heimlich.
Maria sammelte schnell die ihr Getreuen, jagte die Empörer aus einander,
und nun gab sich Elisabeth das Ansehen, als habe sie nicht den geringsten
Antheil daran gehabt, ob sie gleich den aus Schottland Geflüchteten sichern
Aufenthalt in England bewilligte.
Die Spannung zwischen Maria und Darnleh wurde indessen immer
größer, besonders seitdem er den Italiener Rizzio, ihren Schreiber, der sich
durchseine musikalischen Talente in ihre Gunst gesetzt und, im Vertrauen dar-
auf, sich sehr anmaßend betragen hatte, vor ihren Augen hatte ermorden lassen.
Daß sie einige Zeit darauf einen Sohn gebar — denselben, der nachher als
König von England Jakob I. hieß — machte das Verhältniß nicht besser;
denn an die Stelle der früheren Gleichgültigkeit war nun Haß und Rachsucht
getreten. Kein Wunder, daß sie, die weder in ihrem Hause noch außer dem-
selben Freude fand, sich nach theilnehmenden Freunden unffah. Einen solchen
glaubte sie im Grafen Both well (spr. Boßwell) gefunden zu haben. Aber
'er war ein ehrsüchtiger, sitten- und gewissenloser Bösewicht, der den Wider-
willen Mariens gegen Darnleh noch mehr anfachte, und endlich ihr den Vor-
schlag machte, sich von ihrem Gemahl scheiden zu lassen, und sich mit ihm zu
vermählen. Aber Maria erklärte sich mit Unwillen dagegen. „Ich will
nichts thun," sprach sie, „was meinen guten Namen und mein Gewissen ver-
letzen könnte. Laßt die Sachen, wie sie sind, bis es Gott gefallen wird,
dem Uebel abzuhelfen." Indessen wurde Darnleh in Glasgow gefährlich
krank. Maria reiste zu ihm, versöhnte sich mit ihm scheinbar, und es schien,
als wenn das Vernehmen unter ihnen besser werden sollte. Aber gerade dies
brachte den Bothwell um alle seine Hoffnungen, und er beschloß, die Königin auch
wider ihren Willen von Darnleh zu befreien. Maria hatte ihren Genmhl
beredet, sich mit ihr nach Edinburg zu begeben. Sie bereitete ihm hier seine
Wohnung nicht im Schlosse, sondern in einem vor der Stadt gelegenen
Hause. In einer Nacht, in welcher sie gerade abwesend war, weil sie der
Vermählung einer ihrer Kammerfrauen beiwohnte, flog das Haus, in welchem
Darnleh wohnte, krachend in die Luft (156/). Ob sie das Verbrechen vor-
her gewußt, ist nicht ausgemacht; Bothwell gab auf dem Sterbebette
nur sich und noch einige Männer als Mörder an. Maria zeigte auch Be-
trübniß. Daß Bothwell der Thäter sei, daran zweifelte Niemand, aber auch
Maria wurde von den Meisten für eine Mitwisserin gehalten. Jedenfalls
benahm sie sich höchst unbesonnen, indem sie keine Untersuchung über die Ur-
heber der That anstellen ließ, wohl aber den Bothwell und die andern an-
geblichen Thäter auffallend begünstigte, obgleich Alle, die es mit ihr gut
meinten, auf strenge Untersuchung drangen, damit sie vor den Augen der
Menschen gerechtfertigt erscheine. Endlich wurde zwar ein Gericht dazu
niedergesetzt; da aber Bothwell Vorsitzender desselben war, so endigte sich die
Verhandlung damit, daß er für unschuldig erklärt wurde. Darauf setzte sie
1834 -
Ehingen a.d.D. Leipzig
: Herbig Feger
- Autor: Buschor, Franz Johann
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Elementarschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Elementarschule, Landschule, Sonntagsschule
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
108
ses Fest am 25. März, als dem Jahrestag, an welchem
Maria zur Würde einer Mutter des Welterlösers erhoben
wurde, mit vorzüglicher Andacht. Maria lebte still und um
bemerkt von der Welt, zu Nazareth, einem kleinen verach-
teten Skädtleiu in Galiläa. Sie war an einen armen aber
rechtschaffenen frommen Mann vom Hause Davids verlobt,
der Joseph hieß. Maria war einsamm in frommen Betrach-
tungen und Gebeten in ihrer Kammer verschlossen, da trat
der Erzengel Gabriel zu ihr und sprach: Sey gegrüßt du
Gnadenvolle! Der Herr ist mit dir! Du bist die Gesegnetste
unter den Weibern. Maria erschrak über diese Anrede und
die englische Gestalt. Der Engel sprach: Fürchte dich nicht,
Maria, denn du hast Gnade gefunden vor Gott. Siehe!
du wirst die Mutter des Sohnes Gottes werden, dem sollst
du den Namen Jesus geben. Dieser wird groß, ja der
Sohn des Allerhöchsten seyn rc. Mit jungfräulichem Er-
rörhen sprach Maria zu dein Engel: wie kann das seyn?
Ich weiß ja nichts von einem Manne? Der Engel ant^
wortete: Der heilige Geist wird über dich kommen und die
Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten, darum wird
auch dein heiliges Kind Schn Gotteö genannt werden.
Maria sprach: Siehe, ich bin die Magd deö Herrn, mir
geschehe nach deinem Worte! Und der Engel verließ sie.
Dreimale des Tages erinnert uns die Kirche an diese
Begebenheit dmch das Gebetlauten.
Mariä Empfängniß.
An diesem Feste, welches den 8. Dezember gefeiert wird,
begeht die Kirche mit besonderer Feierlichkeit die glückliche
Empfängnis der allerseligsten Jungfrau Maria, welche von
Ewigkeit her, zu einer Tochter deö himmlischen Vaters,
zu einer Braut des heiligen Geistes, zu einer Mutter des
göttlichen Welterlösers bestimmt war. Zum Eingang der
Messe singt die Kirche: Sey gegrüßt, du heilige Gebä-
rerin! die du als eine glückliche Mutter den König geboren
hast, welcher Himmel und Erde von Ewigkeit zu Ewigkeit
beherrschet.
1906 -
Langensalza
: Gressler
- Autor: Noesselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
109
welche Bothwell und Maria die Mörder des Königs nannten, und häufig fand man an den Straßenecken Zettel angeklebt, die ungefähr dasselbe behaupteten. Ob Maria an der Ermordung Tarnleys unschuldig mar. ist zwar nicht ei wiesen, aber unwahrscheinlich. Sie zeigte zwar eine tiefe Betrübnis und setzte eine große Belohnung auf die Entdeckung des Mörders; aber es ist nicht zu glauben, das; Bothwell ohne ihre Zustimmung die Schandtat gewagt haben würde Höchst unbesonnen war, daß sie nicht einmal den Schein vermied. Zwar wurde ein Gericht niedergesetzt; da es aber an bestimmten Beweisen fehlte und ein Freund Bothwells Vorsitzer des Gerichtes war, so wurde er für unschuldig erklärt. Darauf beging sie in ihrer Verblendung die Unbesonnenheit, seinen Bitten um Vermählung nachzugeben. In dieser Absicht verabredete sie mit ihm eine Ent-führnng. Bei einem Spazierritt, den sie in weniger Begleitung unternahm, begegnete er ihr mit einigem Gefolge wie zufällig und führte sie nach feinem Schlosse. Hier vermählte sie sich, als wenn sie e« halb gezwungen täte, drei Monate nach Tarnleys Ermordung mit ihm (1567). Dieser Leichtsinn war um so sträflicher, da Bothwell sich, um sie heiraten zu können, von feiner Frau, mit der er erst ein halbes Jahr vorher vermählt worden war, mußte scheiden lassen.
Ter ganze schottische Adel war über die Vermählung Marias mit Bothwell dermaßen empört, daß er sich gegen die Königin verband und ins Feld zog. Schon eingeschlossen, entwischten Maria und Bothwell, konnten sich aber in offenem Felde nicht halten Maria ergab sich daher den Verbündeten, und Bothwell entfloh nach den Orkney-Inseln. Hier trieb er eine Zeitlang Seeränbereien und flüchtete dann nach Dänemark, wo er im Gefängnis wahnsinnig wurde und nach etwa 10 Jahren starb. Fast noch härter büßte Maria ihren Leichtsinn. Sie wurde vou den Rebellen im Triumphe nach Ediuburg geführt, wo der Pöbel sie verhöhnte und ihr eine Fahne vortrug, auf welcher die Ermordung Tarnleys zu sehen war. Man denke sich, wie Maria bei diesem Anblick litt! Von hier führte man sie in ein festes Schloß (Lochleven), behandelte sie mit der größten Strenge und Verachtung und zwang sie endlich, eine
1906 -
Langensalza
: Gressler
- Autor: Noesselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
108
erkundigen. Darnley beruhigte es. indem er sich vom Balkon aus zeigte und sich für die Sicherheit der Königin verbürgte.
Iuzzios Ermordung hatte Maria ihrem Gemahl noch mehr entfremdet. Das Verhältnis zwischen beiden Gatten änderte sich auch nicht, als Maria drei Monate darauf einen Sohn bekam, der Jakob genannt wurde. Es war, als wenn das Gespenst des Ermordeten steh zwischen beide gestellt hätte. Desto eifriger bemühte sich jetzt Graf Bot hwell um die Gunst der Königin. Bothwell stammte ans einer angesehenen schottischen Familie; aber er war kein Edelmann. Als er die Abneigung Marias gegen ihren Gemahl bemerkte, redete er ihr zu, sich von ihm scheiden zu lassen. Maria wäre wohl mit Freuden dazu bereit gewesen: aber si? zweifelte, daß Darnley sich ohne weiteres entthronen liesse. Da schwur er ihr, er werde sie von ihrem Manne befreien, koste es, was es wolle.
Darnley hatte sich nach Glasgow begeben, wo er nach einiger 3eit plötzlich sehr krank wurde. Maria reiste zu ihm, da sie erfuhr, das; er ihre Gegenwart sehnlichst wünsche, und als er etwas hergestellt war, nahm sie ihn mit sich nach Ediuburg, wo sie mit ihm ein Landhalis bezog, welches in der höchsten uni) gesundesten Gegend vor der L-tadt lag. Hier pflegte sie ihn sorgfältig und brachte acht ^age bei ihm zu. Indessen entwarf Bothwell mit einigen andern den Plan, den König schnell und sicher aus j.der Welt zu schaffen. Maria war fortwährend um ihren Gemahl: nur eine Nacht war sie abwesend, weil sie in ihrem Schlosse in der Stadt einer ihrer Kammersrauen eine Hochzeit ausrichtete und den Ball selbst zu eröffnen versprochen hatte. Am 9. Februar 1567 verließ iie ihn abends gegen 11 Uhr, und eben diese Nacht wählten die Verschworenen zur Ausführung ihres Vorhabens. 'Megen 2 Uhr morgens flog das Haus, in welchem sich der König befand, mit einem fürchterlichen Knalle in die Luft. Maria war oder stellte sich erschrocken: sie jammerte laut auf, und versprach, alles aufzubieten. den Täter zu entdecken. Der Hauptverdacht fiel auf Bothwell ; da man aber wußte, in wie hoher Gnade er bei Maria stand, so wagte es niemand, ihr die öffentliche Vermutung mitzuteilen. Nur in der Nacht ließen sich in den Straßen Stimmen hören,
1827 -
Breslau
: Max
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Privatunterricht, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
00
schworenen zur Ausführung ihres Vorhabens. Gegen 2 Uffr
des Morgens flog das Haus, worin sich der König befand, mit
einem fürchterlichen Knalle in die Luft. Maria war von dem
Knalle aufgeschreckt worden, und schauderte, als sie das Ge-
schehene erfuhr. Alle Hoffnung eines ruhigeren Lebens war nun
dahin; sie jammerte laut auf, und versprach, Alles aufzubieten,
den Thäter der scheußlichen That zu entdecken. Der Hauptver-
dacht siel auf Bothwell; da man aber wußte, in wie hoher Gnade
er bei Maria stand, so wagte es Niemand, ihr die öffentliche
Vermuthung mitzutheilen. N^r in der Nacht ließen sich in den
Straßen Stimmen hören, welche Bothwell und Maria die Mör-
der des Königs nannten, und häufig fand man an den Straßen-
ecken Zettel angeklebt, die ungescheut das Nämliche behaupteten.
Ob Maria an der Ermordung Darnley's unschuldig war, ist
zwar nicht erwiesen, aber wahrscheinlich. Sie zeigte nicht nur
eine tiefe Betrübniß, und setzte eine große Belohnung auf die
Entdeckung des Mörders, sondern Bothwell erklärte auch auf
seinem Sterbebette in Malmöe an Eidesstatt, daß er Darnley
auf Anstiften Murray's und zweier Andern ermordet habe. Al-
lein wahrscheinlich ist, daß schon vor Darnley's Ermordung ein
Verstandniß zwischen ihr und Bothwell stattfand, und daß sie
durch ihr Betragen den Verschworenen gezeigt habe, sie würde
Darnley's Tod nicht ungern sehen, und dem Bothwell ihre Hand
zu geben bereit feyn. Hatte sie nur auch den Schein vermie-
den! Zwar wurde ein Gericht über Bothwell niedergesetzt; da es
aber an allen bestimmten Beweisen fehlte, so wurde er nicht nur
losgesprochen, sondern Maria vermahlte sich selbst mit ihm, und
zwar kaum ein Vierteljahr nach der Ermordung Darnley's.
Dieser Leichtsinn war um so sträflicher, da Bothwell sich, um
sie heirathen zu können, von seiner Frau, mit der er erst ein
halbes Jahr vorher vermahlt worden war, mußte scheiden las-
sen. Hat aber jemand für feinen Leichtsinn schwer gebüßt, so
war es unstreitig Maria. Mit Bothwell lebte sie höchst unglück-
lich. Kein Tag verging, an dem er sie nicht schlecht, behandelte,
und sie über ihn Thranen vergoß.
Der ganze schottische Adel war über die Vermählung Ma-
ria's mit Bothwell dermaßen empört, daß er sich gegen die Kö-
nigin verband und ins Feld zog. Schon eingeschlossen entwi-
1880 -
Stuttgart
: Heitz
- Autor: Nösselt, Friedrich, Kurts, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 16
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule, Privatunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
110
Neue Geschichte. 1. Periode. England.
Maria war oder stellte sich erschrocken; sie jammerte laut auf, und versprach, alles aufzubieten, den Urheber der scheußlichen That zu entdecken. Der Hauptverdacht fiel auf Bothwell; da man aber wußte, in wie hoher Gnade er bei Maria stand, so wagte es niemand, ihr die öffentliche Vermuthung mitzutheilen. Nur in der Nacht ließen sich in den Straßen Stimmen hören, welche Bothwell und Maria die Mörder des Königs nannten, und häufig fand man an den Straßenecken Zettel angeklebt, die ungescheut das Nämliche behaupteten. Ob Maria an der Ermordung Darnley's schuldig war, ist zwar nicht erwiesen; aber es ist nicht zu glauben, daß Bothwell ohne ihre Zustimmung die Schandthat gewagt haben würde, wenn er auch aus seinem Sterbebette in Malmöe (in Dänemark) an Eidesstatt erklärte, daß er Darnley auf Anstiften Murray's und zweier andern ermordet habe. Wahrscheinlich ist, daß schon vor Darnley's Ermordung ein Verständniß zwischen Maria und Bothwell stattgefunden, und daß sie durch ihr Betragen den Verschworenen gezeigt habe, sie würde Darnley's Tod nicht ungern sehen und dem Bothwell ihre Hand zu geben bereit sein. Höchst unbesonnen war, daß sie nicht einmal den Schein vermied. Zwar wurde ein Gericht niedergesetzt; da es aber an bestimmten Beweisen fehlte und Bothwell sogar Vorsitzer des Gerichts war, so wurde er für unschuldig erklärt. Darauf beging sie in ihrer Verblendung die Unbesonnenheit, seinen Bitten um Vermählung nachzugeben. In dieser Absicht verabredete sie mit ihm eine Entführung. Bei einem Spazierritt, den sie in weniger Begleitung unternahm, begegnete er ihr mit einigem Gefolge wie zufällig und führte sie nach seinem Schlosse. Hier vermählte sie sich, als wenn sie es halb gezwungen thäte, drei Monate nach Darnley's Ermordung mit ihm (1567). Dieser Leichtsinn war um so sträflicher, da Bothwell sich, um sie heirathen zu können, von seiner Frau, mit der er erst ein halbes Jahr vorher vermählt worden war, mußte scheiden lassen. Hat aber jemand für seinen Leichtsinn schwer gebüßt, so war es unstreitig Maria. Mit Bothwell lebte sie höchst unglücklich. Kein Tag verging, an dem er sie nicht schlecht behandelte und sie über ihn Thränen vergoß. Der Fluch des Verbrechens, mit welchem diese Ehe eingeleitet
worden war, wirkte fort.
Der ganze schottische Adel war über die Vermählung Maria's mit Bothwell dermaßen empört, daß er sich gegen die Königin verband und in's Feld zog. Schon eingeschlossen, entwischen Maria und Bothwell, können sich aber im offenen Felde nicht halten;
1829 -
Leipzig
: Cnobloch
- Autor: Rockstroh, Heinrich
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
J 18
Diesem gab mtcs> Jesus die tröstliche Hoffnung:
,/Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sevu!^
•— Auf dem so traurigen Hingange Jesus's zur
Nichtstätte waren aber auch Maria, seine Mut-
ter , Maria, ihre Schwester, Maria aus
Magdala, und der liebevolle Junger Johannes,
im Gefolge gewesen. Hier, nahe am Kreuze, an
welchem Jesus hing und blutete, im Gedränge
von römischen Bewaffneten, deren einige zu Pferde
hielten, so wie vornehmer lind gcrinaeriuden, wa-
ren denn auch sic anwesend, und Zeugen des mar-
tervollen Todes Jesus's. Nur die hcldeninüthi'ge
Fassung und Standhaftigkeit, mir welcher Jesus
den schmerzenvollcn Tod ertrug, machte es diesen
gefühlvollen Frauen und dem Johannes möglich,
Zeugen dieses Todes zu seyn, ohne daß sie von
der Heftigkeit des Schmerzes über solch ein schreck-
liches Ende überwältigt wurden. Welche große
Schmerzen aber auch Jestis litt, so unterließ er
dennoch nicht, der in der höchsten Traurigkeit
versunkenen Mutter, als er sie gewahrte, Worte
dcs Trostes zuzusprechen. „Siehe," sprach er, i'u-
de,n er seinen Blick erst auf Maria (seine Mutter)
und dann auf Johannes richtete, „das ist dein
Sohn;" dann aber, indem er nach Johannes
sah und nun nach Maria (seiner Mutter): „Sohn,
dieß ist deine Mutter." ’*) Cs verbreitete sich aber
*) Der edle Jünger übernahm mit der, zärtlichsten
Sorgfalt dieses Äermüchtniß, und ernährte Maria,
1858 -
Leipzig
: Engelmann
- Autor: Weber, Georg
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule, Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Höhere Realschule, Gymnasium, Privatanstalt, Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Die neue Zeit.
236
Glück verlebten Jugend eine liebenswürdige, heitere Natur und einen lebens-
frohen Sinn, aber auch Hang zur Sinnlichkeit und leichtfertige Sitten auf den
schottischen Thron mit, und während die englische Königin aufs Innigste mit
dem Protestantismus verflochten und ihrvolk zu Einer Kirche mit ihr vereinigt
war, hielt Maria fest an der katholischen Religion und am Papstthum inmitten
eines rohen Volkes, das eigenmächtig die Pres byterianische Kirche zur
Landeskirche erhoben, und die Messe als Götzendienst verabscheute. Man legte
Hand an ihre Hauskapelle, und der strenge Reformator K n or richtete aus der
Kanzel und im Palaste Strafreden wider sie, wie einst die Propheten wider die
abgöttischen Könige in Israel.
1365. §. 367. Maria vermählte sich in zweiter Ehe mit einem in England er-
zogenen schottischen Edelmann Darnley. Die Ehe fiel aber unglücklich aus.
Der eitle, unbesonnene, von falschen Freunden übel berathene Gatte fand nur
Vergnügen an Jagd und Gelagen und zürnte dann der Königin, daß sie ihn
zurücksetzte und ihr Vertrauen dem Sänger Rizio aus Turin, der ihre Cor-
respondenz mit den Guisen und dem Papst führte, zuwandte. Angetrieben von
Eise^ucht und verletztem Ehrgefühl und aufgereizt von Uebelwollenden bildete
Darnley mit einigen Edelleuten eine Verschwörung — und Maria's Günstling
fiel vor den Augen seiner Gebieterin in ihren eigenen Gemächern, von vielen
1566. Dolchstichen durchbohrt, entseelt nieder. Diese entsetzliche That erfüllte das
Herz der Königin mit bitterm Groll gegen ihren Gemahl, von dessen Mitschuld
sie trotz seines Läugnens überzeugt war. Sie entfernte sich immer mehr von
ihm, ging mit dem Gedanken einer Scheidung um, und wandte ihre Gunst
dem Grasen Bothwell, einem schottischen Edelmann, zu. Erst als Darnley
von einer Krankheit befallen wurde, schien sich ihr Groll zu legen. Sie pflegte
seiner mit großer Sorgfalt in einem abgelegenen Gartenhaus. Aber in einer
Rächt, wo Maria abwesend war, wurden die Bewohner Edinburgs durch ein
entsetzliches Getöse erweckt. Man fand das nahe Landhaus des Königs in die
Lust gesprengt und Darnley's Leichnam erstickt. Die öffentliche Stimme be-
zeichnet Bothwell als den Thäter und diesen sah man drei Monate nachher
als Maria's Gemahl. War es zu verwundern, daß man sie der Mitschuld an
derfrevelthat anklagte? Empört über die verbrecherische Ehe griff der schottische
Adel zum Schwert. Bothwell floh vor der Schlacht, führte ein Freibeuterleben
auf den Hebriden, wurde aber von den Dänen gefangen und endete im Kerker
als Wahnsinniger. Maria wurde mit Triumphe unter den Verwünschungen
des Volks nach Edinburg geführt und dann in das einsame Jnselschloß Loch-
levin eingeschlossen, wo sie der Krone entsagen und ihrem Halbbruder Mur-
ray während der Minderjährigkeit ihres Sohnes Jakob die Regentschaft über-
tragen mußte. Zwar entkam Maria, widerrief ihre Thronentsagung und fand
Hülfe bei der mächtigen Familie Hamilton, aber in einer Schlacht besiegt,
1568. wäre sie zum zweitenmal in die Hände ihrer Feinde gerathen, hätte sie sich nicht
in größter Eile nach England geflüchtet, um Elisabeth's Schutz anzuflehen.
§. 368. Die englische Königin lehnte jede Zusammenkunft mit Maria ab,
so lange sich diese nicht von aller Mitschuld an dem Gattenmorde gereinigt
hätte; und da Maria als unabhängigekönigin sich einem englischen Gerichts-
höfe nicht unterwerfen wollte, so hielt man es für nothwendig, sie in England
zurückzithalten. Aber ihre Gegenwart bedrohte bald Elisabetbs Sicherheit.
Der Herzog von Norfolk trachtete nach Mariens Hand, verlor jedoch darüber
zuerst seine Freiheit und dann das Leben. In den nördlichen Landschaften zählte
die alte Kirche noch viele Anhänger; die Grafen von N or th u m berland
und Westmoreland erhoben die Fahne der Empörung, um Maria zu be-
1882 -
Oldenburg
: Stalling
- Autor: Stacke, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 10
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
182
einen rhrenden Brief an die Knigin von England und bat um Schutz und Hlfe.
Elisabeth kam dadurch in die peinlichste Lage. Sie War von Marias Schuld berzeugt, hatte aber den Aufruhr des Adels gegen sie nicht gebilligt. Doch verkannte sie nickt die Gefahr, die ihr selbst von dem katholischen Eifer ihrer Nebenbuhlerin drohte, die ja ihre Ansprche auf den engli-schen Thron nie aufgegeben hatte. Ihr Gefhl hie sie der Unglcklichen beistehen, die Klugheit gebot, die hlflose Lage der Feindin zu benutzen,- auerdem aber stand Maria als eme Frstin da, die durch schwere Anklagen vor der ganzen Welt gebrandmarkt war. Endlich kam man im Rate der englischen Knigin zu dem Entschlu, Maria in England ge-fangen zu halten, bis ihr Streit mit ihren Unterthanen ge-schlichtet sein wrde. Zur Schiedsrichterin dieses Streites er-bot sich Elisabeth und versprach Maria, wenn sie sich von der Beschuldigung, an dem Morde ihres Gemahls Anteil zu haben, reinigen knne, ihr zur Wiedereinsetzung behlflich zu sein. Maria ging auf diesen Antrag ein, und die Unter-suchungen, zu denen eine englische Behrde niedergesetzt war, begannen. Murray erschien, klagte die Knigin der Teilnahme an Darnleps Morde an und bewies seine Anklage durch Briefe auf die gengenstde Weise. Aber Maria und ihre Verteidiger gingen auf keine Widerlegung der Anklage ein, sondern suchten vielmehr Winkelzge zu machen, und auch die billigen Vergleichsvorschlge Elisabeths wies Maria zurck.
Die Knigin von England konnte, ohne ihre eigene Sicherheit zu gefhrden, die gefangene Maria nicht in Freiheit setzen, und so schmachtete denn diese eine lange Reihe von Jahren in englischen Gefngnissen. Die Bestrebungen der zahlreichen Katholiken Englands, die Gefangene zu befreien, gaben Veranlassung zu mehreren Verschwrungen und Mord-versuchen gegen Elisabeth, die jedoch alle zeitig entdeckt und unterdrckt wurden. Die Folge davon war, da strengere Gesetze gegen die Katholiken gegeben wurden, die aber den Eifer derselben, die gefangene Knigin zu befreien, nicht schwchten. Bereits achtzehn Jahre befand sich Maria in englischer Haft, als von neuem eine Verschwrung zur Er-mordung Elisabeths und zur Befreiung der schottischen Knigin gestiftet ward, an deren Spitze ein junger Edelmann, namens