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1. Der kleine deutsche Jugendfreund - S. 58

1839 - Reutlingen : Fischer
— 58 — Genusse jetzt die Erinnerung an frühere ähnliche Genüsse verbindet. Daher muß der Sinn für Natur und Reli- gion sv früh als möglich geweckt und gebildet werden. Begabt iss Jedermann damit von feinem Schöpfer; aber bei Vielen bleibt er oft das ganze Leben hindurch als ein Kapital liegen, das keine Zinsen trägt, da cs doch denen, die es zu brauchen wissen, die reichlichsten bringt." Die Kinder konnten sich nicht genug verwundern, daß es Menschen gäbe, die an den Schönheiten der Na- tur kein Wohlgefallen fänden, welche die Religion nicht für die köstlichste Gabe Gottes hielten, und urtheilten dann, diese müßten recht unglücklich seyn und wenig Freude haben. „Allerdings ist cs so!" versetzte Herr Gotthold, „und ihr könnet euch nicht glücklich genug preisen, meine Lieben, daß euch Gott Aeltern gegeben hat, die euer Herz von Kindesbeinen an den Segnungen der Natur und Religion öffneten, und euch sv in den Besitz eines Gutes verhalseu, das keine Macht der Erde rauben oder vermindern kann!" Nach dem Mittagscssen begab man sich in den Wald. Auch hier hatten die Kinder ihre Vorkehrungen zur Freu- de der Aeltern getroffen, und den Platz mir allerlei süß- duftenden Waldblumen bestreut, so daß diese heute ei- gentlich auf Blumen wandelten, wohin sie kamen. „Gewiß," sagte Herr Gotthold, „können die Men- schen einander das Leben recht verschönern, wenn sie nur wollen. Eine Blume reicht oft schon hin, uns Ver- gnügen zu machen, wenn sie zur rechten Stunde geboten wird; ein freundliches Wort wirkt noch mehr. Es er- höht entweder unsere Freude, oder mildert den Kummer, der uns drückt."

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1. Ausgewählte Lesestücke aus deutschen prosaischen Musterschriften für höhere Bürgerschulen und die unteren Klassen der Gymnasien - S. 107

1810 - Berlin : Realschulbuchh.
Erzählungen. 107 in meinem Gemüthe. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie ich verdient habe. — Da antwortete jener: Du Thor, dein Vater weiß es ja nicht, und wird es niemals erfahren. Du mußt es ihm sorgfältig ver- hehlen, und auf deiner Hut seyn. — Als aber Gotthold, — denn so hieß der Knabe — zu Haufe kam, und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hin- aufzusehen. Denn er dachte, wie sollte ich ihn fröh- lich ansehen können, den ich betrübt habe? Kann ich doch mich selber nicht anblicken. Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen. — Jetzo trat der Vater herzu, und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gotthold desgleichen. Da hüpften die Kindlein herbei und freuten sich sehr, und aßen. Gotthold aber verbarg sein Antlitz und weinete bitterlich. — Da hub der Vater an und sprach : Mein Kind, was weinest du?— Und Gotthold antwortete: Ach! ich bin nicht werth, daß ich dein Sohn heiße. Ich kann es nicht langer tragen, daß ich vor dir ein anderer erscheine, als ich bin, und mich selbst erkenne. Lie- der Vater, thue mir ferner nicht mehr Gutes, son- dern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen darf, und aufhöre mein eigner Quäler zu seyn. Laß mich nur hart büßen für mein Vergehen! Denn stehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt. — Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz, und sprach: Ich vergebe dir, mein Kind! Gebe Gott, daß dieses das erste und letzte Mal sey, daß du etwas zu verhehlen hast. Dann soll es mir Nicht leid seyn um die Bäumchen. 20. C a r n s Klagen. Alf Cain in dem Lande Nod wohnete jenseits Eden gegen den Morgen, saß er eines Tages unter einer Terebinthe, und hielt sein Haupt auf seine

2. Der Bildungsfreund in den Oberclassen deutscher Volksschulen - S. 38

1843 - Altona : Schlüter
38 15. D ie Reue. Ein Landmann hatte mit eigenen Händen eine Reihe edler Obstbäume gezogen. Zu seiner großen Freude trugen sie die ersten Früchte und er war begierig zu sehen, von welcher Art sie sein möchten. Da kam der Sohn des Nachbars, ein böser Bube, in den Garten und lockte den Sohn des Landmanns, also daß sie hingingen und die Bäumchen allesammt ihrer Früchte beraubten, ehe denn sie völlig gereift waren. Als nun der Herr des Gartens herzutrat und die kahlen Bäumchen erblickte, da ward er sehr bekümmert und rief: Ach, warum hat man mir das gethan? Böse Buben haben mir meine Freude verdorben! Diese Worte gingen dem Söhnlein des Landmanns sehr zu Herzen, und er lief zu dem Sohne des Nachbars und sprach: Ach, mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir verübt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Ge- müthe. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie ich verdient habe. Da antwortete jener: Du Thor, dein Vater weiß es ja nicht und wird es niemals erfahren. Du mußt es ihm sorg- fältig verhehlen und auf deiner Hut sein. Als aber Gotthold, — denn so hieß der Knabe —- zu Hause kam, und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hinaufzusehen. Denn er dachte, wie soll ich ihn fröhlich ansehen können, den ich betrübt habe? Kann ich doch mich selber nicht anblicken. Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen. Jetzt trat der Vater herzu und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gotthold desgleichen. Da hüpften die Kinder herbei und fteuten sich sehr und aßen. Gotthold aber verbarg sein Angesicht und weinte bitterlich. Da hub der Vater an und sprach: Mein Kind, was weinest Du? — Und Gotthold antwortete: Ach! ich bin nicht werth, daß ich Dein Kind heiße. Ich kann es nicht länger tragen, daß ich vor Dir ein anderer erscheine, als ich bin und mich selbst erkenne. Lieber Vater, thue mir ferner nicht mehr

3. Der gesammte deutsche Sprachunterricht in Volksschulen oder die Uebungen im Lesen, der Grammatik, Orthographie und dem mündlichen und schriftlichen Gedankenausdrucke ; geknüpft an den Lesestoff im Preußischen Kinderfreund - S. 258

1847 - Königsberg : Bon
858 mit eigener Hand gepflanzten und gepflegten Bäumchen ihrer ersten Früchte. Beide Väter sind bekümmert. Dienoth bringt den verlorenen Sohn zur Er- kenntniß seines Elends, und der Klageruf des Landmannes Gottholdcn zu der Erkenntniß, daß er ein großes Unrecht begangen. Die Wirkung der Er- kenntniß ist die Reue und die Sehnsucht, zurückzukehren an des Vaters Herz. Der verlorene Sohn macht sich auf zu seinem Vater; Gotthold weint und veranlaßt des Vaters Frage. Beide erklären: „Ich bin nicht werth, daß ich dein Sohn heiße." Jener wollte als ein Tagelöhner an- gesehen und behandelt, dieser hart gestraft sein. Der Vater des verlo- renen Sohnes lauft demselben entgegen; Gottholds Vater reicht dem- selben die Hand; jener fällt seinem Sohne um den Hals; dieser drückt ihn an sein Herz. Beide Sünder erhalten gern und vollständige Ver- gebung. (Otto.) 2. Gotthold (Charakterschilderung). — 3. Wenn dich die bösen Bu- den locken, so folge ihnen nicht! — 4. Bedeutung der Parabel „die Reue." §• 62. Neunte Woche. Nr. 138. bis 140. A. Lesen. 138. Von den Pflanzen. 139. Fortsetzung von den Pflanzen. Spiel der Farben — Wechsel, Verschiedenheit der Farben.— Fülle in der Werkstatte rc. — Menge von Dingen in der Natur, wo Gottes Allmacht schafft und seine Weisheit Alles anordnet. 140. Einige Denksprüche (Fortsetzung von Nr. 30. S. 23.). Diese Denksprüche können hier des beschrankten Raumes, und in der Schule der Kürze der Zeit wegen nur kurz erklärt werden. Es genügt vorläufig, wenn der Schüler nur den Haupt- gedanken des Denkspruches angeben kann, z. B. 1. Wenn ich meine Pflicht erfüllen wollte, so könnte ich es auch. 2. Bereite dich auf deinen Tod vor, ehe er kommt! 3. Vergieb deinem Nächsten, so wird Gott dir auch vergeben. 4. Thue deine Pflicht, dann wird sich das Uebrige schon finden. 5. Gieb nicht mehr aus, als du einnimmst; sonst geht deine Wirthschaft zu Grunde rc. 15. Grammatik. 9. Die lilmstandsergänzung. a. Man kann sich nicht genug über die Menge und Man- nichfaltigkeit der Pflanzen verwundern. tz. Die größte Weisheit verräth sich in der einfachen und natürlichen Einrichtung der Dinge.

4. Abth. 3 - S. 124

1841 - Leipzig : Fleischer
124 Sachen desto ruhiger und scharfer nachsinnen kann. Ja, was ist die finstre Nacht anders, als der Vorhang, den Du, mein Gott, um unser Bett gezogen hast, damit wir desto sanfter und im Frieden schlafen möchten; während Du selbst nicht schläfst noch schlummerst, son- dern, uns, wie eine Mutter ihr Kind, behütest. 12. Die geraubte Biene. Gotthold stand vor einem Bienenhause, und sahe mit Vergnügen, wie die fleißigen Thierchen ab- und zu- flogen, und meist beladen mit Blumenstaub heim kehr- ten. Da flog auf einmal eine große, gelbe Horniß da- her, der Bicnenwolf, der seinen Naub begierig suchte. Es war eben schon Abend geworden, und die Bienen hatten sich zur Abkühlung dicht um die Fluglöcher in Haufen gesetzt. Nun war es sehr ergötzlich, zu sehen, wie der grimmige Bienenfeind sich an keinen geschlosse- nen Haufen wagte, sondern, obschon er sich ihnen nä- herte, doch, wenn er die Bienen fest bei einander sitzend fand, immer wieder obne Beute umkehrte. Endlich kam eine einzelne Biene geflogen, welche sich vielleicht ver- spätet hatte; diese griff er sogleich an, fiel mit ihr zur Erde und verfuhr mit ihr nach seinem Gefallen. — Da dachte Gotthold: Welch ein groß Ding ist es doch um die Eintracht! Wäre diese Biene, die vielleicht vorwitzig sich zu weit gewagt, und dort verspätet hatte, mit den Andern vereinigt gewesen, ihr Feind hatte sie in Ruhe gelassen. Wie schlimm ist es doch, daß wir Menschen die Gefahr der Uneinigkeit so gering achten, da doch dein Seelenfeinde seine bösen Anschläge niemals besser gelingen, als wenn er uns durch Unfrie- den und Neid getrennt sieht. Ach, wie fein und lieblich ist's, wenn Brüder einträchtig bei einander wohnen! (Ps. 133, 1.) 13. Das wohlangelegte Almosen. Gotthold hatte einem Armen aus Mitleiden etwas geschenkt. Ob er nun zwar mit seiner Gabe keinen

5. Der katholische Volksschüler in der Oberklasse - S. 23

1861 - Stuttgart : Hallberger
23 27. Nie Neue. Parabel. Ein Landmann hatte mit eigenen Händen eine Reihe edler Obst- bäumchen gezogen. Zu seiner großen Freude trugen sie die ersten Früchte, und er war begierig zu sehen, von welcher Art sie seyn möchten. Da kam der Sohn des Nachbars, ein böser Bube, in den Garten und lockte den Sohn des Landmanns, also, daß sie hin- giengcn und die Bäumchen allesammt ihrer Früchte beraubten, ehe denn sie völlig gereift waren. Als nun der Herr des Gartens herzutrat und die kahlen Bäum- chen erblickte, da ward er sehr bekümmert und ries: „Ach, warum hat man mir das gethan? — Böse Buben haben mir meine Freude verdorben!" Diese Worte giengen dem Söhnlein des Landmannes sehr zu Herzen, und er lief zu dem Sohne des Nachbars und sprach: „Ach, mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir verübt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Gemüthe. . Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie ich verdient habe." Da antwortete Jener: „Du Thor! dein Vater weiß es ja nicht und wird es niemals erfahren. Du mußt es ihm sorgfältig ver- hehlen und auf deiner Hut seyn." Als aber Gotthold — denn so hieß der Knabe — nach Hause kam und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hinaus zu sehen. Denn er dachte: „Wie sollte ich ihn fröhlich ansehen können, den ich betrübt habe? Kann ich doch mich selber nicht anblicken. Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen." — Jetzt trat der Vater hinzu und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes und Gotthold desgleichen. Da hüpf- ten die Kinder herbei und freuten sich sehr, und aßen. Gotthold aber verbarg sein Angesicht und weinte bitterlich. Da hub der Vater an und sprach: „Mein Kind, was weinest du?" und Gotthold antwortete: „Ach, ich bin nicht werth, daß ich dein Sohn heiße. Ich kann es nicht länger tragen, daß ich vor dir ein Anderer erscheine, als ich bin und mich selbst erkenne. Lieber Vater, thue mir ferner nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, da- mit ich wieder zu dir kommen darf und aufhöre, mein eigener Quäler zu seyn. Laß mich nur hart büßen für mein Vergehen, denn siehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt." Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz

6. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 353

1912 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
Erholung und Vergnügen. 353 zu nutze gemacht. Indem sie nun ihre Erlebnisse und Meinungen austauschten, schlossen sich ihre Herzen enger zusammen. Es fügte sich, daß sie beide in einer Stadt im schönen Neckartale Beschäftigung fanden, und jetzt sah man sie häufig am Feierabend in traulichem Gespräch beisammen. „Wie wollen wir den morgenden Sonntag zubringen?" fragte an einem Samstagabend der Steinmetz seinen Kameraden. „Ich habe mir vorge- nommen, morgen nach dem Gottesdienst an meine Lieben zu schreiben," ver- setzte der Zimmergeselle; „für den Nachmittag habe ich noch nichts geplant; aber du wirst vermutlich wieder einen tüchtigen Marsch in Vorschlag bringen, und der ist — wie du weißt — nicht ganz nach meinem Geschmacke. Wenn ich mich die ganze Woche hindurch am Bau redlich abgemüht habe, so möchte ich mir's am Sonntag ein wenig bequem machen." „Ganz recht, Bruder, der eine sucht Erholung und Vergnügen auf diese, der andere auf jene Weise," erwiderte der Steinmetz, „mir bietet die freie, schöne Gottesnatur mehr Erfrischung und Anregung als alles andere, und das verdanke ich deni braven Meister Gotthold im schönen Thüringerlande. Wie manche herrliche Wanderschaft hat er mit mir unternommen! Er war überhaupt ein großer Naturfreund. Das Gärtchen hinter seinem Hause war sein Stolz und bot ihm täglich Erholung und Vergnügen. Ich habe einmal gehört, daß die Chinesen es meisterhaft verstehen, das klemste Stückchen Erde in einen prächtigen Lustgarten zu verwandeln. Von denen mußte Meister Gotthold wohl seine Gärtnerkunst gelernt haben. Der Meisterin lieferte er den ganzen Sommer hindurch Gemüse und Suppenkraut; aber es fehlte auch nie an Blumenzier, wie sie die Jahreszeit gerade mit sich brachte. Wohlgepflegte Topfpflanzen schmückten das Zimmer, nicht eben vornehme und ausländische; aber sie er- freuten doch das Auge und dufteten herrlich, und köstlich strömte das Sonnenlicht durch die Fuchsien und den Goldlack in die Stube herein. Nur zwei fremdländische Pflanzen pflegte der- Meister mit besonderer Liebe. An der Sonnenseite seines Häuschens hatte er ein geräumiges Doppelfenster an- bringen lassen; dort gediehen trefflich einige Apfelsinen und Feigenbänmchen, und der gute Mann freute sich wie ein Kind, wenn er die kostbaren Früchte einheimsen und damit prunken konnte. Habe ich einmal ein eigenes Heim so darf ein Fleck Grün vor dem Fenster oder hinter dem Hause nicht fehlen." „Ich arbeitete einmal bei einem Meister," nahm jetzt der Zimmermann das Wort, „der sich in seinen Mußestunden auf andere Weise ergötzte. Er wohnte in Düsseldorf am schönen Rheinstrom. Dort bestand ein Bürger- verein, dem auch mancher Handwerksmann angehörte, und mein Meister war ein eifriges Mitglied. Wurde ein belehrender Vortrag gehalten, so war er zur Stelle. Hin und wieder veranstaltete der Vorstand des Vereins an Sonn- tagen einen Unterhaltungsabend, zu dem jedermann Zutritt hatte. Da habe ich manche genußreiche Stunde verlebt. Einmal hielt z. B. der rührige Leiter des Vereins, ein Arzt, einen kurzen Vortrag über Gesundheitspflege; ein andermal führte ein Professor Versuche über die praktische Verwendung der Elektrizität vor; an einem dritten Abend sprach ein Richter über das neue bürgerliche Gesetzbuch, und so hörte man stets irgend etwas Interessantes und Lehrreiches Dabei kam aber auch das Bedürfnis nach Vergnügen zu seinem Rechte. Gesangvereine ließen die schönsten Volksweisen erklingen; herrliche Gedichte wurden vorgetragen und prächtige Lichtbilder gezeigt, welche die Zuschauer in fremde Gegenden versetzten. Der Bürgerverein besaß ferner eine H sin ecke Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen. 23

7. Abth. 2 - S. 152

1852 - Leipzig : Brandstetter
152 Diese Worte gingen dem Söhnlein des Landmanns sehr zu Herzen, und er lief zum Sohne des Nachbarn, und sprach: Ach, mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir ver- übt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Gemüth. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verach- tung strafen, wie ich es verdient habe.- — Da antwortete jener: Du Thor, dein Vater weiß es ja nicht, und wird es niemals erfahren. Du mußt es ihm sorgfältig verhehlen und auf deiner Hut sein. Als aber Gotthold — denn so hieß der Knabe — nach Hause kam, und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hinauf zu sehen. Denn er dachte: wie sollte ich ihn fröhlich ansehen können, den ich betrübt habe? Kann ich mich doch selber nicht anblicken. Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen. Jetzo trat der Vater herzu, und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gotthold desgleichen. Da hüpf- ten die Kindlein herum und freuten sich sehr und aßen. Gott- hold verbarg sein Antiltz und weinte bitterlich. — Da hub der Vater an und sprach: Mein Kind, was weinest du? Und Gotthold antwortete: Ach, ich bin nicht werth, daß ich dein Sohn heiße. Ich kann es nicht länger tragen, daß ich vor dir ein anderer scheine, als ich bin, und mich selbst erkenne. Lieber Vater, thue mir ferner nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen darf, und aufhöre mein eigener Quäler zu sein. Laß mich nur hart büßen für mein Vergehen! denn siehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt. Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz und sprach: Ich vergebe dir, mein Kind! Gebe Gott, daß dies das erste und letzte Mal sei, daß du Etwas zu verhehlen hast, dann soll es mir nicht leid sein um die Bäumchen. K r u ui m a ch er. 33. Der Säemaim. Höret zu! Stelle, es ging ein Säemann aus zu säen. Und es begab siel), indem er säete, fiel Etliches au den Weg,

8. Lese-, Lehr- und Sprachbuch für die mittlern und obern Klassen der Elementarschulen - S. 11

1848 - Schwelm : Scherz
— 11 — 12. D i e Zankenden. Zwei Männer waren in einer Gesellschaft mit harten Worten an einander gerathen. Auf guter Leute Zusprechen war endlich der eine gewichen, und hatte dem andern das Poltern, Fluchen und Schimpfen allein überlassen. Doch her- nach war ihm dies fast leid, indem er meinte, daß es ihnl von Andern als Zaghaftigkeit gedeutet, und daß jener dadurch bewogen werden könnte, ihn noch oft zu beschimpfen, weil es ihm diesmal frei durchgegangen. Gotthold, ein frommer Mann, vernahm solches, und sagte: Lieber, wenn ihr einen Berg hinangehen wolltet, und cs würde euch ein großer Stein oder Klotz entgegen gerollet, würdet ihr es dann auch schimpflich achten, bei Seite'zu treten, und ihn vorbeirauschen zu lassen? Nun, was ist denn Schimpfliches daran, wenn man einem Menschen, welchen Trunk und Zorn in's Rollen gebracht haben, entweichet, und ihn walten läßt, bis er sich besinnet, und sein erregtes Gemüth in der Reue Ruhe findet? Wer seinen Willen bricht und nachgibt, der ist im Hinauf- steigen; wer sich aber von seinen Begierden bemeiftern lässet, der ist im Fallen begriffen. 13. Die unvernünftigen Diebe. Es ward von den Mäusen erzählet, daß dieselben nicht allein Speisen gern benaschten, sondern daß sie auch metallene Knöpfe, kleine Münzen und wohl gar goldene Spangen, die man etwa aus dem Tische liegen gelassen, in ihre Löcher zu schleppen sich erkühnt hätten. Gottholden siel hierbei ein, daß die Dohlen, Elstern und Raben, die zuweilen zum Vergnügen in den Häusern gehalten werden, es nicht anders machten. Es hatte einmal ein Rabe viel von Münzsorten, Ringen, Fingerhüten und dergleichen Sachen zusammen getragen, und darüber viel Verdacht unter den Hausgenossen erweckt, bis man es ihm endlich abgemerkt, und den Schatz aufgeräumet, wobei er gar böse gethan, und genugsam zu erkennen gegeben, daß er solche Sachen, wiewohl sie ihm nichts nützten, ungern verlöre. Gotthold sagte daraus: Nehmet hierbei wahr ein artiges Muster eigennütziger und geiziger Leute, welche mit Recht und Unrecht sammeln, bis sie einen Vorrath zusammen bringen, der ihnen eben so viel nütz' ist, als den Mäusen und Raben ihr gestohlener Schatz. Und dies wäre noch leidlich, daß sie eine gleiche Thorheit begingen, wenn sie ihnen auch eben so wenig schädlich wäre. Allein zeitliche Güter gewinnen und ewige verlieren, Gold sammeln und Gottes vergessen, sei- nen nachbleibenden Erben ein Lachen und seiner armen Seele

9. Leseblüthen! - S. 6

1854 - Hamburg : Herold
6 möge; schaffe sich selbst einen Mund, wer einen nöthig hat!" — Die Augen fanden es gleichfalls sehr sonderbar, dass sie allein für den ganzen Leib beständig Wache halten und für ihn sehen sollten. Und so sprachen auch alle Glieder des Leibes, und eins kündigte dem andern den Dienst auf. Was geschah? — Da die Füsse nicht mehr gehen, die Hände nicht mehr arbeiten, der Mund nicht mehr essen, die Augen nicht mehr sehen wollten, so fing der ganze Körper in allen seinen Gliedern an zu welken und nach und nach abzusterben. Da sahen sie ein, dass sie thöricht gehandelt hatten, und wurden einig, dass es künftig nicht wieder geschehen solle. Da diente wieder ein Glied dem andern, und alle wurden wieder gesund und stark, wie sie vorher gewesen waren. 9. Die Nene. Ein Landmann Hatte mit eigenen Händen eine Reihe edler Obstbäumchen gezogen. Zu seiner großen Freude trugen sie die ersten Früchte, und er war begierig zu sehen, von welcher Art sie sein möchten. Da kam der Sohn des Nachbars, ein böser Bube, in den Garten und lockte das Söhnlein des Landmannes, also daß sie hingingen, und die Bäumchen allesammt ihrer Früchte beraubten, ehe sie völlig gereist waren. Als nun der Herr des Gartens herzutrat und die kahlen Bäumchen erblickte, da ward er sehr bekümmert und rief: Ach, warum hat man mir das gethan? Böse Buben haben meine Freude verdorben! —- Diese Worte gingen dem Söhnlein des Laudmannes sehr zu Herzen, und er lief zu dem Sobne des Nach- bars und sprach: Ach, mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir verübt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Gemüthe. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie ich verdient habe. — Da antwortete jener: Du Thor, dein Vater weiß es ja nicht und wird es niemals erfahren. Du mußt es ihm sorgfältig verhehlen und auf deiner Hut sein. Als aber Gotthold (so hieß der Knabe) nach Hause kam und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht wieder freundlich hinaufzusehen; denn er dachte: Wie sollte ich ihn fröhlich ansehen können, den ich betrübt habe? Kann ich mich doch selber nicht anblicken. Es liegt wie ein dunkler Schatten in meinem Her- zen. — Jetzt trat der Vater herzu und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gottbold desgleichen. Da hüpften die Kinder herbei und freuten sich sehr und aßen. Gotthold aber verbarg sein Antlitz und weinte bitterlich. —- Da hob der Vater an und sprach: Mein Kind, was weinest du? Und Gotthold antwortete: Ach, ich bin nicht werth, daß ich dein Sohn

10. Preußischer Kinderfreund - S. 81

1876 - Königsberg : Bon
81 Leid' und ertrage, dein Leid nicht klage, an Gott nicht verzage; Glück kommt alle Tage. Leiden ist heilig, wer's kennt. — In jedem Leidenskelche liegt auf dem Boden eine Perle — suche sie nur. Wer nie sein Brot mit Thränen aß, wer nie die kummervollen Nächte auf seinem Bette weinend saß, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte. 137. Die Neue. Ein Landmann hatte mit eigenen Händen eine Reihe edler Obst- bäumchen gezogen. Zu seiner größten Freude trugen sie die ersten Früchte, und er war begierig zu sehen, von welcher Art sie sein möchten. Da kam der Sohn des Nachbarn, ein böser Bube, in den Garten und lockte das Söhnlein des Landmannes, also dass sie hingingen und die Bäumchen allesammt ihrer Früchte beraubten, ehe denn sie völlig gereist waren. Als nun der Herr des Gartens herzutrat und die kahlen Bäumchen erblickte, da ward er sehr bekümmert und rief: „Ach, warum hat man. mir das gethan? Böse Buben haben mir meine Freude verdorben!" — Diese Worte gingen dem Söhnlein des Land- manns sehr zu Herzen, und er lief zu dem Sohne des Nachbarn und sprach: „Ach, mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir ver- übt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Gemüth. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie ich verdienet habe". — Da antwortete jener: „Du Thor, dein Vater weiß es ja nicht und wird es niemals erfahren. Du musst es ihm sorgfältig verhehlen und auf deiner Hut sein". Als aber Gotthold — denn so hieß der Knabe — nach Hause kam und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hinauf zu sehen. Denn er dachte, wie sollte ich ihn fröhlich an- sehen können, den ich betrübt habe? Kann ich mich doch selber nicht .anblicken. Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen. Jetzo trat der Vater herzu und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gotthold dessgleichen. Da hüpften die Kindlein herbei, und freueten sich sehr und aßen. Gotthold aber ver- barg sein Antlitz und weinte bitterlich. — Da hub der Vater an und sprach: „Mein Kind, was weinest du?" — Und Gotthold antwortete: „Ach, ich bin nicht werth, dass ich dein Sohn heiße. Ich kann es nicht länger tragen, dass ich vor dir ein Anderer scheine, als ich bin und mich selbst erkenne. Lieber Vater, thue mir ferner nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen darf und aufhöre, mein eigener Ouäler zu sein. Lass' mich nur hart büßen für mein Vergehen! denn siehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt". — Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz und sprach: „Ich vergebe dir, mein Kind! Gebe Gott, dass dieses das erste und letzte Mal «sei, dass du Etwas zu verhehlen hast. Dann soll es mir nicht leid sein um die Bäumchen". Krummacher. Preuß. Kinderfreund. Neucausg. 0

11. Preußischer Kinderfreund - S. 113

1840 - Königsberg : Bon
— 113 — nicht anblicken. Es liegt mir wie ein dunkler Schatten ln meinem Herzen. Jetzo trat der Vater herzu, und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gotthold dessgleichen. Da hüpften die Kindlein herbei, und freueten sich sehr und aßen. Gotthold aber verbarg sein Ant- litz und weinte bitterlich. — Da hub der Vater an und sprach: Mein Kind, was weinest du? — Und Gotthold ant- wortete: Ach, ich bin nicht werth, dass ich dein Sohn heiße. Jch kann es nicht länger tragen, dass ich vor dir ein An- derer scheine, als ich bin, und mich selbst erkenne. Lieber Vater, thue mir ferner nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen darf, und aufhöre, mein eigener Quäler zu sein. Lass mich nur hart büßen für mein Vergehen! denn siehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt. — Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz und sprach: Ich vergebe dir, mein Kind! Gebe Gott, dass dieses das erste und letzte Mal sei, dass du Et- was zu verhehlen hast. Dann soll es mir nicht leid sein um die Bäumchen. Krummacher. 138. Von den Pflanzen. 1. Man kann sich nicht genug über die Menge und Mannigfaltigkeit der Pflanzen verwundern, mit welchen die Natur alle Jahre die Erde bekleidet. In dem kleinen Raume, den das Auge auf einmal überschauen kann, welch' eine Viel- fachheit der Gestalten, welch' ein Spiel der Farben, welche Fülle in der Werkstätte der reichsten Kraft und der uner- forschlichsten Weisheit? Nicht weniger muss man sich wun- dern über die Geschwindigkeit, mit welcher die Natur jede leere Stelle auf öden Feldern, verlassenen Wegen, kahlen Felsen, Mauern und Dächern, wo nur eine Handvoll frucht- barer Erde hingefallen ist, ansäet und mit Gras, Kräutern, Stauden und Buschwerk besetzt. Das sieht man oft und achtet's nicht, eben weil man es von Kindheit an so oft sieht; die größte Weisheit verräth sich in der einfachen und natürlichen Einrichtung der Dinge, und man erkennt sie nicht, eben weil Alles so einfach und natürlich ist. 2. Die meisten Pflanzen haben eine wunderbare Ver- mehrungskraft, wie jeder aufmerksame Landwirth wo! weiß. Tausend Saamenkerne von einer einzigen Pflanze, so lange sie lebt, ist zwar schon viel gesagt, nicht jede trägt's, aber es ist auch noch lange nicht das Höchste. Man hat schon an einer einzigen Tabackspflanze 40,000 Körnlein gezählt, die sie in einem Jahre zur Reise brachte. Man schätzt eine Eiche, 8

12. Neue Rechtschreibung - S. 43

1909 - Berlin : Oehmigke
43 die ersten Früchte, und er war begierig zu sehen, von welcher Art sie sein möchten. Da kam der Sohn des Nachbars, ein böser Bube, in den Garten und lockte den Sohn des Land- mannes. Sie gingen hin und beraubten die Bäumchen allesamt ihrer Früchte, ehe sie völlig gereift waren. 2. Als nun der Herr des Gartens hinzutrat und die kahlen Bäumchen sah, war er sehr bekümmert und rief: „Warum hat man mir das getan? Böse Buben haben mir meine Freude verdorben!" Diese Worte gingen dem Sohne des Landmannes sehr zu Herzen, und er lief zu dein Sohne des Nachbars und sprach: „Ach, mein Vater ist bekümmert um die Tat, welche wir verübt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Ge- müte. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie ich es verdient habe." Da antwortete jener: „Du Tor, dein Vater weiß es ja nicht und wird es niemals erfahren. Du mußt es ihm nur sorgfältig verhehlen und auf deiner Hut sein." 3. Als aber Gotthold — denn so hieß der Knabe — nach Hause kam und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, ver- mochte er nicht wieder freundlich zu ihm hinauf zu sehen; denn er dachte: „Wie sollte ich ihn fröhlich ansehen können, den ich betrübt habe? Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen." Jetzt trat der Vater herzu und reichte jedem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes und auch den: Gotthold. Da hüpften die Kinder herbei, freuten sich sehr und aßen; Gotthold aber verbarg sein Antlitz und weinte bitterlich. 4. Da sprach der Vater: „Mein Kind, was weinest du?" Gotthold antwortete: „Ach, ich bin nicht wert, daß ich dein Sohn heiße. Ich kann es nicht länger tragen, daß ich vor dir ein anderer scheine, als ich bin. Lieber Vater, tue mir fermer nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen darf und aufhöre, mein eigener Quäler zu sein! Laß mich nur hart büßen für mein Vergehen; denn ich habe die jungen Bäumchen beraubt." 5. Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein

13. Abth. 3 - S. 126

1841 - Leipzig : Fleischer
126 nun die silberne Krone nicht sowohl durch viele Jahre, als vielmehr durch viel Sorgen, Müden und Kümmern erworben wird, so giebt jedes Haar auf solch einem Haupte der Jugend die Lehre, daß sie mit Ehrfurcht ihm begegnen, die Mühseligkeiten mit Dank erkennen, und Gott bitten soll, daß Er solche grauen Häupter, in welchen ein Schatz von Rath, Erfahrung und Ein- sicht verborgen ist, noch lange erhalten und für die Andern bewahren wolle. 15. Die einfache Arzenei. Es wurde Gotthold von einer armen Frau an einer Mauer ein dort wachsendes, ganz gewöhnliches Kraut gezeigt, und dabei gesagt, es sei ein gutes Mit- tel, das wunde Zahnfleisch zu heilen. Gotthold ver- suchte es, und fand, daß es sogleich half. Hierüber war er sebr erfreut und sagte r Ich zweifle nun sehr, daß eine in der Apotheke bereitete, vielleicht sehr theure Zahntinktur mehr gewirkt haben würde, als der Saft dieses unansehnlichen und bekannten Krautes. Mein Gott, Du bleibst bei Deiner alten Gewohnheit, das von den Menschen Verachtete zu erwählen, und zu groß- ßen Dingen zu gebrauchen; und ich muß Deine verbor- gene Wohlthat rühmen, daß die Armen mit geringer und verachteter Arzenei eben so glücklich, und oft glück- licher, siel' heilen können, als die Reichen mit den kost- barsten Medikamenten. 16. Die Schnecke. Gotthold sahe, wie eine Schnecke mit ihrem Hause herankroch, dabei sehr behutsam ihre langen Fühkhorn- chen immer vorstreckte, und, wenn sie einen Luftzug empfand, oder ein Halm ihr im Wege lag, sich sogleich in ihr Haus zurückzog. Hier sieht man, wie es wahr ist, dachte Gotlhold, daß einem nirgends wohler ist, als zu Hause; daher auch dies Thierchen sein Haus lieber als eine Last mit sich forttragt, als es sich rauben las- sen will. Ich wünschte von Herzen, daß wir Christen,

14. Abth. 3 - S. 123

1841 - Leipzig : Fleischer
123 wobei Er jedoch stets sorgt, daß Niemand über Ver- mögen beschwert wird. 10. Das offene Glas. Gotthold hatte ein Glas voll kräftigen Rosenwas- sers aus Unvorsichtigkeit offen stehen und den Pfropfen daneben liegen lassen. Als er nach etlicher Zeit dieses Versehen bemerkte, fand er, daß die beste Kraft des Wassers verraucht und der Geruch sehr verduftet war. Er war darüber betrübt, mußte jedoch bald weiter den- ken, wie diesem Glase weltliche und für Alles of- fene Herzen nur zu ähnlich seien. Was hilft es, dachte er, wenn ein solches Herz in der Kirche mildem lieblichen Rosenwafser der Andacht angefüllt wird, wenn hernach das Verschließen vergessen, ich meine, das Wort Gottes nicht in feinem, guten Herzen bewahret wird? Was hilft alle Andacht und Rührung, wenn nicht das Herz durch weiteres Nachdenken und herzliches Gebet verschlossen und von der Welt unbefleckt behalten wird! 11. Die finstre Nacht. Als der nachdenkende Gotthold in einer Nacht, in welcher kein Mondschein war, erwachte, und der dichten Finsterniß wegen die Hand vor den Augen, wie man sagt, nicht sehen konnte, dachte er: Eö ist wahr, die Finsterniß wird von bösen Menschen viel gemißbraucht und zu Sünden und Schanden benutzt, aber ich finde in ihr Gottes verborgene Güte und seine wenig er- kannte Wohlthat. Die finstre Nacht dient zur Abküh- lung und Erfrischung der Gewächse, welche sie mit dem fruchtbaren Thau erquickt; sie stärkt die Augen des Menschen, indem sie ihnen Zeit giebt, die Sehkraft wie- der herzustellen; sie dient auch dem Verstände, welcher am Tage nicht Ruhe genug findet, Alles ordentlich zu bedenken, die Nacht aber schlägt ihm gleichsam einen Mantel um deu Kopf, und schützt ihn vor der Zer- streuung durch die Sinne, daß er von den sichtbaren Dingen abgeführt, bei sich selbst sein, und wichtigen

15. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 353

1907 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
Erholung und Vergnügen. 553 zu nutze gemacht. Indem sie nun ihre Erlebnisse und Meinungen austauschten, schlossen sich ihre Herzen enger zusammen. Es fügte sich, daß sie beide in einer Stadt im schönen Neckartale Beschäftigung fanden, und jetzt sah man sie häufig am Feierabend in traulichem Gespräch beisammen. „Wie wollen wir den morgenden Sonntag zubringen?" fragte an einem Samstagabend der Steinmetz seinen Kameraden. „Ich habe mir vorge. nommen, morgen nach dem Gottesdienst an meine Lieben zu schreiben," ver- setzte der Zimmergeselle; „für den Nachmittag habe ich noch nichts geplant; aber du wirst vermutlich wieder einen tüchtigen Marsch in Vorschlag bringen, und der ist — wie du weißt — nicht ganz nach meinem Geschmacke. Wenn ich mich die ganze Woche hindurch am Bau redlich abgemüht habe, so möchte ich mir's am Sonntag ein wenig bequem machen." „Ganz recht, Bruder, der eine sucht Erholung und Vergnügen auf diese, der andere auf jene Weise," erwiderte der Steinmetz, „mir bietet die freie, schöne Gottesnatur mehr Erfrischung und Anregung als alles andere, und das verdanke ich dem braven Meister Gotthold im schönen Thüringerlande. Wie manche herrliche Wanderschaft hat er mit mir unternommen! Er war überhaupt ein großer Naturfreund. Das Gärtchen hinter seinem Hause war sein Stolz und bot ihm täglich Erholung und Vergnügen. Ich habe einmal gehört, daß die Chinesen es meisterhaft verstehen, das kleinste Stückchen Erde in einen prächtigen Lustgarten zu verwandeln. Von denen mußte Meister Gotthold wohl seine Gärtnerknnst gelernt haben. Der Meisterin lieferte er den ganzen Sommer hindurch Gemüse und Suppenkraut; aber es fehlte auch nie an Blumenzier, wie sie die Jahreszeit gerade mit sich brachte. Wohlgepflegte Topfpflanzen schmückten das Zimmer, nicht eben vornehme und ausländische; aber sie er- freuten doch das Auge und dufteten herrlich, und köstlich strömte das Sonnenlicht durch die Fuchsien und den Goldlack in die Stube herein. Nur zwei fremdländische Pflanzen pflegte der Meister mit besonderer Liebe. An der Sonnenseite seines Häuschens hatte er ein geräumiges Doppelfenster an- bringen lassen; dort gediehen trefflich einige Apfelsinen und Feigenbäumchen, und der gute Mann freute sich wie ein Kind, wenn er die kostbaren Früchte einheimsen und damit prunken konnte. Habe ich einmal ein eigenes Heim, so darf ein Fleck Grün vor dem Fenster oder hinter dem Hause nicht fehlen." „Ich arbeitete einmal bei einem Meister," nahm jetzt der Zimmermann das Wort, „der sich in seinen Mußestunden auf andere Weise ergötzte. Er wohnte in Düsseldorf am schönen Rheinstrom. Dort bestand ein Bürger- verein, dem auch mancher Handwerksmann angehörte, und mein Meister war ein eifriges Mitglied. Wurde ein belehrender Vortrag gehalten, so war er zur Stelle. Hin und wieder veranstaltete der Vorstand des Vereins an Sonn- tagen einen Unterhaltungsabend, zu dem jedermann Zutritt hatte. Da habe ich manche genußreiche Stunde verlebt. Einmal hielt z. B. der rührige Leiter des Vereins, ein Arzt, einen kurzen Vortrag über Gesundheitspflege; ein andermal führte ein Professor Versuche über die praktische Verwendung der Elektrizität vor; an einem dritten Abend sprach ein Richter über das neue bürgerliche Gesetzbuch, und so hörte man stets irgend etwas Interessantes und Lehrreiches. Dabei kam aber auch das Bedürfnis nach Vergnügen zu seinem Rechte. Gesangvereine ließen die schönsten Volksweisen erklingen; herrliche Gedichte wurden vorgetragen und prächtige Lichtbilder gezeigt, welche die Zuschauer in fremde Gegenden versetzten. Der Bürgerverein besaß ferner eine ©filterte, Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschule». 23

16. Preußischer Kinderfreund - S. 81

1859 - Königsberg : Bon
81 Leid' und ertrage, dein Leid nicht klage, an Gott nicht verzage; Glück kommt alle Tage. Leiden ist heilig, wer's kennt. — In jedem Leidenskelche liegt aus dem Boden eine Perle — suche sie nur. Wer nie sein Brot mit Thränen aß, wer nie die kummervollen Nächte auf seinem Bette weinend saß, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte. 137. Die Neue. Ein Landmann hatte mit eigenen Händen eine Reihe edler Obst- bäumchen gezogen. Zn seiner größten Freude trugen sie die ersten Früchte, und er war begierig zu sehen, von welcher Art sie sein möchten. Da kam der Sohn des Nachbarn, ein böser Bube, in den Garten und lockte das Söhnlein des Landmannes, also dass sie hingingen und die Bäumchen allesammt ihrer Früchte beraubten, ehe denn sie völlig gereift waren. Als nun der Herr des Gartens herzutrat und die kahlen Bäumchen erblickte, da ward er sehr bekümmert und rief: „Ach, warum hat man mir das gethan? Böse Buben haben mir meine Freude verdorben!" — Diese Worte gingen dem Söhnlein des Land- manns sehr zu Herzen, und er lief zu dem Sohne des Nachbarn und sprach: „Ach, mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir ver- übt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Gemüth. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie ich verdienet habe." — Da antwortete jener: „Du Thor, Dein Vater weiß es ja nicht und wird es niemals erfahren. Du musst es ihm sorgfältig verhehlen und auf deiner Hut sein." Als aber Gotthold — denn so hieß der Knabe — nach Hause kam und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hinauf zu sehen. Denn er dachte, wie sollte ich ihn fröhlich an- sehen können, den ich betrübt habe? Kann ich mich doch selber nicht anblicken. Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen. Jetzo trat der Vater herzu und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gotthold dessgleichen. Da hüpften die Kindlein herbei, und freueten sich sehr und aßen. Gotthold aber ver- barg sein Antlitz und weinte bitterlich. — Da hub der Vater an und sprach:. „Mein Kind, was weinest du?" — Und Gotthold antwortete: „Ach, ich bin nicht werth, dass ich dein Sohn heiße. Ich kann es nicht länger tragen, dass ich vor dir ein Anderer scheine, als ich bin und mich selbst erkenne. Lieber Vater, thue mir ferner nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen darf und aufhöre, mein eigener Quäler zu sein. Lass mich nur hart büßen für mein Vergehen! denn siehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt." — Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz und sprach: „Ich vergebe dir, mein Kind! Gebe Gott, dass dieses das erste und letzte Mal sei, dass du Etwas zu verhehlen hast. Dann soll es mir nicht leid sein um die Bäumchen." Krumma-hcr. Preuß. Kinderfreund. Neue Ausg. (j

17. Preußischer Kinderfreund - S. 81

1876 - Königsberg : Bon
81 Leid' und ertrage, dein Leid nicht klage, an Gott nicht verzage; Glück kommt alle Tage. Leiden ist heilig, wer's kennt. — In jedem Leidenskelche liegt auf dem Boden eine Perle — suche sie nur. Wer nie sein Brot mit Thränen aß, wer nie die kummervollen Nächte auf seinem Bette weinend saß, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte. 137. Die Reue. Ein Landmann hatte mit eigenen Händen eine Reihe edler Obst- bäumchen gezogen. Zu seiner größten Freude trugen sie die ersten Früchte, und er war begierig zu sehen, von welcher Art sie sein möchten. Da kam der Sohn des Nachbarn, ein böser Bube, in den Garten und lockte das Söhnlein des Landmannes, also dass sie hingingen und die Bäumchen allesammt ihrer Früchte beraubten, ehe denn sie völlig gereift waren. Als nun der Herr des Gartens herzutrat und die kahlen Bäumchen erblickte, da ward er sehr bekümmert und rief: „Ach, warum hat man mir das gethan? Böse Buben haben mir meine Freude verdorben!" — Diese Worte gingen dem Söhnlein des Land- manns sehr zu Herzen, und er lief zu dem Sohne des Nachbarn und sprach: „Ach, mein Vater ist bekümmert um die That, welche wir ver- übt haben. Nun hab' ich keine Ruhe mehr in meinem Gemüth. Mein Vater wird mich nicht mehr lieben, sondern mit Verachtung strafen, wie ich verdienet habe". — Da antwortete jener: „Du Thor, dein Vater weiß es ja nicht und wird es niemals erfahren. Du musst es ihm sorgfältig verhehlen und auf deiner Hut sein". Als aber Gotthold — denn so hieß der Knabe — nach Hause kam und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hinauf zu sehen. Denn er dachte, wie sollte ich ihn fröhlich an- sehen können, den ich betrübt habe? Kann ich mich doch selber nicht anblicken. Es liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem Herzen. Jetzo trat der Vater herzu und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des Herbstes, und Gotthold dergleichen. Da hüpften die Kindlein herbei, und freueten sich sehr und aßen. Gotthold aber ver- barg sein Antlitz und weinte bitterlich. — Da hub der Vater an und sprach: „Mein Kind, was weinest du?" — Und Gotthold antwortete: „Ach, ich bin nicht werth, dass ich dein Sohn heiße. Ich kann es nicht länger tragen, dass ich vor dir ein Anderer scheine, als ich bin und mich selbst erkenne. Lieber Vater, thue mir ferner nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen darf und aufhöre, mein eigener Quäler zu sein. Lass' mich nur hart büßen für mein Vergehen! denn siehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt". — Da reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein Herz und sprach: „Ich vergebe dir, mein Kind! Gebe Gott, dass dieses das erste und letzte Mal sei, dass du Etwas zu verhehlen hast. Dann soll es mir nicht leid sein um die Bäumchen". Krummacher. Prniß, Kinderfrcund. Neue Ausg. 6

18. (Für das 4. und 5. Schuljahr) - S. 84

1910 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
84 Der kluge Sultan. kam und das freundliche Antlitz seines Vaters sah, da vermochte er nicht, wieder freundlich zu ihm hinaufzusehen. Venn er dachte: ,,wie sollte ich ihn fröhlich ansehen können, den ich betrübt habe? Kann ich doch mich selber nicht anblicken. L§ liegt mir wie ein dunkler Schatten in meinem herzen." — Jetzt trat der Vater herzu und reichte jeglichem seiner Kinder von den Früchten des herbstes, und Gotthold desgleichen. Da hüpften die Kinder herbei und freueten sich sehr und aßen. Gotthold aber verbarg sein Angesicht und weinte bitterlich. Va hub der Vater an und sprach: ,,Mein Kind, was weinest du?" — Und Gotthold antwortete: ,,Uch! ich bin nicht wert, daß ich dein Kind heiße. Ich kann es nicht länger tragen, daß ich vor dir ein anderer erscheine, als ich bin und mich selbst erkenne. Lieber Vater, tue mir ferner nicht mehr Gutes, sondern strafe mich, damit ich wieder zu dir kommen darf und aufhöre, mein eigener Lsuäler zu sein. Laß mich nur hart büßen für mein vergehen,- denn siehe, ich habe die jungen Bäumchen beraubt." Va reichte ihm der Vater die Hand, drückte ihn an sein herz und sprach: ,,Ich vergebe dir, mein Kind! Gebe Gott, daß dieses das erste und letzte Mal sei, daß du etwas zu verhehlen hast, vann soll es mir nicht leid sein um die Bäumchen." 77. Oer kluge 8u1tun. Johann Peter Hebel. Zu dem Großsultan der Türken trat, als er eben an einem Freitage in die Kirche gehen wollte, ein armer Mann von seinen Untertanen, mit schmutzigem Barte, zerfetztem Rocke und durch- löcherten Pantoffeln, schlug ehrerbietig die Ärme kreuzweise übereinander und sagte: „Glaubst du auch, großmächtiger Sul- tan, was der heilige Prophet sagt?“ Der Sultan, der ein gütiger Herr war, sagte: „Ja, ich glaube, was der Prophet sagt.“ Der arme Mann fuhr fort: „Der Prophet sagt im Alkoran: Älle Muselmänner sind Brüder. Herr Bruder, so sei so gut und teile mit mir das Erbe.“ Dazu lächelte der Kaiser und dachte: „Das ist eine neue Art, ein Almosen zu betteln,“ und gibt ihm einen Löwentaler. Der Türke beschaut das Geldstück lange auf der einen Seite und auf der anderen Seite. Am Ende schüttelt er den Kopf und sagt: „Herr Bruder, wie komme ich zu einem

19. Hannoverscher Kinderfreund - S. 15

1853 - Hildesheim : Gerstenberg
15 schmollen, als seine Unfreundlichkeit gedauert hätte. Als dies einigemal geschehen war, lernte er die Häßlichkeit seines Fehlers einsehen, und besserte sich. 16. Das Ackerwerk Gottes. (11.) Otto, ein Landwirth, sprach eines Tages zu seinem Nachbar Gotthold: Ich habe seit vielen Jahren deinen Wandel und dein Wesen beobachtet, aber eins dünkt mir vor allen köstlich und zugleich befremdend. Obwohl deine Schicksale oft wunderbarlich wechselten und viel und man- cherlei Leid und Trübsal dich und dein Haus betroffen haben; so bleibst du dennoch gleich heiter und still in deinem Angesicht und Wesen, an dem bösen wie am gu- ten Tage. Lehre mich, wie du solches vermögest. Da lächelte Gotthold, und sprach zu Otto: das läßt sich mit wenigen Worten sagen. Mich lehrt es mein ei- gener Beruf und die tägliche Arbeit. Siehe, ich betrachte mich selbst und mein Leben als ein Ackerwerk. Als bei diesen Worten Otto ihn ansah, als ob er Gotthold nicht verstände, fuhr dieser fort: Siehe, mein Brnder, wenn eine Trübsal kommt, so denke ich an den Pflug und die Egge, die den Erdboden aufreißen, damit das Unkraut ersterbe und das Saamenkorn Wurzel fassen möge. So forsche ich nach dem wüsten Fleck in meinem Innern, und nach dem Unkraut, das in mir wohnen möge. Dieses muß vertilgt, aber jener bearbeitet werden, wenn die Frucht wachsen und gedeihen soll. Zuweilen sehe ich auch auf meine Trübsal wie auf ein Gewitter, welches schwarz und drohend herauf ziehet, hernach aber Regen bringt und die Lust abkühlt, und denke dabei: wenn es vorüber ist, wird die Sonne wieder scheinen. Siehe, so betrachte ich mich selbst und mein Leben als ein Acker- werk. Darf auch der Acker zu dem Pflüger sagen: Was magst du? Und wer ist deines Ackers Herr und Pfleger ? fragte Otto. Wer anders, antwortete Gotthold, als Er, der Reif und Schnee und Thau und Regen und Sonnenschein auf unsere Acker sendet. Wen er züchtiget, den hat er lieb.

20. Neuer christlicher Kinderfreund - S. 337

1861 - Eisleben Leipzig : Klöppel G. E. Schulze
337 sen Freude das Klosterkleid aus, und verdammte sie zum Scheiterhaufen. Ehe sie dahin geführt wurden, reichte man ihnen eine Schrift zum Vorlesen dar, worin ihre angeblichen Irrthümer enthalten waren. Sie lasen Alles mit unerschrocke- ner Glaubensfreudigkeit« Als man den Einen fragte, ob er von Luther verführt worden sei, antwortete er: „Ich bin verführt, wie die Apostel von Christo verführt sind." Jetzt säumte man nicht länger. Man entkleidete sie und führte sie zum Feuer, und als man sie an die Pfähle anband, umfaßten sie dieselben und riesen Einer um den Andern: „Ich glaube an Jesum Christum! Herr Gott! dich loben wir!" Ja, der Eine, hoch erfreuet darüber, zu Jesu Ehre sterben zu können, sprach sogar, als man das Feuer ihm unter die Füße legte: „Es dünkt mich, als streue man mir Rosen unter." Und als die Flamme über sie zusammenschlug, be- teten sie: „Ach, Herr Jesu, komm; wir sind dein, lebend und sterbend!" Und mit der hoch auflodernden Flamme stieg ihr Geist zum Himmel empor. 90. G o t t h o l d. Die Schornsteine der Stadt rauchten eben sehr stark; dies bemerkte Gotthold auch, und schloß'daraus, daß über- all die Bewohner mit dem Zubereiten des Mittagessens be- schäftigt seien; da mußte er denken: „Mein Gott, es steigt zwar der Rauch von unsern Küchen täglich und häufig aus, aber bei den Mehresten von uns wird vergessen, daß auch Dankbarkeit und Gebet zu dir als Rauchopfer aufsteigen sollen. Ach, laß mich dies niemals vergessen! Gotthold sah einmal zwei Menschen, welche in einer Gesellschaft mit Worten an einander gerathen waren. Der Eine von ihnen hatte auf den Rath verständiger Freunde still geschwiegen, und den Andern allein sprechen und fort- zanken lassen. Mit der Zeit aber wollte ihm sein Still- schweigen beinahe leid werden, weil er meinte, er werde von andern Menschen für zaghaft gehalten werden, auch werde der Zänker in Zukunft ihn ferner beschimpfen, weil es ihm diesmal so durchgegangen wäre. Als Gotthold dies bemerkte, sagte er zu ihm: „Lieber Freund, wenn Du einen Berg hinan gehen wolltest, und es würde Dir ein großer Stein oder Klotz entgegengerollt, würdest Du es auch für schimpflich halten, ihm aus dem Wege zu gehen? ich meine nicht." Kindtrfrrund. 9 Aufl. 22