1857 -
Jena
: Mauke
- Hrsg.: Lauckhard, Carl F.
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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31. December alle Tage 1000 große Striche an die Wand schrei-
bet, so habt ihr am Ende des Jahres noch keine Million, sondern
erst 365,000 Striche, und das zweite Jahr noch keine Million,
sondern erst 730,000 Striche, und erst am 26. September des
dritten Jahres würdet ihr zu Ende kommen. Aber unser Ei-
chenwald hätte 625 solcher Millionen, und so wäre es bei jeder
andern Art von Pflanzen nach Verhältniß in noch viel kürzerer
Zeit, ohne an die zahlreiche Vermehrung durch Augen, Wurzel-
sprossen und Knollen zu gedenken. Wenn man sich also über die
große Kraft in der Natur gewundert hat, so hat man sich über
den großen Reichthum an Pflanzen aller Art nicht mehr zu ver-
wundern. Obgleich viele tausend Kerne und Körnlein alle Jahre
von Menschen und Thieren verbraucht werden, viele Tausende im
Boden ersticken oder im Aufkeimen durch ungünstige Witterung
und andere Zufälle wieder zu Grunde gehen, so bleibt doch Jahr-
aus Jahr ein ein freudiger und unzerstörbarer Ueberfluß vor-
handen.
Aber wenn jeder reife Kern, der sich von seiner Mutterpflanze
ablöset, unter ihr zur Erde fiele und liegen bliebe, dann lägen alle
auf einander und keiner könnte gedeihen. Das hat die Natur vor
uns bedacht und nicht auf unsern guten Rath gewartet. Denn
einige Kerne, wenn sie reif sind, fliegen selbst durch eine verborgene
Kraft weit auseinander; die meisten sind klein und leicht und wer-
ten durch jede Bewegung der Luft davon getragen; manche sind
noch niit kleinen Federlein besetzt, wie der Löwenzahn. Kinder
blasen sie zun: Vergnügen auseinander und thun damit der Natur
auch einen kleinen Dienst, ohne es zu wissen; andere gehen in
zarte, breite Flügel ans, wie die Samenkerne von Nadelholz-
bäumen. Wenn die Sturmwinde wehen, wenn die Wirbelwinde,
die im Sommer vor den Gewittern hergehen, Alles von der Erde
aufwühlen und in die Höhe führen, dann säet die Natur ans
und ist mit einer Wohlthat beschäftiget, während wir uns fürch-
ten oder über sie klagen und zürnen; dann fliegen und schwimmen
und wogen eine Menge von unsichtbaren Keimen in der bewegten
f!uft herum und fallen nieder weit und breit, und der nachfolgende
Staub bedeckt sie. Bald kommt der Regen und befeuchtet den
Staub, und so wirds auf Flur und Feld, in Berg und Thal,
auf First und Halden auch wahr, daß Etliches auf dem Weg
von den Vögeln des Himmels gefressen wird, Etliches unter den
Dornen zu Grunde geht, Etliches auf trockenem Felsengrund in
der Sonnenhitze erstirbt, Etliches aber gut Land findet und hun-
dertfältige Frucht bringt. Weiter sind manche Kerne für den Wind