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1. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 295

1873 - Essen : Bädeker
295 fett Zitronen, Orangen, (Pomeranzen), Mandeln, Kastanien, Feigen, Oliven und noch viele andere Früchte und Kräuter in Hülle und Fülle; besonders gedeiht aber hier guter, feuriger Wein, mit welchem auch die mittlern Provinzen überreichlich gesegnet sind. Und wo in Frankreich die Trauben spendende Rebe nicht fortkommen will, da macht man Obstwein, wie z. B. in der Normandie; denn der lebenslustige, fast etwas leichtfertige Franzose hält es mit dem Sprüch- lein: „Der Wein erfreut des Menschen Herz." Deshalb wird in Frankreich auch nur wenig Mer gebraut. Doch trinkt der Franzose den Wein nur höchst selten ganz rein. In der Regel mischt er ihn im Glase zur Hälfte mit Wasser. — Wo das Land des Anbaues fähig ist, blühen Ackerbau und Viehzucht. Namentlich herrscht aber in den vielen und mitunter sehr großen Fabriken sehr reges Leben und eine seltene, musterhafte Thätigkeit; denn die Franzosen sind ein fleißiges, erstnderisches und betriebsames Volk. Die schönen, geschmack- vollen Seidenzeuge, die buntfarbigen, prächtigen seidenen Tücher und Bänder, die ihr in den Gewölben unserer Kaufleute erblickt, werden größtentheils in Frankreich gewebt. Wegen ihrer feurigen Farben, ihrer Festigkeit und Reinheit, zieht man sie den deutschen und englischen seidenen Fabrikaten vor. Pariser Umschlagetücher machen die Reise durch die ganze Welt. Die Franzosen wirken aber auch Gold- und Silberstoffe, Tressen, prächtige und kunstreiche Tapeten, eine große Menge Wollen- und Baumwollenzeuge u. s. f. Und wie viele andere Galanterie- und Modewaaren verfertigen und verkaufen nicht die Franzosen? Die Pariser Modewaaren sind in den Kaufläden aller Länder zu finden. Der Bergbau will aber in Frankreich weit weniger besagen, als be: uns in Deutschland; denn der Metallreichthum ist — außer dem Eisen — nicht groß. Den Ertrag der Steinkohlen schätzt man auf 16 Millionen Centner jährlich, und doch muß eine noch größere Quantität für den Bedarf der vielen und großartigen Fabriken aus England eingeführt werden. Paris, diese Weltstadt, mit 30,000 Häusern, 1150 Straßen, 300 Kirchen, 25 Hospitälern und Krankenhäusern und 20 großen und kleinen Theatern, ist die Hauptstadt Frankreichs. Sieben bis acht Stunden hat diese große Stadt im Umfange, und beinahe zwei Millionen Menschen wohnen und leben hier. Wie es in den mitunter engen imb krummen Straßen wimmelt vor: geputzten Herren, Damen und Soldaten; von prächtigen Kutschen und Karossen; von schmutzigen Wasser- trägern und Schuhputzern, von fleißigen Einwohnern, wie von Faulenzern und Bettlern; von ehrlichen Leuten, wie von Betrügern und Diebs- gesindel i Obwohl Paris im Allgemeinen unregelmäßig gebaut ist und eine nicht kleine Anzahl krummer und enger Straßen enthält, so findet Ulan daselbst doch auch viele neu angelegte, breite, schöne und höchst regelmäßige Straßen mit den stattlichsten und großartigsten Palästen besetzt, unter denen gar manche wahre Wunder der Baukunst sind.

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1. Lesebuch der Erdkunde - S. 387

1884 - Calw [u. a.] : Verl. der Vereinsbuchh.
Paris. 387 in den Kaffeehäusern und den vielen Vergnügungsorten, — das alles sieht aus, als sei mau hier nur zur Lust, zum Genießen auf der Welt. Es siud übrigens meist Fremde und Vornehme, die man da täglich sieht, der Pariser spart das für den Sonntag auf. Und auch nur in den eleganten Stadtteilen ist es so; denn solche Weltstädte haben für alles besondere Gebiete: für die vornehme Welt, die politische Welt, die gelehrte Welt, die Fabrikwelt, die große Handelswelt n. s. w.; die eigentliche Arbeiterbevölkerung wohnt in den Vorstädten, wo die größte Thätigkeit in allen Gewerben herrscht und auch 30000 Deutsche beschäftigt sind. Paris ist nämlich auch die erste F a b r i k st a d t Frankreichs, am meisten allerdings für die unzähligen Luxus- und Modewaren, mit denen es die ganze Welt versorgt. Auch eine der bedeutendsten Handelsstädte des Reiches, und ebenso die erste Stadt der G e l e h r s a m k e i t und der K u n st, der Mittelpunkt der geistigen Kultur Frankreichs. Paris gibt in Allein den Ton an, — bis auf die Straßenaufruhre und Empörungen hinaus. Es war von jeher das Zentrum des französischen Staates, von Paris aus wurde das übrige Frankreich erworben, erobert, beherrscht, es ist heute noch das Zentrum, das Herz von Frankreich, wie keine Reichshaupt- stadt mehr auf Erden. Auch eine Welt der fremden und wilden Tiere aus allen Weltteilen ist in Paris, im wundervollen Pflanzengarten. Und ein unterirdisches Paris — die Kata- komben, vormalige Steinbrüche, in deren weitläufigen Gängen tief unter der Stadt die Gebeine der etwa drei Millionen früherer Bewohner aufgestellt sind. — Äußerst merkwürdig und belehrend sind ferner die Sammlungen der Altertümer der alten Weltvölker, besonders der Assyrer, Ägypter, Amerikaner u. f. f., im Louvre, eben- daselbst eine der herrlichsten Gemälde- und Skulpturensammlungen der Welt. Über- Haupt ist die Menge der Merkwürdigkeiten, die in einer solchen Weltstadt sich anhäuft, nicht zu zählen. Schon die vielen interessanten Gebäude sind wie eine Geschichte von Paris und ganz Frankreich. In der That, Paris hat eine Fülle der Erinnerungen, der Denkmäler, der Prachtpaläste, der glanzvollen Plätze, wie wenige Städte der Erde. In Paris ist Tag und Nacht keine Ruhe: fährt die vornehme Welt von ihren Vergnügungen endlich Nachts um 2, 3 Uhr nach Hause, so fahren schon die Karren der Landleute in die Stadt herein, um ihre riesigen Märkte wieder auf einen Tag mit Lebensmitteln zu versehen. § 359. Aber, wo ist in Paris das Gemeine, das Abscheuliche, dessen Hauptsitze die großen Weltstädte sein sollen? — man sieht ja nichts davon! Es hat sich in das Gewand der Mode gekleidet, es fährt leicht als Witz dahin, es wird als Wort- spiel belacht, wozu die französische Sprache sich eignet, wie keine andere der Welt. — Elend und Schande verbergen sich in die französische Artigkeit oder hüllen sich in die Schatten der Nacht, in die unterirdischen Wohnungen, über die dein Fuß sorglos dahin wandelt . . . Aber plötzlich kann es ausbrechen wie ein Vulkan und seine Alles verheerenden Ströme ergießen! Dieser leichtfertige, fast unschuldig dahin- lebende Pariser Pöbel, — was ist er in der französischen Revolution, im Kommune- aufstand für ein Scheusal geworden! Übrigens ist der Franzose gutmütig und sehr gefällig; aber eitel und ver- änderlich, weshalb auf Versprechungen nicht viel zu halten ist. Eine große Rolle spielt bei ihm die Feinschmeckerei: fein effen und trinken ist ihm ein Hauptlebens- genuß, aber mit Unterhaltung verbunden; daher die Menge glänzender Kaffeehäuser, und die reizend aufgetürmten Berge feiner Lebensmittel. — Der Franzose ist heiter und singt gern. Auch liebt er die Blumen sehr. Ausgezeichnet ist sein Geschmack

2. Geschichte der Neuzeit - S. 103

1895 - Hannover : Manz & Lange
Frankreich unter Richelieu und Mazarin und die Zeit Ludwigs Xiv. 103 Geldopfern erkauft worden. Der hierdurch erzeugte Steuerdruck, der gegen Ende des dreissigjährigen* Krieges fast unerträglich ward, rief eine Gärung im Volk hervor und führte schliesslich dazu, dass das Pariser Parlament1) die Gutheissung von Mazarins Finanzmassregeln verweigerte. Als der Minister seinen Widerstand mit Gewalt unterdrücken wollte, erhob sich das Volk von Paris gegen ihn. Daraus entstanden noch im Jahre 1648 die Unruhen der Fronde2), die mehrere Jahre hindurch Frankreich zerrütteten. Während derselben versuchten auch die Grossen des Reiches noch einmal, den verhassten Minister zu stürzen und die Allgewalt des Königtums zu brechen. In der That musste der Hof zeitweise aus Paris fliehen, und Mazarin wurde wiederholt verbannt. Aber zuletzt siegte der gewandte Italiener über alle seine Feinde; er kehrte nach Paris zurück und dämpfte den Aufstand. so dass er unumschränkter als zuvor herrschen konnte. Ii. Die Vollendung der Alleinherrschaft des Königs: Ludwig Xiv. Als Mazarin 1661 starb, übernahm Ludwig Xiv. selber die Regierung. Von welch überspannten Vorstellungen von seiner königlichen Machtvollkommenheit, von welch massloser Geringschätzung gegen die gesamte übrige Menschheit er erfüllt war, davon zeugt seine ganze, über ein halbes Jahrhundert währende Regierung und die damit völlig übereinstimmende, aber freilich nicht genügend verbürgte Erzählung, wonach er im Alter von sechzehn Jahren im Jagdrock und mit einer Peitsche in der Hand im Parlament erschien und. als der Vorsitzende von den 0 Parlamente Messen in Frankreich die in den grösseren Städten befindlichen Reichsgerichte, unter denen das älteste, das von Paris, besonderes Ansehen genoss. Das letztere bekam allmählich Einfluss auf die Regierung, indem nur diejenigen königlichen Verordnungen Gesetzeskraft erlangen sollten, die von ihm auf ihre Rechtmässigkeit geprüft und in sein Register aufgenommen waren. Das übliche Mittel, den Einspruch des Parlaments unwirksam zu machen, war ein sogenanntes Lit de justice (= Kissensitzung), wobei der König an der Spitze seiner Hof beamten im Parlament erschien, durch seinen Kanzler den verweigerten Eintrag befahl und so jeden Widerspruch zum Verstummen brachte. 2) Die Ableitung des Namens ist ungewiss; vielleicht kommt es von Fronde = Schleuder, einem Spielwerkzeug, womit die Pariser Strassen-jungen zu werfen pflegten. Unter Fronde versteht man die Feindschaft gegen die Staatsregierung, die nicht aus entgegengesetzten politischen Ansichten. sondern aus persönlicher Missstimmung hervorgeht.

3. Neuzeit - S. 227

1912 - Stuttgart : Bonz
die kleine Besatzung ergab sich nach schwacher Gegenwehr; dennoch wurde der Kommandant de Launey und seine Offiziere niedergemacht. (Die neuere revolutionsfreundliche Geschichtschreibung Frankreichs macht aus der Erstrmung wieder, sehr mit Unrecht, eine Heldentat.) Die Kunde davon erweckte, trotz der hlichen begleitenden Umstnde, einen Jubel weit der Frankreich hinaus. Der König gab wieder nach, entlie das neue Ministerium, besttigte die Wahl Lafayettes zum Oberbefehlshaber der neu gegrndeten Nationalgarde, Baillys zum Maire von Paris. Ja der König erschien zum Zeichen der Ver-shnung iu Paris. Von da an war eigentlich keine Regierung mehr in Frankreich. Schon in den nchsten Tagen wurden hervorragende Vertreter der bisherigen Regierungsweise in den Straen greulich massakriert. 3) Anarchie. Was in Paris geschehen, wirkte hinaus. Die Städte gaben sich berall wie Paris eine Regierung, die aus Wahl beruhte, und nahmen die Verwaltung ihrer Angelegenheiten selbst in die Hand. Drauen auf dem Lande begann ein grlicher Bauernkrieg, viel grauenhafter als der von 1525, und von keiner Obrigkeit gedmpft, der den Adel zum groen Teil zwang, mit Verlust der Habe ins Ausland zu flchten. berhaupt begannen die Anhnger der alten Ordnung der Dinge, voran der Gras von Artois, der Bruder des Knigs, sich ins Ausland zu flchten. Rasch mehrte sich so die Zahl dieser unfreiwilligen Auswanderer, der Emigranten". Anarchische Zustnde traten ein. Die Nationalversamm-lung glaubte die Ordnung dadurch wiederherstellen zu knnen, da sie die alten Ursachen der Unzufriedenheit auch gesetzlich abschaffe. So wurden denn in der Nachtsitzung des 4. August durch wetteifernde Verzichtleistungen der Bevorrechteten alle Rechtsungleichheiten mit einem Male aufgehoben, Leibeigenschaft, Frondienste, alle Feudal-lasten, Zehnten, Amterverkaus, Znfte und Innungen, Sonderrechte der Provinzen und Städte, Steuerbefreiungen und Standesprivi-legien. Eine Ablsung war vorbehalten, wurde aber nie ausgefhrt. b. Die neue Konstitution. Die Rationalversammlung war in der Mehrheit monarchisch, wenn sie gleich die Macht der Krone etwa in der Weise der englischen Verfassung beschrnken wollte. Die hervorragendsten Mitglieder waren unstreitig Abbe Siehes (ipl Ssi- oder Ssi-e-j), ein demokratischer Doktrinr von scharfem Verstand, und der Gras Mirabeau. ein Mann zgel-losen Lebens, politisch gewissenlos, aber Staatsmann genug, um zu erkennen, wie notwendig ein starkes Knigtum sei, und ein gewal-tiger Redner, dem es allein zuzutrauen war, da er das Staatsschiff durch die strmische See der Zeit steuern knnte. Gabriel Honore Riquetti Graf von Mirabeau, geb. 1749, der Sohn eines angesehenen nationalkonomischen Schriftstellers, der aber ein zerrttetes husliches Leben fhrte und seine Familienmitglieder durch Lettres de cachet erzog, war glnzend begabt; aber von dem tyrannischen

4. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zur Gegenwart - S. 193

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
193 Am ersten Jahrestage der Revolution (14. Juli 1790) wurde in Paris ein allgemeines Verbrderungsfest gefeiert. Der König leistete auf dem Marsfeld den Eid auf die neue Verfassung, und die Versammelten streckten feierlich die Hnde empor und sprachen den Brgereid nach. Eine nie gesehene Begeisterung erfate das Volk; es schien, als ob fr Frankreich eine schne Zeit des Friedens und des Glckes anbrechen solle. 4. flucht des Knigs. Aber die Ruhe in Paris war nicht von langer Dauer. Graf Mirabeau, der den Knigsthron inmitten der Strme noch zu halten gesucht hatte, war gestorben. Neue Aufstnde waren zu be-frchten. Da beschlo der König, Paris heimlich zu verlassen. Aber es ge-lang ihm nicht, die Grenze glcklich zu erreichen. Auf einer Station, wo noch spt abends die Pferde gewechselt werden sollten, sprach Ludwig un-vorsichtigerweise einige Worte aus dem Wagen. Der Postmeister erkannte daran sofort den König. Er eilte zu Pferde dem kniglichen Wagen voraus und- lie ihn in dem nchsten Orte anhalten. Der König wurde gezwungen, mit seiner Familie wieder nach Paris zurckzukehren. Von jetzt an war er ein Gefangener. Er durfte die Tuilerien nicht verlassen und wurde erst dann wieder als König anerkannt, als er die neue Verfassung beschworen Hatte. c) Die gesetzgebende Nationalversammlung. 17911792. 1. Einfall des Pbels in die "Cutterten. Als die Verfassung vollendet war, lste sich die Nationalversammlung auf, und eine neue Volksvertretung, die gesetzgebende Versammlung", wurde gewhlt. Da die Emigranten, unter denen auch die beiben Brber des Knigs waren, in dem Verdacht standen, auswrtige Mchte zum Einfall in Frankreich zu reizen, so erklrte die Nationalversammlung: die Emigranten kehren entweder zurck, oder sie werden als Hochverrter angesehen. Der König versagte diesem Beschlsse und noch einigen andern Forderungen seine Zustimmung. Da drangen 3040 000 Mann unter Anfhrung eines Brauers, eines Fleischers und eines Goldschmieds in die Tuilerien, um die Anerkennung der Beschlsse zu fordern. Der König blieb standhaft. Doch zwangen sie ihn, die rote Jakobinermtze aufzufetzen. (Die Jakobiner waren die schlimmste Partei der Aufstndischen. Sie hatten ihren Namen von ihrem Versammlungsort, dem Jakobinerkloster. Als Abzeichen trugen sie rote Mtzen.) 2. Sturj des Knigs. 1792 rckten dann die Preußen int Verein mit den sterreichern und 12000 franzsischen Emigranten in Frankreich ein, um dem Aboofatenregiment" ein Ende zu machen. Das brachte den König in den Verbacht, mit den fremben Mchten unterhanbelt zu haben. Man beschlo daher, den Verrter" vom Thron zu strzen. Im August 1792 wrbe das knigliche Schlo gestrmt. Der König flchtete mit seiner Gemahlin in die Nationalversammlung, weil er dort Schutz zu finden hoffte. Man wies ihn in die enge Gitterloge eines Zeitungsschreibers. Hier mute er 16 Stuuden ausharren und mit anhren, wie man ihn seines Amtes entsetzte. Dann fhrte man ihn als Gefangenen in den Temple", einen alten Kahnmeyer n.'Schalze, Geschichte fr Mittelschulen, ni. 13

5. Für die Oberklassen - S. 349

1850 - Leipzig : Wöller
349 Da erschien das Jahr 1848. Niemand ahnete — obwohl scharf- blickenden Männern nicht unverborgen sein konnte, daß sich bald hochwichtige Begebenheiten ereignen müßten — daß es so große, so tiefeingreifende Ereignisse bringen würde. Frankreich, oder richtiger Frankreichs Hauptstadt, „Paris" war es wieder, das, wie 59 Jahre früher, den Reigen eröffnete. Binnen 24 Stunden (den 23. und 24. Februar) stürzte es eine der mächtigsten Monarchien Europa's und verwandelte sie in eine Republik. Ludwig Philipp, seit 1830 König von Frankreich, hatte nämlich seit Jahren, nur um die Herrschaft seines Hauses über Frankreich zu befestigen, mehre gerechte und gegründete Wünsche des französischen Volkes (ein besseres Wahl- gesetz, Verminderung des großen Heeres königlicher Beamter rc.) unerfüllt gelassen. Da kam es am 22. Febr. zwischen Volk und Regierung zu einem Zusammenstoße. Zeitiges und kluges Nach- geben Seiten des Königs würde das Zerwürfniß sofort ausgeglichen haben. Doch der König folgte falschen Rathgebern. Er gab nicht nach. Am 23. Febr. nahmen die Unruhen schon einen bedenklichen Charakter an. Auf den Straßen von Paris floß bereits Bürger- blut. Der König machte Zugeständnisse und schon schien alles aus dem Punkte zu einer allgemeinen Aussöhnung zu sein. Da wollte ein furchtbares Mißgeschick, daß in den Abendstunden des 23. Febr. von einer Abtheilung Militair, die den Palast des Ministers des Auswärtigen besetzt hielt, auf einen Volkshausen geschoffen wurde, weil der Oberst des Militairs glaubte, das Volk beabsichtige einen Angriff auf den Palast des Ministers. Dieses unheilvolle Feuern der Soldaten gab dem Zustande der Dinge eine furchtbare Wendung. Der Volkshaufe zerstreute sich wuthentbrannt durch alle Straßen von Paris und schrie: „Zu den Waffen! Verrath! Verrath!" Die Sturmglocken ertönten, Trommeln wirbelten, Tausende von Fackeln erleuchteten die Nacht, Barrikaden wurden errichtet, das Straßen- pflaster wurde von der wüthenden Menge aufgerissen, und als der Morgen des 24. Februars anbrach, hatte sich der Volksauflauf in eine — Revolution verwandelt. Der König gewährte nun die Umgestaltung des Wahlgesetzes, aber — es war „zu spät!" Jetzt weigerten sich auch mehre Regimenter, noch länger auf das Volk zu schießen. Die Kanonen verstummten und fast sämmtliche Trup- pen übergaben ihre Waffen dem Volke. Das Volk tobte dem könig- lichen Schlosse zu. Gegen Mittag entsagte der König der Krone zu Gunsten seines Enkels, des Grafen von Paris, eines zehnjährigen Knaben, unter der Regentschaft der Herzogin von Orleans (Mutter des Grafen von Paris). Auch diese Zugeständnisse kamen — „zu spät!" Der König und seine Gemahlin verließen in Eile das Schloß, flohen aus Paris und kamen nach mehrern Tagen in Eng-

6. Brandenburgisch-preußische Geschichte in Verbindung mit der neueren deutschen Geschichte - S. 53

1912 - Leipzig : Teubner
Franzsische Revolution. Verlauf. 53 Vorrechte festhalten; sie verlangten, da jeder Stand getrennt berate und nur je eine Gesamt stimme abgebe. Vagegen kmpften die brgerlichen Abgeordneten. Unter Fhrung des Grafen Mirabeau erklrten sie sich als die wahren Vertreter der ganzen Nation, als die Nationalversammlung: sie schwuren, nicht eher wieder auseinanderzugehen, als bis sie dem Lande eine neue Staatsverfassung gegeben htten. Die Verfassung gebende Nationalversammlung stellte von 178991 eine neue Verfassung auf. alle Vorrechte und Unterschiede der alten Stnde erklrte man als beseitigt, den Adel fr abgeschafft. Statt der Standesrechte sollten knftig allgemeine Menschenrechte" (das ..natrliche" Recht der Aufklrer) gelten: alle sollten frei und gleich und Brder eines Volkes sein. Brger" und Brgerin" wurde der allen gemeinsame Titel und Liberte, 6galite, fraternit!" das Losungswort der Revolution. Die Uirche wurde als Einrichtung des Staates erklrt. In die Staats-gemalt sollten sich knftig der König und das Volk teilen. Auf die Gesetzgebung sollte der König fast gar keinen Einflu mehr haben. Somit wurde in Frankreich eine beschrnkte Monarchie geschaffen. vllig erneuert wurde ferner die Staats-Verwaltung. Das ganze Land wurde gleichmig in 83 vllig neue, kleine Provinzen, die Departements, geteilt, jedes Departement in Distrikte (wie unsere Regierung?-bezirke in Kreise) und jeder Distrikt in Gemeinden. Jede Gemeinde erhielt vllige Selbstverwaltung. Aber die Staatsumwlzung nahm alsbald einen gewaltsamen und furchtbaren Verlauf, und das hatte verschiedene Ursachen. 1. Ein groer Teil des Volkes wollte die Knigsgewalt nicht blo beschrnken, sondern beseitigen. 2. Der König trat den Forderungen der Nationalversammlung bald entgegen, bald gab er ihnen nach. Sein Schwanken erbitterte das Volk noch mehr. 3. Das knigliche Heer" trat zum grten Teil auf die Seite des Volkes. 4. Der tchtigste Ittamt Frank-reichs, Graf Mirabeau, htte den Sturm vielleicht beschworen knnen; doch er starb bald nach dem Ausbruche der Revolution. 5. Der Pbel von Paris wurde von gefhrlichen Fhrern (Danton, Ittarat und Robespierre) aufgehetzt; er gewann allmhlich Gewalt der die Nationalversammlung. 6. Die aus Frankreich geflohenen Adligen schrten im Auslnde zum Kriege gegen Frankreich. Dadurch wurde die Erregung des franzsischen Volkes gesteigert und die Lage der Knigsfamilie immer gefhrlicher. Schon 1789 (14. Juli) brachte der Pbel von Paris das Staats-gefngnis, die Bastille, ohne Kampf in seine Gewalt und verbte die ersten Mordtaten. Spter drang er in das Schlo zu Versailles, bedrohte die Knigs-familie und fhrte sie gewaltsam nach Paris. Auch die Nationalversammlung nutzte nach Paris bersiedeln und war seitdem erst recht dem Einflu des Pbels preisgegeben. In den Provinzen standen die Bauern gegen ihre adligen Gutsherren auf, vertrieben sie und zerstrten die Herrenschlsser (Chamisso, Schlo Boncourt). Der König, seines Lebens nicht mehr sicher, suchte aus Frankreich zu entfliehen. Doch er wurde erkannt und als (Befangener nach Paris zurckgebracht. Bald darauf ging die Nationalversammlung auseinander. Es wurde eine neue Volksvertretung, die gesetzgebende Versammlung (179192) gewhlt. Ihrer mehr-

7. Die weite Welt - S. 218

1865 - Leipzig : Amelang
218 entfaltet. Eine ähnliche Strasse ist unter der gegenwärtigen Regierung, die es überhangt sehr auf die Verschönerung von Paris abgesehen [hat, mit grossen Kosten mitten durch die Stadt gebrochen worden. Ohne Zweifel hat man durch diese grossartigen Umänderungen ferneren Aufständen der leicht beweglichen Pariser vorbeugen wollen. Ausserhalb der Boulevards breiten sich 14 Vor- städte aus, von denen jede ihre ganz eigenthümliche Bevölkerung hat. Da wohnen in der einen nur vornehme Adlige, in der andern nur reiche Fabrik- herren, in der dritten nur Arbeiter u. s. f. Alle diese Vorstädte sind von einer 5 Meilen langen, von beinahe /60 Thoren oder Barrieren durchbrochenen Ringmauer umschlossen. Zu weiterm Schutze ziehen sich rings um das gewal- tige Ilüusermeer noch 16 Forts, durch deren Anlage die Hauptstadt zugleich in eine der stärksten Festungen des Landes umgewandelt worden ist. Dadurch, dass vor nicht langer Zeit auch der die Ringmauer einschliessende Kranz von Dörjern mit in das Stadtgebiet aufgenommen wurde, ist dessen Einwohner- zahl auf mehr als anderthalb Millionen gestiegen. >— Merkwürdig sind die im Kalkgebirge von Natur vorhandenen oder künstlich angelegten Höhlen, die sich weit unter die Häuser und Strassen der Stadt fortsetzen und von Alters her zur Begräbnisstätte der Todten dienten. Noch jetzt Jihden sich in diesen schauerlichen Grabgewölben oder Katakomben Tausende von Leichen vor, Jjaris, die Hauptstadt Frankreichs, ist zugleich das Herz des Landes. Das gesummte geistige Leben des Volkes hat hier seinen Mittelpunkt. Hier sind die besuchtesten Bildungsanstalten, hier haben die Künste ihren Sitz. Wer in Frankreich geachtet und geehrt werden und als ein gebildeter Mensch erscheinen will, der muss in Paris gewesen sein und sich die jeinen Sitten der Hauptstadt angeeignet haben. Auch alle die zahlreichen Volksbewegungen, die Frankreich erschüttert huben, sind von Paris ausgegangen, und die Regierung weiss sehr wohl, dass das ganze Land ruhig ist, wenn die Hauptstadt im Zaume gehal- ten wird. ' • Auch im gewerblichen Leben nimmt Paris den ersten Rang ein. Keine Stadt der Welt liefert eine so grosse Menge der kostbarsten Erzeugnisse menschlichen Kunstfleisses, als Paris. Kein Stoff, der hier nicht zu den verschiedensten Dingen verarbeitet würde; — Gold und Silber, Eisen und Stahl, feines Holz, Horn und Elfenbein, Glas und Porzellan, Seide, Wolle und Baumwolle. Die grossartigsten Manujäcturen werden von der Regierung verwaltet, namentlich diejenigen, in denen durch die vollendetste Webekunst prachtvolle Gemäldutapeten {Gobelins)*) angefertigt werden. Auch in der Umgegend von Paris sind noch mehrere, theils durch ihre Ge- werbthütigkeit, theils durch geschichtliche Ereignisse wichtige Orte. In Ver- sailles, westlich von Paris, liess Ludwig Xiv. ein prächtiges Schloss erbauen, das 100 Jahre lang die Residenz der französischen Könige blieb. Jetzt dient dasselbe zu einer Gemäldegallerie; der Park wird von den Parisern viel besucht. Nördlich von Paris liegt die Abtei St. Denis mit den alten Königsgräbern, die jedoch zur Zeit der Revolution verwüstet ivorden sind. Die uralte rothseidene Fahne dieser dem Schutzpatrone Frankreichs (Dionysius, Ap. Gesch. 17, 34.) geweihten Abtei, Orijlamme genannt, wurde zum Banner Frankreichs bestimmt und bis ins ') (/$. 210) Qobelänys. Wärsallj'. Säug Jjenni/i

8. Kleine Weltgeschichte oder Geschichten aus der Geschichte - S. 122

1856 - Moers : Rhein. Schulbuchh.
122 8 74. Die sranz. Revolution von 1848 re. Regiment konnte und sollte dabei nicht bestehen: Republik war die ersehnte Staatsform, und man hoffte allmälig zu diesem Ziele zu gelangen, wenn den unteren Classen der Bevölkerung gleiche politische Rechte, be- sonders bei den Abgeordnetenwahlen, zugestanden würden. Vergebens hatte man schon früher eine Reform des Wahlgesetzes und entsprechende Verfas- sungsveränderungen verlangt. Louis Philipps Regierung leistete beharrlichen Widerstand, aber zu Ende des Jahres 1847 und zu Anfang 1848 wurde daö Drängen nach solcher Wahlreform immer heftiger und in großen Volksversammlungen, sogenannten Reformbanketten, wirkte man dafür. Die Regierung suchte diese Versammlungen zu verhindern, und wagte es endlich, auf Grund eines alten Gesetzes von 1790, eine solche große Volks- versammlung, die am 22. Februar 1848 stattfinden sollte, ganz zu verbieten. Sie unterblieb, aber das Volk ward dadurch nur desto aufgebrachter: es em- pörte sich in Paris, Barrikaden wurden gebaut, und am 22. und 23. Februar kämpften Volk und Militär heftig in den Straßen der Hauptstadt Frankreichs. Besonders richtete sich die Wuth gegen den Premierminister des Königs, Guizot. Man erlangte endlich voin Könige das Versprechen, diesen zu entlassen und das Wahlgesetz zu Gunsten der ärmeren Volks klaffen zu verändern. Jubelnd zog nun das Volk durch die Straßen von Paris, aber durch einen Schuß vor dem Hotel Guizot's entbrannte der Kampf aufs Neue, und zwar viel heftiger, als vorher. Am Morgen des 24. Februar war ganz Paris verbarrikadirt, und die Nationalgarde wollte das Volk nicht angreifen. Nun versuchte der König durch die Ernennung eines ganz aus der Wider- standspartei genommenen Ministeriums das Volk zu beschwichtigen, aber es war zu ffpät: das Volk beruhigte sich nicht, bis Ludwig Philipp zu Gun- sten seines Enkels, des Grafen von Paris, ab dankte und mit Lebensgefahr nach England floh, wo er im August 1850 starb. Umsonst versuchte die Herzogin von Orleans es, ihren Sohn, den Grafen von Paris, zur Aner- kennung zu bringen in der National - Versammlung; dieselbe proklamirte die Republik und ernannte eine provisorische Regierung, deren Seele der Schriftsteller und Staatsmann Lamartine war. Ganz Frankreich beugte sich willig vor dem in Paris Geschehenen. Auch zwei Arbeiter waren Mit- glieder der Regierung und diese versuchten nun im Sinne der socialistischen Ansichten den Arbeiterstand zu beglücken durch Nationalwerkstätten, die aber die Arbeiter bloß faul machten und den Staat sehr viel Geld kosteten, indem die Arbeitslosen außerdem noch Unterstützung aus der Staatskaffe erhielten. So sah sich die im Mai ans ganz freien Volkswahlen zusammen- getretene National-Versammlung genöthigt, die Nationalwerkstätten zu schlie- ßen und den immer drohender werdenden Forderungen der Arbeiter (des Proletariats) entgegen zu treten. Dadurch entstand im Juni ein nur noch viel schrecklicherer Straß en kämpf, der vier Tage dauerte. Man trachtete die Revolution ganz zu Gunsten dcs Socialismns und der blutig rotheu Republik auszubeuten. Der General Cavaignac ward in der Noth des Augenblicks von der National-Versammlung zum Diktator, d h. zum allei- nigen Befehlshaber in kriegerischen und bürgerlichen Angelegenheiten ernannte er dämpfte endlich den Aufstand und bestrafte die rothen Republikaner streng und energisch. Cavaignac erwählte sich nun, da die provisorische Regierung zurückgetreten war. ein Ministerium und regierte mit demselben verständig und besonnen, während die National-Versammlung eine Verfassung für die Republik Frankreich zu Stande brachte, welcher gemäß am 10. Dezember 1848 vom Volk ein Präsident auf vier Jahre gewählt wurde. Die Wahl traf mit etwa 6 Millionen Stimmen den Prinzen Louis Napoleon, einen

9. Für den Unterricht in Mittelklassen berechnet - S. 148

1883 - Leipzig : Kesselring
148 Neue Geschichte. mit Heinrich von Navarra, dem Anfhrer der Hugenotten. Und schon be-Heinrich Iii. lagerten beide das emprte Paris, als Heinrich Iii. im Lager zu St. Cloud 1 t 1589. von dem Mnch Jakob Clement (1. August 1589) ermordet wurde. Mit ihm erlosch das Haus Valois, nachdem es den Thron seit 1328 innegehabt hatte. 2. Als Haupt des Hauses Bourbon hatte Heinrich von Navarra aus die erledigte Krone das nchste Anrecht2. Er war auch von dem sterbenden Heinrich iv. Heinrich dem Iii. als Nachfolger bezeichnet worden und nahm daher so-1589-1610. fort den Titel eines Knigs von Frankreich an. Doch hatte Heinrich bei dem Antritte seiner Regierung mit groen Schwierigkeiten zu kmpfen. Da er Protestant war, so wollten ihn die Katholiken nicht anerkennen. Sie riefen vielmehr den Kardinal von Bourbon als König Karl den X. aus und rckten gegen Heinrich ins Feld. So mute dieser versuchen, durch Krieg zu erringen, was ihm durch das Recht der Geburt zukam. Das Glck war Jvry seinen Waffen hold, und er siegte in der Schlacht bei Jvry1 (14. Mrz 1590. 15 90). Frh am Morgen ordnete er seine Scharen; die Anrede an dieselben schlo er mit den Worten: Und wenn ihr eure Standarten verlieren solltet, so seht nach meinem weien Federbusch: ihr werdet ihn immer auf dem Wege der Ehre und des Sieges finden!" Und wahrlich, im gefhrlichsten Getmmel war er zugegen und brachte seinen Degen voll Scharten aus dem Treffen zurck. Nach diesem Siege rckte Heinrich gegen Paris vor, konnte aber die Stadt nicht einnehmen. Und selbst als der Gegenknig starb, weigerte sich die Partei der Gnisen, ihn als König anzuerkennen. Heinrich sah mehr und mehr ein, da nur die Annahme der katholischen Religion ihm den Thron sichern und Frankreich beruhigen knne. Er trat deshalb am 25. Juli 1593 zu St. Denis i ffentlich zu derselben der, worauf ihm Paris die Thore Einzug in ffnete (22. Mrz 1594). Die Bevlkerung nahm ihn mit Jubel auf und Paris begleitete ihn nach der Kathedrale. Dort soll er während des Gottesdienstes zu einem seiner Vertrauten gesagt haben: Paris ist wohl einer Messe wert!" Dem Beispiel von Paris folgten die brigen Städte Frankreichs, worauf auch die Hupter der Guisen und der Papst dem Könige Heinrich dem Iv. ihre Anerkennung nicht mehr versagten. 3. Nachdem Heinrich das katholische Frankreich beruhigt hatte, verga er seiner alten Glaubensgenossen nicht, die wegen seines bertritts in nicht Edikt v. geringe Besorgnis geraten waren. Am 13. April 1598 gab er das Edikt Nantes von Nantes1, wodurch die Reformierten Gewissensfreiheit und brgerliche 1598. Gleichberechtigung mit den Katholiken erhielten. Nun suchte der König mit Hilfe seines Ministers Snlly durch alle Mittel Wohlstand im Lande zu verbreiten. Er schaffte die berflssigen Soldaten ab und ntigte die Entlassenen, unangebaute Felder urbar zu machen. 1 Saint Cloud, Marktflecken mit kniglichem Schlo am linken Ufer der Seine, 7va Kilometer unterhalb Paris. Jvry, Marktflecken westlich von Paris an der Eure linkem Nebenflusse der Seine. Saint Denis, Stadt unweit des rechten Ufers der Seine, 15 Kilometer unterhalb Paris. Nantes, Stadt am rechten Ufer der Loire, 75 Kilometer oberhalb deren Mndung. 2 Das Haus Bourbon stammte von Robert v. Bourbon, dem inngsten Sohn Lud-wias des Ix. des Heiligen (S. 101), und daher hatte dasselbe nach Aussterben der Valois, welche Nachkommen von Ludwigs ltestem Sohne, Philipp dem Iii. dem Khnen, waren, das nchste Anrecht auf den franzsischen Thron.

10. Umständlichere Erzählung der wichtigeren Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte - S. 633

1806 - Altona : Hammerich
*33 malm die er liebte, bewogen, gab er den Befehl, daß Necker in der Nacht den i uen Juli 1789 Paris ver- lassen sollte. Die Nachricht hiervon setzte anfangs alles in ein erstarrendes Schrecken; bald aber folgte eine so wilde Verzweistung, daß Alles zu den Waffen lief. Al- les durch die Straßen schrie: Freiheit oder Tod! und nur die Säbelhiebe und die-Flintenschüsse der Soldaten konnten den wilden Haufen zerstreuen. Aber bald ka- men die französischen Gardisten den Bürgern zu Hülfe, der Haufen vergrößerte sich, die fremden Truppen wa- ren zu schwach gegen sie, und an 30,002 Mann stark bemächtigten sie sich der Vestung von Paris, der Ba- stille, den igteniuli, 1789. Dieser Tag ward daher als der Gründungstag der französischen Staats- veranderung in Frankreich gefeiert. Denn von jetzt an vermogte der Adel nichts mehr gegen die Gewalt der Bürger, die mit einer Wildheit verfuhren, bei der al- les Recht und Gesetz niedergetreten wurde; und, wie immer der große Haufe, sich von jedem Ränkemacher einnehmen und zu bösen Absichten mißbrauchen ließ. So folgten nun zehn Jahre der empörendsten Gräuel, wo täglich Bürgerblut durch Bürgerhände vergossen wur- de. Adel und Geistlichkeit mußten flüchten um ihr Le- den zu retten; der König ward mit seiner Familie ge- fangen nach Paris geführt, den zten Oktober, und al- le Güter der Geistlichen und des Adels wurden als Na- tionalgüter eingezogen. 1791 wird eine neue Staats- Verfassung eingeführt: der König bleibt an der Spitze des Staates, aber das Recht der Gesetzgebung sollten Deputirte der Nation üben. Indeß reizen die geflüchte- ten Adligen die auswärtigen Mächte, besonders Oester- reich, (die Königin von Frankreich war eine Schwester des Kaisers), die beleidigte Majestät des Königs von Frankreich an der Nation zu rächen; und 1792 fliar- schiren deutsche Truppen gegen Frankreich, Dies er- bit-

11. Theil 1 - S. 376

1864 - Langensalza : Greßler
376 Höhen nur 4000—5000 Fuß hoch über dem Meere, an der Somme fortlaufend nur geringere Erhebungen, endlich in einem kurzen Strich dem Meere näher nur Ebenen und Sümpfe. Dies ist die Halb- insel Frankreich, ein großes, schönes Land, reich an mannichfaltigen Gittern, 10,000 Quadratmeilen groß, mit 40 Millionen Menschen. Werfen wir einige Blicke aus den Charakter des Volkes. Am auffallendsten und merkwürdigsten in dem französischen National- charakter ist das Gepräge, das ihm die Hauptstadt des Landes auf- gedrückt hat und fortwährend aufdrückt. Ganz Frankreich würde ein anderes Frankreich sein, wenn für Paris irgend eine Stadt an der Rhone, Loire oder unmittelbar am Ocean seine Hauptstadt geworden wäre. Mit Paris sind alle Franzosen zu sehr in das gallische Element eingetaucht und untergetaucht worden. Dieses Element mußte auf die Eingewanderten auf jeden Fall den größten Einfluß haben, aber sicher würde dieser Einfluß nicht so groß gewesen sein, wenn die große Hauptstadt nicht recht in dem gallischen Kern gelegen hätte. Es läßt sich ziemlich klar und genau nachweisen, wie die nachbarliche normännische Würdigkeit und Abenteuerlichkeit, und die gallische Leicht- fertigkeit und Lustigkeit zusammen dem Ganzen die Gestalt gegeben haben, die es jetzt hat. Von Paris aus, welches im Mittelalter ein Herd war, an welchem schon damals Kunst und Wissenschaft sich wärmte, ist alles Uebrige des Reichs mehr oder weniger gemacht worden. Paris ist Frankreichs Hauptstadt wie keine andere Hauptstadt irgend eines europäischen Landes, und weil sie durch das Glück, daß ihre Sprache eine Weltsprache geworden, daß Alles, was Feinheit, Schönheit, Anmuth und Bildung im Sinne der jüngsten Vergangenheit suchte, daß wenigstens alles Freiherrliche und Fürstliche einige Jahre nach Paris gehen mußte, um sich dort den Firniß feiner Sitten über- streichen zu lassen, die stolze Einbildung gefaßt hatte, sie sei wirklich die Hauptstadt aller Bildung und Wissenschaft: so hat diese Einbil- dung das ganze französische Volk wie ein wahrer Zauber ergriffen, und hält es immer noch fest, selbst nachdem die Fremden großentheils von dem frühern Wahne erlöst sind. Paris ist darum auch ein Mit- telpunkt französischer Eitelkeit, welche allerdings berechtigt ist, sich auf ihr Volk etwas einzubilden, aber leider diese Einbildung nicht immer auf die edleren Eigenschaften legt. Denn auch die Herrschaft der französischen Sprache ist nicht blos etwas Zufälliges, etwa allein das Uebergewicht geworden, welches die Franzosen seit der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts über die andern europäischen Völker bekamen: sondern die Leichtigkeit, Lebendigkeit, Witzigkeit des Volkes, seine Klarheit und Feinheit, sein leicht greifender Verstand der äußeren Dinge, und das Talent, alles Geschaute, Empfundene, Ge- dachte leicht und bequem in klarer, netter Sprache auszudrücken, die gleich glatten Kieselir durch unaufhörlichen Gebrauch geschliffen, leicht über die Zunge hinweggleitet und fortlispelt, der im Ganzen leichte,

12. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 213

1906 - München : Oldenbourg
39. Ein bayerischer Reitergeneral im Dreißigjährigen Kriege. 213 Im folgenden Jahre (1636) stieß Werth mit 11 bayerischen Regimentern — 5 zu Fuß, 5 zu Pferd und 1 Dragonerregiment — zu dem Kardinal-infauten Thomas von Savoyen um von den Niederlanden aus einen Vorstoß ins Herz von Frankreich zu machen. Bei Capelle vereinigen sich Werth, Piccolomini und der Herzog Franz von Lothringen mit dem Kardinal-infanten, der mit spanischen Truppen diese Stadt belagerte. Capelle kapitulierte. Auf die Nachricht, daß der Gras vou Soissous mit 8000 Mann und 5 Geschützen in La Fere liege, rückte Werth mit 3000 Pferden an Guise vorüber um den Grasen zu überfallen. Werth hatte schon mit seinen Dragonern einen „Paß" geöffnet, als die spanische Reiterei plötzlich „tornetetta" machte. Hierdurch war sein Auschlag vereitelt. Werth erobert hierauf Ribemont, rückt wieder bei der Armee ein und wohnt der Eroberung von Catelet bei. Nachdem er den Übergang über die Somme zwischen Bray und Corbie forciert hatte, vernichtete er das Regiment Raymond. Dann verfolgte er die Franzosen mit einigen tausend Pferden, ereilte ihre Nachhut bei Noyon, hieb 150 Mann nieder, eroberte 2 Standarten und machte viele Gefangene. Der Feind zog nach Compiegne, wo er sich verschanzte. Am 1. September vernichtete Werth das Regiment Psartcy zwischen Compiegne und Montdidier und am 2. eine Kompagnie Kürassiere, „so sich zu Paris von des Königs Gesindlein zusammengeschlagen". Werths Name verbreitete solchen Schrecken, daß sich ein großer Teil der Bewohner von Paris nur hinter der Loire sicher glaubte und aus der Hauptstadt floh.1) Paris wäre mit leichter Mühe erobert worden, wenn der Kardinalinsant dem Rate Werths gefolgt und statt sich vor Corbie aufzuhalten den Schrecken in Paris benutzt hätte. Als aber Richelieu sah, daß die Gefahr, welche Paris bedrohte, nur von einigen tausend Reitern, die sich in der Umgebung *) „Vorläufer des „Marschall Vorwärts" schlug er dein Kardinalinsanten vor stracks auf Paris loszugehen und auf dem Louvre den kaiserlichen Doppeladler aufzupflanzen. Schon verbreitete sich der Schrecken vor den wilden bayerischen Reitern bis in die Hauptstadt und die von Paris nach Süden und Westen führenden Landstraßen bedeckten sich mit Fliehenden. In dem Volksliede: »Petits enfants, qui pleurera? Voici Jean de Vert, qui s’avance !< lebt noch heute in Frankreich das Andenken des schrecklichen Reitergenerals fort: > Jean de Vert ötant un brutal, Qui fit pleurer le roi de France, Jean de Vert ötant gönöral A fait trembler le Cardinal. < Den Ruhm; der 1870 den kühn vorausschwärmenden Ulanen in denselben Gegenden zu teil ward, haben in diesem pikardischen Feldzuge von 1636 die bayerischen Reiter geerntet." Siegm. v. Riezler, Gesch. Bayerns V, S. 515.

13. Die mittlere und neue Welt - S. 133

1873 - München : Lindauer
133 Heinrich Iii (1574-1589). Während des fünften Religiös-krieges (1575—1576) trat Heinrich von Navarra, den ihm abgezwungenen Glaubenswechsel für nichtig erklärend, wieder an die Spitze der Hugenotten und verschaffte denselben 1576 im Frieden ruhuireü (den man auch la paix du Monsieur nannte, wett ihn der Herzog Franz von Alenyon, der als Bruder des Kömgs den Titel Monsieur führte, zu Stande gebracht) freie Reügtons-übung im ganzen Reiche außerhalb Paris. Darüber empört, bildeten die Guiseu (der Herzog Heinrich von Guise und seme Brüder Karl von Mayen ne und der Kardinal Ludwig) mit den Katholiken die heilige Ligue, zu deren Haupt sich der König selbst auswarf, um sie nicht als Gegnerin zu haben. Die Hugenotten behaupteten im sechsten und siebenten Religionskriege (teuer begann 1577 und ward in demselben Jahre durch die Friedensschlüsse zu Bergerac und Poitiers beendet, letzterer, tu welchem die Abenteuer des um Heinrich von Navarra gescharten Adels das konfessionelle Interesse in den Hintergrund drängten, brach 1579 aus und ward durch den Frieden zu Fletx betgelegt) ihre Rechte. Als'1584 des Königs Bruder, der zum Herzog von Anjou erhobene Franz von Alen§on, ohne Nachkommen starb, söhnte sich der König, gegen die Guisen mißtrauisch gemacht, mit Heinrich von Navarra aus, schloß sich aber bald wieder au dte. Guisen an, worauf 1587 der achte Religionskrieg oder der Krieg der drei Heinriche ausbrach. Auf die Vorspieglung der Guisen, daß ihrem mit dem karolingischen Hause verwandten Geschlechte *) die Krone Frankreichs durch die Valois widerrechtlich vorenthalten werde, bildete sich in Paris die Ligue de Seize (Verbindung der 16 Viertel in Paris), welche die Absetzung des Königs und die Erhebung Heinrichs von Guise zum Ziel hatte. Der König, von der ihm drohenden Gefahr in Kenntniß gesetzt, zog Schweizertruppen nach Paris, ward aber durch einen mörderischen Barrikadenkampf, den Heinrich von Guise durch sein Erscheinen in der Hauptstadt veranlaßte, zur Flucht genötigt und ließ, als die nach Blois eingerufene Standeversammlnng sich den Umstnrzplänen des Guisen geneigt zeigte, den Herzog Heiurtch von Guise und dessen Bruder, den Kardinal Ludwig, 1588 ermorden. Sofort stellte sich der Herzog von Mayen ne, der Bruder der ermordeten Guisen, an die Spitze der Ligue. Von den Seinigen verlassen und vom Papste mit dem Banne bedroht, verbündete sich der König mit Heinrich von Navarra zum Kampfe wider die Ligue, ward aber bei der Belagerung von Paris von dem fanatischen Dominikaner Jacques Clement 1589 ermordet. *) Die Guisen führten ihr Geschlecht auf eine Tochter des 991 verstorbenen Herzogs Karl von Lothringen zurück, dessen Neffe Ludwig \ der Faule (t 987) die Reihe der karolingischen Herrscher in Frankreich geschlossen hatte.

14. Die neue Zeit - S. 365

1877 - Leipzig : Brandstetter
365 gemetzelten Leibgarden getragen, als Siegestrophäen auf hohe Stangen gesteckt; die noch übrig gebliebenen Garden schleppte der Pöbel als Gefangene in seiner Mitte fort. Dann folgte der Wagen, in welchem der König und die Königin, ihre beiden Kinder und die Prinzessin Elisabeth, des Königs Schwester, saßen. Zu beiden Seiten wogte eine ungeheure lärmende Volksmenge. Einige grinsten nach dem Wagen hin und stießen Verwünschungen und Drohungen gegen die königliche Familie aus, Andere hielten Triumphgesänge, noch Andere schrieen: „Da bringen wir euch den Bäckermeister nebst Frau und Lehrjungen!" — als ob die Rückkehr der unglücklichen, aller Macht beraubten Familie die Theuerung in Paris heben würde! Hinter dem Wagen wurden mehrere Kanonen geführt, Weiber saßen aus den Lafetten und trugen Brod und Fleisch auf den Bajonetten. Berauschte Männer und Weiber ritten durch einander, der ganze Weg war von den Einwohnern der benachbarten Dörfer besetzt und so voll Menschen, daß die königlichen Wagen oft still halten mußten. Erst nach sechs Stunden der Angst und Schmach langte der arme Ludwig vor dem Schlagbaume (Barriöre) von Paris an, wo ihn der Bürgermeister (Maire) empfing, den schönen Tag preisend, welcher den König von Frankreich der Hauptstadt wiedergebe. Der König erwiederte: er sei mit Vergnügen gekommen, und die Königin, sie trete mit Vertrauen in die gute Stadt. Nach diesen gegenseitigen Förmlichkeiten wurde dem gedemüthigten Fürsten erlaubt, sich nach dem Paläste der Tuilerien zu begeben, in welchem gar keine Anstalten zum Empfang der königlichen Familie getroffen waren, so daß man die Betten borgen mußte. Von nun an hatte der König keinen Willen niehr und war als Gefangener der Pariser Volksführer zu betrachten. Nicht bester war es mit der Nationalversammlung; über dreihundert Deputirte verließen dieselbe, weil sie mit den Mördern des 6. Oktobers keine Gemeinschaft haben wollten. Die übrigen Deputirten gingen nach Paris und hoben, durch den Schutz des Pöbels kühn gemacht, eine Einrichtung nach der andern auf, ohne zu bedenken, daß es leichter ist, einzureißen als wieder aufzubauen. Die Sitzungen wurden in einer Reitbahn gehalten, die im Garten der Tuilerien lag und die in der Geschwindigkeit mit Bänken, wie ein Amphitheater hergerichtet war. In der Mitte hatte der Präsident seinen Sitz, zur Rechten saßen die Gemäßigten, zur Linken aber, besonders auf den höchsten Bänken, (dem Berge) die heftigsten Revolutionsmänner. In Paris entstanden Klubbs oder Vereine gleichgesinnter Deputirten, die vorher das besprachen, was sie in der Nationalversammlung durchsetzen wollten. In einem Jakobinerkloster versammelte sich der sogenannte Jakobiner-Klubb, der aus den gefährlichsten Wühlern bestand. Als äußeres Abzeichen trugen die Jakobiner eine rothe, lang herabhängende Mütze. Bald wimmelte ganz Frankreich von Klubbs, welche dann ihren gemeinsamen Mittelpunkt in Paris fanden. Die Zuschauer auf der Galerie, größtenteils Anhänger der Jakobiner, bezeichneten durch Zujauchzen und Händeklatschen den ungestümsten Rednern ihrer Partei lärmenden

15. Die neue Zeit - S. 365

1866 - Leipzig : Brandstetter
365 metzelten Leibgarden getragen, als Siegestrophäen auf hohe Stangen gesteckt; die noch übrig gebliebenen Garden schleppte der Pöbel als Ge- fangene in seiner Mitte fort. Dann folgte der Wagen, in welchem der König und die Königin, ihre beiden Kinder und die Prinzessin Elisabeth, des Königs Schwester, saßen. Zu beiden Seiten wogte eine ungeheure lärmende Volksmenge. Einige grinsten nach dem Wagen hin und stießen Verwünschungen und Drohungen gegen die königliche Familie aus, Andere hielten Triumphgesänge, noch Andere schrieen: „Da bringen wir euch den Bäckermeister nebst Frau und Lehrjungen!" — als ob die Rückkehr der unglücklichen, aller Macht beraubten Familie die Theuerung in Paris heben würde! Hinter dem Wagen wurden mehrere Kanonen geführt, Weiber saßen auf deu Lafetten und trugen Brod und Fleisch ans den Bajonetten. Berauschte Männer und Weiber ritten durch einander, der ganze Weg war von den Einwohnern der benachbarten Dörfer besetzt und so voll Men- schen, daß die königlichen Wagen oft still halten mußten. Erst nach sechs Stunden der Angst und Schmach langte der arme Ludwig vor dem Schlag- baume (Barrière) von Paris an, wo ihn der Bürgermeister (Maire) empfing, den schönen Tag preisend, welcher den König von Frankreich der Hauptstadt wiedergebe. Der König erwiederte: er sei mit Vergnügen ge- kommen, und die Königin, sie trete mit Vertrauen in ìie gute Stadt. Nach diesen gegenseitigen Förmlichkeiten wurde dem gedemüthigten Fürsten erlaubt, sich nach dem Palaste der Tuilerien zu begeben, in welchem gar keine Anstalten zum Empfang der königlichen Familie getroffen waren, so daß man die Betten borgen mußte. Von nun an hatte der König keinen Willen mehr und war als Ge- fangener der Pariser Volksführer zu betrachten. Nicht besser war es mit der Nationalversammlung; über dreihundert Deputirte verließen dieselbe, weil sie mit den Mördern des 6. Oktober keine Gemeinschaft haben woll- ten. Die übrigen Deputirten gingen nach Paris und hoben, durch den Schutz des Pöbels kühn gemacht, eine Einrichtung nach der andern auf, ohne zu bedenken, daß es leichter ist, einzureißen als wieder aufzubauen. Die Sitzungen wurden in einer Reitbahn gehalten, die im Garten der Tuilerien lag und die in der Geschwindigkeit mit Bänken, wie ein Amphi- theater hergerichtet war. In der Mitte hatte der Präsident seinen Sitz, zur Rechten saßen die Gemäßigten, zur Linken aber, besonders auf den höchsten Bänken (dem Berge) die heftigsten Revolutionsmänner. In Paris entstanden Klubbs oder Vereine gleichgesinnter Deputirten, die vor- her das besprachen, was sie in der Nationalversammlung durchsetzen woll- ten. In einem Jakobinerkloster versammelte sich der sogenannte Jakobiner- Klubb, der aus den gefährlichsten Wühlern bestand. Als äußeres Abzeichen trugen die Jakobiner eine rothe, lang herabhängende Mütze. Bald wim- melte ganz Frankreich von Klubbs, welche dann ihren gemeinsamen Mittel- punkt in Paris fanden. Die Zuschauer auf der Galerie, größtentheils Anhänger der Jakobiner, bezeichneten durch Zujauchzen und Händeklatschen den ungestümsten Rednern ihrer Partei lärmenden Beifall; dagegen zisch-

16. Europa (mit Ausschluß des Deutschen Reiches) - S. 141

1887 - Breslau : Hirt
27. Paris. 141 I). 3n Frankreich. 27. Paris. Paris ist eine vielgepriesene, aber auch vielgeschmähte Stadt. Während es von der einen Seite zum „Haupt und Hirn der Menschheit" erhoben wird, ist mau auf der anderen Seite der Meinung, daß es eine Stätte aller Laster, ein modernes Babel sei. Wer die Seinestadt mit ihren herrlichen monumen- talen Bauten gesehen, wer von ihren großartigen Bestrebungen und Erfolgen aus allen Gebieten des Wissens und Könnens genauere Einsicht genommen hat, mag vielleicht der ersteren Ansicht sein. Wer aber auch die abgelegenen und versteckten Quartiere aufsuchte und Gelegenheit hatte, mit den Lebensverhält- nissen der untersten Schichten bekannt zu werden, hält wohl das zweite Urteil für richtiger. Eine Mauer vou l'o m Höhe und fast 4 m Dicke umschließt als ge- waltiges Bollwerk die Seiuestadt. Im weiteren Umkreise wird die Stadt von 16 Forts umgeben. Aber uoch einen dritten Ring um dieselbe bilden 17 Forts, welche auf den das Seinethal beherrschenden Höhen errichtet sind. Durch deu Fluß wird Paris in einen größeren, schöneren und belebteren nördlichen und einen minder prächtigen südlichen Teil zerlegt. 28 Brücken stellen die Verbindung beider User her. Im Strome liegen zwei Inseln. Auf der größeren derselben nahm die Seinestadt zur Zeit der Parifier (eines keltischen Volksstammes) ihren Ansang, und noch heute wird die Cits (Altstadt) auf den Inseln von der eigent- liehen Stadt (la Ville) unterschieden. Letztere reicht bis zu deu inneren oder alten Boulevards, prächtigen, breiten, mit Bäumen bestandenen Straßen. Jenseit der Boulevards liegeu die Faubourgs oder Vorstädte. Bei dem Louvre beginnen wir. unsere Wanderung durch die Stadt. Mehrere Jahrhunderte hindurch hat es als Köuigsschloß gedieut;. heute ist es die Residenz der schönen Künste, das erste und großartigste Mufeum Frankreichs. Mit genauer Not rettete man das fchöne Gebäude vor der Zerstörung durch jene wilde Menge (Commune), die im Frühjahr 1871 eine Schreckensherrschaft ausübte. Unersetzliche Verluste hätten nicht bloß Paris, sondern die gebildete Welt betroffen, wenn das Louvre in Flammen aufgegangen wäre. Altertümer- aller Zeiten, Bildwerke und Gemälde der berühmtesten Meister find in diesen Räumen untergebracht. Der „Borghesische Fechter" und die „Venus von Milo" find der Stolz der Skulpturensammlung. Unter den Gemälden finden sich die berühmtesten Originale von Mnrillo, Rafael, Paul Verouefe ?e. Eiu

17. Vom Westfälischen Frieden bis zum Ende der Französischen Revolution - S. 113

1905 - Hamburg : Boysen
— 113 — dehntesten Gebrauch von den härtesten Strafen: Gütereinziehung, Einkerkerung, Deportation, Ersäufen und Enthaupten. Verrätern gegenüber, sagte man, ist alles erlaubt; ja verdienstlich. Der Jakobiner erklärte also seine Mordtaten für rechtsgültig und tötete zum Besten des Volkes. Er wurde grausam aus Menschenliebe. — Seit dem Jahre 1789 gründeten die Jakobiner überall in Frankreich politische Vereine, um den Gedanken von der Oberhoheit des Volkes zu verwirklichen. Mitte 1792 zählte man in Frankreich 1200 solcher Vereine, d. h. ebensoviel wie die Zahl der Städte und Flecken betrug. Nach dem Sturze des Thrones und dem Einfall der Österreicher und Preußen soll Frankreich gar 26000 solcher Vereine besessen haben, d. h. in jedem Orte einen, auch in jedem Dorfe. Einen Mittelpunkt besaßen alle die Vereine in der Gesellschaft der Verfassungsfreunde in Paris. Diese Gesellschaft war der älteste aller damals bestehenden politischen Vereine Frankreichs, da er schon am 30. April 1789 entstanden war. Kaum in Versailles angekommen, mieteten nämlich die Abgeordneten der Bretagne, die in ihren Ständeversammlungen in der Heimat die Notwendigkeit erkannt hatten, sich über ihre Abstimmung vorher zu einigen, einen Saal und begründeten in Gemeinschaft mit den Abgeordneten anderer Provinzen den genannten Verein. Bis zum 6. Oktober gehörten ihm nur Mitglieder der Volksvertretung an. Allein nach seiner Übersiedlung in die Bibliothek des Pariser Jakobinerklosters nahm er auch andere Leute auf, so daß die Anzahl der Vereinsgenossen bald mehr als 1000 betrug; darunter waren nur 2—300 Parlamentsmitglieder. Die Übersiedlung in das Jakobinerkloster war die Veranlassung, daß die Partei den Namen der Jakobiner erhielt. Die Verhandlungsgegenstände waren dieselben wie die der Nationalversammlung; in einem besonderen Saale wurden Vorträge über politische Fragen für Arbeiter gehalten. Diesen Verein, in welchem allmählich immer mehr die oben dargelegten Ansichten zur Geltung gelangten, nahm man sich in der Provinz zum Muster. Allenthalben begründete man ähnliche Vereine und entlehnte dem Pariser die Ziele, die Geschäftsordnung und den Geist. So wurde die hauptstädtische Vereinigung die Muttergesellschaft, und alle Klubs in der Provinz wurden ihre Kinder. Der Klub in Paris, der eine Zeitung herausgab, machte an der Spitze seines Blattes die Provinzvereine namhaft und unterstützte ihre Forderungen. Von da ab wußte jeder Jakobiner, selbst im entlegensten Flecken, daß er nicht nur von dem kleinen Klub, dem er angehörte, getragen und beschützt wurde, sondern auch von der großen Vereinigung, deren zahlreiche Zweige das ganze Land bedeckten. Hierfür dankbar, schenkte jeder Provinzklub dem von Paris ausgehenden Losungswort Gehorsam, und ein lebhafter Schriftenwechsel zwischen Haupt und Gliedmaßen erhielt das erzielte Einverständnis aufrecht. Das französische Jakobinertum bildete also ein gewaltiges politisches Werkzeug, eine Maschine mit vielen tausend Händen, die unter einem einzigen Antrieb alle gleichzeitig arbeiteten, und der Antrieb ging aus von Paris, von den wenigen Führern des Klubs im Jakobinerkloster. — Keineswegs bildeten jedoch die Jakobiner in Frankreich die Mehr- Stoll, Geschichtliches Lesebuch Ii. Teil

18. Geschichtliches Lesebuch - S. 113

1909 - Hamburg : Boysen
— 113 — dehntesten Gebrauch von den härtesten Strafen: Gütereinziehung, Einkerkerung, Deportation, Ersäufen und Enthaupten. Verrätern gegenüber, sagte man, ist alles erlaubt; ja verdienstlich. Der Jakobiner erklärte also seine Mordtaten für rechtsgültig und tötete zum Besten des Volkes. Er wurde grausam aus Menschenliebe. — Seit dem Jahre 1789 gründeten die Jakobiner überall in Frankreich politische Vereine, um den Gedanken von der Oberhoheit des Volkes zu verwirklichen. Mitte 1792 zählte man in Frankreich 1200 solcher Vereine, d. h. ebensoviel wie die Zahl der Städte und Flecken betrug. Nach dem Sturze des Thrones und dem Einfall der Österreicher und Preußen soll Frankreich gar 26000 solcher Vereine besessen haben, d. h. in jedem Orte einen, auch in jedem Dorfe. Einen Mittelpunkt besaßen alle die Vereine in der Gesellschaft der Verfassungsfreunde in Paris. Diese Gesellschaft war der älteste aller damals bestehenden politischen Vereine Frankreichs, da er schon am 30. April 1789 entstanden war. Kaum in Versailles angekommen, mieteten nämlich die Abgeordneten der Bretagne, die in ihren Ständeversammlungen in der Heimat die Notwendigkeit erkannt hatten, sich über ihre Abstimmung vorher zu einigen, einen Saal und begründeten in Gemeinschaft mit den Abgeordneten anderer Provinzen den genannten Verein. Bis zum 6. Oktober gehörten ihm nur Mitglieder der Volksvertretung an. Allein nach seiner Übersiedlung in die Bibliothek des Pariser Jakobinerklosters nahm er auch andere Leute auf, so daß die Anzahl der Vereinsgenossen bald mehr als 1000 betrug; darunter waren nur 2—300 Parlamentsmitglieder. Die Übersiedlung in das Jakobinerkloster war die Veranlassung, daß die Partei den Namen der Jakobiner erhielt. Die Verhandlungsgegenstände waren dieselben wie die der Nationalversammlung; in einem besonderen Saale wurden Vorträge über politische Fragen für Arbeiter gehalten. Diesen Verein, in welchem allmählich immer mehr die oben dargelegten Ansichten zur Geltung gelangten, nahm man sich in der Provinz zum Muster. Allenthalben begründete man ähnliche Vereine und entlehnte dem Pariser die Ziele, die Geschäftsordnung und den Geist. So wurde die hauptstädtische Vereinigung die Muttergesellschaft, und alle Klubs in der Provinz wurden ihre Kinder. Der Klub in Paris, der eine Zeitung herausgab, machte an der Spitze seines Blattes die Provinzvereine namhaft und unterstützte ihre Forderungen. Von da ab wußte jeder Jakobiner, selbst im entlegensten Flecken, daß er nicht nur von dem kleinen Klub, dem er angehörte, getragen und beschützt wurde, sondern auch von der großen Vereinigung, deren zahlreiche Zweige das ganze Land bedeckten. Hierfür dankbar, schenkte jeder Provinzklub dem von Paris ausgehenden Losungswort Gehorsam, und ein lebhafter Schriftenwechsel zwischen Haupt und Gliedmaßen erhielt das erzielte Einverständnis aufrecht. Das französische Jakobinertum bildete also ein gewaltiges politisches Werkzeug, eine Maschine mit vielen tausend Händen, die unter einem einzigen Antrieb alle gleichzeitig arbeiteten, und der Antrieb ging aus von Paris, von den wenigen Führern des Klubs im Jakobinerkloster. — Keineswegs bildeten jedoch die Jakobiner in Frankreich die Mehr- Stoll, Geschichtliches Lesebuch Ii. Teil

19. Allgemeine Einleitung, Portugal, Spanien, Frankreich, Britisches Reich, Holland, Belgien, Schweiz - S. 476

1868 - Braunschweig : Schwetschke
476 A. Europa. cultäten in derselben Stadt hat. Der Facultäten sind in Frankreich 5: Théologie, Droit, Médecine, Inscriptions et Belles-Lettres (Philosophie, Geschichte, Geographie, Philologie), 8ciences (Mathematik und Naturwissen- schaften). Universität heisst in Frankreich die Vereinigung sämmtlicher vom Staate abhängigen Unterrichtsanstalten, und kommt dieser Naine vorzugs- weise bei der Beaufsichtigung und Verwaltung gur Anwendung. Außerdem giebt es noch viele Specialschulen, wie die École des mines für den ganzen Umfang der Bergwerkswissenschaften; die Ecole polytechnique für Ingenieure u. s. w.; das Conservatoire des arts et métiers, wobei technologische Vorlesungen gehalten werden. Napoleon I. führte diese Form ein, gab aber allen Lyceen (Gymnasien) und Schulen eine so ausschließlich militärische Einrichtung, daß man später davon abgehen mußte. Jetzt ist Frankreich in so viel Académies getheilt, als es Appellationsgerichte giebt, und an der Spitze jeder Akademie steht ein Rector als oberster Be- amter fiir das gesammte höhere und niedere Uuterrichtswesen seines Sprengels. Es ist überhaupt ein großes Unglück für Frankreich, daß bei- nahe Alles, was es an bedeutenden Gelehrten und Schriftstellern besitzt, alle wissenschaftlichen Institute, alle Sammlungen, alle. Bibliotheken, alle Mittel zu einer höheren Bildung fast ausschließlich in Paris versammelt sind; vergebens sucht man außerhalb Paris, selbst in bedeutenden Städten mit seltenen Ausnahmen, Gelehrte oder wissenschaftliche Einrichtungen; Alles drängt sich nach Paris. Nicht bloß ftemde Länder haben sich über die Raubsucht der Franzosen zu beklagen gehabt, Frankreich ist im eigent- lichsten Verstände an Schätzen der Kunst und Wissenschaft, an Gemälden, Statuen, Manuscripten, Büchern, nur irgend beweglichen Alterthümern fast ausgeplündert und Alles in Paris angehäuft. Kein Wunder, wenn dies den Fremden durch seinen Reichthum und seinen Glanz blendet; die traurige Unwissenheit und wissenschaftliche Dürftigkeit, die dafür fast im ganzen übrigen Reiche herrscht, fällt aber dagegen uns um so mehr auf, so daß es einzelne Departements giebt, in welchen die zum Militär einberufenen Recruten oder die zur Trauung schreitenden Brautpaare fast zur Hälfte des Lesens und Schreibens noch unkundig sind. Dies geht so weit, daß Wer- ks nur irgend vermag, seine Kinder zur Erziehung nach Paris sendet. Ebenso ist auch der Buchhandel fast einzig auf Paris beschränkt: alle Buch- händler in den Provinzen sind fast ohne Ausnahme nur Krämer, welche die von Paris erhaltene Waare, hauptsächlich billige Romanliteratur, ver- einzeln. Natürlich zieht dieser Zustand der Dinge auch alle Künstler, alle feineren Handwerker, vorzüglich alle diejenigen nach der Hauptstadt, welche Gegenstände des Luxus und der Mode verfertigen, so daß man, im nördlichen Frankreich wenigstens, alle diese Dinge, auch in der größten Entfernung, aus Paris kommen läßt. Von großer Bedeutung ist die jährliche Ver- sendung von Luxusartikeln, als Juwelierarbeiten, Uhren, Bronzeverzierungen, Handschuhen, musikalischen Instrumenten, künstlichen Blumen und Putzsachen aller Art, was man hier Articles de Baris nennt. Von Paris gehen Eisenbahnen nach allen Hanptrichtungen, nach Ver- sailles (2), nach Brest, nach Havre, nach Renues, nach Calais, nach Brüssel, nach Straßburg, nach Marseille, nach Bordeaux, zur spanischen Grenze und viele Dampfschiffe befahren die Seine.

20. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 354

1888 - Kreuznach [u.a.] : Voigtländer
— 354 — Volkswünsche zu erwarten stand. Einen Augenblick scheint durch diese Maßregel das Revolutionsfeuer gedämpft. Die Waffen ruhen: wie an einem Freudentage werden abends viele Häuser der Stadt festlich beleuchtet. Da fällt vor der Wohnung eines der entlassenen Minister aus einem Menschenhaufen, der sich dort lärmend und tobend umhertreibt, plötzlich ein Schuß: die wachestehenden Soldaten halten sich für angegriffen und geben eine volle Salve auf den dichtgedrängten Haufen. Gegen fünfzig Menschen stürzen tot oder verwundet zu Boden. Sofort schreit die Menge außer sich vor Wut: „Mord! Verrat! Zu den Waffen!" Die blutenden Leichen werden auf Karren geladen und durch die Straßen gefahren, um durch den gräßlichen Anblick das Volk aufzuwiegeln. Überall entstehen neue Barrikaden, die Trommeln wirbeln, die Sturmglocken heulen; aus den Fenstern, von den Dächern, von den Barrikaden herab werden die königlichen Truppen beschossen. 2. Frankreich eine Republik. — Endlich, am 24. Februar, dem dritten Tage des Aufstandes, legte der König zugunsten seines Enkels, des neunjährigen Grafen von Paris, die Krone nieder; des Knaben Mutter, die edle Herzogin von Orleans, eine deutsche Fürstentochter, sollte die vormundschaftliche Regierung führen. Ihre beiden Söhne, den Grafen von Paris und dessen jüngeren Bruder an der Hand, begab sich die Herzogin in den Saal der Volksvertreter, um deren Zustimmung zu dem Regierungswechsel einzuholen. Aber bewaffnete Volkshaufen drangen ihr nach in den Sitzungssaal und schrieen unaufhörlich: „Es ist zu spät; nieder mit dem ganzen Königshause; es lebe die Republik!" Ein furchtbares Getümmel erhob sich; die Herzogin mit ihren Kindern geriet iu Lebensgefahr; kaum gelang ihre Rettung. Schon war der alte König mit seiner Gemahlin aus Paris geflohen, und das wilderregte Volk stürmte in das Schloß, warf den königlichen Thron zum Fenster hinaus und verbrannte ihn. Mit der Königsherrschaft war es vorbei. Ludwig Philipp und seine ganze Familie mußte in die Verbannung wandern, Frankreich wurde als Republik erklärt und aus einer Anzahl bekannter Männer eine einstweilige Regierung gebildet. Darauf wählte das französische Volk