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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 195

1913 - Leipzig : Hahn
195 fährt der Kleine endlich aus seinem Nachdenken auf, sieht mich groß an und fragt mit gezogenem Tone: „Wollen Sie hier im Hause jemand sprechen?" Verdrießlich, daß ein solches Männchen es wage, mich ohne weitere Umstände anzureden, entgegnete ich in ziemlich hochtrabender Weise: „Ich habe ein Geschäft mit dem Hause Mohrfeld." Der Kurze lächelte einen Augenblick und sagte dann ziemlich ernst: „Ich bin Mohrfeld." Wie? Und von diesem Manne, der seine Fische selbst einkaufte und in einem abgeschabten Oberrocke einherging, sollte mir Hilfe kommen? — Aber es war der einzige Hoffnungsanker, nach dem ich greifen konnte; ich riß also blitzschnell den Hut herunter und sagte mit so einnehmendem Wesen, als es mir möglich war: „Verzeihen Sie! — Ich hatte bis jetzt nicht die Ehre — ich habe", hier zog ich die Brieftasche — „ein Schreiben zu überreichen." Herr Mohrseld unterbrach mich: „Jetzt nicht; nachher werde ich Sie sprechen im Kontor, Sie müssen aber etwas warten. Kommen Sie!" — Er trat in das Haus und ich hinter ihm drein. Auf der Vordiele war ein reges Leben, zwei große Wagschalen hingen von der Decke herab, mehrere Quartiersleute schleppten Kaffeesäcke heran, die sämtlich gewogen wurden, ein Kommis stand mit einer Schreibtafel dabei. Herr Mohrfeld sah eine Weile schweigend zu und wollte weiter gehen, als einer der Leute seinen Sack etwas unsanft zu Boden warf, sodaß dieser platzte und die Bohnen weit umherflogen. „Was ist das für eine liederliche Wirtschaft!" fuhr der Herr grimmig auf; dann aber bückte er sich und half emsig die zerstreuten Bohnen aufsammeln, wobei er in Zwischenräumen folgendes sprach: „Sammelt mir hübsch alles auf, und steckt es wieder in den Sack hinein — dann soll die schadhafte Stelle ausgebessert werden. — Sic, Herr Möller," — hierbei sah er den Kommis an — „werden den Sack besonders nachwiegen lassen, und wenn etwas an dem Gewicht fehlt, be- rechnen Sie's und schreiben Sie es dem unvorsichtigen Menschen zur Last, es soll ihm am Wochenlohne abgezogen werden." „Das ist doch hart," meinte jener, „so ein paar Bohnen —" „Paar Bohnen?" entgegnete der Kaufmann, „wer das Kleine nicht ehrt, ist des Großen nicht wert; aus achtundvierzig Schillingen besteht ein Taler, und zu einem guten Weinjahre gehören viele warme Tage. Also nicht der Mühe wert? Unachtsamkeit ist ein großer Fehler und der Ruin eines ordentlichen Geschäftes. Herr Möller, sobald der Mann noch eine einzige, auch die kleinste Unachtsamkeit begeht, lohnen Sie ihn auf der Stelle ab, ich mache Sie verantwortlich!" „Großer Gott," dachte ich, „um einer Hand voll Kaffeebohnen willen einen Mann außer Brot setzen, wie hart, wie grausam! Wie wird es mir ergehen!" Ein junger Mensch, mit der größten Eleganz gekleidet, kam aus dem Kontor, verneigte sich vor Herrn Mohrfeld und wollte zur Tür hinaus, aber auf einen Wink seines Prinzipals stand er still. „Wie sehen Sie denn aus?" ftagte der Kaufmann unwillig, „ist 13*

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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 195

1906 - Leipzig : Hahn
195 - fährt der Kleine endlich aus seinem Nachdenken auf, sieht mich groß an und fragt mit gezogenem Tone: „Wollen Sie hier im Hause jemand sprechen?" Verdrießlich, daß ein solches Männchen es wage, mich ohne weitere Umstände anzureden, entgegnete ich in ziemlich hochtrabender Weise: „Ich habe ein Geschäft mit dem Hause Mohrfeld." Der Kurze lächelte einen Augenblick und sagte dann ziemlich ernst: „Ich bin Mohrfeld." Wie? Und von diesem Manne, der seine Fische selbst einkaufte und m einem abgeschabten Oberrocke einherging, sollte mir Hilfe kommen? — Aber es war der einzige Hoffnungsanker, nach dem ich greifen konnte; ich riß also blitzschnell den Hut herunter und sagte mit so einnehmendem Wesen, als es mir möglich war: „Verzeihen Sie I — Ich hatte bis jetzt nicht die Ehre — ich habe," hier zog ich die Brieftasche — „ein Schreiben zu überreichen." Herr Mohrfeld unterbrach mich: „Jetzt nicht; nachher werde ich Sie sprechen im Contor, Sie müsien aber etwas warten. Kommen Sie!" — Er trat in das Haus und ich hinter ihm drein. Auf der Vordiele war ein reges Leben, zwei große Wagschalen hingen von der Decke herab, mehrere Quarüersleute schleppten Kaffeesäcke heran, die sämtlich gewogen wurden, ein Kommis stand mit einer Schreibtafel dabei. Herr Mohrfeld sah eine Weile schweigend zu und wollte weiter gehen, als einer der Leute seinen Sack etwas unsanft zu Boden warf, so daß dieser platzte und die Bohnen wett umher flogen. „Was ist das für eine liederliche Wirtschaft!" fuhr der Herr grimmig auf; dann aber bückte er sich und half emsig die zerstteuten Bohnen auffammeln, wobei er in Zwischenräumen folgendes sprach: „Sammett mir hübsch alles auf, und steckt es wieder in den Sack hinein — dann soll die schadhafte Stelle ausgebessert werden. — Sie, Herr Möller," hierbei sah er den Kommis an — „werden den Sack be- sonders nachwiegen lasten, und wenn etwas an dem Gewicht fehlt, be- rechnen Sie's und schreiben Sie es dem unvorfichttgen Menschen zur Last, es soll ihm am Wochenlohne abgezogen werden." „Das ist doch hart," meinte jener, „so ein paar Bohnen —" „Paar Bohnen?" entgegnete der Kaufmann, „wer das Kleine nichr ehrt, ist des Großen nicht wert; aus achtundvierzig Schillingen besteht ein Taler, und zu einem guten Weinjahre gehören viele warme Tage. Also nicht der Mühe wert? Unachtsamkett ist ein großer Fehler und der Ruin eines ordentlichen Geschäftes. Herr Möller, sobald der Mann noch eine einzige, auch die kleinste Unachtsamkeit begeht, lohnen Sie ihn auf der Stelle ab, ich mache Sie verantwortlich!" „Großer Gott," dachte ich, „um einer Hand voll Kaffeebohnen willen einen Mann außer Brot setzen, wie hart, wie grausam! Wie wttd es mtt ergehen!" Ein junger Mensch, mtt der größten Eleganz gekleidet, kam aus dem Contor, verneigte sich vor Herrn Mohrfeld und wollte zur Tür hinaus, aber auf einen Wink seines Prinzipals stand er füll. „Wie sehen Sie denn aus?" ftagte der Kaufmann unwillig, „ist 13'

2. Für mittlere Klassen - S. 114

1868 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
114 Sie!" — Er trat in das Haus, und ich hinter ihm drein. Auf der großen Vordiele war ein reges Leben, zwei große Wagschalen hingen von der Decke herab, mehrere Arbeitsleute schleppten Kaffeesäcke heran, die sämtlich gewogen wurden, ein Commis stand mit seiner Schreibtafel dabei. Herr Mohrfeld sah eine Weile schweigend zu und wollte weiter gehen, als einer der Leute seinen Sack etwas unsanft zu Boden warf, so daß dieser platzte mid die Bohnen weit umherflogen. „Was ist das für eine lüderliche Wirthschaft!" fuhr der Herr grimmig auf, dann aber bückte er sich und half eiiisig die zerstreuten Bohneii aufsammeln, wobei er in Zwischenräumen Folgendes sprach: „Sammelt mir hübsch Alles auf, und steckt es wieder in' den Sack hinein — dann soll die schadhafte Stelle ausgebessert werden. — Sie, Herr Möller," — hierbei sah er deii Couimis an, — „werden den Sack besonders nachwiegen lassen, und wenn etwas an dem Gewichte fehlt, berechnen Sie's und schreiben Sie es dem unvorsichtigen Menschen zur Last, es soll ihm am Wochen- lohn abgezogen werden." „Das' ist doch hart," meinte jener, „so ein paar Bohnen." — „Paar Bohnen?" entgegnete der Kaufmann, „wer das Kleiite nicht ehrt, ist des Großen nicht werth; aus acht und vierzig Schillingen besteht ein Thaler, und zu einem guten Weinjahr gehören viele warme Tage. Also nickt der Mühe werth? Unachtsamkeit ist ein großer Fehler und der Ruin eines ordentlichen Geschäfts. Herr Möller, sobald der Mann noch eine einzige, wenn auch die kleinste Unachtsamkeit begeht, lohnen Sie ihn auf der Steile ab, ich mache Sie verantwortlich." „Großer Gott!" dachte ich, „um eine Hand voll Kaffeebohnen will er einen Mann außer Brot setzen, wie hart, wie grausam! Wie wird es mir ergehen!" Ein junger Mensch, mit der größten Eleganz gekleidet, kam aus dem Comptoir, verneigte sich vor Herrn Mohrfeld und wollte zur Thür hinaus, aber auf einen Wink seines Prinzipals stand er still. „Wie sehen Sie denn aus?" fragte der Kaufmann unwillig, „ist etwa aus meinem Comptoir heute Ball? und wo waren Sie gestern Abend? Wenn ich nicht irre, courbettirten Sie auf einem Schimmel zum Dammthore hinaus und hatten nicht Zeit auf Ihren Prinzipal zu achten, der zu Fuß nebenher ging." — „Ich bitte tausendmal um Entschuldigung!" entgegnete der junge Mann blutroth, „ich----------" „Schon gut!" unterbrach ihn Mohrfeld, „ich habe nichts damit zu schaffen, was meine Leute außer den Comptoirstunden ansangen, sobald ste ihre Geschäfte sonst pünktlich besorgen. Aber mit Ihnen ist das ein Anderes. Sie haben eine arme Mutter, die am Nothwendigsten Man- gel leidet, drei unerzogene Brüder, von denen mir gestern zwei barfuß begegnet sind, und das zu einer Tageszeit, wo Kinder in der Schule sein müssen. Es würde Ihnen mehr Ehre machen, wenn Sie darnach trach- teten, für Ihre Brüder zu sorgen, anstatt sich nach dem Modejournal zu kleiden und auf einem Schimmel zu stallmeistern. Gehen Sie an Ihre Geschäfte!" Der junge Mann war wie mit Purpur übergössen, er zog sich Anfangs langsam, dann aber immer rascher zurück und war endlich wie ein Blitz zur' Thür hinaus. Der Kaufmann schritt vollends die Diele entlang und trat in sein Comptoir. Ich folgte.

3. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 198

1913 - Leipzig : Hahn
198 fragte der Kaufmann. „Mit dem letzten Holzankaufe war ich wohl zu- frieden. Sie haben Ihre Courtage (Maklergebühr) mit Ehren verdient. Wenn Sie mich wieder so bedienen können, bin ich bereit, ein ähnliches Quantum zu kaufen wie vor vier Wochen, vielleicht auch mehr — meine Schiffe müssen zu tun haben, es liegen schon wieder drei müßig. Sobald der neue Vorrat da ist, melden Sie mir ihn an, adieu! Ich bitte um Verzeihung, mein Herr (dies galt nämlich mir), daß ich Sie solange habe warten lassen, aber die lausenden Geschäfte gehen vor? —- Guten Tag, Lotse! Schon wieder da? Ist meine .Hoffnung' glücklich in See gegangen?" „Alles nach Wunsch, Herr Mohrfeld!" erwiderte der Angeredete, rin robuster Elblotse, „das Schiff ist ein Schnellsegler und fürchtet eine frische Brise nicht. Hier ist der Brief des Kapitäns. Aber ich muß heute noch wo anders an Bord; kann ich vielleicht mein Lotsengeld gleich mit- nehmen?" „Versteht sich, Lotse, und für die rasche, glückliche Fahrt noch zehn Taler obendrein. Geh' Er nur zu meinem Kassierer, der wird ihm alles geben!" Der Lotse zog sich zurück und machte einem Manne Platz, der hart an die Barriere trat. „Herr Mohrfeld," begann er ohne weitere Um- stände, „Ihre .Fortuna' ist ganz fertig und kann jeden Augenblick vom Stapel gelassen werden; ich wollte fragen, welche Zeit Sie dazu bestimmen." „Montag morgen, Herr Reich!" entgegnete der Kaufmann äußerst freundlich. „Ich bin recht zufrieden mit Ihnen, Sie haben mich prompt und gut bedient. Nun, jungen Anfängern soll man forthelfen, ich werde bei Ihnen den Kiel zu einer neuen Fregatte legen lassen, versuchen Sie sich einmal daran. Ich ging gestern an Ihrer Werft vorbei, es geht da recht arbeitslustig und ordentlich zu; fahren Sie fort. Also wie gesagt, Montag morgen! Adieu! — Wer ist Sie?" Mit dieser Frage wandte er sich an eine ärmlich gekleidete Frau, die mit rotgeweinten Augen und abgehärmten Wangen da stand. Auf die fast barsche Anrede des Herrn fuhr sie ängstlich auf und sagte mit zitternder Stimme: „Ich bin die Bodmer, deren Mann das Unglück gehabt hat, auf dem Speicher auszugleiten und das Bein zu brechen." „Schlimm, sehr schlimm! — Der Bodmer tut mir leid, er war ein ordentlicher Mann, der stets seine Schuldigkeit tat. Mein Doktor ist doch gekommen? Was sagte er?" „Er hat die beste Hoffnung, meinen Mann am Leben zu erhalten, aber langweilig wird es werden, und wer weiß, ob der arme Mann je wieder zur Arbeit tüchtig wird. Was sollen wir armen Leute dann mit uns und unsern fünf unmündigen Kindern anfangen?" „Auf den Mann vertrauen, in dessen Dienste Euch dies Unglück be- troffen hat", entgegnete Mohrfeld gutmütig. „Was der Kranke an Wein und kräftigen Lebensmitteln bedürfen wird, soll aus meiner Küche hin- besorgt werden; den Wochenlohn hol' Sie regelmäßig Sonnabends ab. Nun gehe Sie nach Hause und grüße Sie ihren Mann von mir, ich will ihn auch nächstens besuchen."

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 198

1906 - Leipzig : Hahn
198 fragte der Kaufmann. „Mt dem letzten Holzankause war ich wohl zu- frieden. Sie haben Ihre Courtage (Maklergebühr) mü Ehren verdient. Wenn Sie mich wieder so bedienen können, bin ich bereü, ein ähnliches Quantum zu kaufen wie vor vier Wochen, vielleicht auch mehr — meine Schiffe müssen zu tun haben, es liegen schon wieder drei müßig. Sobald der neue Vorrat da ist, melden Sie mir ihn an, adieu l Ich bitte um Verzeihung, mein Herr (dies galt nämlich mir), daß ich Sie so lange habe warten lassen, aber die laufenden Geschäfte gehen vor! — Guten Tag, Lotse! Schon wieder da? Ist meine „Hoffnung" glücklich in See gegangen?" „Alles nach Wunsch, Herr Mohrfeld!" erwiderte der Angeredete, ein robuster Elblotse, „das Schiff ist ein Schnellsegler und fürchtet eine frische Brise nicht. Hier ist der Brief des Kapitäns. Aber ich muß heute noch wo anders an Bord; kann ich vielleicht mein Lotsengeld gleich mit- nehmen ?" „Versteht sich, Lotse, und für die rasche, glückliche Fahrt noch zehn Taler obendrein. Geh' Er nur zu meinem Kassierer, der wird ihm alles geben!" Der Lotse zog sich zurück und machte einem Manne Platz, der hart an die Barriere trat. „Herr Mohrfeld," begann er ohne weitere Um- stände, „Ihre „Fortuna" ist ganz fertig und kann jeden Augenblick vom Stapel gelassen werden; ich wollte ftagen, welche Zeit Sie dazu be- stimmen." „Montag morgen, Herr Reich!" entgegnete der Kaufmann äußerst fteundlich. „Ich bin recht zufrieden mü Ihnen, Sie haben mich prompt und gut bedient. Nun, jungen Anfängern soll man forthelfen, ich werde bei Ihnen den Kiel zu einer neuen Fregatte legen lassen, versuchen Sie sich einmal daran. Ich ging gestern an Ihrer Werft vorbei, es geht da recht arbeitslustig und ordentlich zu; fahren Sie fort. Also wie gesagt, Montag morgen; Adieu! — Wer ist Sie?" Mü dieser Frage wandte er sich an eine ärmlich gekleidete Frau, die mü rotgeweinten Augen und abgehärmten Wangen da stand. Auf die fast barsche Anrede des Herrn fuhr sie ängstlich auf und sagte mü zitternder Sttmme: „Ich bin die Bodmer, deren Mann das Unglück gehabt hat, auf dem Speicher auszugleüen und das Bein zu brechen." „Schlimm, sehr schlimm! — Der Bodmer tut mü leid, er war ein ordentlicher Mann, der stets seine Schuldigkeü tat. Mein Doktor fft doch gekommen? Was sagte er?" „Er hat die beste Hoffnung, meinen Mann am Leben zu erhallen, aber langwellig wüd es werden, und wer weiß, ob der arme Mann je wieder zur Arbeit tüchttg wüd. Was sollen wü armen Leute dann mü uns und unsern fünf unmündigen Kindern anfangen?" „Auf den Mann vertrauen, in besten Dienste Euch dies Unglück be- üoffeu hat," entgegnete Mohrfeld gutmüttg. „Was der Kranke an Wein und kräftigen Lebensmitteln bedürfen wüd, soll aus meiner Küche hin- besorgt werden; den Wochenlohu hol' Sie regelmäßig Sonnabends ab. Nun gehe Sie nach Hause und grüße Sie ihren Manu von mü, ich will ihn auch nächstens besuchen."

5. Für mittlere Klassen - S. 116

1868 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
116 einen wunderlichen, phrasenhaften Stil und brauchen mitunter drei Zei- len, wo drei Worte ausreichen. Unterlassen Sie das! Dergleichen Wortprunk ist überall eine Narrheit, bei einem Kaufmann ist er es doppelt; aber das kommt von den unsinnigen Romanen und Almanachen, die Sie unaufhörlich lesen, und die Sie noch für jede solide Beschäftigung unfä- hig machen werden. Ich habe Sie gewarnt, sein Sie auf Ihrer Hut." Das waren glänzende Aussichten! Welche Aufnahme konnte ein Romanschreiber von einem Manne erwarten, der solche Ansichten hegte? Zum Ueberfluß wandte sich noch Herr Mohrfeld in diesem Augenblick zu mir und sagte ziemlich kurz: „Nun, mein Herr, an unser Geschäft!" „Zu Befehl!" stotterte ich und überreichte ihm meinen Brief; aber noch hatte er denselben nicht eröffnet, als wir durch einen Dritten unter- brochen wurden. „Sieh da! guten Morgen, Herr Capitain Heysen!" rief der Kauf- mann lebhaft. „Sie kommen wahrscheinlich, um Abschied zu nehmen? Reisen Sie glücklich und bringen Sie sich und Ihre Mannschaft gesund zurück, geben Sie mir aus Schiff und Ladung wohl Acht, und machen Sie mir keine Havarie. 4 * — Ihrer Frau sagen Sie, daß sie sich in vorkommenden Fällen nur dreist an mich wenden soll. — Wenn Sie einigermaßen gute Gelegenheit haben und sie geschickt zu benutzen ver- stehen, sind Sie ch^or Weihnachten wieder hier. — Nun, Adieu, Capitain, Sie haben" — hier warf er einen Seitenblick auf den Kalender — „feine Zeit zu verlieren, es ist hoch Wasser, das Schiff lös't die Taue, und ich habe es nicht gerne, wenn meine Capitaine sich bis zum Blankeneser Sande oder gar bis zur Lühe nachsetzen lassen. — Glückliche Reise!" Der Capitain beurlaubte sich, und ein anderer Mann nahm seinen Platz ein. „Guten Morgen, Herr Flügge! Was bringen Sie mir?" fragte der Kaufmann. „Mit dem letzten Holzankauf war ich wohl zufrieden. Sie haben ihre Courtage 6 mit Ehren verdient. Wenn Sie mich wieder so bedienen können, bin ich bereit, ein ähnliches Quan- tum zu kaufen, wie vor vier Wochen, wohl auch mehr! — meine Schiffe müssen zu thun haben, es liegen schon wieder drei müßig. Sobald der neue Vorrath da ist, melden Sie mir ihn an. Adieu!" „Ich bitte um Verzeihung, mein Herr!" (dies galt nämlich mir) „daß ich Sie so lange warten lasse, aber die laufenden Geschäfte gehen vor. — Guten Tag, Lootse! Schon wieder da? Ist meine Hoffnung glücklich in See gegangen?" „Alles nach Wunsch, Herr Mohrfeld!" erwiderte der Angeredete, ein robuster Elblootse, „das Schiff ist ein Schnellsegler und fürchtet eine frische Breeze b nicht. Hier ist der Brief des Capitains, aber ich muß heute noch wo anders an Bord; kann ich vielleicht mein Lootsengeld gleich mitnehmen?" „Versteht sich, Lootse, und für die rasche, glückliche Fahrt noch 10 Thaler obendrein. Gehe Er nur zu meinem Kassirer, der wird Ihm Alles geben." — Der Lootse zog sich zurück und machte einem Manne Platz, der hart an die Barriere trat. „Herr Mohrfeld," begann er ohne weitere 4) Havarie, Havarei (Avarie) ist der kaufmännische Ausdruck für Ver- luste, welche ein Schiff und dessen Ladung auf der See betreffen. — 5) d. i. Maklergebühr. — 6) Breeze (Briese), Schifferausdruck für Seewind.

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 197

1906 - Leipzig : Hahn
197 Streusand in acht, es ist ein widerlicher Anblick, wenn er so umherliegt wie auf Ihrem Pulte." Herr Mohrfeld war an seinen Platz gekommen, den eine Barriere von dem Saale schied, er deutete mit der Hand auf mich und auf einen Stuhl und wendete darauf seine Aufmerksamkeit einer Menge von Briefen zu, die seiner Ankunft harrten. Eine tiefe Stille herrschte, die nur durch das eintönige Gekritzel der Federn unterbrochen wurde, kein lautes Wort ward vernommen, und selten hörte man hier und da ein unterdrücktes Zischeln. Von mir nahm kein Mensch Nottz, keine Frage ward an mich gerichtet, ja nicht einmal ein neugieriges Auge ruhte auf mir. Der Kaufmann hatte die Durchsicht der Briefe beendet, er rief mehrere junge Männer herbei und beauftragte sie mit Beantwortung derselben. „Um 1 Uhr muß alles zur Unterschrift fertig sein! — Sie, Herr Becker, müssen sich vorsehen, damit Sie in den ftanzösischen Briefen nicht wieder wie neulich Fehler einschleichen lassen. Sie arbeiten zu schnell, zu flüchtig; nehmen Sie Herrn Horst zum Muster, seine englische Korrespondenz ist eine Musterkorrespondenz. Übrigens merke ich bei Ihnen seit kurzem eine Neuerung, die nichts taugt. Sie schreiben einen wunderlichen, phrasen- haften Stil und brauchen mitunter drei Zeilen, wo drei Worte ausreichen. Unterlassen Sie das! Dergleichen Wortprunk ist überall eine Narrheit, bei einem Kaufmann ist er es doppelt; aber das kommt von den un- sinnigen neuen Romanen und Almanachen, die Sie unaufhörlich lesen, die Sie noch für jede solide Beschäftigung unfähig machen werden. Ich habe Sie gewarnt, seien Sie auf Ihrer Hut!" Das waren glänzende Aussichten! Welche Aufnahme konnte ein Romanschreiber von einem Manne erwarten, der solche Ansichten hegte? Zum Überfluß wandte sich noch Herr Mohrfeld in diesem Augenblicke zu mir und sagte ziemlich kurz: „Nun, mein Herr, an unser Geschäft!" „Zu Befehl!" stotterte ich und überreichte ihm meinen Brief; aber noch hatte er denselben nicht geöffnet, als wir durch einen dritten unter- brochen wurden. „Sieh da! Guten Morgen, Herr Kapitän Heysen!" rief der Kaufmann lebhaft. „Sie kommen wahrscheinlich, um Abschied zu nehmen? Reisen Sie glücklich, und bringen Sie sich und Ihre Mannschaft gesund zurück, geben Sie mir auf Schiff und Ladung wohl acht, und machen Sie mir keine Havarie (Seeschaden)! — Ihrer Frau sagen Sie, daß sie sich in vorkommenden Fällen nur dreist an mich wenden soll. — Wenn Sie eine einigermaßen gute Gelegenheit haben und sie geschickt zu benutzen verstehen, sind Sie vor Weihnachten wieder hier. — Nun, adieu, Kapitän, Sie haben" — hier warf er einen Seitenblick auf den Kalender — „keine Zeit zu verlieren, es ist hoch Wasser; das Schiff löst die Taue, und ich habe es nicht gern, wenn meine Kapitäne sich zum Blankeneser Sande oder gar bis zur Lühe nachsetzen lassen. — Glückliche Reise I" Der Kapitän beurlaubte sich, und ein anderer Mann nahm seinen Platz ein. „Guten Morgen, Herr Flügge! Was bringen Sie mir?

7. Für mittlere Klassen - S. 117

1868 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
117 Umstände, „Ihre Fortuna ist ganz fertig und kann jeden Augenblick von Stapel gelassen werden, ich wollte fragen, welche Zeit Sie dazu bestimmen?" — „Montag Morgen, Herr Reich!" entgegnete der Kaufmann äußerst freundlich. „Ich bin recht zufrieden mit Ihnen, Sie haben mich prompt und gut bedient. Nun, jungen Anfängern soll man forthelfen, ich werde bei Ihnen den Kiel zu einer neuen Fregatte legen lassen, versuchen Sie sich einmal daran. Ich ging gestern an Ihrer Werft vorbei, es geht da recht arbeitslustig und ordentlich zu; fahren Sie so fort. Also, wie gesagt, Montag Morgen! Adieu! — Wer ist Sie?" Mit dieser Frage wendete er sich an eine ärmlich gekleidete Frau, die mit rothgeweinten Augen und abgehärmten Wangen dastand. Auf die fast barsche Anrede des Herrn fuhr sie ängstlich auf und sagte mit zit- ternder Stimme: „Ich bin die Bodmer, deren Mann das Unglück gehabt hat, auf dem Speicher auszugleiten und das Bein zu brechen." „Schlimm, sehr schlimm, der Bodmer thut mir leid, er war ein ordentlicher Mann, der stets seine Schuldigkeit that; mein Doctor ist doch gekommen? — Was sagt er?" „Er hat die beste Hoffnung, meinen Mann am Leben zu erhalten; aber langweilig wird es werdew, und wer weiß, ob der arme Mann je wieder zur Arbeit tüchtig wird. Was sollen wir armen Leute dann mit uns und unsern fünf unmündi- gen Kindern anfangen?" „Auf den Mann vertrauen, in dessen Dienst Euch dies Unglück betroffen hat," entgegnete Mohrfeld gutmüthig. „Was der Kranke an Wein und kräftigen Lebensmitteln bedürfen wird, soll aus meiner Küche hinbesorgt werden, das Wochenlohn hol' Sie regelmäßig Sonnabends ab. Nun gehe Sie zu Hause, und grüße Sie ihren Mann von mir, ich will ihn nächstens besuchen." Die Frau schied mit stummen Thränen des Dankes, und der Kaufmann überflog jetzt den ihm von mir überreichten Brief. Ich ver- ließ meinen Stuhl und nahm die gehörige Positur an. „Ihr Brief trägt ein sehr altes Datum," redete er mich plötzlich an, „ich habe schon längst gewußt, daß dies Schreiben unterwegs war. Ihre beschränkte Zeit hat vermuthlich einen frühern Besuch verhindert?" Ich stotterte eine Entschuldigung hervor, daß ich es nämlich nicht gewagt, einen so thätigen Geschäftsmann zu stören, und daß ich auch jetzt nur im höchsten Nothfall------- Er ließ mich jetzt nicht ausreden. „Sie sind mir übrigens sehr dringend empfohlen. Wenn ich etwas für Sie thun kann, so sprechen Sie frei; Fremde haben oft dies oder jenes Anliegen." Jetzt war es Zeit von der tiefen Ebbe meiner Börse zu reden, aber — o der falschen Scham! — die Worte wollten mir nicht über die Zunge. „Also nicht?" fuhr jener fort, „nun, ein ander Mal. Kommen Sie doch Sonntag auf meinen Garten vor dem Dammthore, und essen Sie einen Löffel Suppe mit mir. Der Geschäftsmann ist an den Wochen- tagen mit seiner Zeit sehr beschränkt und kann der bloßen Unterhaltung nur wenig Zeit widmen." Da hatte ich meine Abfertigung! Und doch konnte ich nicht ohne Geld fort; denn ich saß völlig auf dein Trocknen und mußte reisen. In diesem Augenblick war ein Commis mein Retter, der sich zwischen mich

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 194

1906 - Leipzig : Hahn
194 w zum nächsten Stockwerk in einen ungeheuren Saal, von dessen Decke Hunderte von Treibriemen sausend ebensoviel Webstühle in Bewegung setzen. Das überwältigende Geklapper und Ge- rassel, das blitzschnelle Auf- und Niederschlagen der Ketten, das unaufhörliche Hin- und Herschießen der Schiffchen bilden ein Durcheinander, das jeder Beschreibung spottet. Vor jedem Webstuhl steht, gespannt aufpassend und zugreifend, sobald es nötig ist, ein Arbeiter oder eine Arbeiterin; sie sehen bleich und müde aus, als ob die feuchte Staubatmosphäre und der nerven- erschütternde Lärm ihnen alle Frische genommen hätten. Nur einen Blick noch werfen wir auf die so verschiedenen hier ge- fertigten Gewebe und atmen erst wieder freier auf, nachdem wir die Mauern des Fabrikgebäudes hinter uns haben. Nun haben wir die wichtigsten Teile des Spinnereiverfahrens kennen gelernt; doch unser Führer ruht nicht, bis er uns auch das Appreturverfahren, das Sengen und Bleichen, das Strecken und Kalandern (Glätten) gezeigt hat, das in den Nebengebäuden aus- geführt wird. Jetzt erst fahren wir, nicht ohne uns zuvor von dem Baumwollenschnee gründlich gereinigt und dem Fabrikleiter unsern Dank ausgesprochen zu haben, wieder nach Manchester, dessen rauchgeschwärzten Mauern wir am nächsten Morgen um so lieber den Rücken kehren, als uns ein Aufenthalt in ländlicher Behaglichkeit winkt. opiu, Der Wer trieb 6er Waren. Fern auf der Reede ruft der Pilot, es warten die Flotten, die in der Fremdlinge kand tragen den Heimischen Fleiß; andere zieh'n frohlockend dort ein mit den Gaben der Ferne, hoch von dem ragenden Mast wehet der festliche Kranz. Schill«. 86. Ein Morgen aus einem großen Hamburger Contor. Ein junger Schriftsteller ist, weil ihm das Geld ausgegangen, außer stände, seine Reise, so dringlich sie auch ist, von Hamburg aus weiter fortzusetzen. Glück- licherweise besinnt er sich noch auf einen Empfehlungsbrief an ein großes Handels- haus, Mohrfeld in Hamburg, den er aus Unachtsamkeit abzugeben unterlassen hat. Sofort macht er sich, um dort eine Summe aufzunehmen, ftüh acht Uhr nach der Deichstraße auf, wo Herr Mohrfeld wohnen sollte. Er selber erzählt weiter: Halt! Hier auf dem Hopfenmarkte muß ich einen Augenblick stehen bleiben — jener kurze, dicke Mann im blauen Oberrocke, mit dem schlicht- gekämmten braunen Haar, dessen fleischiges Angesicht plump und nichts- sagend aussieht, hat sich ein Gericht Fische gekauft, schickt einen Arbeits- mann damit ab und setzt seinen Weg weiter fort. Beide Hände auf dem Rücken, das Auge an den Boden geheftet, geht er leise brummend in die Deichstraße hinein. Ohne daß er irgend Notiz von mir nimmt, schreiten wir nebeneinander hin und stehen endlich vor demselben Hause still. Da

9. Für mittlere Klassen - S. 113

1868 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
113 synem Bede vor eynem Altaer, de heet Turpinus. De waert entruk- ket 129 unde facf) eyne grote Schaer mit bösen Gesten 43°. Do fragede he se, woe se hen wölben. Do antwordeden se: „To Aken, to Key- ser Karolo, de will sterven, effte 434 uns van syner Sele Ichtes 132 mochte werden, dat wy se in de Helle mögen form 133." Do bot he en in dein Namen unses Heren Jesu Christi, wenn se van deme Keyser form, dat se dan wedder to em keinen unde em sehen, wo id em gegaen were. Da form se hen unde beschykkeden, wat se mochten; unde keinen wedder to dem Bischoppe Turpino. Do fragede he se, wat se beschykked hadden? Do antwordeden se em: „Wy leben alle syne Sunde up eyne Wage, unde de Mann van Galizien brachte, so vele Holtes 134 unde Steene, dar Karo- lus Kerken affgebuwet hadde, unde lebe dat up de andere Wage: de flog ferne awer 135. Do hadden wy nichts an ein unde form wedder van daer." Aus G. Bredow: Karl der Große. 44. Ein Morgen in einem Hamburger Comptoir. (Ein junger Schriftsteller ist, weil ihm das Geld ausgegangen, außer Stande, seine Reise, so dringlich sie auch ist, von Hamburg aus weiter fortzusetzen. Glücklicherweise besinnt er sich noch auf einen Empfehlungsbrief an ein großes Handelshaus, Mohrfeld in Hamburg, den er aus Unachtsamkeit abzugeben unterlassen hatte. Sofort macht er sich, um dort eine Summe aufzunehmen, ftüh um acht Uhr nach der Deichstraße auf, wo Herr Mohrfeld wohnen soll. Er selber erzählt weiter:) Halt! Hier auf dein Hopfenmarkt muß ich einen Augenblick stehen bleiben: — jener kurze, dicke Mann im blauen Oberrock, mit dem schlicht- aekämmten, bramien Haar und dem fleischigen, nichtssagenden Gesicht, hat sich ein Gericht Fische gekauft, schickt einen Arbeitsmann damit ab und setzt seinen Weg weiter fort. Beide Hände auf dein Rücken, das Auge an den Boden geheftet, geht er leise brummend in die Deichstraße hinein. Ohne daß er irgend Notiz von mir nimmt, schreiten wir neben einander hin und stehen vor demselben Hause still. Da fährt der Kurze endlich aus feinem Nachdenken auf, sieht mich groß an und fragt mit gezogenem Tone: „Wollen Sie hier im Hause Jemand sprechen?" Verdrießlich, daß ein solches Männchen es wage, mich ohne weitere Umstände anzureden, entgegnete ich in ziemlich hochtrabender Weise: „Ich habe ein Geschäft mit dem Hause Mohrfeld." Der Kurze lächelte einen Augenblick und sagte dann ziemlich ernst: „Ich bin Mohrfeld." Wie? Und von diesem Manne, der seine Fische selbst einkaufte und in einem abgeschabten Oberrock einherging, sollte mir Hülfe kom- men? — Aber es war der einzige Hoffnungsanker, wonach ich greifen konnte, ich riß also blitzschnell den Hut herunter und sagte mit so ein- nehmendem Wesen als möglich: „Verzeihen Sie! — ich hatte bis jetzt nicht die Ehre — ich habe —" hier zog ich die Brieftasche — „ ein Schreiben zu überreichen." Herr Mohrfeld unterbrach mich: „Jetzt nicht, nachher werde ich Sie sprechen im Comptoir, Sie müssen aber etwas warten. Kommen 129) entrückt, hatte ein Gesicht. — 130) Geistern. — 131) ob vielleicht. — 132) Etwas (oh wir Theil hätten). — 133) führen möchten. — 134) Holz. — 135) schlug weit über. Masius Lestb. Ii. 4. Aufl. 2

10. Heimatkunde von Schleswig-Holstein - S. 28

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
28 Schleswig-Holstein. Abb. 12. Segeberger Heide. (Aus Tl). Möller, Das Gesicht der Heimat.) Abb. 13. Segeberger Heide mit dem Dampfpflug umgebrochen; links mit Korn besät, rechts rohe Schollen. (Aus Th. Moller, Das Gesicht der Heimat.)

11. Die Neuzeit - S. 162

1907 - Nürnberg : Korn
Sie gingen durch drei Zimmer. Im vierten, einem kleinen Zimmer mit einem Fenster, war der König. Der Großkanzler ging den drei Räten voran; vor der Türe stand im Zimmer ein Schirm, gegen den sie sich mit dem Rücken stellten. Der König saß mitten im Zimmer, so daß er ihnen gerade in das Gesicht sehen konnte, mit dem Rücken gegen den Kamin, worin das Feuer brannte. Er hatte einen schlichten Hut auf, der wie die Predigerhüte geformt war, und trug einen Überrock von Moll oder Samt, schwarze Beinkleider und Stiesel, die ganz in die Höhe gezogen waren. Er war nicht frisiert. Drei kleine Bänke, mit grünem Tuch beschlagen, stauben vor ihm, worauf seine Füße lagen. Er hatte eine Art Muff vor sich, worin er die eine Hand steckte, an der er wegen der Gicht große Schmerzen litt. In der anberrt hielt er das Arnolb'sche Urteil. Er saß in einem Lehnsessel. Zur linken staub ein Tisch; verschobene Papiere lagen barauf und zwei golbene, reich mit Brillanten besetzte Dosen, aus benen er von Zeit zu Zeit Tabak nahm. Im Zimmer war noch der Sekretär, der an einem Pult staub und sich zum Schreiben fertig machte. Der König sah die Vier an und sagte: „Tretet naher!" Sie taten einen Schritt vorwärts, so daß sie nicht zwei Schritte von ihm stauben. Jetzt fragte er die bret Räte, ohne sich um den Kanzler zu kümmern: „Seid ihr biejenigeti, welche das Arnolb'sche Urteil gemacht haben?" Sie sagten ja. Hieraus waubte sich der König att bett Rat Friedet: „Wettn matt ein Urteil gegen einen Bauern sprechen will, dem man seinen Wagen und Pflug und alles genommen hat, wovon er sich nähren und seine Abgaben bezahlen soll, — kann man das tun?" — „Nein," antwortete der Rat. — „Kann man einem Müller," fuhr der König fort, „der kein Wasser hat und nicht mahlen, also auch nichts oerbienen kann, die Mühle beshalb nehmen, weil er keinen Pacht bezahlt hat? Ist das gerecht?" — „Nein," antwortete der Rat. — „Hier ist aber nun ein Ebelmann," sagte der König, „der will einen Teich machen. Und um mehr Wasser in dem Teich zu haben, läßt er einen Graben machen und das Wasser aus einem kleinen Fluß, der eine Mühle treibt, in seinen Teich leiten. Der Müller verliert baburch das Wasser und kann nicht mahlen. Und wenn das noch möglich wäre, so kann er im Frühjahr 14 Tage und im Spätherbst noch etwa 14 Tage mahlen. Dennoch wirb verlangt, der Müller soll nach wie vor seine Zinsen geben, die er sonst entrichtete, ba er noch das volle Wasser für seine Mühle hatte. Er kann aber die Zinsen nicht mehr bezahlen, weil er die Einnahme nicht mehr hat. Was tut die Küstriu'sche Justiz? Sie befiehlt, daß die Mühle verkauft werden soll, damit der Edelmann seinen Pacht kriegt. Und das Berliner Tribunal . . .

12. Bd. 1 - S. 529

1795 - Berlin : Voss
Das Thierreich. 529 fer, als am Tage sehen. Am meisten stellen sie den Ratten und Mäusen nach, und eben durch diesen Trieb werden sie uns nützlich *). Wenn sie aber zu gut ger füttert werden, so gehen sie nicht leicht auf die Mauser jagd. Ueberhaupt sind sie sehr naschhaft, weichlich unl> falsch, und man muß sich bei einem vertrauteren Uml gange mit ihnen wohl in Acht nehmen, besonders dac sie ebenfalls, wie die Hunde, einer Art von Tollheit unterworfen sind. Eine auszeichnende Eigenschaft dies ser Thiere ist das Schnurren, welches vermittelst zwei Zarter gespannter Häutchen in ihrem Kehlkopfe geschieht. Man findet es bei keinem andern Thiere. 2. Der Maulwurf (Moll) stiftet durch Vertilgung schädlicher Würmer, Insekten und ihrer Larven großew Nutzen. Er lebt beständig in der Erde, und kommt nur, wenn er sich einmal verirrt, an das Tageslicht» Zu seinen Verrichtungen gab ihm die Natur einen Nüft sel, kurze starke Pfoten, wie Hände gestaltet, und eir new *) Das zahlreiche Geschlecht der Mause scheint fast bloß zuv Plage der Menschen geschaffen zu seyu, es gehört dahin r Der Hamster, der sich einen weitläufugen lind künstlichem Bau unter der Erde anlegt, und in seinen Dackentaschen ei» nen Vorrath von Getreide, Bohnen, Erbsen, Kartoffeln 11. s. tv. zusammen tragt, zuweilen auf 100 Pfund. Er ijt Zornig, beffsig, und wehrt sich sogar gegen Hunde uni» Menschen, daher die Katzen noch viel weniger öcwas gegen ihn anürichren. Auch die Narre, wovon es mehrere Ar- ten gibt, wird nur von großen und alten Katzen angsgriffe» «nd überwältigt; die Wanderratte, welche in Ansehung der Kühnheit und Stärke dem Hamster gleich kommt, fürch- tet sich eben so wenig vor der Katze. Aber die Mäuse, s»- ivohl die Feld - als Hausmäuse, werden ohne Mühe von je- nem Feinde erwürgt. rchtbnch I. B.h.abrh, L l

13. Grundzüge der allgemeinen Erdkunde - S. 75

1850 - Stuttgart : Müller
Die Luft als Schallleiter. 75 Die neueren Naturforscher haben diese beiden Quellen des Irr- thums glücklich vermieden, denn sie besaßen erstens genauere Instrumente und wählten zweitens eine Zeit, wo die Luft ruhig war, oder gaben dem Schall eine Richtung, die mit der deö Windes einen rechten Win- kel bildete. Aber die Hauptschwierigkeit besteht in der genauen Maaßbestimmung des für die Ueberrragung des Schalls von einem Ort nach einem andern er- forderlichen Zeitraums. Die genauesten Versuche, welche hierüber angestellt wurden, sind die von Moll und Vanbeck im Jahr 1822, und die der französischen Akademiker in demselben Jahr. Die holländischen Gelehrten bedienten sich bei ihren Versuchen einer Uhr, die so construirt war, daß ihr Zeiger zu jeder Zeit gehemmt werden konnte, ohne daß der Mecha- nismus deßhalb stehen bleiben mußte. Durch dieses Jnftrunient ließ sich die Zeit bis auf den Thejl einer Sekunde messen. Tie Franzosen ge- brauchten eine Uhr von sehr sinnreicher Einrichtung, welche wie eine ge- wöhnliche Uhr mit zwei Zeigern versehen war; der eine von diesen drehte sich jede Sekunde einmal um das Zifferblatt, und konnte, ohne anzuhalten, zu jeder beliebigen Zeit auf das Zifferblatt gedrückt werden, woselbst die an seiner Spitze angebrachte, mit Druckerschwärze versehene Pnuktir- feder einen Punkt hinterließ, der für immer sichtbar blieb. Mittels ihrer Experimente entdeckte man, daß die Luft, wenn sie trocken und die Tem- peratur am Gefrierpunkte ist, den Schall in einer Geschwindigkeit von 1090 Fuß in der Sekunde sortleitet. Andere Gase haben ebenfalls die Eigenschaft, den Schall weiter zu leiten; allein sie thun dieß mit sehr verschiedener Geschwindigkeit und, was noch seltsamer ist, auch die Stärke ändert sich mit denl Medium Im Wasscrstvffgas geht der Ton beinahe völlig unter, im kohlensauren und Sauerstoffgas ist er lauter als in der Luft. Athmet man Wasserstoff ein, was eine kurze Zeit lang, doch nicht ohne Gefahr, geschehen'kann, so wird die Stimme geschwächt, aber zugleich kreischend. Dieß rührt daher, daß Wasserstoffgas um ein Beträchtliches leichter und somit auch dünner ist, als die atmosphärische Lust, während Sauerstoffgas und kohlensaures Gas bedeutend schwerer und somit auch dichter sind, als diese, und dichtere Körper bekanntlill) bessere Schallleiter sind. Wenn eine gleiche Quan- tität dieses Gases und gewöhnlicher Luft mit eiuauder vermischt werden, so ist die Stärke deö Schalls nicht größer, als sie in einem Recipientcn seyn würde, in dem die eingeschlossene Luft nur die Hälfte ihrer gewöhn- lichen Dichtigkeit hat. Dieses Resultat entspringt aus der großen Ver- schiedenheit der Geschwindigkeit, womit diese beiden Gase den Ton weiterleiten. Das eine verbreitet ihn weit schneller als das andere, und da die Theilchen

14. Vaterlandskunde - S. 116

1831 - Leipzig : Reclam
vorzüglich mit dein Seehandel, mit der Fischerei und dem Schiffbau, ihre Anzahl betragt im Ganzen etwa 22,000. Swine munde nun hat zwar nur Z5oo E., allein sie ist freundlich gebaut und wegen des Ha- fens, der seit einigen Jahren, wo er versandet war, mit vielen Kosten gereinigt und überhaupt sehr ver- bessert worden ist, so daß die Schiffe jetzt entweder hier sicher einlaufen oder auch gerade nach Stettin ge- hen können, sehr lebhaft und unterhaltend. Der An- blick so vieler Masten und Flaggen, das Ein - und Ausladen der Maaren, das Ankommen und Abfahreu der Schiffe, das Wogen des Wassers u. s. w. giebt daher eine sehr angenehme Unterhaltung, und ist für den Reisenden sehr anziehend. Besonders angenehm ist der Aufenthalt hier im Sommer, indem das hie- sige Seebad eine große Anzahl von Fremden hicher zieht, und die Verbindung mit Stettin durch Dampf- schiffe sehr erleichtert wird. Die Anstalten zu einem solchen Seebade, welche euch vielleicht noch unbekannt sein dürften, bestehen in einem Schiffe mit einem Ver- decke und Glasfenstern, welches in einer Abtheilung einen durchlöcherten Kasten hat, der durch eine Ma- schine auf und nieder gewunden werden kann. Das Schiff fahrt mit dem, der sich baden will, ins Meer, man zieht die Vorhänge vor den Fenstern zu, entklei- det sich, steigt in den Kasten, laßt ihn so tief man will hinunter, badet nun, und windet ihn dann wieder in die Höhe. Von Usedom fahrt man über dieswine und kommt dann nach Moll in, welche 44 M. im Umfange und zum Theil guten Boden mit ansehnli- cher Viehzucht har. Außer dem Städtchen gleiches Na- mens von 0000 E. liegen noch mehrere Dörfer auf ihr, unter denen sich auch das durch feinen Aalfang bekannte Pritter befindet. Durch mehrere Brücken über die Diyenow kommt man endlich wieder zum festen

15. M. J. E. Fabri's, Professors der Philosophie in Jena, Elementargeographie, Dritter Band - S. 618

1790 - Halle : Gebauer
6l8 Europa. Pohlen. Jncurland sind die deutsche und litthauische Sprache die Haupt- spracheu. Man findet unter den Einwohnern viele Fremde, Franzosen, Itastäner und insonderheit Deutsche. D«e herr- schende Religion ist die rönuschkatholische, doch haben die Griechen und Protestanten (oder, wie sie hier heißen, Dl-lh Kenten), auch Mohamedaner freye Religlonsühung, st aoch dle Inden. In Curland sind vorzüglich viel Lutheraner. Manufacturen und Fabriken sind in den neuesten Zetten besser, als sie gewöhnlich beschrieben werden. Die ansehnlichen Eisen-, Leder-, Moll und Elsenfabriken sind Beweise davon. In Podolren lrlfft man selbst in Dörfern große Lebergerbe- reyen an. Handlung. Ans Pohlen wird ausgeführt: Getreide, Hülsentrüchte, A?arma, Leinwand, Oel, Lein-und Hanfsaa- men, Flachs, Hanf, Pot - und'waidasche, Masten, Dielen, Theer, Butter, Haute, Wolle, Iuften, Pech, Salpeter, Talg, Honig, Meth, Wachs, Schweinsborsten, Pelzwerk, Octssen, Pferde, Bau-und ander Holz, Wildpret rc. Der Haupthaudel ist in den Händen der Juden. 14-

16. Teil 2 - S. 94

1914 - Leipzig [u.a.] : Teubner
94 Mundartliche Dichtung Nu bün ick oft, ick kann nix mihr, min Hand un Arm is swack. all lang liggt Wendelk in bei Jr; ick möcht man, dat ick bi er wir; 3v ick war all gor to sack. Ick möcht, dei Jäger keem un sär: Na, kumm man her un säuk, wenn morrn den Block sei sag, söß Brär (dat is all, wat di nörig deer) 35 ol Mann, di ut des Eik! 3. Ick mein man so. Up Maidag wör ick achtein Johr — ne, wo de Tit henlöppt! un föftig sünd för mi noch dor, wenn recht dei Kukuk röppt. 5 Un Hans, je dei hett loßt sick fri un deint nu bi de Burn; hei kriggt nu ball sin Bäuneri — wo lang will dat noch durn! Hei deit sick nah ne Brüt all üm; io wän hei sick wol recht nimmt? Dat kämmt oft gor tau narrsch herllm — wän weit, wo dat noch kämmt! Dat Best, dat is mi ümmer recht; — wän weit, wat ick denn doh, 15 wenn hei — na, ick heww nix nich seggt — ick — na, ick mein man so! 4. Prost Nijohr! Dor singt jo van den Momstirn wat dor van dei Landstrat her; kik, Mudder, is dei Krendschaul dat? Hans, mak de Dur up er! 5 Un wän uns hüt Prost Nijohr bringt 5 un dorto so 'n schön Leid uns singt, in Gottes Jesu Nam is hei mi hir willkam. Un, Mudder, gah man hen un hal er orig Brot un Speck, un stell en Kraus mit Warmbier mal in 't Rühr er inne Eck; dau ok en beten Honnig mank — bei Snei liggt deip dei Landstrat lank, dei Jungs sünd halw verklamt; twei Mil sünd 't, dei sei kamt. Lang cewerst irst den Slcetel her, den Slcetel to min Schapp! Ick mein, en Daler gäw wi er, en Markstück wir to knapp. Dei Rogg, dei lohnt un stiggt in'n Pris; süh, dorför bün ick Schult, Lowis! Dat weißt du, Mudder, jo — wat schürrst den Kopp du so? Na, Jungs, nu haalt ens orig ut, as wir 'ck de Suprindent, recht ute Bost un vull un lut van Anfang bät to End! Dat dei Kalfakter Takt recht hölt un nüms nich ut de Tonort füllt, — dat Moll mi nich versitt — paßt up, ick sülm sing mit! Süh, dat het orig woll mi dahn; dat heit 'ck mi noch en Leid! Un as dat gähn fall, hett dat gähn, — man Jungs, dat ji dat weit un achtet Uhr jug schriwt: dat Moll, dat güng noch nich so, as dat soll, ji trökt to vull van 't Ledder! Na, cewer 't Johr kamt wedder! 2. 28. in der Erde. 30. gebrechlich. 31. sagte. 32. suche. 33. wenn sie morgen sägen .. sechs Bretter. 35. aus dieser Eiche. 3. 2. wie die Zeit hinläuft. 4. ruft. 5. hat sich (bei der Aushebung) freigelost. 7. Büdnerei. 9. Er tut sich bereits nach einer Braut um. 12. wer weiß, wie. 16. nur. 4. 1. etwas vom Morgenstern. 3. die Kurrendschule. 4. mach' ihnen das Tor auf! 6. dazu. 10. ordentlich. 11. Krug. 12. Ofenröhre — freier Raum im Kachelofen zum Wärmen. 13. tu auch ein bißchen H. dazwischen. 14. entlang. 15. halb erfroren. 16. die sie herkommen. 17. aber erst den Schlüssel. 18. zu meinem Schaft. 24. schüttelst. 25. holt aus. 26. als wär' ich der Superintendent. 27. aus der Brust. 29. Vorsänger. 30. niemand. 31. das „Moll" mir nicht versitzt (nicht falsch einsetzt). 32. selbst. 36. nur, aber, daß ihr das wißt. 38. hinters Ohr euch sch. 39. zieht, zogt vom Leder.

17. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 197

1913 - Leipzig : Hahn
197 Streusand in acht, es ist ein widerlicher Anblick, wenn er so umherliegt wie aus Ihrem Pulte." Herr Mohrseld war an seinen Platz gekommen, den eine Barriere von dem Saale schied, er deutete mit der Hand auf mich und auf einen Stuhl und wendete darauf seine Aufmerksamkeit einer Menge von Briefen zu, die seiner Ankunft harrten. Eine tiefe Stille herrschte, die nur durch das eintönige Gekritzel der Federn unterbrochen wurde, kein lautes Wort ward vernommen, und selten hörte man hier und da ein unterdrücktes Zischeln. Von mir nahm kein Mensch Notiz, keine Frage ward an mich gerichtet, ja nicht einmal ein neugieriges Auge ruhte auf mir. Der Kaufmann hatte die Durchsicht der Briefe beendet, er rief mehrere junge Männer herbei und beauftragte sie mit ihrer Beantwortung. „Um 1 Uhr muß alles zur Unterschrift fertig sein! — Sie, Herr Becker, müssen sich vorsehen, damit Sie in den ftanzösischen Briefen nicht wieder wie neulich Fehler einschleichen lassen. Sie arbeiten zu schnell, zu flüchtig; nehmen Sie Herrn Horst zum Muster, seine englische Korrespondenz ist eine Musterkorrespondenz. Übrigens merke ich bei Ihnen seit kurzem eine Neuerung, die nichts taugt. Sie schreiben einen wunderlichen, Phrasen- haften Stil und brauchen mitunter drei Zeilen, wo drei Worte ausreichen. Unterlassen Sie das! Dergleichen Wortprunk ist überall eine Narrheit, bei einem Kaufmann ist er es doppelt; aber das kommt von den un- finnigen neuen Romanen und Almanachen, die Sie unaufhörlich lesen, die Sie noch für jede solide Beschäftigung unfähig machen werden. Ich habe Sie gewarnt, seien Sie auf Ihrer Hut!" Das waren glänzende Aussichten! Welche Aufnahme konnte ein Romanschreiber von einem Manne erwarten, der solche Ansichten hegte? Zum Überfluß wandte sich noch Herr Mohrfeld in diesem Augenblicke zu mir und sagte ziemlich kurz: „Nun, mein Herr, an unser Geschäft!" „Zu Befehl!" stotterte ich und überreichte ihm meinen Brief; aber -roch hatte er denselben nicht geöffnet, als wir durch einen dritten unter- brochen wurden. „Sieh da! Guten Morgen, Herr Kapitän Heysen!" rief der Kaufmann lebhaft. „Sie kommen wahrscheinlich, um Abschied zu nehmen? Reisen Sie glücklich, und bringen Sie sich und Ihre Mannschaft gesund zurück, geben Sie mir auf Schiff und Ladung wohl acht, und machen Sie mir keine Havarie (Seeschaden)! — Ihrer Frau sagen Sie, daß sie sich in vorkommenden Fällen nur dreist an mich wenden soll. — Wenn Sie eine einigermaßen gute Gelegenheit haben und sie geschickt zu benutzen verstehen, sind Sie vor Weihnachten wieder hier. — Nun, adieu, Kapitän, Sie haben" — hier warf er einen Seitenblick auf den Kalender — „keine Zeit zu verlieren, es ist hoch Wasser; das Schiff löst die Taue, und ich habe es nicht gern, wenn meine Kapitäne sich zum Blankeneser Sande oder gar bis zur Lühe nachsetzen lassen. — Glückliche Reise!" Der Kapitän beurlaubte sich, und ein anderer Mann nahm seinen Platz ein. „Guten Morgen, Herr Flügge! Was bringen Sie mir?"

18. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 194

1913 - Leipzig : Hahn
194 zum nächsten Stockwerk in einen ungeheuren Saal, von dessen Decke Hunderte von Treibriemen sausend ebensoviele Webstühle in Bewegung setzen. Das überwältigende Geklapper und Ge- rassel, das blitzschnelle Auf- und Niederschlagen der Ketten, das unaufhörliche Hin- und Herschießen der Schiffchen bilden ein Durcheinander, das jeder Beschreibung spottet. Vor jedem Webstuhl steht, gespannt aufpassend und zugreifend, sobald es nötig ist, ein Arbeiter oder eine Arbeiterin; sie sehen bleich und müde aus, als ob die feuchte Staubatmosphäre und der nerven- erschütternde Lärm ihnen alle Frische genommen hätten. Nur einen Blick noch werfen wir auf die so verschiedenen hier ge- fertigten Gewebe und atmen erst wieder freier auf, nachdem wir die Mauern des Fabrikgebäudes hinter uns haben. Nun haben wir die wichtigsten Teile des Spinnereiverfahrens kennen gelernt; doch unser Führer ruht nicht, bis er uns auch das Appreturverfahren, das Sengen und Bleichen, das Strecken und Kalandern (Glätten) gezeigt hat, das in den Nebengebäuden aus- geführt wird. Jetzt erst fahren wir, nicht ohne uns zuvor von dem Baumwollenschnee gründlich gereinigt und dem Fabrikleiter unsern Dank ausgesprochen zu haben, wieder nach Manchester, dessen rauchgeschwärzten Mauern wir am nächsten Morgen um so lieber den Rücken kehren, als uns ein Aufenthalt in ländlicher Behaglichkeit winkt. Opitz. Per Wertrieb der Waren. Fern auf der Reede ruft der Pilot, es warten die Flotten, die in der Fremdlinge Land tragen den Heimischen Fleiß; andere zieh'n frohlockend dort ein mit den Gaben der Ferne, hoch von dem ragenden Mast wehet der festliche Kranz. Schiller. 86. Ein Morgen auf einem großen Hamburger Kontor. Ein junger Schriftsteller ist, weil ihm das Geld ausgegangen, außer stände, seine Reise, so dringlich sie anch ist, von Hamburg aus weiter fortzusetzen. Glück- licherweise besinnt er sich noch auf einen Empfehlungsbrief an ein großes Handels- paus, Mohrfeld in Hamburg, den er aus Unachtsamkeit abzugeben unterlassen hat. Sofort macht er sich, um dort eine Summe aufzunehmen, früh acht Uhr nach der Deichstraße auf, wo Herr Mohrfeld wohnen sollte. Er selber erzählt weiter: Halt! Hier auf dem Hopfenmarkte muß ich einen Augenblick stehen bleiben — jener kurze, dicke Mann im blauen Oberrock, mit dem schlicht- gekämmten braunen Haar, dessen fleischiges Angesicht plump und nichts- sagend aussieht, hat sich ein Gericht Fische gekauft, schickt einen Arbeits- mann damit ab und setzt seinen Weg weiter fort. Beide Hände auf dem Rücken, das Auge an den Boden geheftet, geht er leise brummend in die Deichstraße hinein. Ohne daß er irgend Notiz von mir nimmt, schreiten wir nebeneinander hin und flehen endlich vor demselben Hause still. Da

19. Teil 2 = 4., 5. u. 6. Schulj - S. 2

1912 - Halle a.S. : Schroedel
2 3. (Ein Heim im Keller. 1. „Gustchen Möller wohnt im Keller! Gustchen Möller wohnt im Keller!" das sang ich den ganzen Weg, als ich zu Möllers ging. Gustchen Möller hatte mich zu ihrem Geburtstag eingeladen. Wir kriegten da Schokolade zu trinken, und nachher guckten wir aus dem Kellerfenster. Es kam mir vor, als wenn es schon Abend wäre; aber draußen war es doch ganz hell gewesen. Es mußte kommen, weil das Kellerfenster halb in dem Kellerloche war und nur oben einen ganzen schmalen, hellen Rand hatte, wo man auf die Straße sehen konnte. Herr Möller ist ein Schuster, und Frau Möller nimmt Zeug zum Rollen an. Hinter dem kleinen Laden in einer Stube stand die große Rolle, und weiter war gar nichts in der Stube. Richt einmal ein Fenster war da. Sie brennen da Tag und Nacht Licht, sagt Gustchen. An der Decke hängt eine Petroleumlampe. Es war aber doch ziemlich dunkel da; die Wände hatten keine Tapeten, sie sahen so dunkelgrau aus und in den Ecken beinahe schwarz. An einigen Stellen saß etwas Weißes daraus, wie Salz ungefähr. Gustchen sagte, das täte nichts, das wäre Salpeter, sagte ihr Vater, aber ich mochte nicht gern in der Rollstube sein. Wir gingen wieder in die Wohnstube. Sie roch ganz nach Leder, wie der Laden. „Komm auf die Fensterbank!" sagte Gustchen Möller. Zn dem Kellerloche sah es ganz dunkel aus, da krochen ein paar ganz kleine platte, runde Tiere herum. Ich erschrak. Gustchen Möller lachte mich aus. „Das sind bloß 'n paar Kellerschaben, die tun einem nichts." Über das Kellerloch war ein eisernes Gitter gedeckt, dadurch wurde es noch dunkler in der Kellerstube. 2. „Paß auf! Da kommen Leute!" sagte Gustchen. Aber ich sah keine Leute, ich sah nur Beine und Stiefel, die da vor- übergingen. Wir fingen an zu raten, wem die Stiefel wohl zugehörten, die vorbei kamen. Gustchen konnte das viel besser als ich. „Das ist ein Arbeiter! Der hat Strapazierstiefel an. Solche macht mein Vater auch nach Maß. Das ist eine feine Dame. Sie hat feine, hohe Knopfstiefel, ganz neue sogar, die Sohlen sind noch hell. Und sie trägt einen seidnen Unterrock bei dem Regenwetter! Der kleine Zunge hat zwei Riester auf jedem Stiefel, der ist gewiß 'n Reißteufel. Guck, da kommt eine alte Mutter mit Tuchstiefeln mit breiten Schnauzen! Die hat gewiß Leichdörner. Ach, die kleine Holzpantoffeldirn! Was die klap- pert! Das spritzt ordentlich, wo die hintritt!" So sah Gustchen ganze Menschen laufen, wo ich nur Füße und ein klein Stück Rock oder Hoss oder Strumpf sehen konnte. „Das hat Großmutter mich gelehrt," sagte Gustchen vergnügt, „Groß- mutter war lahm und saß immer auf der Fensterbank, bis sie gestorben ist." Manchmal sah ich neben den Füßen auch einen Spazierstock. Er tipptz

20. Für mittlere Klassen - S. 115

1868 - Halle : Buchh. des Waisenhauses
115 Welch ein Anblick! Ein langer, ziemlich finsterer Saal, in welchem Pult an Pult stand, hinter jedem derselben ein emsig schreibender oder rechnender Mensch, ich zählte deren dreißig; in einem Nebensaale saßen auch noch mehrere. Unsern der Thüre hatte ein ziemlich bejahrter Mann hinter einem Zahltische Platz genommen, neben und hinter ihm standen mehrere eiserne Kisten. — Ich that einen tiefen Seufzer. „Nun, Herr Karsten!" redete der Prinzipal bei seinem Eintritte den Kassirer an, „was giebts Neues?" „Wenig!" entgegnete dieser ruhig. „Mehrere Anfragen sind ein- gelaufen, können aber nicht berücksichtigt werden. In Livorno haben wir nichts, auf Genua und Venedig können wir um des eigenen Bedarfs willen nichts abgeben, zwei unserer Schiffe laden auf dort. Zwei Valu- ten * aus Newyork und eine auf Havanna, die auch begehrt wurden, habe ich angewiesen. Können Sie Kopenhagener und schwedische Papiere zu einem annehmlichen Curse brauchen?" „Nein, es soll so wenig Geld als möglich in Papiere gesteckt wer- den, ich brauche nächstens einen bedeutenden baaren Vorrath; merken Sie sich das!" — Er ging weiter, stand aber bald darauf vor einem Pulte still. „Sind die Stückgüter gestern an Bord der Artemisia gekommen, Herr Köhler?" fragte er hingeworfen. „Ist dieasseeuranz für meinen Pfeil besorgt, und hat Capitain Heysen seine Papiere bekommen?" „Es ist Alles besorgt!" war die Antwort. „Hier find die Con- noissements *, hier die Police * und hier der Empfangschein des Capi- tains." „Gut. Ich bin mit Ihrer Pünktlichkeit zufrieden. Fahren Sie fort: Ordnung ist die Seele des Geschäfts. Nehmen Sie sich aber mit dem Streusand in Acht, es ist ein widerlicher Anblick, wenn es so um- herliegt, wie auf Ihrenl Pulte." — Herr Mohrfeld war an seinen Platz gekommen, den eine Barriere von dem Saale schied; er deutete mit der Hand auf mich und auf einen Stuhl und wendete darauf seine Aufmerksamkeit einer Menge von Briefen zu, die seiner Ankunft harrten. Eine tiefe Stille herrschte, die nur durch das eintönige Gekritzel der Federn unterbrochen wurde; kein lautes Wort ward vernommen, und selten hörte man hier und da ein unterdrücktes Zischeln. Von mir nahm kein Mensch Notiz, keine Frage ward an mich gerichtet, ja nicht einmal ein neugieriges Auge ruhte auf mir. Der Kaufmann hatte die Durchsicht der Briefe beendet und rief meh- rere junge Männer herbei und beauftragte sie mit Beantwortung dersel- den; um 1 Uhr mußte Alles zur Unterschrift fertig sein! — Sie, Herr Becker, müssen sich vorsehen, damit Sie in den französischen Briefen nicht wieder, wie neulich, Fehler einschleichen lassen. Sie arbeiten zu schnell, zu flüchtig; nehmen Sie Herrn Horst zum Muster, seine englische Correspondenz ist eine Mustercorrespondenz. Uebrigens merke ich bei Ihnen allen seit Kurzem eine Neuerung, die nichts taugt. Sie schreiben 1 1) Valuta eigentlich Werth einer Waare, einer Münze, insonderheit aber einer Schuldanweisung (eines Wechsels). Hier steht das Wort in dem Sinne von Wechsel. — 2) So nennt der Schisser die Frachtbriefe. — 3) Die Police ist die Urkunde, welche den Versicherungs- (Asseeuranz-) Vertrag enthält. 6*