Ähnliche Ergebnisse
1875 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 24
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 18 —
ihnen Verzeihung anbieten, wenn sie die Waffen ablegten und die Rädelsführer auslieferten. Da erschrak Münzer über die Gefahr, welche ihm drohete. Er versammelte seine Rotten um sich und hielt an sie eine Rede voll Feuer. „Werdet nicht kleinmüthig bei der scheinbaren Gefahr," rief er unter Anderm, „sondern greifet die verruchten Feinde an. Fürchtet ihr Geschütz nicht; denn ihre Kugeln sollen euch nicht treffen, ich will sie mit meinem Aermel auffangen." Und als er von dem Drucke der Obrigkeit, den Lasten der Geistlichkeit sprach, erschien plötzlich das Zeichen des Friedensbundes zwischen Gott und dem Menschen, ein Regenbogen. Da streckte Münzer seine Hand zum Himmel aus und rief: „Sehet, liebe Brüder, das ist das Zeichen des Sieges, welches uns der Himmel gibt. Auf denn zum Kampfe!" Tollkühn nahmen sie der Fürsten Friedensboten gefangen und hieben einen von diesen nieder. Diese Unthat beschleunigte der Bauern Verderben. Die Fürsten ließen zum Angriffe blasen, und sobald die Kanonen donnerten und die Reiter heransprengten, warf sich die ganze Rotte der Bauern in die wildeste Flucht. Aber nun war die Reue zu spät. Fünftausend wurden erschlagen, die Stadt Frankenhausen eingenommen, und alsdann dreihundert Bürger und Bauern enthauptet. Münzer, welcher einer der Ersten gewesen war, welche die Flucht ergriffen hatten, wurde in Frankenhausen auf einem Heuboden entdeckt. Er starb unter dem Schwerte des Henkers kleinmüthig und verzagt.
So endete das Unwesen der Wiedertäufer in Thüringen, und mit ihm der ganze Aufstand der Bauern, in der Schlacht bei Frankenhausen am 15. Mai 1525, wo der Schlachtberg bis auf diesen Tag das Denkmal der Niederlage des Landvolkes ist. Nicht ohne eigene Schuld fiel es in die alte Knechtschaft der Dienstbarkeit zurück. — Im Ganzen wird die Zahl der Opfer des Bauernkrieges etwa auf 100,000-berechnet; der Verlust an zerstörtem Eigenthum, besonders auch an Kunstschätzen, ist unberechenbar. Noch jetzt sind die Ruinen vieler Burgen und Klöster Zeugen jenes Gewittersturmes, der über unser Vaterland zerstörend dahin fuhr.
6. Fortgang der Reformation.
Man hätte denken sollen, diese traurigen Ereignisse, welche mit der Reformation so eng zusammenhingen, hätten ihrer Ausbreitung große Hindernisse in den Weg legen müssen; nichts desto weniger hatte sie
1840 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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ihr Heer gegen Frankenhausen aufbrechen, wo die Bauern auf
einem Berge ihr Feldlager aufgefchlagen und mit einer Wagen-
burg befestigt hatten. Um nichts unversucht zu lassen, den be-
lhörten Haufen zur Vernunft zurück zu bringen, schickten die Für-
sten einige Abgeordnete ab und ließen ihnen Verzeihung anbieten,
wenn sie die Waffen ablegten und die Rädelsführer auslieferten.
Da erschrak Münzer über die Gefahr, welche ihm drohete. Ec
versammelte seine Rotten um sich und hielt an sie eine Rede voll
Feuer. „Werdet nicht kleinmüthig bei der scheinbaren Gefahr —
rief er unter andern, — sondern greifet die verruchten Feinde an.
Fürchtet ihr Geschütz nicht, denn ihre Kugeln sollen euch nicht
treffen, ich will sie alle mit meinem Ärmel auffangen." Und
als er von dem Drucke der Obrigkeit, den Lasten der Priester
sprach, erschien plötzlich das Zeichen des Friedensbundes zwischen
Gott und dem Menschen, ein Regenbogen. Da streckte Münzer
seine Hand zum Himmel aus und rief: „Sehet, liebe Brüder,
das ist das Zeichen des Sieges, welches uns der Himmel gibt.
Auf denn zum Kampfe!" Tollkühn nahmen sie der Fürsten Frie-
densboten gefangen und hieben einen von diesen in Stücke. Diese
Unthal beschleunigte der Bauern Verderben. Die Fürsten ließen
zum Angriffe blasen, und sobald die Kanonnen donnerten und die
Reiter heransprengten, warf sich die ganze Rotte der Bauern in
die wildeste Flucht. Aber nun war die Reue zu spat. Fünftau-
send wurden erschlagen, die Stadt Frankenhausen eingenommen,
und alsdann dreihundert Bürger und Bauern enthauptet. Münzer,
welcher einer der ersten gewesen war, welche die Flucht ergriffen
hatten, wurde in Frankenhausen auf einem Heuboden entdeckt. Er
starb unter dem Schwerte des Henkers, kleinmüthig und verzagt.
So schmählich endigte die neue christliche Gemeinde, und
mit ihr der ganze Aufstand der Bauern in der Schlacht bei Fran-
kenhausen am 15. Mai 1525, wo der Sch lach t berg bis aus
diesen Tag das Denkmal der Niederlage des Landvolkes ist. Nicht
ohne eigene Schuld siel es in die alte Knechtschaft und Dienst-
barkeit zurück, bis es in aufgeklärteren Zeiten in ein natürlicheres
und freieres Verhaltniß zu seinen Fürsten trat und oft genug
1830 -
Dresden Leipzig
: Arnoldi
- Autor: Otto, Christian Traugott
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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aller Wuth drangen die Bauern vorwärts, weil sie glaubten,
ihr Anführer sey ein Gesandter des Himmels. Aber die
Kanonenkugeln streckten ganze Reihen zu Boden; sahen,
daß die Gefallenen nicht wieder aufstanden, und daß ihr
Lügenprophet die feindlichen Kugeln nicht mit seinem Prie-
stermantel ausfang»» Schon lagen mehr als 2000 Bauern
auf dem Schlachtsclde; die feindliche Reiterei brachte ihre
Glieder in Verwirrung und hieb die Fliehenden nieder.
Genug, in kurzer Zeit los’tc sich alles in die schrecklichste Un-
ordnung auf. Vergebens sahen sie sich nach ihrem Anführer
um; dieser hatte zuerst die Flucht ergriffen, sich den Kopf
verbunden, und sich in Frankenhausen in ein Bette versteckt,
wo er aber von einem feindlichen Soldaten, der in diesem
Hause plünderte, zufällig erkannt und gefangen ward. Dieß
geschah den 15. Mai 1525. Gegen 7000 Bauern und
Bürger fielen durch des Feindes Hand, Zoo wurden durch
den Scharfrichter enthauptet. Ueber den verbrecherischen
Münzer sprachen die Fürsten sogleich das wohlverdiente To-
desurtheil aus. Zuerst folterte man ihn, damit er im
Schmerze gestehen möchte, ob er mit ncch andern Unruh-
stiftern in Verbindung stehe. Er gestand nichts, sondern
schrie blos in seiner Angst: Q weh! O weh! Da "sprach
Georg von Sachsen zu ihm: „Thomas! thut dir dieses
weh, so bedenke, daß es den armen Leuten auch nicht wohl
gethan hat, die heute deinetwegen niedergemacht worden
find." Hierauf schmiedete man ihn auf einen Wagen, schaffte
ihn in die Stadt Held run gen, folterte ihn mehrmals,
und schlug ihm sodann den Kopf ab. Eine gleiche Strafe
traf den frechen Pfeifer, der ebenfalls nach der verlor-
nen Schlacht bei Frankenhausen geflohen war, aber bei
Eisenach" noch zur rechten Zeit aufgegriffen ward. — So
traurig endete eine Empörung, die 120,000 Bauern das
Leben gekostet hatte. Immer wird der am empfinolichsten
bestmft, der erlittenes Unrecht durch noch größeres Unrecht
ahnden will, und der sich durch die Versprechungen toll-
kühner Menschen bethörcn läßt, daß man ein verlornes
Recht mit Gewalt und Ungestüm wieder an sich reißen
dürfe.
' / ’ ' V ’■ "• , " . -
1812 -
Dresden Leipzig
: Selbstverl. K. Engelhardt
- Autor: Engelhardt, Karl August
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
bei Frankenhausen. Fortsetzung. 269
sich und seinen Anhang sogar für Herren des Klo-
sters und der Stadt.
Indeß rückte aber der iüngste Tag seiner Herr-
schaft mit starken Schritten heran. Am Sonntag
Cantate trafen die verbündeter Fürsten mit ihren
Hcerhanfcn bei Frankenhausen zusammen.
Die Bauern lagerten sich, gegen 8000 stark,
auf einem Berge (seitdem der Schlachtberg ge-
nannt) hinter einer mit Gräben umzognen Wagen-
burg. Keine üble Stellung; denn die Fürsten hat-
ten meist Reuterei. Allein in den Waffen nicht
geübt — einen General an der Spitze, der wohl
zu predigen, zu scbimpfen, zu plündern,
nicht aber klug anzuführen verstand, was konn-
te die schwarze Armee gegen die waffenkundigcn fürst-
lichen Söldner ausrichten! Auch mochte dies den ar-
men Verblendeten wohl beifallen, als sie, vom Berge
herab, das glanzende, schlagfertige Heer erblick-
ten. — Das Herz, sonst hoch über Fürsten und
-Ritter erhaben, fiel Letzt so tief, daß die Meisten
kaum noch wußten, ob sie eins hatten. Aengstlich,
ob es Letzt auch noch Zeit sei, sich zu fügen, gaben
sie Einem des Haufens, der die Feder zu führen
verstand, den Auftrag, den Fürsten brieflich einen
Vergleich anzubieten. Der Bauren - Sekretair
schrieb:
„Wir bekennen Jesum Christ! wir sind nicht
hier, Jemanden etwas Leides zu thun, Johann. 2,
sondern von wegen göttlicher Gerechtigkeit, die zu
erhalten. So sind wir auch nicht hie, Blutver-
giessen
1882 -
Rudolstadt
: Mitzlaff
- Autor: Wallenhauer, G.
- Hrsg.: Merten, Richard
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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feld" erstrecken; besonders reizend das Kalkthal; 3) Die „Pfänner-
schaftshöhe" nahe beim Hausmannsturm mit schöner Aussicht in die
Aue („Psänner" — Brunnenherren); 4) die „Äbtissingrube", einer der
häufig um Frankenhausen im Kalsteinnntergrunde vorkommenden Erd-
fälle, der ungefähr 2 Stockwerk tief ist und ca. 40 a faßt.*) —
Das milde Klima, der fruchtbare Boden begünstigen die Landwirt-
schaft sehr. Herrliches Getreide, Zuckerrüben, vortreffliches Obst, so-
gar vereinzelt den Brandenbaum erzeugt die Flur. Die Altstädter
treiben in vielen Gärten starken Gemüsebau; Frankenhausen hat
mehrere Knnstgärlen. Mitten in der Altstadt liegt auf einem mit
großen, schönen Obstbäumen bepflanzten Platze ein mächtig großer,
runder tischplattenförmiger Kieselstein (ein s. g. Findling),' wohl
m im Durchm. und ca. ^ m dick; bis vor wenig Jahren hielt
da die ganze Gemeinde ihre Versammlungen. — Frankenhausen ist
wohl eine der ältesten Niederlassungen Deutschlands. S. Gz. 530.
Bereits im 8. und 9. Jahrhundert wird es genannt. Bis ins 13.
Jahrhundert kommen „Ritter von Frankenhausen" vor. Von 1210
ab besaßen es die Gr. V. Beichlingen; 1340 erwarben es die Grasen
Günther (nachmaliger deutscher Kaiser) und Heinrich käuflich. — Die
Gründung des Cistercienfer-Nonnenklosters, von dem noch eine kleine
Ruine und ein Nebengebäude vorhanden, fällt um das Jahr 1200;
nach dem Muster desselben stifteten die Gr. von Schwarzburg das
Cistercienfer-Nonnenkloster zu Saalfeld. Aus den in der Franken-
Häuser Flur gelegenen Kolsterländereien ist eine sürstliche Domäne,
das Vorwerk, gemacht worden. Um 1536 wurde in Frankenhausen
die Resormatiou eingeführt. 1632 wurde Fraukenhaufeu von Pap-
penheim geplündert. — Der Musiker G. F. Bifchoff (geb. 1780 in
Ellrich a. Harz, -j- 1841 in Hildesheim) veranstaltete 1810 in Franken-
Haufen als Stadtkantor daselbst das erste deutsche Musikfest unter
Leitung seines Freundes Spohr**). Den 1. Mai 1726 hier der
Dichter Zachariä geb.; sein Geburtshaus ist mit einer Gedenktafel
geziert. — Nördlich von Frankenhausen das Jagdschloß Raths-
feld mit schöner Kirche, in der aber kein Gottesdienst mehr gehalten
wird (bis gegen 1300 stand hier ein Dorf), und 2) die Ruinen des
Ky ffh än'f ers, mit herrlicher Aussicht in die goldene Aue, auf
den Harz und aus einem kleinen Gewölbe, Erfurter Thor genannt,
*) An die Grube knüpft sich folgende Sage: Eine Äbtissin des Klosters zu
Fr. führte ein so gottloses Leben, daß der liebe Gott zur Strafe ein schweres
Gewitter schickte, das unter unaufhörlichem.. Blitzen und Donnern 3 Tage über
dem engen Thale stand. Da ging die Äbtissin in sich, bekannte offen ihre
Sünden und bat um Gotteswillen, sie vor die Stadt zu bringen. In feierlicher
Prozession gaben ihr die Nonnen, der Prior und die anderen Geistlichen das Ge-
leit bis an die Rottleber Flurgrenze. Kaum hatten sie ihre Begleiter verlassen,
so fuhr ein Blitzstrahl hernieder — die Äbtissin war verschwunden, und wo sie
gestanden, gähnte ein tiefes, tiefes Loch.
**) Spohr baute dort damals eine Geige, die für 9000 Mk, an einen Eng-
länder verkauft wurde.
1861 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 16
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
48
und sobald die Kanonen donnerten, und die' Reiter heran-
sprengten, warf sich die. ganze Rotte der Bauern in die wil-
deste Flucht. Aber nun war die Neue zu spät. Fünftausend
wurden erschlagen, die Stadt Frankenhausen eingenommen, und
alsdann dreihundert Bürger und Bauern enthauptet. Münzer,
welcher einer der ersten gewesen war, welche die Flucht er-
griffen hatten, wurde in Frankenhausen auf einem Heuboden
entdeckt. Er starb unter dem Schwerte des Henkers klein-
müthig und verzagt.
So endete die neue christliche Gemeinde, und mit ihr der
ganze Aufstand der Bauern, in der Schlacht bei Frankenhausen
am 15. Mai 1525, wo der Schlachtberg bis auf diesen
Tag das Denkmal der Niederlage des Landvolkes ist. Nicht
ohne eigene Schuld fiel es in die alte Knechtschaft und Dienst-
barkeit zurück. — Im Ganzen wird die Zahl der Opfer des
Bauernkrieges etwa auf 100,000 berechnet; der Verlust an
zerstörtem Eigenthum, besonders auch an Kunstschätzen ist un-
berechenbar. Noch jetzt sind die Ruinen vieler Burgen und
Klöster Zeugen jenes Gewittersturmes, der über unser Vater-
terland zerstörend dahin fuhr)
8. Die Wiedertäufer in Münster (1533—1535).
Die eben erwähnte Secte der Wiedertäufer, welche alle
Grundlagen nicht nur der kirchlichen, sondern auch der bür-
gerlichen Gesellschaft zu zerstören drohete, schien seit dem Tode
ihres Stifters völlig ausgerottet zu sein; als einige Jahre
später der ganze Gräuel einer völlig ausgebildeten Umsturz-
partei in Münster, der Hauptstadt Westfalens, sich enthüllte
und jetzt von hier aus ganz Deutschland mit neuen Schrecknissen
erfüllte. In dem benachbarten Holland fand sich noch eine
große Menge Wiedertäufer, die alle festhielten an den Lehren,
welche damals Thomas Münzer über die Gleichheit aller
Menschen, über die Gütergemeinschaft und über die unmittel-
baren göttlichen Eingebungen an einzelne Menschen vorgebracht
1892 -
Leipzig
: Reisland
- Autor: Hüttig, Ch. G.
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte, Europäische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 101 —
eisernen Hand war eine kurze Heit, allerdings gezwungen, ihr
Jnfu|rer ^ Thüringen der Aufstand sich erhob, stellte sich Thomas Münzer, ein gehässiger Feind Luthers, an die Spitze der Empörer. Dieser schwärmerische Wiedertäufer rühmte sich göttlicher Offenbarungen und glaubte sich berufen, das weltliche Regiment zu ändern, die Hoheit der Fürsten zu erniedrigen und Gemeinschaft der Güter einzuführen, ^n Mühlhausen fand er großen Anhang. Die Armen arbeiteten nicht mehr, sondern forderten ihre Bedürfnisse von den Neichen. Die Bauern zogen von Drt zu Drt und verwüsteten alles. Da rüsteten sich die Fürsten, der Empörung Einhalt zu thun. Bei Frankenhausen traf Philipp von Hessen auf das Lager der Bauern. Sie hatten Lust, dem Verlangen der Fürsten zu willfahren und Münzer auszuliefern. Da suchte dieser ihren Mut zu befeuern, indem er sagte, sie sollten sich nicht vor den Kugeln der Feinde fürchten, er werde alle mit feinem Armei auffangen. Zugleich benutzte er einen gerade am Himmel erscheinenden Regenbogen, um ihn als Bürgen ihrev Sieges und des Unterganges der Feinde darzustellen. Dann ließ er den Gesandten der Fürsten niedermachen, um den Weg zu einem Vergleich abzuschneiden. Die Schlacht begann; die Bauern wurden geschlagen, 5000 niedergemacht. Münzer hatte sich in Frankenhausen versteckt. Er wurde gefangen genommen und hingerichtet (1525).
Einige Jahre später (1534) setzten sich die Wiedertäufer aus den Niederlanden in der Stadt Münster fest. An ihrer Spitze stand der Bäcker Johann Matthys aus Harlem. Nach dessen Tode erklärte sich der Schneider I o -Hann Bockhold von Leyden zum König des „neuen Zion". Er führte Gütergemeinschaft und Vielweiberei ein. Er herrscyte, unterstützt von Krechting und Knipperdolling, mit arger Tyrannei. Der Bifchof eroberte mit Hilfe einiger Fürsten die ausgehungerte Stadt. Johann von Leyden und seine Helfershelfer wurden grausam hingerichtet. Ihre Körper wurden in eiserne Käfige gethan und diese am Lampertusturm aufgehängt. Die katholische Religion wurde in Münster wieder hergestellt.
Durch diese Verirrungen ließ sich Luther nicht abhalten, die gute Sache zu fördern. Die Kirchenverbesserung gedieh, wo sie in seinem Geiste fortgesetzt wurde. Luther schrieb eme neue Gottesdienstordnung. Im I. 1524 legte er das Mönchs-
1877 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 20
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
„bedarf es nicht der Fürsten und Obrigkeiten, nicht des Adels und der Geistlichkeit; im Christenthum soll kein Unterschied sein zwischen Reich und Arm!" Zu dieser bewegten Zeit, wo jede neue Lehre bastig aufgegriffen wurde, verschafften sich die Lehrsätze Münzer's leicht Eingang bei dem gemeinen Volk, und den Armen zumal dünkte es sehr einladend, mit den Reichen fortan theilen zu können und des lästigen Arbeitend überhoben zu sein. Vorzüglich waren es die Bauern, die sich zu diesem neuen Propheten retteten. Unter seiner Anführung zogen sie von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf und verwüsteten und zerstörten Alles mit Feuer und Schwert.
Die Noth war groß; doch die Fürsten rüsteten sich, der Empörung Einhalt zu thun. Sie ließen ihr Heer gegen Frankenhausen aufbrechen, wo die Bauern auf einem Berge ihr Feldlager aufgeschlagen und mit einer Wagenburg befestigt hatten. Um nichts unversucht zu lassen, schockten die Fürsten einen Edelknaben an sie ab, der ihnen Gnade anbieten sollte, wenn sie friedlich auseinander gingen und die Rädelsführer auslieferten. Da erschrak Münzer über die Gefahr, in welcher er schwebte, hielt eine feurige Rede an die Bauern, die er damit schloß, es möchte sich nur Keiner fürchten vor den Kugeln der Feinde, die würde er alle mit seinem Aermel auffangen, und wer in der vordersten Reihe niedergeschossen würde, der stünde in der hintersten wieder auf. Ihm sehr zu gelegener Zeit entstand gerade ein Regenbogen am Himmel. „Seht!" schrie er, „das Zeichen des Bundes, welchen Gott mit uns macht I Dieser Bogen ist der Bürge unseres Sieges und des Unterganges unserer Feinde. Also zum Kamps und Sieg!" Noch standen die Bauern unschlüssig da, sahen ihn an und seinen Aermel; da ließ er den Abgesandten in Stücke hauen, um so den Weg zu einem gütlichen Vergleiche abzuschneiden. Nun griffen die Bauern zu ihren Sensen, Piken und Schwertern und erwarteten ihre Feinde. Diese ließen auch nicht lange auf sich warten. Die Kugeln sausten, die Reiter sprengten heran und wie Spreu stob das Bauernheer auseinander. Die armen verblendeten Leute sahen sich nach Münzer um; aber der hatte beim ersten Kanonenschuß die Flucht ergriffen und sich in Frankenhausen auf einem Heuboden versteckt. Die Bauern sielen nieder und baten um Gnade. Aber nun war es zu spät; fünftausend wurden erschlagen, viele niedergeritten, die Gefangenen sammt dem Rädelsführer Münzer enthauptet.
* *
*
Von Münzer's Anhängern waren einige entkommen und hatten sich nach Holland gewendet, wo sie Anhänger fanden. Diese Leute kamen auf den Einfall, Alle, die zu ihnen gehörten, noch einmal zu taufen, weil die Kindertaufe keine wahre Taufe sei, da ja die Kinder nichts davon verständen und auch in der heiligen Schrift nichts davon angeordnet sei. So bildete sich die Secte der Wiedertäufer. Einige derselben kamen nach Westphalen und ließen sich in der Stadt Münster nieder. Die Verworfensten dieser Wiedertäufer waren Johann Bockold, gewöhnlich Johann von
1871 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 22
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
— 22 —
auffangen." Und als er von dem Drucke der Obrigkeit, den Lasten der Geistlichkeit sprach, erschien plötzlich das Zeichen des Friedensbundes zwischen Gott und dem Menschen, ein Regenbogen. Da streckte Münzer seine Hand zum Himmel aus und rief: „Sehet, liebe Brüder, das ist das Zeichen des Sieges, welches uns der Himmel gibt. Aus denn zum Kampfe!" Tollkühn nahmen sie der Fürsten Friedensboten gefangen und hieben einen von diesen nieder. Diese Unthat beschleunigte der Bauern Verderben. Die Fürsten ließen zum Angriffe blasen, und sobald die Kanonen donnerten und die Reiter heransprengten, warf sich die ganze Rotte der Bauern in die wildeste Flucht. Aber nun war die Reue zu spät. Fünftausend wurden erschlagen, die Stadt Frankenhausen eingenommen, und alsdann dreihundert Bürger und Bauern enthauptet. Münzer, welcher einer der Ersten gewesen war, welche die Flucht ergriffen hatten, wurde in Frankenhausen aus einem Heuboden entdeckt. Er starb unter dem Schwerte des Henkers kleinmüthig und verzagt.
So endete die neue christliche Gemeinde, und mit ihr der ganze Aufstand der Bauern, in der Schlacht bei Fraukenhausen am 15. Mai 1525, wo der Schlachtberg bis auf diesen Tag das Denkmal der Niederlage des Landvolkes ist. Nicht ohne eigene Schuld fiel es in die alte Knechtschaft der Dienstbarkeit zurück. — Im Ganzen wird die Zahl der Opfer des Bauernkrieges etwa auf 100,000 berechnet; der Verlust an zerstörtem Eigenthum, besonders auch an Kunstschätzen, ist unberechenbar. Noch jetzt sind die Ruinen vieler Burgen und Klöster Zeugen jenes Gewitterstnrmes, der über unser Vater-terland zerstörend dahin fuhr.
6. Fortgang der Reformation.
Man hätte denken sollen, diese traurigen Ereignisse, welche mit der Reformation so eng zusammenhingen, hätten ihrer Ausbreitung große Hindernisse in den Weg legen müssen; nichts desto weniger hatte sie ihren Fortgang und schied von Zeit zu
1913 -
Langensalza
: Beltz
- Autor: Reiniger, Max, Hemprich, Karl, Fritzsche, Richard
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Unterrichtstheorie
- Inhalt: Zeit: Antike, Mittelalter
280 Die Reformation.
Überschrift?
Zusammenfassung: Der wilde Aufruhr.
5. Da rafften sich die Fürsten zur Mederwerfung der Empörung auf. Das Heer des Schwäbischen Bundes (der Städte, Ritter und Fürsten) schlug unter der Führung des Landsknechthauptmanns Georg Truchseß von Waldburg die schwäbisch-fränkischen Bauernhaufen mehrmals siegreich (bei Sindelsingen und Königshofen a. d. 'Tauber). Ihm hatte sich auch der berühmte Landsknechtsführer Georg von Frundsberg angeschlossen.
In ganz Thüringen tobte noch der Aufruhr. „Eine Schar Bauern drang, nachdem sie die Klöster Ballenstedt, Kelbra, Jlsenburg und andere schonungslos geplündert, auf Frankenhausen ein. Der Schlachtberg diente ihnen als Lagerstätte. Kaum hatten sie sich auf demselben einigermaßen geordnet und eine Wagenburg errichtet, so sahen sie von fern ein Banner flottem, auf dem ein Regenbogen obgebildet war. Es waren auch thüringische Bauern, angeführt von Münzer. Da beide Parteien gleiche Zwecke verfolgten, so vereinigten sie sich auf Münzers Vorschlag und bildeten nun einen Haufen von 8000 Mann. Nachdem sie ihr Lager gehörig befestigt hatten, schrieb Münzer in seinem Übermute drohende Briese an die Grafen Ernst und Albrecht von Mansfeld, von denen er unbedingte Unterwerfung verlangte. Statt aber dieser unverschämten Forderung nachzukommen, erschienen Kurfürst Johann und Herzog Johann von Sachsen nebst anderen Fürsten und einem wohlgeübten Heere von 1800 Reitern und 6000 Mann zu Fuß vor Frankenhausen.
Da entsank den Bauern der Mut; denn, ungeübt in den Waffen, sahen sie einem Kampfe entgegen, dem sie nicht gewachsen waren. Und da die Fürsten Boten sandten, die ihnen Verzeihung gelobten, wenn sie die Waffen niederlegen und die Rädelsführer ausliefern wollten, so hätten das viele gar gern getan; denn es war eine große Furcht über die schuldbewußte Menge gekommen. Aber Thomas Münzer trat unerschrocken in ihre Mitte und sprach mit eifriger Rede zu dem Volke. Um den Furchtsamen Mut einzuflößen, sagte er: ,Lasset euch nicht schrecken und bebet nicht. Jede Kugel, die aus der Kanone fliegt, will ich auffangen mit meinem Kleide. Sehet ihr wohl, wie günstig uns Gott ist? Blickt auf zu unserer Fahne, betrachtet das Feldzeichen daraus, den Regenbogen! Klar zeigt Gott dadurch au, daß er in dem Tressen mit uns fechten werde/ Der Zufall wollte es, daß, während Münzer so sprach, am Himmel ein Regenbogen erschien. Da rief Thomas Münzer in schwärmerischer Begeisterung: ,Sehet ihr dort den Regenbogen am Himmel? O, das bedeutet, daß Gott uns, die wir den Regenbogen im Banner führen, helfen will und den Fürsten Gericht und Strafe dräuet. Damm feid unerschrocken! Es will Gott nicht, daß ihr Frieden macht mit den gottlosen Fürsten/
Das wirkte. Viele riefen: ,Frisch dran! und drein geschlagen und gestochen und nicht geschont!6 Statt den Fürsten eine friedliche Antwort zu sagen, nahm Münzer die gesandten Boten gefangen und ließ sogar einen töten. Diese Untat beschleunigte ihr Verderben. Es folgte ein allgemeiner Angriff. Die Bauern wichen aber nicht von der Stelle, wehrten sich jedoch auch nicht gegen die feindlichen Reiter; denn sie erwarteten, daß die himmlischen Heerscharen erscheinen und für sie kämpfen würden. Mit heller Stimme fangen sie das Lied: ,Nun bitten wir den heiligen Geist? Bald war die Schlacht entschieden. Mutlos zogen sich die Bauern in ihre Wagenburg zurück. Als aber die feindlichen Reiter dort eindrangen, da ergriff sinnloser Schrecken die Menge, und
1893 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Kornrumpf, Ernst
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): koedukativ
91 -
bogen am Himmel, rings um die Sonne. „Ihr sehet," fuhr er fort, „daß Gott auf unserer Seite ist, denn er giebt uns ein Zeichen am Himmel. Sehet den Regenbogen da droben. Er bedeutet, daß Gott uns helfen will; den mörderischen Fürsten aber droht er Gericht und Strafe. Er will nicht, daß ihr Frieden mit den Gottlosen machen sollt. Fechtet unerschrocken und tröstet euch göttlicher Hilfe!"
Und aus tausend Kehlen klang plötzlich die feierliche Melodie: „Komm', heiliger Geist, erfüll' die Herzen deiner Gläubigen." Wie das Brausen eines gewaltigen Stromes stieg der Choral zum Himmel empor. Es war der Schlachtgesang des Bauernheeres; denn in seine Töne mischte sich bereits der Klang der Trompeten und Pfeifen, das Dröhnen der Geschütze, das Knattern der Flinten und der Schlachtruf der fürstlichen Krieger: der Kampf begann.
Immer dichter fielen die Kugeln und wühlten sich in die gedrängten Massen der Empörer hinein. Der ungewohnte Anblick der erschossenen Brüder, das Ächzen und Stöhnen der Verwundeten, das rieselnde Blut der Gefallenen nahm den geängsteten Bauern den letzten Rest von Mut. Als nun die Landsknechte zu Fuß und zu Pferde durch die Wagenburg brachen, welche Münzer zum Schutze seiner Leute rings um das Lager hatte auffahren lassen, als manche von den Fußsoldaten mit ihren 5 Meter langen Piken, andere mit mächtigen, zweihändigen Schlachtschwertern dreinschlugen und die Reiter ihre Pistolen und Büchsen auf die Unglücklichen abfeuerten, da ergriffen diese eiligst die Flucht. Münzer selbst, der sich noch soeben gerühmt, alle Kugeln in dem Ärmel seines Mantels auffangen zu wollen, war bald spurlos verschwunden. Die Bauern wurden vollständig geschlagen, nach Frankenhausen zurückgedrängt und diese Stadt dann von den Fürsten erobert. Das Blutbad, das nun in der Stadt begann, war fürchterlich. Auf den Straßen, in Kirchen und Klöstern, selbst im Innern der Häuser fraß die mordende Waffe. Alles, was den Landsknechten in den Weg kam, wurde niedergehauen. Fünftausend Empörer büßten mit ihrem Leben den kurzen Rausch von Freiheit und Gleichheit. Der Arm der Wipper, der durch die Stadt fließt, rann rot von Bauernblut. Ein großer Teil der Flüchtlinge wurde gefangen genommen. Sogleich wurden Galgen errichtet und noch an demselben Tage 300 Gefangene hingerichtet; viele andere mußten später mit dem Leben ihre Empörung büßen. Auf dem blutgetränkten Boden Frankenhaüsens aber sank die Hoffnung der Bauern auf Freiheit und Gleichheit für lange Zeit ins Grab.
ee) Das Strafgericht. Schon am folgenden Tage wurde Münzer gefangen genommen. Er hatte sich in Frankenhausen auf dem Boden eines Hauses versteckt und stellte sich todkrank. Vor die Fürsten geführt und gefragt, warum er das arme Volk verführt und in ein solches Blutbad gestürzt habe, antwortete er trotzig: „Ich habe recht gethan, daß ich solches angefangen habe,
1866 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule
79
„bedarf es nicht der Fürsten und Obrigkeiten, nicht des Adels und der
Geistlichkeit; im Christenthum soll kein Unterschied sein zwischen Reich und
Arm!" Zu dieser bewegten Zeit, wo jede neue Lehre hastig aufgegriffen
wurde, verschafften sich die Lehrsätze Münzer's leicht Eingang bei dem ge-
meinen Volk, und den Armen zumal dünkte es sehr einladend, mit den
Reichen fortan theilen zu können und des lästigen Arbeitens überhoben zu
sein. Vorzüglich waren es die Bauern, die sich zu diesem neuen Pro-
pheten retteten. Unter seiner Anführung zogen sie von Stadt zu Stadt,
von Dorf zu Dorf und verwüsteten und zerstörten Alles mit Feuer und
Schwert.
Die Noth war groß; doch die Fürsten rüsteten sich, der Empörung
Einhalt zu thun. Sie ließen ihr Heer gegen Frankenhausen aufbrechen,
wo die Bauern auf einem Berge ihr Feldlager aufgeschlagen und mit einer
Wagenburg befestigt hatten. Um nichts unversucht zu lassen, schickten die
Fürsten einen Edelknaben an sie ab, der ihnen Gnade anbieten sollte, wenn
sie friedlich auseinander gingen und die Rädelsführer auslieferten. Da
erschrak Münzer über die Gefahr, in welcher er schwebte, hielt eine feurige
Rede an die Bauern, die er damit schloß, es möchte sich nur Keiner
fürchten vor den Kugeln der Feinde, die würde er alle mit seinem Aermel
auffangen, und wer in der vordersten Reihe niedergeschossen würde, der
stünde in der hintersten wieder auf. Ihm sehr zu gelegener Zeit entstand
gerade eine Regenbogen am Himmel. „Seht!" schrie er, „das Zeichen des
Bundes, welchen Gott mit uns macht! Dieser Bogen ist der Bürge un-
seres Sieges und des Unterganges unserer Feinde. Also zum Kamps und
Sieg!" Noch standen die Bauern unschlüssig da, sahen ihn an und seinen
Aermel; da ließ er den Abgesandten in Stücke hauen, um so den Weg zu
einem gütlichen Vergleiche abzuschneiden. Nun griffen die Bauern zu ihren
Sensen, Piken und Schwertern und erwarteten ihre Feinde. Diese ließen
auch nicht lange auf sich warten. Die Kugeln sausten, die Reiter spreng-
ten heran und wie Streu stob das Bauernheer auseinander. Die armen
verblendeten Leute sahen sich nach Münzern um; aber der hatte beim ersten
Kanonenschuß die Flucht ergriffen und sich in Frankenhausen auf eiucm
Heuboden versteckt. Die Bauern fielen nieder und baten um Gnade. Aber
nun war es zu spät; fünftausend wurden erschlagen, viele niedergeritten,
die Gefangenen sammt dem Rädelsführer Münzer enthauptet.
-i- *
*
Von Münzer's Anhängern waren einige entkommen und hatten sich
nach Holland gewendet, wo sie Anhänger fanden. Diese Leute kamen aus
den Einfall, Alle, die zu ihnen gehörten, noch einmal zu taufen, weil die
Kindertause keine wahre Taufe sei, da ja die Kinder nichts davon ver-
ständen und auch in der heiligen Schrift nichts davon angeordnet sei. So
bildete sich die Secte der Wiedertäufer. Einige derselben kamen nach
Westphalen und ließen sich in der Stadt Münster nieder. Die Verwor-
fensten dieser Wiedertäufer waren Johann Bockold, gewöhnlich Johann von
1864 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Geschlecht (WdK): Jungen
13. Der Bauernkrieg.
61
Doch war ihm das Verderben schon nahe. Landgraf Philipp non
Hessen, ein junger thatkräftiger Fürst, hatte die Rebellion in seinem
Lande durch Waffengewalt bezwungen und sich darauf mit dem Herzoge
Heinrich von Braunschweig, mit Georg von Sachsen und einigen andern
benachbarten kleinen Fürsten vereinigt, um auch dem Münzer'schen Wesen
ein Ende zu machen. Das Heer dieser Verbündeten bestand aus 6000
Mann, meist Reisigen und Adel. Auf die Kunde von diesem Heeres-
zuge ließ Münzer seine Leute auf einem Berge bei Frankenhausen eine
Wagenburg schlagen, um den Angriff der Reiterei zu erschweren; aber
aus Mangel an Geschütz und anderer Kriegsrüstung geriethen die An-
stalten sehr unvollkommen, so daß einem großen Theile des Haufens
der Mnth entfiel. Aber Münzer verhieß den Seinen gewissen Sieg
nach dem Beispiele Gideon's, Jonathan's und David's, die auch mit
wenigen Erlesenen viele Tausende von Heiden überwunden. „Lasset
euch nicht erschrecken das schwache Fleisch," schloß er, „und greift die
Feinde kühnlich an. Ihr dürft das Geschütz nicht fürchten, denn ihr
sollt sehen, daß ich alle Büchsensteine, die sie gegen uns schießen, im
Aermel auffangen will. Ihr sehet, daß Gott aus unserer Seite ist,
denn er gibt uns jetzo ein Zeichen. Sehet den Regenbogen, der eben
am Himmel steht; er bedeutet, daß Gott uns, die wir den Regenbogen
im Panier führen, helfen will, und dräuet den mörderischen Fürsten
Gericht und Strafe. Darum seid unerschrocken und stellt euch zur
Wehre; es will Gott nicht, daß ihr Friede mit den gottlosen Fürsten
machen sollt!" Diese Rede und die Erscheinung des Regenbogens gab
denen, welche zu schlagen begehrten, das Uebergewicht über die friedlich
Gesinnten. Darauf stimmteu die Anführer das Lied: „Komm heiliger
Geist" an. Die Menge fiel mit vollen Kehlen ein; aber die Hoffnung,
daß sie in diesem Begeisternngsrausche siegen würde, schlug durch ver-
kehrte Anordnung fehl. Anstatt mit ihrer stärkern Masse auf die an
Zahl schwächer» Fürstlichen den Angriff zu thun, blieben die Bauern
hinter der Wagenburg stehen, und blickten im Vertrauen auf die Ver-
heißung ihres Propheten gen Himmel, nach den Engeln, welche hcrab-
stcigen und für sie streiten sollten. Da von den schlecht gerichteten
Schüssen wenige oder gar keine trafen, glaubten sie, die Verheißung
Münzer's, daß er alle Kugeln im Aermel auffangen werde, gehe in
Erfüllung. Sie wurden aber bald aus ihrer Täuschung gerissen. Die
Reiterei brach in ihre Wagenburg ein, und stach die Vordersten nieder,
woraus sich alsbald die übrigen in die Flucht gegeu die Stadt wandten.
Dergestalt fielen der Bauern bei 5000; in Frankenhausen, welches sich
ohne Widerstand ergab, wurden der dort Ergriffenen sogleich 300 ent-
hauptet. Münzer ward, auf dem Boden eines Hauses im Bette lie-
gend, gefunden, und indem er sich für einen armen Fieberkranken ansgab,
durch seine Brieftasche verrathen, welche er unvorsichtig auf dem Bette
neben sich hatte. Er widerrief nicht nur seine Irrthümer, sondern be-
kannte sich auch auf's neue zum Glauben der römischen Kirche und
genoß das Sacrament unter einer Gestalt. Bei der Hinrichtung soll
1812 -
Dresden Leipzig
: Selbstverl. K. Engelhardt
- Autor: Engelhardt, Karl August
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
bei Frankenhausen. Fortsetzung. 267
hcfften Si'gill sicher ungefährlich Geleit" und un-
terzeichneten sich: „die christliche Versamm-
lung zu Frankenhausen."
Aber leider! nöthigten dringende Geschäfte den
Grafen, die Zusammenkunft um 2 Tage zu ver-
schieben. Indes stellte Münzer mit seinen Drei-
hunderten sich ein und — verschwunden auf ewig
war der Termin zur Güte.
Richt genug, daß er die Bauern überzeugte,
wieviel sie von gütlichen Unterhandlungen zu
fürchten, wie wenig sie davon zu h0sfrn
hätten, fertigte er sogleich an Albrecht und Ernst
v. Mansfeld zwei erzgrobe Briefe ab, welche den
Faden der Unterhandlung natürlich abschnitten.
Dem erster» z. B. schrieb er: Hast» in deiner
Lutherischen Grütz und Mittender gi-
schen Suppen nicht mögen finden, was Eze-
chiel c. Z7 geweissaget? Unterscheid, wie Gott alle
Vögel des Himmels fordert, daß sie sollen
fressen das Fleisch der Fürsten und die
unvernünftigen Thiere sollen saufen
das Blut der großen Hansen — Wiltuer-
kennen (Dan. 7) wie Gott die Gewalt der Gemeine
gegeben hat und für uns erscheinen und deinen
Glauben brechen, wollen wir dir das geständig seyn
und für einen gemeinen Bruder (unsers glei-
chen) haben, wo aber nicht, werden wir uns an
deine lahme, schale Fratzen nichts keh-
ren und wider dich fechten, wie wider
einen Erzfeind des Christenthums, da
wisse
1812 -
Dresden Leipzig
: Selbstverl. K. Engelhardt
- Autor: Engelhardt, Karl August
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
263 25. Mai. Bauernschlacht
wisse dich nach zu haben. Gegeben zu
Fr anten Haufen, Frey tags nach Jubi-
late anno 25. (1525) Thomas Münzer,
mit d e m S ch w e r L G i d e 0 n i s, B r u d e r
Albrechten von Mansfeld zur Beleh-
rung geschrieben."
Dem Grafen Ernst auf Heldrungen aber schickte
er einen Brief gleichen Inhalts, nennte ihn dar-
inn einen elenden dürftigen Maden sack,
einen he i d n isch e n D ö se w i ch L unte r ch r i st-
lichen Namen, einen schädlichen Staup-
besen der Feinde Gottes, drohte, auf Got-
tes Befehl, ihn vom Stuhl zu stürzen ec.
So sprach Münzer Freitags d. 1 2. Mai —
und — Montags d. 15. hatte er sich gern in den
heimlichsten Winkel der Erde versteckt — suchte
er Rettung in einer Bodenkammer.
Ehe es aber so weit kam, schien ihm in der
That alles zu gelingen. Die schwarzen Bau-
ern, wie man seine Armee bei Frankenhausen nann-
te, erhielten stündlich, ia augenblicklich Zuwachs.
Alle Landstrasen wimmelten von männlichen und
weiblichen, alten und jungen Rekruten, welche
unter Münzers Fahne sich versammelten.
Das arme Frankenhausen, der Sammelpunkt
der Empörer, litt dabei nicht wenig. Denn nicht
nur Schloß, Kloster und Rathhaus, sondern auch
die Hauser aller ruhigen Bürger wurden geplün-
dert, Urkunden, Bücher, Briefe und Schuldver-
schreiburgen zerrissen. Endlich erklärte Münzer
sich
1884 -
Mainz
: Kirchheim
- Autor: Hoffmann, Ernst
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
64 Thom. Münzer. Schlacht bei Frankenhausen.
ohne Gottesfurcht. Ein klägliches Schauspiel gewähren die umherirrenden Nonnen, die obdachlosen Priester, durch die Flucht vor den tempelräuberischen Rotten ans ihren geheiligten Wohnungen vertrieben. Ich selbst, elend und dürftig, muß jetzt im Greisenalter mein Brod betteln."
Unterdessen hatten die Fürsten zur Bekämpfung des Aus-standes gerüstet. Mit leichter Mühe wurde der Landgraf Philipp von Hessen der Rebellion in den Abteien Hersseld und Fulda Herr und konnte seine Scharen mit denen der Herzöge Georg von Sachsen und Heinrich von Braunschweig und mehrerer benachbarten kleineren Fürsten vereinigen. Auf die Kunde von ihrem Heranziehen entbot Münzer die Bauern aus allen Dorfchaften der Umgegend, unter der Drohung, daß man sie holen werde, wenn sie nicht freiwillig kämen, und in hellen Haufen zogen sie heran, begleitet von Frauen und Kindern.
Münzer ließ die schlecht bewaffneten und mit Geschütz und anderem Kriegsbedarf nur mangelhaft versehenen Bauernhaufen, die ungefähr 8000 Mann zählten, auf einem Berge in der Nähe von Frankenhausen ein Lager aufschlagen und umgab dasselbe mit einer Wagenburg. Als die Fürsten herangekommen, ließen sie den Bauern Gnade anbieten, wenn sie sich ergeben und Münzer mü seinem Anhang ausliefern wollten. Sie schienen nicht abgeneigt, mit den Fürsten in Unterhandlungen zu treten; allein Münzer entflammte durch eine feurige Anrede ihren sinkenden Mut zu neuer Streitlust. „Die Fürsten," rief er, „verderben Land und Leute, wollen den falschen Gottesdienst der Pfaffen und Mönche verteidigen. Gott wird sie vertilgen wie die Ka-namter. Laßt euch nicht erschrecken, das schwache Fleisch greift die Feinde kühnlich an. Ihr sehet, daß Gott auf unserer Seite ist; denn er gibt uns jetzt ein Zeichen. Der Regenbogen, der eben am Himmel steht, bedeutet, daß Gott uns, die wir den Regenbogen im Panier führen, helfen will. Er dräuet den mörderischen Fürsten Gericht und Strafe. Darnm seid unerschrocken und stellt euch zur Wehr. Gott will nicht, daß ihr Frieden machet mit den gottlosen Fürsten. Ihr Geschütz dürft ihr nicht fürchten; denn ihr werdet sehen, daß ich alle Büchsensteine, die sie gegen uns senden, in meinem Aermel auffangen werde." Um alle weiteren Verhandlungen abzuschneiden, ließ er den Abgesandten der Fürsten, einen jungen Ritter, niederstechen und die Banern das Lied: „Komm' heiliger Geist" anstimmen.
Jßoll Siegeszuversicht erwarteten die Bauern den Angriff der Feinde; sannt hatten diese jedoch die Wagenburg durchbrochen und die Vordersten niedergestoßen, als das ganze Heer der Re-
1903 -
Langensalza
: Schulbuchh.
- Autor: Seidel, L. E.
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
336
der Fehde. Dann wurden nicht nur ihre Felder zerstampft,
sondern man raubte ihnen das Vieh von der Weide und steckte
ihre Häuser in Brand. Somit war das Los der Bauern in
jener Zeit ein recht trauriges. Als nun Luther von der
christlichen Freiheit predigte, da glaubten die Bauern, jetzt sei
die Zeit gekommen, wo sie auch die bürgerliche Freiheit er-
langen könnten. Sie rotteten sich in verschiedenen Gegenden
Deutschlands zusammen und stellten ihre Forderungen, die im
ganzen mäßig und gerecht waren, in zwölf Artikeln auf.
Luther, der zum Schiedsrichter angerufen wurde, ermahnte
die Adligen, das traurige Los der Bauern durch Beschränkung
der Fronarbeiten und Erlaß von Abgaben zu mildern. Den
Bauern gab er den Rat, sie möchten keine Gewaltmittel an-
wenden, sondern des Spruches eingedenk zu sein: „Jedermann
sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat." Seine
Worte fanden aber weder bei den Herren, noch bei den Bauern
Eingang. Letztere, durch Schwärmer wie Thomas Münzer
aufgeregt, durchzogen raubend und mordend das Land, zer-
störten die Burgen, erschlugen die Adligen, beraubten die
Kirchen, mißhandelten die Priester und verübten allerhand
Greueltaten. Jetzt schrieb Luther eine Schrift „wider die
räuberischen und mörderischen Bauern", in der er jedermann
aufforderte, das Schwert zu ergreifen, um die Bauern „totzu-
schlagen wie tolle Hunde". Nun rüsteten sich die Fürsten
zum Kampf. Bei Frankenhausen in Thüringen, wo die
Bauern ihr Feldlager hatten, kam es 1525 zur Entscheidungs-
schlacht. Thomas Münzer suchte den Bauern Mut zu machen
und prahlte, die Kugeln der Feinde mit seinem Rockärmel
aufzufangen. Mit Gesang und Gebet zogen die Bauern in
den Kampf. Sie hofften, himmlische Heerscharen würden für
sie streiten. Als aber die Kanonenkugeln ihre Reihen lichteten,
entfiel ihnen der Mut. Nun suchten sie in der Flucht Rettung.
Biele von ihnen wurden erschlagen. Münzer, der sich auf
einem Boden in Frankenhausen versteckt hatte, wurde gefunden
und hingerichtet. Der Aufstand hatte den Bauern nur Schaden
gebracht. Ihre Lage wurde nun noch trauriger, als sie früher
gewesen war.
1897 -
Leipzig
: Wunderlich
- Autor: Franke, Theodor
- Hrsg.: Franke, Friedrich
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Bürgerschule, Volksschule, Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Mittelschule, Töchterschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 63 —
am Himmel. Sofort verkündete er frohlockend, durch dies Zeichen verheiße Gott ihnen den Sieg; wer falle, brauche sich nicht zu fürchten, denn er stehe wieder auf. Hierauf fangen die Bauern ein feierliches Kirchenlied. Unterdessen aber drangen die Landsknechte in ihre Wagenburg ein, und nach kurzer vergeblicher Gegenwehr ergriffen sie samt Münzer die wildeste Flucht. Alles stürzte nach Frankenhausen, das H ihnen jedoch keine sichere Zufluchtsstätte bot, da es die Fürsten gleich beim ersten Anstürme eroberten. Nun richteten die rohen Kriegsknechte ein entsetzliches Blutbad in der Stadt an, so daß sich die Wipper blutrot färbte. Die Hälfte der Bauern war schon auf der Flucht schonungslos erschlagen worden. So war die Mederlage der Bauern vollständig.
Münzers Reich war von der Erde verschwunden.
b. Das Blut- und Hochgericht über die Gefangenen. Der Gefangenen harrte ein schlimmes Los. Noch am Tage des Sieges
ließen die Fürsten in Frankenhausen zahlreiche Galgen errichten und mehrere hundert der gefangenen Bauern henken. Am andern Tage fand man auch Münzer, der sich auf dem Boden eines Hauses versteckt und todkrank gestellt hatte. Als ihn die Fürsten fragten, warum er das Bauernvolk verführt habe, antwortete er trotzig: „Die Fürsten muß man strafen, weil sie wider die christliche Freiheit so unbarmherzig handeln.
Man muß ihnen Zaum und Gebiß anlegen." Von Frankenhansen zogen t)te Fürsten nach Mühlhausen, das alle Anhänger Münzers ausliefern und eine große Summe Kriegskosten bezahlen mußte. Die Rädelsführer des Aufruhrs wurden gefoltert und dann auf dem Galgenberge hingerichtet. Ihr Haupt steckte man als abschreckendes Zeichen für alle Empörer auf einen Pfahl. So verlor Münzer fein Leben, nachdem er Taufende in namenloses Unglück gebracht hatte. Gegen 100000 Banern waren durch die Bauernkriege in Nord- und Süddeutschland umgekommen, während das Los derer, die mit dem Leben davon gekommen waren,
sich nur noch verschlimmerte. So hatte sich die Weissagung erfüllt, die
vor dem Ausbruche des Bauernkrieges von Mund zu Mund ging:
„Wer 1523 nicht stirbt,
1524 nicht im Wasser verdirbt Und 1525 nicht wird erschlagen,
Der kann von großen Wundern sagen."
/ x *
1900 -
Braunschweig
: Appelhans
- Autor: Tiemann, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1900
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Niedersachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
— 44 —
möchte es gut sein, wenn Du Dein Herz erleichtern könntest. Denke Dir daher, ich sei Dein Beichtvater, und mache mich zum Mitwisser dessen, was Du über den Kranken weißt."
Einem solchen freundlichen Drängen widerstand der Klosterbruder nicht. Er vergaß das Gebot seines Priors, und erzählte alles, was er in der Nacht aus dem Munde des Fieberkranken gehört. Aufmerksam lauschte Abt Lambert seinen Worten, nickte bald beifällig mit dem Kopfe, bald gab er durch Kopfschütteln seine Mißbilligung zu erkennen. Als er aber hörte, daß Quitzow von Aufrührern und Wiedertäufern geredet habe, von einem Bundschuhmann Kaspar Vordemann, der bei Frankenhausen entronnen sei, und daß das Gebiet von Amelunx-born eine Zufluchtsstätte sür solche Leute sei, da ging er mit erregten Schritten in der engen Zelle auf und ab uudwühlte mit seinen knöchernen Händen in dem spärlichen grauen Haar. Seine Augen funkelten, und er glich einem Raubtier, das bereit ist, sich auf seine Beute zu stürzen. Der harmlose Klosterbruder bemerkte die Erregung des Abtes gar nicht; er fuhr ruhig in seiner Erzählung fort und sagte zum Schluß: „O, es ist gewiß ein Ketzer, ein arger, verstockter Sünder, den unser heiliges Kloster beherbergt. Zwar meint der Prior, er sei wohl kein größerer Sünder als ich und er; aber wer mit Wiedertäufern und anderen Ketzern Umgang pflegt, der ist doch verloren für Zeit und Ewigkeit!"
„Für Zeit und Ewigkeit," murmelte Abt Lambert. „Hast Du dem Bruder Prior gesagt, was der Kranke geredet?" Und als Thomas verneinte, fuhr er fort: „Es ist gut; schweige auch ferner ihm gegenüber. Sage überhaupt zu niemand, hörst Du, zu niemand etwas von dem, was Du mir anvertraut hast; es schickt sich nicht für jedermanns Ohren. Abt Vitus wird Dich kaum fragen; sollte er es aber wider Erwarten thun, so sage auch ihm nichts. Zwar ist die Sache von keiner Wichtigkeit, und auf die Worte eines Fieberkranken ist nicht viel zu geben; aber es ist besser, siebleiben verschwiegen. Und nun gehe in Deine Zelle; ich höre das Glöcklein
1900 -
Braunschweig
: Appelhans
- Autor: Tiemann, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1900
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Niedersachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
Zauberei", fuhr sie fort; „aber ich weiß, daß es eine von Gott verliehene Gabe ist, fließendes Blut zu stillen, und wem sie verliehen ist, der soll sie gebrauchen. Doch darf ich Euch trauen? werdet Ihr nicht hingehen und mich den Priestern verraten?" Ohne jedoch die Antwort des verwundeten Kriegers abzuwarten, legte die Alte mit feierlicher Miene ihre dürren Finger auf die Wunde, murmelte einige unverständliche Worte und machte dreimal über derselben das Zeichen des Kreuzes; dann nahm sie eine Leinenbinde, die sie aus einer alten Truhe hervorlangte, und umwickelte damit fest den kranken Arm. Der Verwundete hatte ihrem Treiben mit ungläubigem Lächeln zugesehen; aber seltsam, das Bluten hörte aus, die Schmerzen ließen nach, und als ihm nun die Alte bald darauf in einem Winkel des engen Raumes eine aus einem Strohsacke und einigen schlechten Decken bestehende Lagerstätte anwies, fiel er alsbald in einen tiefen Schlaf.
Es mochten einige Stunden vergangen sein, als er von den bohrenden und prickelnden Schmerzen in seinem verwundeten Arme wieder wach wurde. Bei dem trüben Lichte des Kienspans sah er die beiden alten Leute an dem wackeligen Tische sitzen und im leisen Flüstertöne sich unterhalten. Er merkte gar bald, daß sie von ihm sprachen, und das bewog ihn, die Augen schnell wieder zu schließen und sich schlafend zu stellen, damit ihm kein Wort von der Unterhaltung entginge.
„Sprich, was Du willst", hörte er den alten Holzhauer sagen; „wer in schwerer Stunde einmal ein solches Gesicht gesehen hat, der vergißt es nicht wieder. Der Mann, den wir in dieser Nacht in unserer Hütte beherbergen, ist niemand anders als Diedrich von Quitzow, der vertraute Freund des Herzogs Heinz von Braunschweig. Bei Frankenhausen focht er in seiner Nähe, und hätte ich damals an ihn können, ich hätte ihm den Kopf gespalten. Er war der mutigsten und wildesten einer in dem blutigen Ringen, und mancher, der dem Bundschuh folgte, ist damals von seinem scharfen Schwerte