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1. Geschichte der neueren Zeit - S. 117

1906 - Langensalza : Gressler
117 und an den Herzog von Guise mit. Nnn legte sie sich znr Rnhs nnb schlief vier Stunden lang recht sanft. Tann stand sie ans und brachte die wenigen Stunden bis zu ihrem Tode mit Gebet zu. Als die achte Stunde nahte, zog sie, ohne sich bebienen zu lassen, ein Kleib von Sammet nnb Leibe, wie zu einem Festtage an. Die übrigen Kleiber hatte sie abenbs vorher mit verteilt, „©ein", sprach sie, „hätte ich euch auch bies Kleib, das reichste von allen, gelassen: aber Maria Stuart muß auf ihrem letzten Gange anständig erscheinen." Darauf bebecktc sie sich mit einem weißen Schleier, bet bis auf die Füße herabwallte. Um 8 morgens trat der Sheriff der Grafschaft in ihr Zimmer nnb zeigte ihr an, daß die Stunbe da sei. „Ich bin beieit“, antwortete Maria. Noch einmal sagte sie ihren Dienern Lebewohl nnb ging, gestützt anf zwei Bebienten ihres Hauses, mit bescheibenem, aber majestätischem Anstaube bnrch die an ihr Zimmer stoßenbe Halle. Hier fanb sie die beiben Grafen, ihren Hüter uttb anbete Staatspersonen. Auch ihr Haushofmeister M e l v i l stand hier. Er wars sich ihr zu Füßen, rang die Haube nnb rief, von unnennbarem Schmerze ergriffen: „O wie unglücklich bin ich! Wer war je vor mir Überbringer so betrübter Botschaft, wie ich jetzt überbringen muß, wenn ich in mein Vaterlanb zurückkehren nnb erzählen werbe, daß ich meine gnäbige Königin und Gebieterin in Englaub enthaupten sah?" Tie Tränen erstickten seine fernere Rebe. „Höre aus, getreuer Diener", antwortete Maria lief gerührt, „höre anf zu weinen. Freue bich vielmehr, daß nun Marias Leiben sich enben. Sage meinen Untertanen, daß ich, ohne in meiner Religion zu wanken, und unuernnbert in meiner Ergebenheit Tür Frankreich und Schottland sterbe. Ter Himmel verzeihe benen, die meinen Tod verlangt, die nach meinem Blnte gebürstet haben. Gott", ries sie ans, „du weißt, wie sehr ich das gute Vernehmen zwischen Schottland und England gewünscht, wie sehr ich gewünscht habe, die Qnellen so vieler Zwistigkeiten zu verstopfen! Melüil", fuhr sie ruhiger fort, „empfiehl mich meinem Sohne: sage ihm, daß ich, ungeachtet aller meiner Leiben, nichts getan habe, was dem Staate und dem Königreiche Schottland

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1. Theil 3 - S. 100

1827 - Breslau : Max
100 vertheilt. „Gern" — sprach sie — „hatte ich Euch dies Kleid, das reichste von allen, gelassen; aber Maria Stuart muß auf ihrem letzten Gange anständig erscheinen." Darauf bedeckte sie sich mit einem weißen Schleier, der bis auf die Füße herabwallte. Um 8 Uhr Morgens (7. Febr. 1587) trat der Sheriff der Grafschaft in ihr Zimmer, und zeigte ihr an, daß die Stunde da sey. „Ich bin bereit," antwortete Maria. Noch einmal sagte sie ihren Dienern Lebewohl, und ging, gestützt auf zwei Bedienten ihres Hauses, mit bescheidenem, aber majestätischem Anstande, durch die an ihr Zimmer stoßende Halle. Hier fand sie die beiden Grafen, ihren Hüter und andere Staatsperfonen. Auch ihr Haushofmeister Melvil stand hier. Er warf sich ihr zu Füßen, rang die Hände, und rief, von unnennbarem Schmerze ergriffen: „O wie unglücklich bin ich! Wer war je vor mir Ue- berbringer so betrübter Botschaft, als ich jetzt überbringen muff, wenn ich in mein Vaterland zurückkehren und erzählen werde, daß ich meine gnädige Königin und Gebieterin in England ent- haupten sah?" Die Thränen erstickten seine fernere Rede. „Höre auf, getreuer Diener," antwortete Maria tief gerührt, „höre auf zu weinen. Freue dich vielmehr, daß nun Mariens Leiden sich enden. Sage meinen Unterthanen, daß ich, ohne in meiner Religion zu wanken, und unverändert in meiner Erge- benheit für Frankreich und Schottland sterbe. Der Himmel ver- zeihe denen, die meinen Tod verlangt, die nach meinem Blute gedürstet haben." „Gott! — rief sie aus — „du weißt, wie sehr ich das gute Vernehmen zwischen Schottland und England gewünscht, wie sehr ich gewünscht habe, die Quellen so vieler Zwistigkeiten zu verstopfen. Melvil" — fuhr sie ruhiger fort —- „empfiehl mich meinem Sohne; sage ihm, daß ich, ungeachtet aller meiner Leiden, nichts that, was dem Staate und dem Kö- nigreiche Schottland Nachtheil bringen könnte." Bei diesen Wor- ten rollten ihr Thränen aus den Augen; sie beugte sich über ihn und küßte ihn. „So lebe denn wohl, guter Melvil" — setzte sie hinzu — „lebe wohl! Noch ein Mal, lebe wohl, guter Melvil! Bete für deine Königin!" Sie bat darauf die Grafen, die die Aufsicht bei der Hin- richtung hatten, dem Melvil, ihrem Arzte, ihrem Wundarzte und ihrem Apotheker zu erlauben, bei ihrem Tode gegenwärtig

2. Theil 3 - S. 119

1880 - Stuttgart : Heitz
Maria Stuarts Tod. 119 sie an ihren Beichtvater, der in demselben Schlosse wohnte, aber nicht zu ihr gelassen wurde, und bat ihn, nachdem sie ihm ihre Sündhaftigkeit gebeichtet hatte, um Absolution. Er möchte doch — fuhr sie fort — diese Nacht für sie wachen und beten und ihr die passendsten Gebete anzeigen. Dann schrieb sie eigenhändig und ohne anzuhalten ihr Testament, in welchem sie keinen ihrer Bedienten vergaß. Auch an den König von Frankreich, Heinrich Iii., schrieb sie einen Brief, in welchem sie ihm ihre Diener zur Versorgung empfahl, ihm Gesundheit und ein langes Leben wünschte und um Gründung einer jährlichen Seelenmesse bat. Sie unterzeichnete diesen Brief um 2 Uhr nach Mitternacht. Hierauf theilte sie die wenigen ihr noch übriggelassenen Kostbarkeiten unter ihre Diener aus, und gab ihnen zugleich den Brief an den König von Frankreich, sowie einen an den Herzog von Gnise mit. Nun legte sie sich zur Ruhe und schlief vier Stunden lang recht sanft. Dann stand sie auf und brachte die wenigen Stunden bis zu ihrem Tode mit Gebet zu; sie genoß auch eine Hostie, welche der Papst geweiht und einst ihr zugeschickt, die sie aber bis zu diesem Augenblicke aufbewahrt hatte. Als die achte Stunde nahte, zog sie, ohne sich bedienen zu lassen, ein Kleid von Sammet und Seide, wie zu einem Festtage, an. Die übrigen Kleider hatte sie Abends vorher vertheilt. „Gern," sprach sie, „hätte ich euch auch dies Kleid, das reichste von allen, gelassen, aber Maria Stuart muß auf ihrem Gange anständig erscheinen." Darauf bedeckte sie sich mit einem weißen Schleier, der bis auf die Füße herabwallte. Um 8 Uhr Morgens (8. oder 18. Februar 1587) trat der Sheriff der Grafschaft in ihr Zimmer und zeigte ihr an, daß die Stunde da sei. „Ich bin bereit," antwortete Maria. Noch einmal sagte sie ihren Dienern Lebewohl und ging, gestützt aus zwei Bediente ihres Hauses, mit bescheidenem, aber majestätischem Anstande durch die an ihr Zimmer stoßende Halle. Hier fand sie die beiden Grafen, ihren Hüter und andere Staatspersonen. Auch ihr Haushofmeister Melvil stand hier. Er warf sich ihr zu Füßen, rang die Hände und rief, von unnennbarem Schmerze ergriffen: „O wie unglücklich bin ich! Wer war je vor mir Ueberbringer so betrübter Botschaft, wie ich jetzt überbringen muß, wenn ich in mein Vaterland zurückkehren und erzählen werde, daß ich meine gnädige Königin und Gebieterin in England enthaupten sah?" Die Thränen erstickten seine fernere Rede. „Höre auf, getreuer Diener," antwortete Maria tief gerührt, „höre auf zu weinen.

3. Theil 3 - S. 122

1867 - Breslau : Max
122 Neue Geschichte. 1. Periode. England. bringer so betrübter Botschaft, wie ich jetzt überbringen muß, wenn ich in mein Vaterland zurückkehren und erzählen werde, daß ich meine gnädige Königin und Gebieterin in England ent- haupten sah?" Die Thränen erstickten seine fernere Rede. „Höre auf, getreuer Diener," antwortete Maria tief gerührt, „höre auf zu weinen. Freue dich vielmehr, daß nun Maria's Leiden sich enden. Sage meinen Unterthanen, daß ich, ohne in meiner Re< ligion zu wanken, und unverändert in meiner Ergebenheit für Frankreich und Schottland sterbe. Der Himmel verzeihe Denen, die meinen Tod verlangt, die nach meinem Blute gedürstet haben. Gott!" rief sie aus, „du weißt, wie sehr ich das gute Verneh- men zwischen Schottland und England gewünscht, wie sehr ich gewünscht habe, die Quellen so vieler Zwistigkeiten zu verstopfen. Melvil," fuhr sie ruhiger fort, „empsiehl mich meinem Sohne; sage ihm, daß ich, ungeachtet aller meiner Leiden, nichts gethan habe, was dem Staate und dem Königreiche Schottland Nachtheil bringen könnte." Bei diesen Worten rollten ihr Thränen aus den Augen; sie beugte sich über ihn und küßte ihn. „So lebe denn wohl, guter Melvil," setzte sie hinzu, „lebe wohl!" Noch ein- mal, lebe wohl, guter Melvil! Bete für deine Königin!" Sie bat darauf die Grafen, welche die Aufsicht bei der Hin- richtung hatten, dem Melvil, ihrem Arzte, ihrem Wundarzte und ihrem Apotheker zu erlauben, bei ihrem Tode gegenwärtig zu sein, „damit ihre Augen sähen und ihre Herzen zeugten, wie ge- duldig ihre Königin ihre Hinrichtung leiden könnte und wie standhaft sie in ihrer Anhänglichkeit an ihren Glauben beharrte". Aber der Graf von Kent war hart genug, es ihr abzuschlagen, unter dem Vorwände, diese Leute möchten durch Weinen und Geschrei die nöthige Stille unterbrechen; auch besorgte er, sie möchten abergläubische Gebräuche ausüben, etwa ihre Taschen- tücher in ihr Blut tauchen. „Mylord," sagte Maria mit sanftem Tone, „ich gebe Euch mein Wort, obschon es nur todt ist, daß sie keinen Vorwurf wegen einer der Handlungen verdienen sollen die Ihr genannt habt. Aber ach! die armen Seelen! Es würde ihnen ein großer Trost sein, ihrer Gebieterin Lebewohl zu sagen. Und ich hoffe," setzte sie hinzu, „Euere Gebieterin wird als ein§ jungfräuliche Königin in Betracht der weiblichen Sittsamkeit es gut heißen, daß ich bei meinem Tode einige meiner eigenen Leute um mich habe." Da aber dennoch Kent auf seiner Weigerung beharrte, erhob sich noch einmal ihr königliches Selbstgefühl; sie

4. Theil 3 - S. 121

1867 - Breslau : Max
Maria Stuarts Tod. 121 oft gereizte Empfindlichkeit sie manchmal ungehalten geniacht habe. Alle Anwesende unterbrachen diesen rührenden Abschied durch lautes Weinen. Nach dem Essen setzte sie sich zum Schreiben. Zuerst schrieb sie an ihren Beichtvater, der in demselben Schlosse wohnte, aber nicht zu ihr gelassen wurde, und bat ihn, nachdem sie ihm ihre Sündhaftigkeit gebeichtet hatte, um Absolution. Er möchte doch — fuhr sie fort — diese Nacht für sie wachen und beten und ihr die passendsten Gebete anzeigen. Dann schrieb sie eigenhän- dig und ohne anzuhalten ihr Testament, in welchem sie keinen ihrer Bedienten vergaß. Auch an den König von Frankreich, Heinrich 111., schrieb sie einen Brief, in welchen! sie ihm ihre Die- ner zur Versorgung empfahl, ihm Gesundheit und ein langes Leben wünschte und um Gründung einer jährlichen Seelenmesse bat. Sie Unterzeichnete diesen Brief um 2 Uhr nach Mitternacht. Hieraus theilte sie die wenigen ihr noch übriggelassenen Kostbar- keiten unter ihre Diener aus, und gab ihnen zugleich den Brief an den König von Frankreich, sowie einen an den Herzog von Guise mit. Nun legte sie sich zur Ruhe und schlief vier Stunden lang recht sanft. Dann stand sie auf und brachte die wenigen Stunden bis zu ihrem Tode mit Gebet zu; sie genoß auch eine Hostie, welche der Papst geweiht und einst ihr zugeschickt, sie aber bis zu diesem Augenblicke aufbewahrt hatte. Als die achte Stunde nahte, zog sie, ohne sich bedienen zu lassen, ein Kleid von Sammet und Seide, wie zu einem Festtage, an. Die übrigen Kleider hatte sie Abends vorher vertheilt. „Gern", sprach sie, „hätte ich euch auch dies Kleid, das reichste von allen, gelassen, aber Maria Stuart muß auf ihrem letzten Gange anständig er- scheinen." Darauf bedeckte sie sich mit einem weißen Schleier, der bis aus die Füße herabwallte. Um 8 Uhr Morgens ' 7. oder 17. Febr. 1587) trat der Sheriff der Grafschaft in ihr Zimmer und zeigte ihr an, daß die Stunde da sei. „Ich bin bereit," antwortete Maria. Noch ein- mal sagte sie ihren Dienern Lebewohl und ging, gestützt aus zwei Bediente ihres Hauses, mit bescheidenem, aber majestätischem An- stande durch die an ihr Zimmer stoßende Halle. Hier fand sie die beiden Grafen, ihren Hüter und andere Staatspersonen. Auch ihr Haushofmeister Melvil stand hier. Er warf sich ihr zu Füßen, rang die Hände und rief, von unnennbaren! Schmerze ergriffen: ,,O wie unglücklich bin ich! Wer war je vor mir lieber-

5. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 164

1910 - Regensburg : Manz
164 Maria Stuart empfängt ihr Todesurteil. Gnade zu hoffen, da ihr Leben wegen ihrer Anhänglichkeit an den katholischen Glauben mit der Sicherheit der reformierten Religion unverträglich sei, und bot ihr einen Dechant der herrschenden Kirche an, um sie zum Tode zu bereiten. Sie erwiderte, das Urteil sei ungerecht; ihr Verbrechen sei ihre Religion, für welche zu bluten sie stolz sei; des Beistandes reformierter Geistlicher bedürfe sie nicht, bitte aber, daß man ihr ihren eigenen Almosenier gestatte, der, wie sie wisse, im Schlosse sei, obwohl man ihn bisher vor ihr verborgen gehalten. Die Bitte wurde gewährt, doch nur für kurze Zeit. Zu London wurden 24 Stunden lang die Glocken geläutet, in den Straßen Feuerwerk abgebrannt, die Bürger schienen trunken vor Freude. Am 1. Februar 1587 unterzeichnete Elisabeth herzlos und verstellt, als koste es ihr einen schweren Kampf, den Befehl zur Hinrichtung. Maria horte den Überbringer desselben, Shrewsbury, an, ohne die Farbe zu ändern. Dann machte sie das Zeichen des Kreuzes und sprach: „Der Tag, nach dem ich lange mich gesehnt habe, ist endlich erschienen; beinahe 20 Jahre habe ich im Gefängnis geschmachtet und ich kann mir kein glücklicheres und ehrenvolleres Ende eines solchen Lebens denken, als mein Blut für meine Religion zu vergießen." Dann zählte sie die Kränkungen aus, die sie erlitten, die Anerbietungen, die sie gemacht, und die arglistigen Kunstgriffe und Betrügereien ihrer Feinde und schloß, die Hand auf der Heiligen Schrift, mit den Worten: „Was den Tod der Königin, Eurer Gebieterin, anbetrifft, fo nehme ich Gott zum Zeugen, daß ich nie nach demselben strebte und nie in denselben willigte." „Dieses Buch," rief der Graf von Kent, „ist eine pästliche Bibel und folglich ist der Eid nicht gültig." „Es ist eine katholische Bibel," erwiderte die Königin, „deshalb schätze ich sie um so mehr und Ihr müßt also, nach Eurer eigenen Art zu schließen, meinen Eid für desto glaubwürdiger halten." Der Graf ermahnte sie, allem päpstlichen Aberglauben zu entsagen, zum Heile ihrer Seele den wahren Glauben anzunehmen und sich dem geistlichen Beistände des Dechanten von Peterborough, einem von der Königin angewiesenen Geistlichen, unterzuordnen. Aber Maria entgegnete, sie sei vielleicht in den streitigen Glaubenssätzen besser bewandert, als er dächte; sie habe viel gelesen und die berühmtesten reformierten Prediger gehört, aber nie einen Beweisgrund vernommen, der sie hätte bewegen können, den Glauben ihrer Väter zu verlassen. Daher begehre sie statt des Dechants von Peterborough, den sie nicht hören wolle, den Beistand ihres Almoseniers Le Preau, der sich noch immer im Hanse befinde. Dies sei die einzige und letzte Gunst, die sie verlange. Man antwortete, ihre Bitte könne nicht gewährt werden; sie widerspreche dem Gebote Gottes und den Landesgesetzen und würde Seele und Leib der Kommissäre gefährden. Hierauf folgte ein langes und unzusammenhängendes Gespräch. Maria fragte, ob ihr Sohn feine Mutter in ihrer Bedrängnis vergessen, ob feine der auswärtigen Mächte sich für sie verwendet hätte, und endlich, wann sie sterben sollte? Auf diese Frage antwortete der Graf von Shrewsbury sehr bewegt: „Morgen früh um acht Uhr." Maria vernahm die Ankündigung ihrer Todesstunde mit einer Heiterkeit und Würde, welche die Anwesenden rührte und erschütterte. Sobald die Grafen fort waren, brach ihre Dienerschaft in Tränen und Wehklagen aus, sie aber gebot Stillschweigen. „Es ist jetzt nicht Zeit zu weinen," sprach sie, „sondern sich zu freuen. In wenigen Stunden werdet ihr das Ende meiner Leiden sehen. Meine Feinde mögen nun sagen, was sie wollen, aber der Graf von Kent hat das Geheimnis verraten, daß meine Religion die eigentliche Ursache meines Todes ist. Seid also gefaßt und überlaßt mich meiner Andacht!" Nachdem sie ihre Diener um Verzeihung für ihre Fehler gebeten, ordnete sie ihre häuslichen Angelegenheiten, schrieb ihr Testament und drei Briefe, einen an ihren Beichtvater, einen an ihren Vetter Guife und den dritten an den König von Frankreich. Hierauf gab

6. Geschichte der neueren Zeit - S. 114

1906 - Langensalza : Gressler
114 Dcis Gericht habe ich nur eingesetzt, um Maria zu warnen, und in dieser Absicht die ersten Männer des Reiches dazu berufen. Jekt muß ich Gott bitten, daß er meinen Verstand erleuchte und ich das beschließe, was znm Besten Des Staates und der Kirche gereicht." Wenn wir Elisabeths Lage bedenken, so haben wir keine Ursache, an der Wahrheit ihrer Worte zu zweifeln. Denn wenn auch Marias Tod sie von einer großen Sorge befreien mußte, so konnte ihr doch nicht entgehen, daß eine Hinrichtung derselben ihr nicht nur in ganz Europa einen schlimmen Leumund machen mußte, sondern ihr auch sehr viele Verdrießlichkeiten und selbst Gefahren zuziehen konnte. Zwölf Tage nach jener Antwort ließ sie dem Parlamente sagen, es möge aus andere Mittel zur Beruhigung des Reiches sinnen; denn das vorgeschlagene stimmte zu wenig mit ihrer Neigung überein. Allein einstimmig antwortete das Parlament, man wisse kein anderes Mittel aufzufinden, denn so lange Maria lebe, sei weder für Elisabeth noch für England Ruhe zu erwarten. Maria brachte indessen in der Erwartung der Vollziehung des über sie gefällten Urteils ihre noch übrige Zeit teils mit Nachdenken über sich selbst und mit Vorbereitung auf ihren nahen Tod. teils mit Schreiben an ihre auswärtigen freunde und Verwandten zu. — Auch an Elisabeth schrieb sie und bat sie, „um Gottes und Jesu Christi willen ihr die Versicherung zu geben, daß ihre Diener bei ihrer Hinrichtung zugegen seien und daß nach ihrem Tode ihr Körper ui Frankreich in heiliger Erde solle begraben werden." Elisabeth gab ihr keine Antwort darauf, vielleicht weil ihr der Brief nicht übergeben wurde. Sobald die Verurteilung der Königin von Schottland bekannt wurde, machten auswärtige Monarchen Elisabeth die dringendsten Vorstellungen. Namentlich verwandten sich der König von Frankreich, Heinrich Iii, und Marias Sohn, Jakob Vi. von Schottland, für Maria. Gewiß machten diese Vorstellungen zweier Könige anf Elifabeth Eindruck. Auch die Erinnerung an ihre durch das Henkerbeil ihr entrissene Mutter mußte sie zur Milde und zur Vermeidung des Äußersten stimmen. Auf der anderen Seite aber iah sie, so lange ihre Feindin lebte, kein Ende ihrer Sorgen und

7. Theil 3 - S. 107

1867 - Breslau : Max
Elisabeth. Maria Stuart. Melvil. Darnley. 107 wertete sehr klug: „Ihre Majestät sind die Schönste in England, und meine Königin in Schottland." Ferner fragte sie, welche von ihnen am größten wäre? — „Meine Königin," antwortete Melvil. — „0!" erwiederte Elisabeth, „dann ist sie zu groß; denn ich habe gerade die beste Größe." — Da sie von ihm gehört hatte, daß Maria manchmal die Laute spielte, ans welcher Elisa- beth Meisterin zu sein glaubte, so befahl sie eines Tages einem ihrer Höflinge, er solle den Gesandten wie zufällig in ein Zim- mer führen, wo er sie hören könnte. Melvil merkte die Absicht und, seinem angenommenen Charakter treu, stürzte er, wie ent- zückt von den süßen Tönen, in das Zimmer der Königin, die sich zwar anfänglich unwillig stellte, aber doch nachher fragte, ob er sie oder Maria für eine größere Meisterin halte. Daß Melvil ihr den Vorzug gab, versteht sich von selbst; und als er nach Schottland zurückkehrte, konnte er seiner Königin versichern, daß Elisabeth es nie mit ihr gut meinen würde und daß alle ihre Freundschaftsversicherungen nichts als Falschheit und Verstellung wären. Bald fand sich auch eine Gelegenheit, die Wahrheit dieser Behauptung zu erfahren. Elisabeth schlug Maria vor, den Sohn des Grasen Lenox, Heinrich Darnley (sprich Därnli) zu heirathen. Lenox, von Geburt ein Schotte und ein Verwandter des Hauses Stuart, hatte seit lange in England gewohnt, wo auch sein Sohn geboren war. Das Alter und der Adel seiner Familie und der Wunsch der Elisabeth empfahlen den Darnley vorzüglich, obgleich die Schotten, weil er katholisch war, die Ver- bindung nicht wünschten. Darnley war jetzt in seinem 20. Jahre, schön von Wuchs und Gesicht und von einnehmendem Betragen, so daß Maria schnell in den Vorschlag einging. Aber plötzlich änderte nun Elisabeth ihre Meinung. Sie stellte sich höchst er- staunt und mißvergnügt, ließ Maria die ernstlichsten Gegen- vorstellungen thun und that, als wenn das Wohl Englands in Gefahr stände. Man denke sich das Erstaunen und den Unmuth der Maria über diese Zweizüngigkeit! Aber nun bestand sie auch fest auf der Verbindung mit Darnley und 1565 wurde sie wirk- lich vollzogen. Darnley wurde König unter dem Namen Hein- rich. Elisabeth befahl dem Grafen Lenox und seinem Sohne augenblicklich nach England zurückzukehren, und da sie natürlich nicht kamen, zog sie ihre Güter ein. Maria achtete diesen Zorn nicht, und hoffte im Besitze ihres

8. Theil 2 - S. 269

1827 - Leipzig : Fleischer
269 Schön, liebenswürdig, jung und mächtig, wurde sie von Jeder- mann bewundert und geehrt. Aber mit dem frühen Tode ihres Gemahls änderte sich das plötzlich; sie wurde am französischen Hofe vernachlässigt, ja feindlich behandelt. Dazu kam, daß ihre Mutter noch in demselben Jahre starb, und beides bewog sie, nach Schottland zurückzukehren, um die Regierung dieses rauhen Landes selbst zu übernehmen. Den weiten Seeweg scheuend, bat sie Elisabeth um die Erlaubnis, den kürzern Weg durch England nehmen zu dürfen. Aber diese antwortete ihr, nur dann könne sie es erlauben, wenn Maria alten Ansprüchen auf England entsagte- Da sie das aber nicht wollte, so mußte sie zur See reisen. Elisabeth iieß ihr unterwegs auflauern, und nur durch einen Nebel glückte es Marien, den englischen Schiffen zu entkommen. Seit dieser Zeit war die Feindschaft zwischen beiden Königinnen entschieden; und doch stellten sie sich recht freundlich gegen einander und schrieben sich dann und wann die zärtlichsten Briefe. In Schottland wurde Maria anfangs mit Frohlocken anf- genommen. Aber kaum sahen die reformirten Schotten, daß sie dem katholischen Glauben anhinge, als es mit dem Ver- trauen zu ihr aus war. Johann Knox, ein Schüler Cal- vins, und eben solcher Eiferer wie sein Lehrer, hatte die Schot- ten vermocht, den katholischen Gottesdienst abzuschaffen, und machte sich nun ein Vergnügen daraus, der armen Maria, die nach seiner Meinung viel zu leichtsinnig war, das Leben recht sauer zu machen. Jede unschuldige Freude, jedes Hoffest wurde von der Kanzel herab gerügt, und selbst auf ihrem Zimmer sagte er ihr oft so bittere Wahrheiten, daß sie in Thränen ausbrach. Und doch mußte sie den heftigen Mann schonen und ihm gute Worte geben, weil er bei dem Volke im größten Ansehen stand. Um nicht so allein zu stehen, wählte sie sich endlich einen Gemahl. Es war der Graf Heinrich Darn- ley (Därnli), ein schöner Mann von erst 20 Jahren. Aber sein Aeußeres hatte sie getäuscht. Sie fand bald, daß er von rohen Sitten wäre, und daß ihm alle die Tugenden abgingen, welche sie glücklich machen konnten. Dazu war das Volk mit der Heirath unzufrieden. Der Pöbel rottete sich zusammen,

9. Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 123

1897 - Wittenberg : Herrosé
128 7. Und trostlos irrt er an Users Rand; wie weit er auch spähet und blicket und die Stimme, die rufende, schicket, da stößet kein Nachen vom sichern Strand, der ihn setze an das gewünschte Land, kein Schiffer lenket die Fähre, und der wilde Strom wird zum Meere, 8. Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht, die Hände zum Zeus erhoben: „O, hemme des Stromes Toben! Es eilen die Stunden, im Mittag steht die Sonne, und wenn sie niedergeht, und ich kann die Stadt nicht erreichen, so muß der Freund mir erbleichen." 9. Doch wachsend erneut sich des Stromes Wut, und Welle auf Welle zerrinnet, nnb Stunde auf Stunde entrinnet. Da treibt die Angst ihn, da faßt er sich Mut und wirft sich hinein in die brausende Flut und teilt mit gewaltigen Armen den Strom, und ein Gott hat Er- barmen. 10. Und gewinnt das Ufer und eilet fort und danket dem rettenden Gotte; da stürzet die raubende Rotte hervor aus des Waldes nächtlichem Ort, den Pfad ihm sperrend, und schnaubet Mord und hemmet des Wanderers Eile mit drohend geschwungener Keule. 11. „Was wollt ihr?" ruft er, vor Schrecken bleich, „ich habe nichts als mein Leben, das muß ich dem Könige geben!" Und entreißet die Keule dem Nächsten gleich: „Um des Freundes willen erbarmet euch!" Und drei, mit gewaltigen Streichen, erlegt er, die andern entweichen. 12. Und die Sonne versendet glühen- den Brand, und von der unendlichen Mühe ermattet, sinken die Kniee. „ O, hast du mich gnädig aus Räubers- hand, aus dem Strom mich gerettet ans heilige Land, und soll hier verschmachtend verderben, und der Freund mir, der liebende, sterben!" 13. Und horch! da sprudelt es silber- hell ganz nahe, wie rieselndes Rauschen, und stille hält er, zu lauschen; und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig, schnell, springt murmelnd hervor ein leben- diger Quell, und freudig bückt er sich nieder und erfrischt die brennenden Glieder. 14. Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün und malt auf den glänzenden Matten der Bäume gigantische Schatten; und zwei Wanderer sieht er die Straße ziehn, will eilenden Laufes vorüber fliehn, da hört er die Worte sie sagen: „Jetzt wird er ans Kreuz geschlagen." 15. Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß, ihn jagen der Sorge Qualen, da schimmern in Abendrots Strahlen von ferne die Zinnen von Syrakus, und entgegen kommt ihm Philostratus, des Hauses redlicher Hüter, der erkennet entsetzt den Gebieter: 16. „Zurück! du rettest den Freund nicht mehr, so rette das eigene Leben! Den Tod erleidet er eben.

10. Theil 3 - S. 105

1880 - Stuttgart : Heitz
Elisabeth. Maria Stuart. Melvil. Darnley. 105 zu und sagte endlich: sie hätte Anzüge aus allen Ländern. An dem folgenden Tage erschien sie bald in dieser, bald in jener ausländischen Tracht, und endlich fragte sie den Gesandten geradezu, in welchem Anzuge sie sich am besten ausnehme? „Im italienischen," antwortete der schlaue Hosmaun; denn er wußte, daß sie diesem vor allen den Vorzug gab, weil sie darin ihre fliegenden Locken zeigen konnte; und sie war auf ihre blonden, oder eigentlich röth-lichen Haare vorzüglich eitel. Nun legte sie ihm eine Menge Fragen vor: Welches ihm die beste Farbe von Haaren schiene? Ob die Haare seiner Königin oder die ihrigen schöner wären? Endlich fragte sie ihn sogar, welche von beiden überhaupt die Schönste wäre? Melvil lachte innerlich über diese Eitelkeit. Schnell faßte er sich aber und antwortete sehr klug: „Jhro Majestät sind die Schönste in England, und meine Königin in Schottland." Ferner fragte sie, welche von ihnen ant größten wäre? — „ Meine Königin," antwortete Melvil. — „O!" erwiederte Elisabeth, „dann ist sie zu groß; denn ich habe gerade die beste Größe." Da sie von ihm gehört hatte, daß Maria manchmal die Laute'spielte, auf welcher Elisabeth Meisterin zu sein glaubte, so befahl sie eines Tages einem ihrer Höflinge, er solle den Gesandten wie zufällig in ein Zimmer führen, wo er sie hören könnte. Melvil merkte die Absicht, und, seinem angenommenen Charakter treu, stürzte er, wie entzückt von den süßen Tönen, in das Zimmer der Königin, die sich zwar anfänglich unwillig stellte, aber doch nachher fragte, ob er sie ober Maria für eine größere Meisterin halte. Daß Melvil ihr den Vorzug gab, versteht sich von selbst; ttttb als er nach Schottland zurückkehrte, konnte er seiner Königin versichern, daß Elisabeth es nie mit ihr gut meinen würde uttb daß alle ihre Freunbschaftsversicherungen. nichts als Falschheit und Verstellung wären. Bald sctnb sich auch eine Gelegenheit, die Wahrheit biefer Behauptung zu erfahren. Elisabeth schlug Maria vor, den Sohn des Grasen Lenox, Heinrich Darnley (sprich Därnli) zu hei-rathen. Lenox, von Geburt ein Schotte und ein Verwandter des Hauses Stuart, hatte seit lange in England gewohnt, wo auch fein Sohn geboren war. Das Alter und der Abel seiner Familie und der Wunsch der Elisabeth empfahlen bett Darnley vorzüglich, obgleich die Schotten, weil er katholisch war, die Verbinbnng nicht wünschten. Darnley war jetzt in feinem 20. Jahre, schön von Wuchs und Gesicht und von einnehntenbetn Betragen, so daß

11. Teil 3 - S. 54

1893 - Leipzig : Brandstetter
54 — löchert; eine Kugel bringt in fein Kleib und mürbe ihn durchbohrt haben, wenn nicht ein goldenes Etui in der Westentasche sie aufgehalten und sein Leben gerettet hätte. Zwei Adjutanten stürzen an feiner Seite. Seine Gene-rale bitten ihn flehentlich, den gefährlichen Ort zu verlassen, aber er antwortet: „Wir müssen hier alles versuchen, um die Schlacht zu gewinnen, itnb ich mu§ hier so gut wie Ahr meine Schuldigkeit thun.11 An beni Getümmel aber ist nichts mehr zu gewinnen, beim ringsum herrscht die wilbeste Flncht. Bei biefem Anblick scheint der König den Tod zu suchen. „Giebt es beim feine verwünschte Kugel für mich?" ruft er verzweifluugsvoll aus. Die feinbliche Kavallerie braust heran und umringt ihn. Schon ist er in Gefahr, ge-fangen zu werben, als ein tapferer Husarenoffizier, einer der Letzten auf dem Schlachtselbe, feines Pferbes Zügel ergreift und ihn halb mit Gewalt aus dem Getümmel rettet. @3 war die schwerste Nieberlage, die Friedrich jemals erlitten. Er hatte über 18 000 Manu, 180 Kanonen und 28 Fahnen eingebüßt. Er selbst, alle seine Generale und höheren Offiziere waren verwunbet. Das ganze Heer schien aufgelöst, seine Hauptstadt Berlin und sein Semb verloren. Noch vom i^chlüchtfelbe ans schrieb er einen kurzen Bericht über die Niederlage an seinen Minister, den Grafen Finkenstein, nach Berlin, der mit den Worten schloß: „Das ist ein grausames Unglück, ich werbe es nicht überleben. Die Folgen der Schlacht werben schlimmer sein, als die Schlacht selber. Ich habe keine Hilfsquellen mehr, und wenn ich die Wahrheit sagen soll, ich halte alles für verloren. Ich werde das Verderben meines Vaterlandes nicht überleben. Leben ^ie wohl auf ewig!" Nie war feine Standhaftigkeit so erschüttert worden, als an diesem unglücklichen Tage. In wenig Stnnben hatte ihn das Kriegsglück von der Höhe eines Sieges in die Tiefe einer vollkommenen Nieberlage gestürzt. Schlaflos verbrachte er eine schreckliche Nacht in einer halb zerstörten, allen Winden offen stehenden Bauernhütte, aus einem ärmlichen Strohlager; um ihn her lagen seine Adjutanten aus bloßer Erde; einige Grenadiere bewachten ihn. An den Russen war es jetzt, den Sieg zu benutzen, rasch vorwärts zu bringen, Berlin zu erobern und so den gefürchteten Preußenkönig mit einem Schlage nieberzuwerfen. Friedrich erwartete auch nichts anberes, und schon hatte er Befehl gegeben, die königliche Familie und die wichtigsten Schätze seiner Hauptstadt nach Magdeburg zu retten. Aber auch die Russen hatten in der Schlacht große Verluste gehabt und im Verein mit den Österreichern an 16 000 Mann eingebüßt. Der russische Anführer, Soltikow, schrieb seiner Kaiserin nach Petersburg: „Ew. Majestät wissen, daß der König von Preußen seine Niederlagen sehr teuer verkauft. Noch einen solchen Sieg, und ich werde die Nachricht davon mit dem Stabe in der Hand allein überbringen.“ Zwar stand

12. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 366

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
366 ja lebendig begraben unter den Trümmern ... Ich schleiche die Kellertreppe hinauf: Das Geschoß hat nicht gezündet; auch das Pfarrhaus steht noch unversehrt dort drüben. Aber im Oberdorf, gegen Langensulzbach ... in der Schindergasse steht eine ganze Reihe von Gebäuden in Flammen! 4. Die B efreiuug. Jetzt wird's stiller...................Der Kanonendonner entfernt sich nach Westen. Wir atmen auf in der dunkeln, feuchten Tiefe. Noch ein Schuß, noch eine Mitrailleuse, noch vereinzeltes Gewehrknattern .... Es wird ruhiger. Plötzliche hören wir starke Männerstimmen, mächtige Kolbenstöße auf die Platten der Hausflur . . . . „Hurra! Sieg! heraus! heraus! die Deutschen sind da!" O, jetzt schlägt die schwerste Stunde meines Lebens! Wer soll zuerst hinausgehen? Ich muß gehen ... Ich gehe in Gottes Namen, und soll's mein armes Leben kosten. Laß sahren dahin... Ich nehme mein kleinstes Kind auf deu Arm (für-wahr ein guter Schutzengel) und schreite rasch die Treppe aufwärts ; die Gräfin von Dürckheim unmittelbar hinter mir. Die andern kommen nach. Ich trete vor, leichenblaß, aber doch getrost, und vor mir steht ein junger deutscher Offizier, umgeben von andern deutschen Kriegern. Er ijt in einem schreckenerregenden Zustande, schäumend, wütend; die Kleiber vom Leibe ge-rifsen . . . Er hält mir den Revolver vor die Brust und herrscht mich an: „Aus diesem Hause ist geschossen worden!" — Ich hatte ein gut Gewissen auch für die andern und antwortete ruhig: „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, aus diesem Hause ist nicht geschossen worden." — „Wer sind Sie?" — „Ich bin der Pfarrer dieser Gemeinde, und diese Dame ist die Gemahlin des Grafen von Dürckheim. Die andern sind Glieder unserer Familien." „Ist der Gras da?" — „Nein." — „Sie sagen, Sie seien der Pfarrer der Gemeinde, ist möglich; aber ich muß Sie vorläufig verhaften; . . . dann werden wir weiter sehen. — Nun, Frau Gräfin, wandte er sich zu dieser mit verbissenem Zorn, Sie sehen, wie es mir im Kamps ergaugeu ist; gebeu Sie mir 'mal schnell einige Flaschen Wein und ein Paar stramme Hosen! Sie werden ja doch wohl von Ihrem Herrn Gemahl oder von Ihren Herren Söhnen so ein Paar dunkle, stramme Hosen haben . . . Wein her für meine Mannschaften!" Ich stand da gefangen und schwieg. — Plötzlich schreit er mit Donnerstimme: „Sind Franzosen hier?" — Ich fühle es heute noch In diesem

13. Neuere Geschichte - S. 144

1843 - Berlin : Sander
144 Viii. Weitere Schicksale der Reformation; Tod Karls V. Itzt legte auch Maria, des Kaisers Schwester, ihre seit fünf- undzwanzig Jahren mit Verstand und Mäßigung geführte Statthal- terschaft nieder, warnte vor Uneinigkeiten und Neuerungen, und Ma- siuö antwortete und dankte ihr ebenmäßig. Am 27. Oetober hul- digten die Stände der meisten Landschaften, und Philipp beschwur ihre Rechte. Im Frühlinge des folgenden Jahres übernahm dieser auch die Regierung Spaniens, und am 7. September 1556 legte Karl ebenfalls die Kaiserkrone nieder. Zehn Tage nachher schiffte er sich mit seinen beiden Schwestern, den verwittweten Königinen Eleonore von Frankreich und Maria von Ungarn ein, landete den 28. September 1555 bei Laredo in Spanien, und ward aller Orten von Adel, Geistlichkeit und Abge- ordneten ehrenvoll empfangen. Am 24. Februar 1557 (seinem sie- benundfunfzigsten Geburtstage, dem Tage des Sieges bei Pavia und der Kaiserkrönung in Bologna- bezog Karl seine einfache Woh- nung in dem Hieronymitenkloster des heiligen Justus bei Plazentia. Schon früher hatte ihn die Schönheit dieser einsamen Gegend so angesprochen, daß er den Wunsch ausdrückte den Abend seines Le- bens hier zuzubringen. Reine, frische Luft wehte von den Bergen herab, ein klarer Bach begränzte den Garten, welcher an Karls Wohnung stieß, und Cedern, Granaden und Orangen streckten ihre blühenden, fruchtbeladenen Zweige bis zu seinen Fenstern. Mit we- nigen getreuen Dienern führte Karl hier, allen Antheil an weltlichen Geschäften von sich weisend, ein stilles, höchst einfaches Leben. Mu- sik, Pflege seines Gartens, wissenschaftliche Beschäftigungen und geistliche Uebungen füllten seine Zeit. Auch wird erzählt, er habe sich (ein Liebhaber der Uhrmacherkunst) eifrig bemüht, vielen Uhren in seinem Zimmern einen durchaus gleichförmigen Gang beizubrin- gen, und als dies niemals völlig gelang, nachdenklich ausgerufen: ,,und doch will man allen Menschen einerlei Glauben aufzwingen!" Etliche dagegen berichten: Karl habe sich Vorwürfe gemacht mit den Ketzern so gelinde verfahren zu sein, und die in Spanien wider sie ergriffenen strengen Maßregeln gebilligt. — Jene einfache Lebens- weise stärkte Anfangs seine Kräfte, dann kehrten die alten Uebel mit erneuter Stärke zurück, und Karl fühlte, daß sein erschöpfter Leib ihnen bald unterliegen müsse. Deshalb ordnete er (in thörichter Geistesschwäche, wie Einige sagen) dem Tode mit begeisterter Kühn- heit, oder wehmüthiger Sehnsucht ins Auge schauend, wie wir

14. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 285

1860 - Stuttgart : Hallberger
285 mit ihm im Fasten und ermahnt ihn mit Reden, bis er ihn der Kirche wiederschenken kann als ein Beispiel wahrhafter Sinnes- änderung und echter Wiedergeburt. 132. Maria und Martha. Menge sie nicht, trenne sie nicht. Maria sitzt und ist stille, Martha geht und ist geschäftig; Maria ohne Sorgen, läßt sich speisen und ihr dienen; Maria nimmt, Martha gibt; Maria ist eine Hörerin, Martha eine Thäterin.- Den Glauben mein ich, und die Liebe. Schwestern sind sie, darum trenne sie nicht; doch haben sie nicht' einerlei Sinn und nicht einerlei Werke, drum menge sie nicht. Der Glaube ist die Maria, die erhöhete in der Betrachtung und im Gebet, die bittere im Selbst-, Welt- und Sündenhaß, auch in der Buße; er sitzt in stiller Ruh und Andacht zu Jesu Füßen, in tiefster Demuth, und höret seiner Rede zu, nimmt das Wort an und be- wahrts in einem feinen, guten Herzen. Die Liebe ist die Martha, die Hauswirthin, die Jesum mit seinen Jüngern aufnimmt und beherberget. Diese macht sich viel zu schaffen, Jesu zu dienen, ihm in seinen Dienern mit allerlei Noth- und Ehrendiensten an die Hand zu gehen, oft ist sie so geschäftig, daß sie dem Glauben, bei Jesu Lust und Ruhe zu suchen, kein Stündlein gönnt. Herr, spricht sie, fragst du nicht darnach, daß mich meine Schwester läßt alleine dienen? Sage ihr doch, daß sie es auch angreife. Jesus ist der Schiedsmann, ^,und setzt sie also von einander, daß er sie weder menget noch trennet, .sondern spricht: Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe: eins aber ist noth, Maria hat das gute Theil erwählet, das soll nicht von ihr genommen werden. Beides muß ja bleiben, Glaube und Liebe. Maria muß sich von Jesu speisen lassen; Martha muß ihn wieder speisen; Maria nehmen, Martha geben; Maria hören, Martha thun; aber Maria muß den Vorzug haben. Erstlich muß das Herz mit der Liebe Jesu durchgossen sein, darnach gibt man dem Nächsten zu empfinden, was man empfunden hat. Jesus hat uns gespeiset, getränket, gekleidet an unserer Seele; wir speisen, tränken und kleiden ihn wiederum in seinen hungrigen, durstigen, nackten Gliedern. Jesus ist der Magnet, der Maria an sich zeucht mit seinen holdseligen Lippen; Martha ist der Magnet, der Jesum an sich zeucht mit liebreicher Hand und Herzen. Mit einem Wort: kein wahrer Glaube kann ohne gute Werke sein, wie kein lebendiger Leib

15. Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs - S. 285

1854 - Stuttgart : Hallberger
285 mit ihm im Fasten und ermahnt ihn mit Reden, bis er ihn der Kirche wiederschenken kann als ein Beispiel wahrhafter Sinnes- änderung und echter Wiedergeburt. Menge sie nicht, trenne sie nicht. Maria sitzt und ist stille, Martha geht und ist geschäftig; Maria ohne Sorgen, läßt sich speisen und ihr dienen; Maria nimmt, Martha gibt; Maria ist eine Hörerin, Martha eine Thäterin. Den Glauben mein ich, und die Liebe. Schwestern sind sie, darum trenne sie nicht; doch haben sie nicht einerlei Sinn und nicht einerlei Werke, drum menge sie nicht. Der Glaube ist die Maria, die erhöhete in der Betrachtung und im Gebet, die bittere im Selbst-, Welt- und Sündenhaß, auch in der Buße; er sitzt in stiller Ruh und Andacht zu Jesu Füßen, in tiefster Demuth, und höret seiner Rede zu, nimmt das Wort an und be- wahrts in einem feinen, guten Herzen. Die Liebe ist die Martha, die Hauswirthin, die Jesum mit seinen Jüngern aufnimmt und beherberget. Diese macht sich viel zu schaffen, Jesu zu dienen, ihm in seinen Dienern mit allerlei Noth- und Ehrendiensten an die Hand zu gehen, oft ist sie so geschäftig, daß sie dem Glauben, bei Jesu Lust und Ruhe zu suchen, kein Stündlein gönnt. Herr, spricht sie, fragst du nicht darnach, daß mich meine Schwester läßt alleine dienen? Sage ihr doch, daß sie es auch angreife. Jesus ist der Schiedsmann, und setzt sie also von einander, daß er sie weder menget noch trennet, sondern spricht: Martha, Martha, du hast viel Sorge und Mühe; eins aber ist noth, Maria hat das gute Theil erwählet, das soll nicht von ihr genommen werden. Beides muß ja bleiben, Glaube und Liebe. Maria muß sich von Jesu speisen lassen; Martha muß ihn wieder speisen; Maria nehmen, Martha geben; Maria hören, Martha thun; aber Maria muß den Vorzug haben. Erstlich muß das Herz mit der Liebe Jesu durchgoffen sein, darnach gibt man dem Nächsten zu empfinden, was man empfunden hat. Jesus hat uns gespeiset, getränket, gekleidet an unserer Seele; wir speisen, tränken und kleiden ihn wiederum in seinen hungrigen, durstigen, nackten Gliedern. Jesus ist der Magnet, der Maria an sich zeucht mit seinen holdseligen Lippen; Martha ist der Magnet, der Jesum an sich zeucht mit liebreicher Hand und Herzen. Mit einem Wort: kein wahrer Glaube kann ohne gute Werke sein, wie kein lebendiger Leib 132. Maria und Martha.

16. Geschichte der neueren Zeit - S. 85

1906 - Langensalza : Gressler
85 die Stunde des Mordanschlags. Seine Mutter verließ ihn keinen Augenblick und sprach ihm Mut ein. Man mußte ihm den Befehl zum Läuten der Glocke erst abnötigen. Noch war alles still. Plötzlich hörte man einen Pistolenschuß. Keiner mußte, woher er kam; aber der Knall setzte alle so in Schrecken, daß sie sich vor Unruhe nicht zu lassen wußten, und der König schickte einen Offizier an de» Herzog von Gnise, nichts gegen den Admiral zu unternehmen. Allein es war schon zu spät. G u i s e hatte sich beim ersten Schlage der Glocke mit 300 Bewaffneten nach der Wohnung des Admirals begebe». „Im Namen des Königs, macht auf!" rief er am Hoftore. Man öffnete, und sogleich wurde die Schildwache niedergestoßen. Tie Ehrenwache des Admirals lies auseinander und versteckte sich. Drei Offiziere, begleitet von Soldaten, drangen die Treppe hinauf, schlugen die Tür ein, welche zu Colignys Schlafzimmer führte, und stürzten mit dem Geschrei: „Mord! Mord!" ins Zimmer. Coligny war beim ersten Lärm ausgestanden und stand mitten im Zimmer. „Bist dn Coligny?" ries einer jener Offiziere. „Ich bin es," antwortete der Admiral ruhig, „achte meine grauen Haare!" Aber der Offizier stieß ihm den Degen in den Leib, zog ihn rauchend wieder heraus und hieb ihm so lange ins Gesicht, bis er tot zu Boden sank. Tauu ries er zum Feuster hinunter: „Es ist vorbei!" — „Der Herzog von Angonleme will es nicht glauben," antwortete Guise, „bis er ihn zu seinen Füßen liegen sieht." Man stürzte den Leichnam aus dem Fenster; Angonleme wischte ihm das Blut aus dem Gesichte, um feine Züge zu erkennen, und gab ihm dann einen Fußtritt. Heinrich von Gnise tat dasselbe. Sobald die Glocke sich hatte hören lassen, hatten die sich davon unterrichteten Katholiken mit fürchterlichem Geschrei und Mordgeheul von allen Seiten erhoben. Die Hugenotten kamen, zum Teil halbangekleidet und schlaftrunken, ans den Häusern, um zu sehen, was es gäbe. Einige wollten nach der Wohnung des Admirals, wurden aber gleich au der Tür von der Wache niedergestoßen. Andere, welche nach dem Louvre, dem Residenzpalaste des Königs, eilten, wurden von der Garde mit Pikenstößen und Flintenschüssen zurück-

17. 6. Schuljahr - S. 44

1895 - Leipzig : Siegismund u. Volkening
44 er in seinem Garten ans nnb ab. Es war gerade Frühling und blauer Himmel und heller Sonnenschein, und die Lilien und die Rosen blühten im ganzen Garten. Da sprach er in seinem Herzen: „Schauet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen, sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage ench aber, daß anch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist, als derselben eins." Daranf fing er an, ans Grund der Seele zu beten. Und als er ans dem Garten ins Haus gegangen war, fand er eine nene Gabe, und eine Stunde daranf kam noch eine andere hinzu. Da hatte die Be- drängnis ein Ende. So antwortete Gott mit seiner Hilfe ans den betenden Glauben und ließ nicht ab, bis der Ban unter Dach stand und der letzte Nagel in die Wand geschlagen war. Gegen das Lebensende Frauckes waren in seiner Anstalt 134 Waisenkinder und 2207 andere Kinder, die von 175 Lehrern unter- richtet und an Leib und Seele gepflegt wurden; und 255 arme Studenten setzten sich daselbst alle Mittage umsonst an den Tisch. Er starb unter Gebet und Gesang der Seinen, die um sein Bett her standen, am 8. Juni 1727. Wenn du nach Halle kommst und fragst nach der Franckeschen Waisenanstalt, so zeigt man dir eine lange Häuserreihe, die beinahe eine Straße einnimmt. In derselbigen wird seit beinahe zweihundert Jahren gelehrt und gelernt, erzogen und gerettet bis aus diesen Tag. Und über dem Hauptthore predigt der Prophet Jesaia diesen Spruch: „Die ans den Herrn harren, kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler, daß sie laufen und nicht matt werden, daß sie wandeln und nicht müde werden." Huusrückcr Chronist. 26. Ernst Moritz Arndts Kinderjahre. Zn Anfange des 18. Jahrhunderts kam ein schwedischer Unter- offizier, Namens Arndt oder zu deutsch Adler, nach der Insel Rügen, wo er in ein Banernwesen der Herrschaft Putbns einheiratete. Sein Sohn war unterthäniger Schäfer zu Putbus und Darnsband, brachte es aber zu einem leidlichen Wohlstände und hatte viele Kin- der. Das vorletzte derselben war der Vater unsers Ernst Moritz und hieß Ludwig Nikolaus Arndt. Der ward ein rüstiger, brauch- barer Bursche und der Liebling seines Herrn, des Grafen Putbns. Er begleitete denselben mehrere Jahre hindurch auf Reisen, und zur Zeit des siebenjährigen Krieges, als die Schweden, unter deren Herrschaft damals noch Rügen stand, ein Heer gegen den alten Fritz schickten, diente er ihm als treuer Bote bei allerlei mißlichen Sen- dungen. Dadurch kam Ludwig Nikolaus Arndt mit vornehmen Leuten zusammen und eignete sich allmählich selber die Art eines gebildeten Mannes an. Nach dem Kriege ließ ihn der Gras zur Belohnung seiner treuen Dienste frei und machte ihn zuletzt sogar

18. Die Neuzeit - S. 145

1907 - Nürnberg : Korn
— 145 Glauben Sie, daß meine Nase dazu gemacht ist, um Nasenstüber hinzunehmen? Bei Gott, ich werde sie mir nicht gefallen lassen!" — Der Gesandte antwortete: „Niemand wird so kühn sein, Eure Majestät zu beschimpfen, lind wenn man es täte, so ist Ihr Charakter in Europa zu gut bekannt; niemand hat einen Zweifel, wie es vergolten werden würde. Auch habe ich unter den großen Eigenschaften Eurer Majestät Geduld und nachgiebiges Ertragen noch nicht nennen hören." — Der König lachte, zeigte dann noch einige solche Berichte vor und sprach: „Hier ist nichts zu helfen" — er deutete auf das Bild Maria Theresias, das sein Zimmer schmückte — „diese Dame will den Krieg haben. Sie soll ihn bald haben." Er schickte einen Kurier zu seinem Gesandten in Wien, damit dieser die Kaiserin frage, was die Soldaten und Lager in Böhmen und Mähren bedeuten. Der Gesandte ersuchte den Minister Kaunitz um eine Audienz bei der Kaiserin. „Audienz?" antwortete Kaunitz nachlässig. „Ei freilich. Auch will ich eben zur Kaiserin gehen. Nur daß Sie mir sagen müssen, worum es sich handelt." — Der Gesandte wurde zur Audienz zugelassen, der Erste unter den vielen, die da warteten. Die Kaiserin hielt einen Zettel in der Hand, den Kaunitz geschrieben hatte, und las: „Was ich getan habe, war notwendig für mich und meine Bundesgenossen. Niemand soll einen Nachteil davon haben." Die schöne stolze Kaiserin neigte den Kopf, die Audienz war zu Ende. Erstaunt über diese Antwort schritt der Gesandte hinaus durch das Vorzimmer. Eines Morgens zwischen 4 und 5 Uhr nahm der Engländer vom König Abschied. Vor dem Schlosse auf dem Paradeplatz hatten sich im Morgengrauen die Regimenter der Potsdamer Garnison aufgestellt. Der König bestieg sein Pferd. Nach einem kurzen Exerzitium stellte er sich an die Spitze der Truppen und marschierte ab. Er zog hinaus zum Kampfe gegen eine Welt in Waffen. Am andern Tage war er schon in Sachsen. Friedrich in der Keichsacht. (1757.) Zu Regensburg beim Reichstage lag die Achterklärung gegen Friedrich fix und fertig da. Nun sollte er vorgeladen werden, damit er sie höre. Der kaiserliche Notar Aprill überbrachte die Vorladung dem preußischen Gesandten, Freiherrn von Plotho. An einem Oktobertag nachmittags halb 3 Uhr meldete ein Diener dem Gesandten, daß der Notar ihn zu sprechen wünsche. Der Gesandte ließ ihm durch den Diener sagen, er leide an Katarrh. Wenn er etwas vorzubringen habe, so möge Scheiblhuber, Deutsche Geschichte. 2. Teil. 10

19. Bd. 3 - S. 138

1844 - Leipzig : Kollmann
138 bung wegen jeder Nachlässigkeit. Mit Thränen im Auge bat auch diese ihre Diener um Verzeihung wegen jeder Beleidigung, welche sie ihnen etwa zugefügt habe. Maria hatte Sinn und Dankbarkeit für die Treue ihrer Untergebenen; sie ging noch ein- mal ihr Testament durch, worin sie dieselben bedacht hatte. Bei jedem Stücke ihrer Kleider und Juwelen schrieb sie auf, wem dasselbe von ihr bestimmt sey, und empfahl noch eigenhändig ihre Bedienten dem König von Frankreich und dem Herzog von G u i se, welchen Letzteren sie zum Vollstrecker ihres Testaments ernannte» Zur gewohnten Zeit legte sie sich nieder, schlief einige Stunden und brachte den übrigen Thcil der Nacht im Gebete zu. Da man ihr einen katholischen Priester versagt hatte, so genoß sie mit kindlicher Andacht eine von dem Papst Pius V. gcweihcte Hostie, die sie schon vor einiger Zeit erhalten hatte. Als der Morgen angebrochen, kleidete sie sich in ein Sammetklcid, so prachtvoll, als sie cs an festlichen Tagen gethan, um, wie sie sagte, in den bevorstehenden Augenblicken ihrer Würde gemäß zu erscheinen. Zur bestimmten Stunde trat der Sherif der Grafschaft, Thomas Andrews, in's Zimmer und kündigte ihr an, daß esui^ftsti ^Ich bin bereit" — crwicdcrte Maria — und folgte ihm mit ruhiger Miene, gestützt auf die Schultern zweier Bedienten Paulets; denn eine Krankheit Ehatte ihre Kräfte erschöpft. Ihr Haar war mit einem Schleier bedeckt, der bis zur Erde herabfiel. Am Gürtel hing der Rosenkranz; in der Hand hielt sie ein elfenbeinernes Crucifix und ihr Gebetbuch. Im Vorsaale empfingen sie die Grafen, in deren Begleitung sie ihren Haushofmeister Mclvil fand. Dieser unerwartete Freund hätte sie doch fast aus der Fassung gebracht. Er warf sich schluchzend ihr zu Füßen, küßte den Saum ihres Kleides und rang trostlos die Hände bei dem jammervollen Anblicke. „O Gott, wie unglücklich bin ich! — rief er aus — Hat je ein Mensch eine solche schreckliche Botschaft überbracht, wie ich sie bei der Zurückkunft in mein Vaterland überbringen werde, daß ich meine Königin enthaupten sah!" Mehr ließ ihn der Schmerz nicht sprechen. Maria ermahnte den treuen Diener mit dem sanftesten undfrömmsten Zuspruche, küßte ihn, wollte ihn trösten und — weinte selbst. Sie gab ihm Aufträge an ihren Sohn [und bat ihn hierauf, ihr in dieser letzten Stunde mit seinem Gebete beizuftehen.

20. Theil 1 - S. 269

1859 - Hanover : Rümpler
269 gau gekommen war, treuherzig und redselig, wie alle Gemüther sind, die Theilnehmung und Hoffnung bedürfen, und die Schweizer ohnedem, erzählte sie ihren Reisegefährten bald, wa3 sie auf den Weg getrieben hatte. 'Find ich ihn in Colmar nicht, so geh ich nach Straßburg, sind ich ihn in Straßburg nicht, so geh ich nach Mainz.' Die andern sagten das dazn und jenes, und einer fragte sie: 'Was ist denn Euer Sohn bei der Armee? Major?' Da wurde sie fast verschämt in ihrem Inwendigen. Denn sie dachte, er könnte wohl Major sein, oder so etwas, weil er immer brav war, aber sie wußte es nicht. 'Wenn ich ihn nur finde,' sagte sie, 'so darf er auch etwas weniger sein, denn er ist mein Sohn.' Zwei Stunden herwärts Colmar aber, als schon die Sonne sich zu den clsässer Bergen neigte, die Hirten trieben heim, die Kamine in den Dörfern rauchten, die Soldaten in dem Lager nicht weit von der Straße standen partienweise mit dem Gewehr beim Fuß, und die Generale und Obersten standen vor dem Lager beisammen, diseurierten mit einander, und eine junge weißgekleidete Person von weiblichem Ge- schlecht und feiner Bildung stand auch dabei und wiegte auf ihren Armen ein Kind. Die Frau im Postwagen sagte: 'Das ist auch keine gemeine Person, daß sie nahe bei den Herren steht. Was gilt's, der, wo mit ihr redet, ist ihr Mann.' Der geneigte Leser fängt allbereits an, etwas zu merken; aber die Frau im Postwagen merkte noch nichts. Ihr Mutterherz hatte noch keine Ahnung, so nahe sie an ihm vorbeigefahren war, sondern bis nach Colmar hinein war sie still und redete nimmer. In der Stadt im Wirts- haus, wo schon eine Gesellschaft an der Mahlzeit saß, und die Reisegefährten setzten sich auch noch, wo Platz war, da war ihr Herz erst recht zwischen Bangigkeit nnb Hoffnung eingeengt, daß sie jetzt etwas'von ihrem Sohn erfahren könnte, ob ihn niemand kenne, und ob er noch lebe, und ob er etwas sei, und hatte doch den Muth fast nicht, zu fragen. Denn es gehört Herz dazu, eine Frage zu thun, wo man das Ja so gerne hören möchte, und das Nein ist doch möglich. Auch meinte sie, jedermann merke es, daß es ihr Sohn sei, nach dem sie frage, nnb daß sie hoffe, er sei etwas ge- worden. Endlich aber, als ihr der Diener des Wirts die Suppe brachte, hielt sie ihn heimlich an dem Nocke fest und fragte ihn: 'Kennt Ihr nicht einen bei der Armee, oder habt Ihr nicht von einem ge- hört, so und so?' Der Diener sagt: 'Das ist ja unser General, der im Lager steht. Heute hat er bei uns zu Mittag gegeffen,' und zeigte ihr den Platz. Aber die gute Mutter gab ihm wenig Gehör darauf, sondern meinte, es sei Spaß; der Diener ruft den Wirt. Der Wirt sagt: 'Ja, so heißt der General.' Ein Officicr sagte , auch: 'Ja, so heißt unser General,' und auf ihre Fragen antwortete er: 'Ja, so alt kann er fein, und ja, so sieht er aus und ist von Geburt ein Schweizer.' Da konnte sie sich nicht mehr halten vor innerer Bewegung und sagte: 'Es ist mein Sohn, den